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Wirtschaft und Menschenrechte: Globalisierung gerecht gestalten

Arbeiterinnen in einer Textilfabrik

Arbeiterinnen in einer Textilfabrik, © Godong

17.07.2019 - Artikel

Mit dem „Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte“ will die Bundesregierung die deutschen Unternehmen zur Einhaltung von Menschenrechten in globalen Lieferketten anhalten. Wie genau lesen Sie hier:

Deutschland und die deutsche Wirtschaft profitieren in besonderem Maße von einer wirtschaftlich vernetzten Welt. Im Jahr 2018 exportierten deutsche Firmen Waren im Wert von über 1,3 Billionen Euro. 60% der exportierten Güter enthalten Komponenten, die vorher im Ausland hergestellt wurden oder selbst im Ausland weiter verarbeitet und nochmals exportiert werden.

Länderübergreifende Lieferketten erleichtern die globale Arbeitsteilung und machen Produkte häufig preiswerter. Doch sie sind auch anfällig für die Ausbeutung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Ländern mit geringeren menschenrechtlichen Standards oder einem niedrigeren Lohnniveau.

Um der Verletzung fundamentaler Menschenrechte in globalen Lieferketten vorzubeugen und dabei auch die menschenrechtliche Sorgfaltspflicht deutscher Unternehmen klar zu beschreiben, hat die Bundesregierung im Jahr 2016 den „Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte“ beschlossen. Was steht in dem Aktionsplan und was sind die nächsten Schritte:

1) Was ist der „Nationale Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte“:

Mit dem „Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte“ (NAP) gibt es zum ersten Mal feste Vorgaben, wie deutsche Unternehmen ihrer Verantwortung zur Achtung von Menschenrechten nachkommen sollen. Der Aktionsplan wurde am 21. Dezember 2016 vom Bundeskabinett verabschiedet. Er setzt die Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte der Vereinten Nationen (VN) um, die im Jahr 2011 einstimmig im VN-Menschenrechtsrat beschlossen wurden. Die Bundesregierung treibt den Umsetzungsprozess voran und unterstützt Unternehmen dabei, zum Beispiel in Form von Beratungen, durch Schulungen oder Leitfäden.

2) Was genau sind die Erwartungen an Unternehmen nach dem NAP?

Unternehmen sollen ihre menschenrechtliche Sorgfaltspflicht nicht nur in ihren Standorten in Deutschland einhalten, sondern auch dafür sorgen, dass Menschenrechte entlang ihrer Liefer- und Wertschöpfungsketten, also auch bei Auftragnehmern oder Partnerunternehmen, eingehalten werden. Dabei geht es um elementare Menschenrechte, wie sie in den wichtigen Pakten und Konventionen der Vereinten Nationen und in den Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) festgehalten sind. Diese beinhalten etwa das Verbot von Zwangs- und Kinderarbeit, den Schutz von Versammlungs- und Vereinigungsrechten für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer oder die Einhaltung von Gesundheits- und Umweltvorschriften.

3) Wie sollen die Vorgaben umgesetzt und überprüft werden?

Der NAP enthält fünf Kernelemente zur Orientierung, wie die menschenrechtliche Sorgfalt in den Managementprozessen eines Unternehmens gut ausgestaltet werden soll. Die Unternehmen sollen in einem ersten Schritt ihren Willen zur Achtung der Menschenrechte öffentlich machen. Auch sind sie aufgerufen, Risiken für die Einhaltung von Menschenrechten konkret zu identifizieren und mögliche negative Auswirkungen ihrer Unternehmensaktivitäten auf die Menschenrechte zu ermitteln. Werden Risiken festgestellt, so sollen Gegenmaßnahmen ergriffen und über diese öffentlich informiert werden. Auch die Einrichtung eines transparenten Beschwerdemechanismus ist vorgesehen.

Die Bundesregierung überprüft die Umsetzung dieser Kernvorgaben in einem sogenannten „Monitoring“. Dazu werden ab Ende Juli 2019 rund 1.800 Unternehmen angeschrieben und um Auskunft gebeten, ob und wie sie die Verpflichtung zum Schutz menschenrechtlicher Standards in ihren Unternehmen umsetzen. Das Ergebnis des Monitorings wird die Grundlage für die Entscheidung bilden, welche weiteren Schritte die Bundesregierung dann im Bereich Wirtschaft und Menschenrechte unternehmen wird.

4) Welche Angaben können Unternehmen zum Stand der Umsetzung machen?

Je nachdem, ob ein Unternehmen die Kernelemente menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten angemessen eingeführt hat, wird es beim NAP-Monitoring als „Erfüller“ oder „Nicht-Erfüller“ verzeichnet. Wenn ein Unternehmen bestimmte Verfahren und Maßnahmen (noch) nicht umgesetzt hat, kann es auch darlegen, wie es den Vorgaben bis Ende 2020 noch nachkommen will. Anfang 2021 wird dann die tatsächliche Umsetzung der Planung bei dem Unternehmen nachgeprüft.

Damit gibt das Monitoring nicht nur Aufschluss über den aktuellen Stand der Umsetzung und weist auf Defizite hin. Das Monitoring soll auch das Entwicklungspotential aufzeigen und dazu motivieren, die Einhaltung der Menschenrechte engagiert voranzutreiben, Transparenz zu schaffen und von den Erfahrungen anderer zu profitieren.

5) Warum eigentlich erst einmal eine freiwillige Umfrage, warum werden die Unternehmen nicht gleich gesetzlich zur Einhaltung verpflichtet?

Der Ansatz des NAP ist es, Unternehmen die Möglichkeit zu geben, ihren menschenrechtlichen Verpflichtungen freiwillig nachzukommen. Er setzt darauf, dass die Unternehmen ein eigenes Interesse an einer guten Menschenrechtsbilanz haben, etwa aus Gründen der Reputation und weiteren Wettbewerbsvorteilen. Die Art und Weise der Umsetzung menschenrechtlicher Verantwortung kann nach der Unternehmensgröße oder Branche stark variieren. Kleinere und mittlere Unternehmen etwa haben eventuell weniger Möglichkeiten zur lückenlosen Überwachung ihrer Zulieferer und Abnehmer als Großkonzerne. Deswegen ist es richtig und wichtig, im NAP-Monitoring einen belastbaren Überblick über die Fakten und das bereits Erreichte zu erhalten. Sollte die Umfrage allerdings ergeben, dass auf Freiwilligkeit basierende Vorgaben nicht ausreichen, so wird die Bundesregierung ab 2020 über andere Maßnahmen bis hin zu gesetzgeberischen Schritten entscheiden.


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