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Praktikum in 1001 Nacht

27.09.2013 - Artikel

Johanna ist Anwärterin im gehobenen Auswärtigen Dienst und absolviert ihr Auslandspraktikum an der Deutschen Botschaft in Marokko. Sie berichtet im Onlinetagebuch davon, wie es ist, in der Fremde zuhause zu sein.

Seid ihr schon einmal durch Deutschland gereist und habt das Land als Tourist wahrgenommen? Habt in Bayern Bier getrunken und an der Küste Fischbrötchen gegessen? Schon in Berlin die Mauer entlang gelaufen und vom Fernsehturm die Stadt bestaunt, während in der Ferne die Glocken vom Kölner Dom zum Besuch einladen? Wart ihr schon einmal Tourist im eigenen Land?

Ausflug in die Sahara
Ausflug in die Sahara© AA

Als Diplomat im Ausland zu sein, bedeutet nicht nur, seinen Arbeitstag in Botschaft und Konsulat zu verbringen, sich stundenlang durch Ministerien des Gastlandes zu telefonieren und über Visaanträge zu entscheiden. Es bedeutet auch, nachmittags im Laden um die Ecke einzukaufen, drei Sätze mit den Nachbarn zu wechseln und über die steigenden Benzinpreise zu meckern. Es bedeutet, zuhause zu sein in einem Land, das man bisher kaum auf der Landkarte fand.

Das Gefühl von 1001 Nacht

Ich bin seit sieben Monaten zuhause in Marokko. Unter Touristen ist das bunte, chaotische, gastfreundliche Land sehr beliebt. Vielfarbige Souks, Märkte, Medinas voller verzaubernder, fremder Gerüche und Gestalten, das Gefühl von 1001 Nacht, charmante junge Männer. Und irgendwo mitten darunter ein weißes Gebäude, auf dessen Dach die deutsche Flagge im Wind weht. Als Konsulatssekretäranwärterin, Anwärterin im gehobenen Auswärtigen Dienst im neunmonatigen Auslandspraktikum hört das Lernen mit dem Verlassen dieses Gebäudes allerdings nicht auf. Denn irgendwie muss man ja auch den Nachmittag überleben! Was am Anfang ein Abenteuer war, wurde bald Alltag. Statt begeistert an Tüchern und Taschen stehen zu bleiben und dem Ladenbesitzer ein Lächeln zuzuwerfen, renne ich nun im Eilschritt daran vorbei um noch schnell die nächste Tram zu erreichen. Oder ich nehme einfach gleich den Schleichweg, um schneller zu sein, und erspare mir das bezaubernde Gewühle.

2200 km und 1000 Kamele

Souk im Norden von Marokko
Souk im Norden von Marokko© AA

Zuhause sein, wo man fremd ist, das war mein größtes Ziel. Der Plan geht leider selten auf. Mit blauen Augen und blonden Haaren wird man in Rabat immer überall als Fremde wahrgenommen, egal wie gut man sich an die örtlichen Gegebenheiten anpasst, egal wie viele rote Ampeln man überquert, ohne mit der Wimper zu zucken. Vergangene Woche habe ich dann einfach mal die Sachen gepackt, beschlossen, mich wie ein Touri zu benehmen, und bin durchs Land gereist. Fast 2200 km später weiß ich wieder, was dieses Land so besonders macht. Über das Atlasgebirge in atemberaubende Schluchten, die Strandstraße mit schäumenden Wellen, Henna, lange weiße Strände und Verkäufer, die 1000 Kamele für dich bieten. Man sitzt in den Ausläufern der Sahara im Beduinenzelt unter den Sternen und singt aus vollster Seele „Oh Tannenbaum“, weil man einen deutschen Beitrag zum Abendprogramm beisteuern möchte, und diesen Text wenigstens alle Mitfahrer können. Das alles im September, wohlgemerkt, bei 20°C.

Abschied von der vertrauten Fremde

Oasenstadt Tinghir
Oasenstadt Tinghir© AA

Nur noch wenige Wochen trennen mich von Berlin und der Diplomarbeit, von Schwarzbrot und gutem Käse. Oh, und von funktionierender Verwaltung, pünktlichen Veranstaltungsbeginnen und penibler Ordnung, die alle Taxifahrer hier in den Himmel loben. In wenigen Wochen verabschiede ich mich von der vertrauten Fremde und bin zuhause. Das habe ich nun verstanden. Diplomat sein bedeutet, ein Fremder zu bleiben, auch wenn man sich zuhause fühlt; auf gepackten Kisten zu sitzen und zu lernen, die Heimat zu lieben.

Johanna, KSA '11

Mehr Informationen zum gehobenen Auswärtigen Dienst finden Sie über den untenstehenden Link. Für den Einstellungstermin August 2014 nimmt das Auswärtige Amt noch bis zum 20. Oktober 2013 Bewerbungen entgegen.

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