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Nah- und Mittelost: „Wir werden alle Hebel in Bewegung setzen, um einer weiteren Eskalation entgegenzuarbeiten“

05.01.2020 - Interview

Außenminister Heiko Maas im Interview mit der Bild am Sonntag zur aktuellen Situation nach der Tötung des iranischen Generals Ghassem Soleimani.

Ist die Welt durch die Tötung von Qasem Soleimani sicherer oder unsicherer geworden?

Soleimani hat eine Spur von Blut und Gewalt durch den Nahen und Mittleren Osten gezogen. Nicht umsonst hatte die EU ihn auf der Terrorliste. Gleichzeitig ist die Lage nach seiner Tötung unberechenbarer geworden, und die Bemühungen, Spannungen abzubauen, sind noch schwieriger geworden. Welchen Weg die Region jetzt geht kann heute niemand seriös vorhersagen. Unsere Ziele aber sind klar: Erstens - eine kriegerische Eskalation vermeiden; zweitens - die Stabilität und Integrität des Irak erhalten und drittens dafür sorgen, dass im Windschatten dieser Umwälzungen der IS nicht erneut an Boden gewinnt.

Haben Sie mit iranischen Vertretern gesprochen und was wollen Sie (inklusive gemeinsamer Bemühungen mit Frankreich und Großbritannien) unternehmen, um die Lage zu beruhigen?

Seit Freitagmorgen stehe ich in engem Kontakt mit den Kollegen, insbesondere Frankreich, Großbritannien und dem Hohen Vertreter der EU, Josep Borrell, und mit US-Außenminister Mike Pompeo. Wir werden in den kommenden Tagen alle Hebel in Bewegung setzen, um einer weiteren Eskalation der Lage entgegenzuarbeiten - in den Vereinten Nationen, der EU und im Dialog mit unseren Partnern in der Region, auch im Gespräch mit dem Iran. Allen muss bewusst sein, dass jetzt jede Provokation zu einer unkontrollierbaren Spirale der Gewalt führen könnte, mit unabsehbaren Folgen für die ganze Region und auch unsere Sicherheit in Europa.

Sollte die Bundeswehr aus dem Irak abgezogen werden?

Der Kampf gegen ISIS ist und bleibt im deutschen Interesse, die Bundeswehr leistet dafür vor Ort wichtige Ausbildung. Solange es die Lage zulässt, sollten wir diesen erfolgreichen Einsatz nicht von uns aus in Frage stellen. Oberste Priorität hat aber die Sicherheit unserer Soldatinnen und Soldaten; deshalb wurde die Ausbildung am Freitag vorübergehend ausgesetzt, und deshalb müssen wir die Lagebewertung weiter laufend überprüfen.

Gibt es nach Einschätzung des Auswärtigen Amtes ein erhöhtes Sicherheitsrisiko für deutsche Urlauber in der Golfregion?

Konkrete Bedrohungen gegen Deutsche gibt es in den Hauptreisegebieten dort bislang nicht, aber die Lage in der Region ist volatiler geworden. Kein Szenario kann zum jetzigen Zeitpunkt mit letzter Sicherheit ausgeschlossen werden. Wer Reisepläne hat, sollte sich über die Entwicklungen vor Ort informiert halten und die Reise- und Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amts verfolgen.

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Interview: Angelika Hellemann

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