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Inklusion – Alltag, Anspruch, Außenpolitik (Folge #79) - Transkript
Malte Oehlmann: Inklusion auch als Chance für alle sehen und nicht nur als etwas, was da irgendwie noch draufkommt oder was man auch noch machen muss.
Cosima Klatte: Artikel 3: Jeder hat das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit. Also zum Beispiel auch niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
Malte Oehlmann: Ein Blick jetzt in die USA stimmt ja im Moment eher negativ, wo jetzt die ganzen Initiativen zum Thema DEI jetzt in kürzester Zeit wirklich abgerissen werden.
Cosima Klatte: Fokus des Global Disability Summits war ja die internationale Entwicklungszusammenarbeit.
Malte Oehlmann: Software-Digitalität ist eine Riesenchance wie das jetzt, glaube ich, die iPhones oder die Smartphones gezeigt haben. Der nächste Game Changer könnte jetzt tatsächlich auch die künstliche Intelligenz werden.
Cosima Klatte: Vielleicht noch die Zahl, dass zum Beispiel Frauen und Mädchen mit Behinderung zwei bis dreimal häufiger von sexualisierter Gewalt betroffen sind als Frauen und Mädchen ohne Behinderung.
Julia Lehrter: Willkommen zu einer neuen Folge Podcast vom Posten. Mein Name ist Julia Lehrter. Schön, dass ihr dabei seid. Heute geht es um ein Thema, das uns alle betrifft: Inklusion. Oft wird es noch als Nischenthema betrachtet. Dabei geht es im Kern um gleiche Rechte, gleiche Teilhabe und gleiche Würde für alle Menschen. Wir sprechen heute über internationale Verantwortung, politische Verpflichtungen und darüber, was das ganz konkret im Alltag bedeutet. Unsere beiden Gäste arbeiten normalerweise nur wenige Meter von mir entfernt und kennen das Thema aus ganz unterschiedlichen Perspektiven. Cosima Klatte ist im Auswärtigen Amt unter anderem zuständig für Menschenrechte von Menschen mit Behinderung, ein Bereich, in dem sich diverse Politikfelder überschneiden.
Julia Lehrter: Cosima, sehr schön, dass du heute da bist.
Cosima Klatte: Hallo.
Julia Lehrter: Malte Oehlmann ist Data Scientist im Auswärtigen Amt. Er ist blind und zeigt uns, wie Technologie und Haltung zusammenspielen müssen, damit Inklusion wirklich gelebt wird. Auch schön, dass du da bist, Malte.
Malte Oehlmann: Hallo.
Julia Lehrter: Cosima, lass uns mit dem großen Rahmen beginnen. Du arbeitest unter anderem im Bereich Menschenrechte von Menschen mit Behinderung. Die UNBRK, kurz für Behindertenrechtskonvention, ist hier eine der Grundlagen. Seit 2009 ist die UN-BRK in Deutschland in Kraft. Sie schafft keine Sonderrechte, sondern konkretisiert die allgemeinen Menschenrechte aus der Perspektive von Menschen mit Behinderung. Was sollte man noch über die Konvention wissen?
Cosima Klatte: Genau, also das Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderung, UN-BRK, wurde am 13.12.2006 von der Generalversammlung der VN [Vereinten Nationen] verabschiedet und du hast es schon ganz richtig gesagt, es gab schon vorher verbriefte Menschenrechte Nicht zuletzt seit 1948 die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte zum Beispiel. Und wenn man sich die Artikel anguckt, dann sind damit natürlich auch alle Menschen gemeint. Zum Beispiel in Artikel 3: Jeder hat das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit. Außerdem haben wir die Europäische Menschenrechtskonvention. Und auch viele Menschenrechte sind natürlich bei uns im Grundgesetz verankert. Also zum Beispiel auch in Artikel 3: Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Es gibt aber auch Gruppen von Menschen, deren Rechte besonders oft verletzt werden oder wo die Menschenrechte eben als solche noch nicht ganz ausreichen und dazu gehören eben auch Menschen mit Behinderung. Und da ist auch ganz wichtig zu sagen, dass die Diskriminierung oft nicht erkannt wird und gleichzeitig aber bei der Personengruppe ein strukturelles Problem ist.
Also es geht hier nicht um individuelle Regelverstöße, sondern es geht darum, dass das strukturelle Probleme sind. Also was bedeutet ein ganz bestimmtes Menschenrecht für diesen Personenkreis, wenn es jetzt um Zugänge zu Arbeit geht oder Bildung oder auch Gesundheit oder soziale und politische Teilhabe. Und die UN-BRK war in der Hinsicht ein großer Fortschritt, weil vorher eher ein medizinisch defizitäres Bild von Behinderung vorgeherrscht hat. Und das hat die UN-BRK eben versucht umzuwandeln in ein Bild, das in Behinderung oder in Vielfalt einen Mehrwert sieht. Und da geht es darum, die Menschen nicht sozusagen defizitär zu betrachten, sondern die Behinderung eher in der Umwelt zu verorten. Also es geht darum, dass die Menschen nicht per se ein Problem darstellen oder ein Problem haben, sondern genau [darum], dass das Problem in der Umwelt liegt. Genau. Und vielleicht noch zum Stand der Umsetzung oder zum Stand der UN-BRK: Die UN-BRK hat mit 192 Vertragsparteien eine ziemlich breite Unterstützung. Dazu gehören unter anderem auch alle EU-Mitgliedsstaaten und die EU selbst.
Julia Lehrter: Okay, also zusammenfassend kann man dann sagen, es geht darum, dass man anerkennt, dass nicht der Mensch das Problem ist, sondern, dass die Umwelt zugänglicher sein muss. Das bedeutet konkret, was für Menschen mit Behinderung notwendig ist, wie barrierefreie Bahnhöfe oder zugängliche Software, bringt auch viele andere Vorteile. Wer etwa einen schweren Koffer trägt, profitiert genauso von einem Aufzug wie jemand im Rollstuhl. Und barrierearme digitale Angebote sind meist für alle Nutzerinnen und Nutzer einfacher und intuitiver zu bedienen.
Cosima Klatte: Genau.
Julia Lehrter: Und welche Rolle spielt die Konvention in Deutschland?
Cosima Klatte: Die Konvention spielt in Deutschland an vielen Stellen eine Rolle. Wir kommen später ja auch nochmal dazu, dass das Thema Behinderung ein großes Querschnittsthema ist oder ein Schnittstellenthema. Und wie ich eben schon angeregt habe, bezieht sich die UN-BRK auf ganz viele unterschiedliche Teile des Lebens. Also ob jetzt sozusagen schon das junge Kindesalter betroffen ist oder das Erwachsenenalter also durch das ganze Leben hindurch zieht sich die UN-BRK und durch ganz viele unterschiedliche Lebensbereiche eben. Und deswegen ist die Umsetzung in Deutschland an unterschiedlichen Stellen ganz wichtig. Vor allem das BMAS, also das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, hat da die Federführung. Das heißt, da geschehen eigentlich die meisten konkreten Schritte zur Umsetzung der UN-BRK.
Julia Lehrter: Und wer trägt denn international die Verantwortung dafür und wie wird diese Konvention überhaupt umgesetzt?
Cosima Klatte: Also ein wichtiger Mechanismus ist das Staatenüberprüfungsverfahren. Die UN-BRK funktioniert so, dass es einen UN-Fachausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderung gibt. Das sind 18 ExpertInnen aus aller Welt. Das sind auch größtenteils SelbstvertreterInnen, also Menschen mit Behinderung selbst. Und die treffen sich zweimal im Jahr in Genf und beraten über die Umsetzung der UN-BRK. Und das geht dann konkret so: Die Staaten schreiben Berichte zur Umsetzung und legen sie der Expertengruppe vor. Diese prüfen die Berichte und schreiben abschließende Bemerkungen dazu, die dann eben veröffentlicht werden. Parallel ist auch ganz wichtig, dass es Schattenberichte gibt. Das heißt, die Zivilgesellschaft ist auch ganz explizit gefragt und soll eben ebenfalls zur Umsetzung dokumentieren, wie es aussieht. Also [sie] weist dann nochmal ganz konkret auf Probleme hin, die vielleicht im nationalen Bericht nicht in der Form dargelegt werden. Und Deutschland wurde 2023 das letzte Mal geprüft und arbeitet dann eben auch an den abschließenden Bemerkungen und schaut, wie vielleicht Punkte auch besser umgesetzt werden können.
Julia Lehrter: Und welche Bereiche sind zum Beispiel noch nicht so gut umgesetzt in Deutschland?
Cosima Klatte: Genau, also dazu kann Malte vielleicht gleich auch nochmal was sagen. Ein großer Knackpunkt ist immer das Thema Bildung. Das wird häufig kritisiert, aber es gibt natürlich auch andere Bereiche, in denen die UN-BRK noch nicht ganz umgesetzt wird. Und zum Beispiel gehören dazu die Rechte von geflüchteten Menschen mit Behinderung.
Julia Lehrter: Du hattest im Vorgespräch bereits gesagt, Inklusion ist kein Zusatzthema, sondern ein Schnittstellenthema. Was meinst du damit?
Cosima Klatte: Genau. Also Schnittstelle heißt so viel wie, eigentlich müsste das Thema in jedem anderen Thema auch mitgedacht werden. Und ganz spannend fand ich auch, wie das beim Global Disability Summit im April aufgegriffen wurde. Da haben viele internationale SpeakerInnen berichtet und da hat man auch total schön gemerkt, wie diese Frage der Umsetzung in den vielen unterschiedlichen Lebensbereichen für so viele unterschiedliche Menschen auf der ganzen Welt eine Rolle spielt. Und dazu gehört eben auch beispielsweise das Thema Klima, Konflikt, andere Krisen und zum Beispiel auch die Verbesserung der Resilienz dieser Personengruppe, beziehungsweise der Gesellschaft insgesamt, um sich eben krisenfest zu machen, sodass alle Menschen eben auch gut durch Krisen durchkommen. Zum Beispiel im Mai gab es die Inklusionstage im BMAS und da war das Thema auch nochmal sehr präsent und da ging es beispielsweise um den Katastrophenschutz und darum, wie zum Beispiel jetzt auch seit dem Ahrtal-Unglück - da sind zwölf Personen in ihrer Unterkunft umgekommen - und seitdem soll eben mehr für den Bevölkerungsschutz getan werden, auch mit einer inklusiven Perspektive und deswegen gibt es mittlerweile beispielsweise Apps, mit denen Menschen auch vorgewarnt werden sollen oder eben Krisen und Katastrophenpläne, die auf Inklusion geprüft werden sollen. Und das finde ich jetzt ein ganz schönes Beispiel für Inklusion oder das Thema Menschen mit Behinderungen als Schnittstellen-Thema, dass eben die Rechte von Anfang an mit bedacht werden.
Julia Lehrter: Malte, du arbeitest heute als Data Scientist im Auswärtigen Amt und du bist von Geburt an blind. Lass uns mal noch vielleicht ein Stück zurückgehen. Wie war dein Weg hierher ins Amt?
Malte Oehlmann: Ja, mein Weg hierher ins Amt fing mit meiner Geburt an. Und zwar komme ich ursprünglich aus Uelzen, einer kleinen Stadt zwischen Hamburg und Hannover. Ja, die erste Zeit bin ich dann zu einer Förderschule nach Hannover gegangen, was damals für mich bedeutete anderthalb Stunden mit einem Taxi nach Hannover zu fahren und auch anderthalb Stunden zurück. Und dazwischen war dann halt die Schulzeit. Im Anschluss an die ersten Jahre, als es dann darum ging, aufs Gymnasium die weiterführende Schule zu gehen, war es dann dank des Engagements meiner Eltern, Engagement ist eigentlich zu kurz gegriffen, muss fast sagen eher Kampf, meiner Eltern dann möglich auf eine Regelschule zu gehen. Das war damals noch nicht üblich und das bedurfte dann wirklich sehr viel Einsatz bis hin zu Gerichtsverfahren.
Julia Lehrter: Ich wollte gerade sagen, sorry- Kampf, also was meinst du? Was genau heißt Kampf? Kampf heißt wirklich richtige Gerichtsverfahren? Ihr musstet richtig dafür kämpfen, also wirklich euch-
Malte Oehlmann: Genau, so weit ging das und es ging auch dann tatsächlich so weit, dass damals die Schule, die eigentlich für mich zuständig gewesen wäre aufgrund unseres Wohnortes dann wirklich per Beschluss einer Gesamtkonferenz gesagt hat: Nee, wir können uns nicht vorstellen, den Malte als blinde Person bei uns aufzunehmen in der Schule. Und dann bin ich halt zu dem anderen noch existierenden Gymnasium in Uelzen gegangen, das dann zu einer knappen Mehrheit wirklich als Mehrheitsbeschluss gesagt hat: Okay, das können wir uns vorstellen mit einem großen „Aber“ noch dahinter. Also dann durch sozialpädagogische Unterstützung dann auch von der Blindenschule und es wurde dann auch gewährleistet und das ging alles gut. Und ja, so hat es dann doch funktioniert. Und ich bin dann tatsächlich inklusiv bis zum Abitur beschult worden.
Julia Lehrter: Genau. Und dann fing das Studium an.
Malte Oehlmann: Genau. Dann bin ich zum Studium nach Karlsruhe gegangen. Damals noch ohne konkrete Berufswahl im Kopf, habe da Volkswirtschaftslehre studiert. Nach meinem Studium bin ich dann das erste Mal nach Berlin gewechselt für eine Promotion im Bereich Umweltökonomie an der Technischen Universität Berlin. Nach Abschluss dort habe ich fünf Jahre als Projektmanager in der Politikberatung gearbeitet damals auch zu Umweltthemen. Und im Anschluss danach war ich für dreieinhalb Jahre an der Technischen Universität München und habe da im Bereich des nachhaltigen Konsums geforscht, gearbeitet, gelehrt. Also hatte da so eine ganz klassische Erfahrung, [eine] Universitätsstelle mit Anfertigung von Publikationen, Vorlesung geben, Abschlussarbeiten betreuen, alles das, was da so dazugehört. Und genau dreieinhalb Jahre waren das und dann bin ich dann zurück nach Berlin und bin jetzt hier als Data Scientist im Auswärtigen Amt und das Auswärtige Amt hat mich auch so ein bisschen angesprochen. Das passt jetzt auch so ein bisschen zu meinem Werdegang dann wiederum. Denn ich habe seit meinem Studium parallel immer wieder den Weg aktiv ins Ausland gesucht. Während meines Studiums war ich für einen Erasmusaufenthalt in Spanien, Praktikum in Mexiko, meine Abschlussarbeit habe ich dann in den USA geschrieben und dann später während meiner Forschungszeiten war ich noch in Brasilien und in Kanada und ja. Diesen internationalen Austausch irgendwie war auch so ein Punkt, der für mich dann das Auswärtige Amt, auch wenn ich jetzt hier nicht rotiere wie viele meiner KollegInnen, doch als Arbeitgeber sehr attraktiv gemacht hat.
Julia Lehrter: Und gab es beim Einstieg Hürden für dich? Also im Onboarding, im Bewerbungsverfahren?
Malte Oehlmann: Nee, tatsächlich erfreulicherweise gar keine. Weniges lief eigentlich sehr gut. Ich muss aber dazu sagen, ich bin jetzt seit sechs Monaten ziemlich genau hier, also kann jetzt von sechs Monaten berichten. Aber sowohl der Bewerbungsprozess als auch dann alles, was dazugehört dann mit dem Einstieg, das lief sehr gut. Das lief aber auch sehr gut, weil die handelnden Personen hier in der Abteilung oder meinem Referat auch sehr offen waren und das ist, glaube ich, so eine Bedingung so meiner Erfahrung nach, - immer noch -, die es zu erfüllen gilt, damit ein Mensch mit Behinderung in meinem Fall Blindheit, dann erfolgreich in einen Job starten kann. Denn Vorgesetzte, die sich irgendwie das nicht vorstellen können, die Berührungsängste haben oder sonstige Hemmnisse oder Vorbehalte gegen Menschen mit Behinderung, da ist man dann tatsächlich als blinde Person dann von vornherein vielleicht schon oft raus und kann noch so qualifiziert sein, noch so viel gemacht haben. Wenn die direkten Vorgesetzten oder andere direkt im Umfeld befindlichen Personen dann da irgendwelche Vorbehalte haben, das ist dann für eine Person schwierig. Aber das muss ich klar sagen, war hier nicht der Fall und das war von vornherein ein offenes, ehrliches Verhältnis und ja. Das war echt- das hat gut funktioniert.
Julia Lehrter: Genau, also so ein bisschen mehr diese Hemmschwelle sollte sich eben abbauen mit der Zeit. Vielleicht kann man so ein bisschen mehr deinen Alltag beleuchten. Also du arbeitest mit komplexen Daten. Wie funktioniert das konkret?
Malte Oehlmann: Genau, also ich - vielleicht noch für den Hintergrund - bin hier in der Abteilung für Auswärtige Kultur- und Gesellschaftspolitik. Wir haben hier viel mit den Goethe-Instituten, mit den Auslandsschulen mit dem Akademischen Austauschdienst zu tun und mit Daten ganz verschiedener Herkunft. Erst einmal vielleicht, ich nutze verschiedene Hilfsmittel für meine Arbeit. Im Wesentlichen ist das eine sogenannte Braillezeile. Die überträgt den Bildschirminhalt oder Teile dessen - das sind meistens dann einfach nur 80 Zeichen - in Punktschrift, folgt dann im Wesentlichen dem Cursor, dem blinkenden Cursor auf dem Monitor und transportiert dann die Information des Bildschirmes für mich in Punktschrift. Und dazu nutze ich noch eine Sprachausgabe zum Vorlesen gerade von längeren Texten. Und das sind so meine beiden wesentlichen Hilfstechnologien, die ich nutze. Ja, und wenn es dann tatsächlich an die Datenarbeit geht, dann reicht Excel eben nicht mehr aus. Da reicht das Blicken auf die Tabellen oder kurz mal draufschauen, wie es eine sehende Person machen würde, vielleicht nicht mehr aus, wenn man Millionen von Datenpunkten hat, sondern da muss man sich sowieso andere Strategien erarbeiten und ermöglichen, um dann wirklich so große Datensätze analysieren zu können. Und wie andere Data Scientists auch, nutze ich Programmierumgebungen. Für diejenigen, die es schon mal gehört haben, vielleicht Python und R und Datenbanksysteme. Und ja, [ich] bin dann sehr viel mit Themen beschäftigt der Datenaufbereitung. Erst mal zu schauen: In welcher Qualität liegen die Daten denn vor? Sind die Daten realistisch oder muss man da noch mal nachhaken? So, das ist gerade mein Job überhaupt, Daten hin auf Qualität und Validität zu prüfen, um sie dann, und das ist so das Ziel hier, ich bin ja in dem Referat was für Strategie und Planung zuständig ist, [um] dann die weiteren Fachreferate dann wirklich mit hoffentlich hilfreichen Analysen bei ihren Entscheidungen dann unterstützen zu können
Julia Lehrter: Man hört raus, in vielen Bereichen klappt Barrierefreiheit für dich schon richtig gut. Ich habe aber auch gehört, hier und da ist wirklich noch Luft nach oben. Und ganz witzigerweise hast du gesagt, das Einzige, was an deinem Schreibtisch ist- also das, was am wenigsten barrierefrei ist -, ist dein Telefon.
Malte Oehlmann: Ja, das stimmt. Das Telefon, das habe ich schon wieder vergessen. Das Telefon ist tatsächlich absolut nicht barrierefrei. Ich arbeite dann einfach mit Rufumleitungen auf mein Diensthandy. Denn Smartphones sind wirklich ein Game Changer in der Vergangenheit [und] dann tatsächlich in Richtung barrierefrei mit Sprachausgabe wirklich super nutzbar. Aber sonst das Telefon, was bei uns tatsächlich noch auf dem Schreibtisch steht, da kann ich zum Beispiel jetzt nicht sehen, wer mich mal angerufen hat, den ich dann zurückrufen muss. Deswegen ist ein Workaround dann einfach aufs Diensthandy umzuleiten. Aber das brauche ich an vielen Stellen, so Workarounds. Denn ein großer Punkt: Software-Digitalität ist eine Riesenchance wie das jetzt, glaube ich, die iPhones oder die Smartphones gezeigt haben. Der nächste Game Changer könnte jetzt tatsächlich auch die künstliche Intelligenz werden. Auf der anderen Seite gibt es immer noch tatsächlich dann Barrieren im Bereich der Software. Wir arbeiten mit verschiedenen Software-Systeme hier, aber auch anderswo. Und das ist, glaube ich so ein genereller Punkt. Das ist tatsächlich noch problematisch, dass nicht alle Software barrierefrei ist. Und ja, dass da einfach so teilweise unüberwindbare Hürden aufgebaut werden, wo es dann heißt, ja okay, ein blinder Mensch kann einfach die Software nicht bedienen, weil die nicht barrierefrei ist. Hier wird tatsächlich sehr darauf geachtet, schon im Auswärtigen Amt ich glaube im öffentlichen Dienst im Allgemeinen. Aber man muss schon immer noch ab und zu mal hinweisen, dass da irgendwas nicht funktioniert, und das kostet Zeit. Und diese Zeit würde ich viel lieber darauf verwenden, in meinen Daten zu arbeiten und hier meine KollegInnen mit meinen Analysen zu unterstützen, anstatt da jetzt mich um Barrierefreiheitsthemen noch dann immer wieder so am Rande kümmern zu müssen.
Julia Lehrter: Was sind denn aus deiner Sicht die häufigsten Missverständnisse, wenn es um Barrierefreiheit und Inklusion geht?
Malte Oehlmann: Ja, Barrierefreiheit inklusive Missverständnisse. Also einmal so, dass Barrierefreiheit [verstanden wird], als die ist vorhanden oder die ist nicht vorhanden. Also dass es eine 0 oder eine 1 gibt und das ist einfach nicht so. Also es gibt Prüfprotokolle gerade bei Software oder Websites, die man dann, wenn man alles erfüllt, das ist die Barrierefreiheit das ist alles gut und dem ist einfach nicht so. Also es kann mehr oder weniger barrierefrei sein. Übrigens das gilt eigentlich ja nicht nur für Menschen mit Behinderung, sondern Software oder Webseiten können auch Barrieren für Menschen ohne Behinderung glaube ich durchaus haben. Der Punkt ist, glaube ich, dass man einfach viel mehr da die blinden, sehbehinderten Menschen einbeziehen müsste. Es müsste viel mehr bekannt sein, wie die Menschen mit einer Sehbehinderung arbeiten. Das wäre, glaube ich ein ganz wichtiger Punkt. Und nicht nur sozusagen von einem ausgehenden Protokoll dann zu sagen, das ist jetzt barrierefrei oder nicht. Das ist, glaube ich ein ganz wichtiger Punkt.
Julia Lehrter: Malte, was müsste sich denn deiner Meinung nach ändern, damit mehr Menschen mit Behinderung ihren Weg in den öffentlichen Dienst finden? Gibt es konkrete Hebel oder strukturelle Hindernisse?
Malte Oehlmann: Ja, ich glaube, im Allgemeinen ist der öffentliche Dienst jetzt schon vielleicht attraktiv für eine Person mit Behinderung und diese strukturellen Hemmnisse gehen über den öffentlichen Dienst hinaus. Deswegen würde ich es vielleicht ein bisschen weiterfassen. Also eine Sache hatte ich ja gerade schon angedeutet einfach diese, dass es immer noch oft von den handelnden Personen, die mit dem einer zu tun ist, abhängig ist, ob die sich das vorstellen können oder nicht, mit einem Menschen mit Behinderung zusammenzuarbeiten. Das ist, glaube ich ein wichtiger Punkt. Ein weiterer Punkt ist tatsächlich so, dass die Rahmen einfach geschaffen werden müssen, dass der Arbeitsplatz so eingerichtet wird, dass er dann für eine blinde Person nutzbar ist, inklusive barrierefreier Software und allem, was dazugehört. Und das sollte natürlich - hier habe ich den sehr schnell so eingerichtet vorgefunden -, aber in vielen Fällen dauert das halt Zeit. Und das sollte eigentlich vom Tag des Starts des Arbeitnehmers, der Arbeitnehmerin dann direkt verfügbar sein. Und ja, das sind glaube ich so zwei Mindestwege, um halt für eine höhere Quote von Menschen mit Behinderungen überhaupt in Jobs zu sorgen. Ich arbeite als Data Scientist, deswegen würde ich gerne da mal ein paar Daten nennen, die vielleicht noch mal so ganz praktisch darstellen, wo wir da stehen neben dem äußeren Rahmen mit der Behindertenrechtskonvention. Also in Deutschland ist die Arbeitslosenquote für Menschen mit Behinderung immer noch doppelt so hoch, die liegt ungefähr bei zehn bis elf Prozent. Für blinde und sehbehinderte Menschen gibt es erstmal überhaupt gar keine Daten. Also auch ein Riesenproblem. Da gibt es kaum Statistiken, Informationen, wie viele Menschen dann überhaupt in Arbeit sind. Aber Schätzungen zeigen, dass die Erwerbsquote bei blinden und sehbehinderten Menschen bei ungefähr 30 Prozent liegt. Also das ist, glaube ich nochmal eine Zahl, die glaube ich sagt, der Weg ist noch ein langer und dieser lange Weg, da muss man viel früher ansetzen. Da muss man jetzt nicht nur auf die Inklusion jetzt wirklich in dem Job schauen, sondern viel früher, wo die wirklichen wichtigen Entscheidungen des Lebens irgendwie für die Menschen gemacht werden. Das ist natürlich im Bereich der Bildung und da ist, glaube ich, noch Potenzial nach oben, was die Inklusion angeht in Deutschland.
Julia Lehrter: Am 2. und 3. April war Berlin Austragungsort des dritten Global Disability Summit. Gastgeber waren Deutschland, Jordanien und die International Disability Alliance. Der Global Disability Summit ist ein internationales Gipfeltreffen, das sich der Inklusion und den Rechten von Menschen mit Behinderungen widmet. Ziel ist es, die weltweite Umsetzung der UN-BRK voranzubringen und konkrete, überprüfbare Verpflichtungen von Staaten Organisationen und anderen Akteuren einzuholen. Über 4.500 TeilnehmerInnen aus 100 Ländern, 800 neue Verpflichtungen und eine gemeinsame Erklärung, die Amman-Berlin-Declaration, also die Hauptstädte von Jordanien und Deutschland. Cosima, du warst dabei. Was war für dich ein besonderer Moment oder eine besonders eindrucksvolle Begegnung?
Cosima Klatte: Du hast es gerade schon angesprochen, es war ein sehr, sehr großes Event mit sehr, sehr vielen Gästen aus der ganzen Welt und eigentlich war das schon das, was mich besonders beeindruckt hat, zu sehen wie viele Menschen zusammenkommen und wie solidarisch miteinander umgegangen wird. Das fand ich wirklich toll zu sehen und die Präsenz vor Ort. Also man muss sich das so vorstellen: Das hat stattgefunden hier in Berlin in der Nähe vom Gleisdreieck an einem großen Veranstaltungsort eben und es war total cool, würde ich jetzt mal so sagen, so viele Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen und aus so vielen unterschiedlichen Orten in der ganzen Welt zusammen zu sehen und dann auch zu sehen wie eben Menschen miteinander ins Gespräch gekommen sind, einfach sozusagen im Gang oder beim Getränkestand oder so und dann eben aber auch auf den vielen Bühnen, wo es dann zum Teil auch heiß herging mit großen Diskussionen darüber, wie man eben die UN-BRK auch in Zukunft nochmal besser umsetzen kann. Fokus des Global Disability Summit war ja die internationale Entwicklungszusammenarbeit. Das heißt, es ging auch viel darum, was in der internationalen Zusammenarbeit konkret aktuell noch nicht so gut läuft. Und dazu gehören eben auch viele Themen wie Konflikte, Klimakrise, die Themen, die ich eben auch schon angesprochen habe. Und genau, was natürlich auch on paper cool war, war, dass es jetzt über oder an die 100 Unterzeichner der Amman-Berlin-Declaration gab. Also schon auch eine große Unterstützung für das Abschlussdokument.
Julia Lehrter: Gab es auch überraschende Aspekte?
Cosima Klatte: Ich glaube, überraschend war vielleicht wie viel Überschneidung es doch auch gibt und wie eben...Ja also so viele unterschiedliche Länderkontexte, ob das jetzt eine Insel ist oder ein riesiger Staat in der Wüste oder wie auch immer, dass eben doch auch die Herausforderungen, auf die die Menschen treffen, recht ähnlich sein können und dass auch sozusagen die Verständigung auch im internationalen Kontext dann funktioniert. Also obwohl es eben auch dann so unterschiedliche sprachliche Barrieren gibt, hat das meines Erachtens ganz gut geklappt.
Julia Lehrter: Malte, du warst zwar nicht dabei, aber vielleicht kannst du uns doch verraten: Welche Rolle spielen solche internationalen Gipfel aus deiner Sicht für echte Veränderungen?
Malte Oehlmann: Ja, ich finde erstmal den internationalen Austausch extrem wichtig, weil tatsächlich die Herausforderungen wirklich immer dieselben sind, international. Ich habe gute Freunde, die auch blind sind, die wohnen in Brasilien und wenn ich mit denen quatsche, dann stehen wir immer vor den gleichen Herausforderungen. In manchen Ländern natürlich nochmal ein bisschen anders als jetzt in Deutschland, aber trotzdem die Herausforderungen sind dieselben. Und ja, so internationale Gipfel: Man muss da natürlich auch mit den Beschlüssen ins Handeln kommen, in die Umsetzung kommen, glaube ich, das ist nochmal ganz wichtig auch für Deutschland. Und natürlich noch stärker vielleicht voneinander lernen, denn es gibt durchaus Länder, ohne da jetzt genau den Überblick zu haben, die da vielleicht noch ein Stück weiter sind als Deutschland beim Thema Inklusion und deswegen so ein internationaler Austausch ist dann natürlich ein ganz wichtiger Punkt, ein ganz wichtiger Meilenstein, um dann den Weg der Inklusion dann weiterzugehen.
Julia Lehrter: Habt ihr Beispiele für Länder, die ein bisschen weiter sind in der Inklusion?
Cosima Klatte: Genau, also es gab auch einen Markt der Möglichkeiten beim Global Disability Summit und da haben sich eben unterschiedliche Akteure eben mit ihren Produkten teilweise oder Ideen ausgestellt und sind darüber eben auch mit anderen Menschen ins Gespräch gekommen. Und da war es ganz schön zu sehen, dass viele dann gesagt haben, ja, wir haben hier irgendwie, also teilweise auch sehr geprägt von neuer Technologie oder der Digitalisierung, irgendwelche neuen Tools für inklusive Bildung oder inklusive Gesundheitssachen. Also das war zum Beispiel ein ganz schönes Beispiel dafür, dass Best Practices eben auch dann geteilt werden und auch sehr gut angenommen werden. Wenn man jetzt im internationalen Vergleich schaut, kommt es auch eher darauf an, welche Form von Barrieren man sich anschaut. Aber es gibt tatsächlich schon auch Orte, an denen Barrierefreiheit anders mitgedacht wird. Oder es heißt immer mal auch zum Beispiel - von Rollstuhlnutzenden habe ich das immer mal gehört -, dass die und die Stadt total rollstuhlnutzerinnenfreundlich sei oder die Aufzüge oder die Züge besonders gut funktionieren. Genau, also das hört man schon viel und da gibt es, glaube ich in den Communities auch einen ziemlich großen Austausch dazu. Also gerade auch, wenn es darum geht, eine inklusivere Reise zu planen. Zum Beispiel überlegen sich viele im Vorfeld natürlich, welche Orte auch einigermaßen barrierefrei sind.
Julia Lehrter: Cosima, der Outcome des Summit lässt sich jetzt schwer in wenige Worte fassen. Warum ist das so?
Cosima Klatte: Du hattest in der Einführung schon gesagt, es sind sehr, sehr viele Commitments zustande gekommen, also die sogenannten Verpflichtungen. Und die sind super vielfältig, deswegen kann man das gar nicht runterbrechen auf den einen Faktor. Aber... Ich glaube, Malte hatte das auch schon angedeutet. Ein großer Mehrwert in einer solchen Veranstaltung besteht einfach auch schon darin, dass die Menschen überhaupt mal zusammenkommen. Das hilft, dass die Menschen sich auch mal gegenseitig beobachten oder hören können und merken, dass da doch viel passiert. Und dass man sich was voneinander abschauen kann, dass man auch mehr zusammenhalten kann. Und das ist, glaube ich, eines der größeren Outcomes. Genau und dann eben die Amman-Berlin-Declaration, in der sich die Unterzeichnenden, das sind eben nicht nur Staaten, sondern auch internationale Organisationen beispielsweise oder andere Akteure sich dem Ziel verschreiben, in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit mehr Inklusion mitzudenken und eben ganz konkret auch mehr darin zu investieren. Und das ist, finde ich schon auch ein sehr konkretes Ziel und ein sehr konkretes Outcome und das ist etwas, das auch dann in den nächsten Jahren überwacht werden soll. Das heißt es soll auch geprüft werden, ob das tatsächlich auch so umgesetzt wird und genau, da sind eben Staaten dabei, aber auch internationale Organisationen oder VN-Bodies - wie zum Beispiel UNICEF ist dabei - und das heißt, dass da eben die Schnittstelle dann doch auch nochmal expliziter mitgedacht werden soll.
Julia Lehrter: Ein konkretes Ergebnis ist ja auch die Forderung nach 15% for 15%, also dass 15% aller Entwicklungsprogramme Inklusion zum Ziel haben sollen. Was steckt dahinter?
Cosima Klatte: Genau, also ich glaube, dass wichtig zu sagen ist, dass Entwicklungsprogramme bislang generell nicht unbedingt inklusiv gedacht sind. Und das soll eben verändert werden. Und 15 Prozent klingt erstmal wenig, aber ich glaube, das ist im Vergleich zu was jetzt passiert schon auch ein ganz schön großer Schritt. Und 15 Prozent für die 15 Prozent reflektiert sozusagen, dass 15 Prozent der Weltbevölkerung Menschen mit Behinderung sind und deswegen auch diese Personen in der Entwicklungszusammenarbeit oder in den Entwicklungsprogrammen mitgedacht werden müssen von Anfang an.
Julia Lehrter: Was wären dann so deine Visionen für eine inklusivere internationale Politik, also jetzt auch ganz jenseits vom Global Disability Summit?
Cosima Klatte: Ich glaube, dass die feministische Außenpolitik da tatsächlich auch einen ganz spannenden Ansatz mit vorangetrieben hat und zwar den der Intersektionalität, also dass man im außenpolitischen Denken auch immer unterschiedliche Ebenen von mehr Diskriminierung mitdenkt und da vielleicht apropos Data Scientist vielleicht noch die Zahl, dass zum Beispiel Frauen und Mädchen mit Behinderung zwei bis dreimal häufiger von sexualisierter Gewalt betroffen sind als Frauen und Mädchen ohne Behinderung und ich finde das Beispiel zeigt schon mal ganz gut, wie oft doch auch diese Mehrfachdiskriminierung eine Rolle spielt. Und deswegen finde ich es auch so wichtig, dass in der Außenpolitik das Thema Inklusion und das Thema Behinderung von Anfang an mitgedacht wird. Was es aber auch konkret bedeutet wäre, wie wir zum Beispiel jetzt heute sehen im Auswärtigen Amt - ich weiß gar nicht, wie viel Prozent der Beschäftigten, Menschen mit Behinderung sind -, aber ich glaube, für eine inklusive Politik wäre es natürlich auch schön, wenn Menschen mit Behinderung auch in jeglichen politischen Bereichen, aber eben auch in der Außenpolitik, sichtbarer wären. Also genau, auch Politik mitmachen würden.
Julia Lehrter: Und Malte Inklusion von Anfang an, was bedeutet das für dich?
Malte Oehlmann: Ja, von Anfang an finde ich heißt wirklich von Anfang an, also bei der Grundschule ansetzen und dann wirklich stärker auf inklusive Modelle dann tatsächlich auch setzen und Inklusion auch als Chance für alle sehen und nicht nur als etwas, was da irgendwie noch draufkommt oder was man auch noch machen muss oder etwas, was irgendwie zu irgendwas Schwierigem oder Unangenehmen führt. Meiner Meinung nach kann Diversität - ganz im Allgemeinen jetzt mal auch breiter gefasst [und] nicht nur die Menschen mit Behinderung in den Blick genommen -, etwas Positives für alle bewirken. Ein kleines Beispiel, ich kann mich noch ganz gut erinnern aus der Schule, aus der Inklusion damals. Dadurch, dass ich halt in der Klasse war und wir in verschiedenen Fächern, auch so was wie der Mathematik dann uns mit Kurven und Kurvendiskussionen beschäftigt haben, habe ich dann öfter mal meine MitschülerInnen gefragt: Ja was ist denn das jetzt für ein Graph? Was ist denn da jetzt zu sehen? So und dadurch haben die dann damals auch schon viel stärker diese Fähigkeit entwickelt, Dinge präzise beschreiben zu können und das ist glaube ich nur ein Beispiel damals jetzt noch aus der Schule, wo auch eine blinde oder ganz allgemein eine behinderte Person dann auch noch wirklich als Pluspunkt gesehen wird mit ihrer, mit seinen Fähigkeiten und dass man verstärkt in diese Richtung denkt, dass das eher was Positives ist, auch für ein Team übrigens, bei der Arbeit, dass da was Positives reingebracht werden kann und nicht etwas, wo man jetzt auch noch die Arbeitsplätze anpassen muss und jetzt muss man auch immer barrierefreie Software kümmern. Und was will der denn? Was braucht der denn jetzt noch alles? Nee, man muss das komplette Denken da irgendwie in eine andere Richtung kriegen. Das ist, glaube ich essenziell für ein Gelingen der Inklusion
Julia Lehrter: Und Malte, wenn du diese Podcast-Folge jetzt in fünf Jahren nochmal hörst, was würdest du dir wünschen, hat sich bis dahin verändert?
Malte Oehlmann: Ja, erstmal würde ich mir ganz allgemein wünschen, dass wir den durchaus positiven Weg der letzten 50 Jahre oder noch länger weitergehen. Denn es hat ja, muss man auch ganz klar sagen, durchaus viele Verbesserungen für Menschen mit Behinderung gegeben. Ein Blick jetzt in die USA stimmt ja im Moment eher negativ, wo jetzt die ganzen Initiativen zum Thema DEI jetzt in kürzester Zeit wirklich abgerissen werden. Anders kann man es, glaube ich gar nicht formulieren. Und ich hoffe einfach, dass wir in Deutschland und auch viele, viele andere Länder da jetzt nicht einsteigen, sondern dass wir den Weg durchaus weitergehen. Für mich ganz persönlich würde ich mir wünschen, dass ich in fünf Jahren jetzt hier nicht zu behindertenspezifischen Themen vielleicht befragt werde, sondern dass wir uns dann mal darüber unterhalten können, wie man datenbasiert politische Entscheidungen unterstützen kann.
Julia Lehrter: Danke euch beiden für diese offenen ehrlichen und sehr spannenden Einblicke in eure Arbeit und eure Sicht auf Inklusion. Und danke an alle, die zugehört haben. Bis zur nächsten Folge von Podcast vom Posten.