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Zwischen Chancen und Heraus­forderungen: Außen­ministerin Annalena Baerbock reist in den Irak

Außenministerin Baerbock trifft ihren irakischen Amtskollegen Fuad Hussein in Bagdad

Außenministerin Baerbock trifft ihren irakischen Amtskollegen Fuad Hussein in Bagdad, © Kira Hofmann/photothek.de

07.03.2023 - Artikel

Nirgends im Nahen Osten prallen Gefahren und Chancen so aufeinander wie in Irak: da sind der Kampf gegen Terrorismus, Spannungen zwischen Schiiten und Sunniten, die Klimakrise. Und auf der anderen Seite ein Land kultureller Vielfalt, die Wiege der Zivilisation, eine junge Bevölkerung und Demokratie.

Außenministerin Annalena Baerbock wird vom 7. bis zum 10. März zum ersten Mal in den Irak reisen. Seit vielen Jahren ist Deutschland engagiert, die Stabilisierungserfolge des Irak zu unterstützen. Aber der Einfluss des großen Nachbarstaats Iran, militärische Interventionen der Türkei in der Region Kurdistan-Irak und der voranschreitende Klimawandel zerren an der Stabilität des Landes. Wenn Irak aber - mit all seinen unterschiedlichen Ethnien, religiösen Gruppierungen und Minderheiten – zeigen kann, dass ein friedliches Zusammenleben möglich ist, dann wird er zum Vorbild für eine ganze Region.

Ich will gegenüber den irakischen Partnerinnen und Partnern unterstreichen, dass Deutschland nicht nur an eine starke, friedliche Zukunftsperspektive für Irak glaubt, sondern sich dafür auch weiter engagiert.

- Außenministerin Annalena Baerbock

Außenministerin Baerbock mit Masrur Barzani, Ministerpräsident der Autonomen Region Kurdistan
Außenministerin Baerbock mit Masrur Barzani, Ministerpräsident der Autonomen Region Kurdistan© Kira Hofmann/photothek.de

Seit rund drei Monaten hat Irak eine neue Regierung. In Bagdad wird Außenministerin Baerbock Gespräche mit dem irakischen Premier- und Außenminister über die Zusammenarbeit und deutsche Unterstützung für die Stabilitätsbemühungen Iraks führen. Das deutsche militärische Engagement im Rahmen der internationalen Anti-IS-Koalition und der NATO Mission Irak bleibt dabei von großer Bedeutung. Seit 2015 beteiligt sich die deutsche Bundeswehr mit 77 Partnern am internationalen Anti-IS-Einsatz, seit 2020 an der NATO-Mission Irak. Unter anderem werden irakische Streit- und Sicherheitskräfte befähigt, die Stabilität des Landes eigenständig zu sichern. Annalena Baerbock wird Vertreter der VN-Unterstützungsmission UNAMI, der Operation Inherent Resolve, sowie auch der NATO Mission Irak samt Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr treffen.

Außenministerin Baerbock im Zentrum der Theater-, Musik- und Sporttherapie der Organisation „Lotus Flower“ im Flüchtlingslager für Binnenvertriebene Qadiya in Dohuk
Außenministerin Baerbock im Zentrum der Theater-, Musik- und Sporttherapie der Organisation „Lotus Flower“ im Flüchtlingslager für Binnenvertriebene Qadiya in Dohuk© Kira Hofmann/photothek.de

Zur dauerhaften und nachhaltigen Sicherung der Stabilität gehört die Bewältigung der Folgen des Völkermords an den Jesidinnen und Jesiden durch den sogenannten IS. In Erbil wird Außenministerin Baerbock mit Vertretern der Regionalregierung Kurdistan-Irak auch darüber sprechen, Perspektiven für die Überlebenden zu schaffen. In der Region haben hunderttausende Binnenvertriebene Zuflucht gefunden, die der Terrorherrschaft des IS entkommen konnten. Die deutsche Bundesregierung unterstützt den irakischen Staat dabei, Jesidinnen und Jesiden eine Rückkehr in ihre Heimatorte zu ermöglichen. Unter anderem wurde dafür der von Deutschland initiierte Fonds für Irak (FFS) geschaffen sowie auch ein Kredit über 500 Millionen Euro der Bundesregierung. Mit dem Geld werden in Sinjar z.B. die Stromversorgung und Straßen repariert, Abwasserkanäle, Schulen und Kindergärten wiederaufgebaut. Bei der Planung und Umsetzung dieser Projekte werden auch irakische staatliche Akteure auf der Provinzebene mit einbezogen.

Das Trauma dieses Völkermordes steckt nach wie vor tief in den Menschen- das wurde nicht zuletzt in der Pandemie deutlich, als es in den Lagern unter Frauen zu vielen Selbstmorden kam. Die Überlebenden nicht allein zu lassen ist uns Verpflichtung und Verantwortung.

- Außenministerin Annalena Baerbock

Die Großstadt Dohuk ist in den letzten Jahren Heimat für viele Vertriebene und Geflüchtete geworden, sowohl aus Irak wie auch aus Syrien. Hier wird Annalena Baerbock in einem Flüchtlingslager für Binnenvertriebene Gespräche mit Überlebenden führen.

Außenministerin Baerbock legt Blumen am Friedhof von Kocho nieder
Außenministerin Baerbock beim Besuch des Friedhofs in Kocho© Kira Hofmann/photothek.de

Die traditionelle Heimat vieler Jesidinnen und Jesiden ist hingegen der Distrikt Sinjar. In Kocho, einem jesidischen Dorf, begann am 3. August 2014 der Völkermord des sogenannten IS an der jesidischen Gemeinschaft. Viele der Überlebenden aus Kocho, darunter auch Friedensnobelpreisträgerin Nadia Murad, sind über das Landesaufnahmeprogramm Baden-Württemberg nach Deutschland gekommen. Annalena Baerbock wird das Dorf, das heute ein Gedenkort ist, und ein Traumazentrum besuchen. Im Dokumentationszentrum des Untersuchungsteams der Vereinten Nationen, UNITAD, werden die Taten zu Fallakten für internationale Gerichte aufbereitet, hier wird die Straflosigkeit der Täter bekämpft. Deutschland unterstützt die juristische Aufarbeitung der IS-Verbrechen. Rechenschaft ist eine Grundvoraussetzung für Gerechtigkeit und einen nachhaltigen Frieden in der Heimatregion der jesidischen Gemeinschaft.

Der Irak gehört zu den fünf am stärksten vom Klimawandel betroffenen Ländern der Welt und ist als relevanter Emittent von Treibhausgas Verursacher und zunehmend Opfer zugleich. Sinnbild der Austrocknung und Versalzung ganzer Landstriche sind die Marschen in der Nähe von Basra, im Süden des Irak, die Außenministerin Baerbock besucht. Von vielen mit dem biblischen Garten Eden identifiziert, schrumpft das Jahrtausende alte Sumpfgebiet von Euphrat und Tigris immer weiter. Und so droht nicht nur das UNESCO-Weltkulturerbe der Marschen, sondern auch die Lebensgrundlage der dort ansässigen Menschen auszutrocknen.

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