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EU-Perspektive für Kosovo

Stadtansicht von Pristina, © picture alliance / photothek
Wie für alle anderen Staaten des Westbalkans besteht auch für Kosovo die Perspektive eines Beitritts zur EU – das hat der Europäische Rat 2003 ausdrücklich festgestellt und zuletzt auf dem EU-Westbalkan Gipfel in Brdo 2021 erneut bekräftigt. Einen Beitrittsantrag hat Kosovo bisher nicht gestellt.
Die Geschwindigkeit des Annäherungsprozesses hängt dabei maßgeblich von den Fortschritten ab, die Kosovo insbesondere im Bereich Rechtsstaatlichkeit, bei der Stärkung von Verwaltungsstrukturen und beim Aufbau einer funktionsfähigen Marktwirtschaft erzielt.
Meilensteine der Beziehungen zwischen der EU und Kosovo
Am 27.10.2015 wurde ein Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen (SAA) zwischen der EU und Kosovo unterzeichnet. Es trat am 16.04.2016 in Kraft. Das Abkommen bezweckt die Unterstützung Kosovos bei seinen Reformbestrebungen zur Übernahme des Besitzstandes der Europäischen Union. Es dient der Verbesserung der Unabhängigkeit von Medien und Justiz, der Bekämpfung der Korruption auf hoher Ebene und des organisierten Verbrechens, sowie der Reformierung des Arbeitsmarktes.
Seit Dezember 2008 begleitet die europäische Rechtsstaatsmission EULEX Kosovo mit gegenwärtig etwa 750 internationalen Mitarbeitern die kosovarischen Behörden beim Aufbau eines professionellen und multiethnischen Justiz-, Polizei- und Zollwesens.
Seit Januar 2012 führt die EU mit Kosovo einen sogenannten Visa-Dialog; im Rahmen dieses mehrjährigen Prozesses soll Kosovo die innerstaatlichen Bedingungen für die Aufhebung der Visapflicht für touristische Reisen kosovarischer Bürgerinnen und Bürger in den Schengen-Raum schaffen. Im Länderbericht der EU-Kommission vom 19.10.2021 wiederholt die Kommission ihre Bewertung, dass die Erfüllung der Kriterien zur Visaliberalisierung seit 2018 vorliegt.
Normalisierungsprozess Kosovo-Serbien
Seit März 2011 führen Kosovo und Serbien in Brüssel einen von der EU moderierten Dialog. Ziel ist die umfassende Normalisierung der Beziehungen zwischen den beiden Ländern. Nur wenn die Beziehungen zwischen Kosovo und Serbien abschließend geklärt sind, ist perspektivisch der EU-Beitritt beider Staaten möglich. Mangelnde Fortschritte im Normalisierungsdialog, dies ist in der EU-Verhandlungsposition festgeschrieben, wirken sich negativ auf das allgemeine Vorankommen Serbiens in Beitrittsgesprächen mit der Europäischen Union aus.
Im Rahmen des EU-vermittelten Dialogs konnten zunächst Vereinbarungen zur Verbesserung der Lebensbedingungen vor Ort erzielt werden, u.a. zu Personenfreizügigkeit, Anerkennung von Hochschuldiplomen, Personenstandsregister und Kataster sowie beim freien Warenverkehr und der Teilnahme Kosovos an Regionalorganisationen. Im Rahmen des Dialogs haben die Parteien außerdem unter anderem Vereinbarungen zur Umsetzung des integrierten Grenzmanagements sowie zur Entsendung von Verbindungsbeamten in die jeweils andere Hauptstadt getroffen.
Im Oktober 2012 begannen Verhandlungen zu übergeordneten politischen Fragen auf Ebene der Ministerpräsidenten, die dann ab 2017 auch von den Präsidenten wahrgenommen wurden. Im April 2013 kam es zu einer ersten Normalisierungsvereinbarung zwischen Kosovo und Serbien, mit der ein entscheidender Schritt in Richtung gutnachbarschaftlicher Beziehungen erzielt wurde. Die Vereinbarung regelt in erster Linie den Übergang der sogenannten serbischen Parallelstrukturen in Verwaltung, Justiz und Polizei in kosovarische Institutionen. Im Gegenzug erhalten die Kosovoserben gesicherte Vertretung in den Bereichen Polizei und Justiz und sollen ihre in der kosovarischen Verfassung verankerten Selbstverwaltungsrechte im Rahmen eines Verbands mehrheitlich kosovo-serbischer Gemeinden wahrnehmen können. 2015 unterzeichneten die Ministerpräsidenten von Kosovo und Serbien vier Erklärungen zur Normalisierung der Beziehungen zwischen Pristina und Belgrad in Bezug auf Energie, Telekommunikation, die Einrichtung eines Verbands der Gemeinden mit serbischer Bevölkerungsmehrheit sowie über die Brücke von Mitrovica und die Freizügigkeit. Im Februar 2015 wurden zudem Übereinkünfte über Justiz und im Juni 2015 über Kfz-Versicherungen unterzeichnet.
Die Verhandlungen zwischen Kosovo und Serbien wurden im November 2018 vorübergehend aufgrund bilateraler Spannungen unterbrochen. Im Juli 2020 gelang die Wiederaufnahme, nachdem Miroslav Lajčák im April zum EU-Sonderbeauftragten für den Normalisierungsdialog ernannt worden war. Wie in dessen Mandat verankert, ist das Ziel des Dialogs die umfassende Normalisierung der Beziehung in Form eines abschließenden und rechtlich bindenden Abkommens, das im Einklang mit dem Völkerrecht steht und zur regionalen Stabilität beiträgt.
Europäische Unterstützung für den Reformprozess
Die EU unterstützt die politische und wirtschaftliche Entwicklung Kosovos finanziell durch das Instrument für Heranführungshilfe IPA (“Instrument for Pre-Accession Assistance“). Dabei standen im Mehrjährigen Finanzrahmen 2014-2020 der EU rund 602 Millionen Euro für Kosovo zur Verfügung. Geförderte Maßnahmen konzentrieren sich auf die Bereiche Demokratisierung und gute Regierungsführung, Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte, Umwelt, Klima und Energie, Transport, Wettbewerbsfähigkeit, Innovation und ländliche Entwicklung, Bildung, Beschäftigung und Soziales sowie regionale Kooperation.
Auch unter dem Nachfolgeinstrument IPA III erhält Kosovo im Mehrjährigen Finanzrahmen 2021-2027 substanzielle EU-Unterstützung und wird unter anderem vom von der EU-Kommission vorgelegten Wirtschafts- und Investitionsplan für den Westbalkan mit einem Gesamtfördervolumen von bis zu 9 Mrd. EUR profitieren.
Im Jahr 2020 hat die EU zudem für die Westbalkanstaaten ein EU-Covid19-Unterstützungspaket in Höhe von zu 3,3 Milliarden Euro zur Bewältigung der Gesundheitskrise und zur sozio-ökonomischen Erholung mobilisiert.
Zum Weiterlesen
Fortschrittsbericht der EU-Kommission zu Kosovo, 19.10.2021 (Englisch)
Mehr zur Heranführung Kosovos an die EU auf der Webseite der EU-Kommission (Englisch)