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Rede von Staatssekretärin Antje Leendertse anlässlich ihrer Amtsübernahme von Staatssekretär Walter Lindner
--- es gilt das gesprochene Wort ---
Sehr geehrter Herr Minister, lieber Heiko Maas, dafür, dass du mir dieses neue Amt anvertraust, danke ich dir herzlich. Das muss jetzt mal gesagt werden: Es ist mir eine große Ehre. Ich kann hier und heute nur versprechen, dass ich mein Bestes tun werde, dem gerecht zu werden. Und ich freue mich auf die Zusammenarbeit in den kommenden Jahren in dieser neuen Konstellation –mit Ihnen allen hier im Saal, in Bonn und draußen in der Welt.
Lieber Walter Lindner, Du wirst ab dem 1. April von Uttar Pradesh bis Nadu reisen und Deutschland in Indien vertreten und damit quasi in den Außendienst zurückkehren. Dafür wünsche ich Dir von Herzen alles Gute! Ich dagegen werde meinen Arbeitsplatz von den Flughäfen dieser Welt an den Werderschen Markt zurückverlegen und bin wieder im Innendienst. Aber beide werden wir weiter an der Gesamtaufgabe Mitgestaltung und Umsetzung deutscher Außenpolitik arbeiten.
Ich bedanke mich für die guten Worte und die Glückwünsche heute und in den letzten Tagen. Und noch ein Zusatz in meiner Eigenschaft als „zweiter Staatssekretärin“ des Auswärtigen Amts: Es waren gerade sehr viele KollegInnen, die mir in den letzten Tagen mit Blick auf meine Ernennung Glückwünsche geschickt haben – sicher weil sie sich für mich freuten, aber auch weil sie sich darüber freuten, dass nach Staatssekretärin Haber wieder eine Frau von diesem Minister ernannt wurde. Und dass v.a. die jungen Kolleginnen das als Ermutigung sehen und Männer und Frauen nicht nur im Auswärtigen Dienst das zunehmend als Normalität begreifen, ist auch auf den politischen Willen dieses Ministers zurückzuführen, und das ist auch gut so.
Innen und Außen – das lässt sich in unserer Branche nicht trennen. In diesem Jahr als Politische Direktorin ist mir das noch einmal sehr deutlich geworden. Ob es um die transatlantischen Beziehungen geht, die europäische Sicherheitspolitik oder um das Krisenmanagement, das unsere Arbeit im Feld mehr denn je prägt:
Nach außen sind wir nur so stark, wie wir im Inneren aufgestellt sind.
Ich finde, das ist ein guter Leitsatz für die Aufgabe, die vor mir liegt und bei der ich natürlich auf vielem aufbauen kann, was Du, Walter, hier bereits mit den Kollegen „vorgelegt“ hast.
Deshalb habe ich mir vorgenommen, als Staatssekretärin, diesen Nexus zwischen Innen und Außen mit besonders viel Energie zu beackern.
Mein erstes Anliegen ist, dass wir unseren Dienst im Inneren so stark und so zeitgemäß aufstellen wie irgend möglich. Das fängt bei einer guten Hauskultur und bei einer von Fairness und Respekt geprägten Arbeitsweise an. Der Auswärtige Dienst arbeitet Hand in Hand mit den Auslandsvertretungen und mit unseren Partnern, auch mit den schwierigen, die ja nicht weniger werden, unablässig für Dialog und Vertrauen. Gleichzeitig müssen wir weiter in der Lage sein, im Krisenfall oder bei unvorhergesehenen und meistens auch unvorhersehbaren außenpolitischen Herausforderungen von 0 auf 100 kurzfristig leistungsfähig zu sein. Und das 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche, mit 14.000 Mitarbeitern ungefähr je zur Hälfte drinnen und draußen, an 365 Tagen im Jahr und an fast 230 Auslandsvertretungen sowie in der Zentrale in Berlin und Bonn. Dazu brauchen wir Bewusstsein dafür, dass wir alle an einem Strang ziehen.
Für Dich und mit Minister Heiko Maas und mit dir, lieber Andreas Michaelis, möchte ich weiter für ein modernes Auswärtiges Amt arbeiten, eine im Rahmen des Möglichen und im besten Sinne des Wortes progressives, innovatives Amt. Bei uns sollten sich noch mehr als bisher gute Ideen durchsetzen können, ohne durch falsche Prioritätensetzung, unnötige Bürokratie oder unzureichende personelle, finanzielle und technische Ausstattung gebremst zu werden. Gerade die Staatsministerin und die Staatsminister sind an dieser Stelle wichtige Verbündete. Und ich möchte mich für einen Auswärtigen Dienst einsetzen, der alle Kolleginnen und Kollegen dabei unterstützt, die Härten unseres Berufes abzufedern, die allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern doch so viel Flexibilität abverlangen . Und eben nicht nur ihnen sondern auch ihren Partnern, den sog. MAPs, also mitausreisenden Partnern und ihren Familien. Ich sage das natürlich unter Kontrolle meines hier anwesenden Mannes. Zu recht jedenfalls haben in der von Staatssekretär Lindner geschaffenen „Task Force Zukunft“ die Verbesserungen der Rahmenbedingungen für den Auswärtigen Dienst, unter ausdrücklichem Einschluss auch der Partner, eine große Rolle gespielt. Das möchte ich unbedingt fortsetzen.
Ich möchte mit Ihnen für ein offenes Auswärtiges Amt arbeiten, in dem wir nicht auf Herrschaftswissen und Versäulung setzen, sondern auf Teamgeist, auf Teilhabe an Information und auf die Erfahrung und die Ideen von jeder und jedem von Ihnen – und zwar nicht nur vorne in der ersten Reihe, sondern von allen die im Auswärtigen Amt arbeiten. Ein offenes Auswärtiges Amt, das auch Ideen von außen als Bereicherung empfindet, nicht als Störung des Korpsgeistes.
Ich möchte mit Ihnen für ein innovatives und modernes Auswärtiges Amt mit Strategiefähigkeit arbeiten, das aus dem Getümmel der Gegenwart schon das morgen vorausdenkt, das Zukunftsthemen anpackt, von der gerade von Minister Heiko Maas richtigerweise so stark priorisierten Rüstungskontrolle der Zukunft bis zur globalen Vernetzung der Kreativindustrien.
Nach außen sind wir nur stark, wenn wir im Inneren gut aufgestellt sind. Das hat für mich noch eine zweite Dimension: Unser Haus muss sich gegenüber dem Souverän, vertreten durch den Deutschen Bundestag und innerhalb der Bundesregierung als Übersetzer zwischen Außen- und Innenpolitik verstehen. Wir müssen zu Hause erklären, welche neuen Anforderungen die Welt da draußen auch an unser Handeln im Inneren stellt. Und wir müssen die Umsetzung von Außenpolitik vorbereiten, die dann im politischen Raum Mehrheiten überzeugt.
Auf Dauer wird uns das besser von der Hand gehen, wenn wir auch auf einer dritten Baustelle anpacken, von der ich weiß, dass sie dir, lieber Heiko Maas, besonders wichtig ist: Wenn unsere Außenpolitik nur so gut sein kann wie unsere Aufstellung im Inneren, dann heißt das für uns in diesem Saal auch:
Es kann uns nicht kalt lassen, wenn sich in unserem Land eine Kluft auftut – zwischen immer massiveren außenpolitischen Gestaltungsaufgaben einerseits und einem Lebensgefühl in Teilen unserer Gesellschaft, das lieber ins nationale Schneckenhaus zurück will.
Dieser Gedanke gehört ins Zentrum unseres Handelns. Der Review von 2014 war der richtige Ansatz, aber er hat nicht gereicht. Was wir brauchen, ist eine breite und informierte außenpolitische Debatte in unserem Land. Für diese Debatte muss und wird dieses Haus weiter Anstöße geben. Dass wir in knapp einem Jahr 150 Jahre Auswärtiges Amt feiern, wird eine perfekte Gelegenheit sein, das zu tun.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, vor uns liegt in den nächsten Jahren ein Berg Arbeit, mit der Mitgliedschaft im VN-Sicherheitsrat bis Ende 2020, mit der Präsidentschaft der Europäischen Union und im Europarat in der 2. Hälfte des Jahres 2020 um nur zentrale Beispiele zu nennen. Das bedeutet Herausforderungen, von denen wir manche noch gar nicht kennen, das bedeutet aber auch Chancen. Die Chance, dass deutsche Außenpolitik, gemeinsam mit unseren europäischen und anderen Partnern, den Multilateralismus stärkt, zur Krisenbewältigung und Friedensförderung beiträgt, weiter für die regelbasierte internationale Ordnung engagiert eintritt, für „Europe United“ kämpft, die Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Gesamteuropa und darüber hinaus voranbringt. Für alle diese Ziele, zu deren Umsetzung wir diese Chancen beherzt nutzen wollen, steht ja auch und gerade Minister Heiko Maas. Und hinter ihm und diesen Zielen steht der Auswärtige Dienst. Vor der Besteigung dieses Berges an Arbeit habe ich durchaus Respekt, aber es ist mir nicht bange, denn ich werde es ja auch nicht alleine tun müssen.
Dir, lieber Heiko, danke ich nochmals herzlich für dein Vertrauen. Lieber Walter, dir wünsche ich eine glückliche Reinkarnation als Botschafter in Neu-Delhi. Und auf die Zusammenarbeit mit Dir, lieber Andreas, freue ich mich, wenn wir ab dem 1. April – wieder mal - Tür an Tür arbeiten.
Sie alle, liebe Kolleginnen und Kollegen, bitte ich um Ihren Teamgeist, Ihr Vertrauen, Ihre Verantwortungsbereitschaft, Ihre guten Ideen, wenn nötig Ihren Widerspruch und hoffentlich ganz oft Ihre Leidenschaft für unseren tollen Beruf. Gemeinsam werden wir die Herausforderungen bewältigen und die Chancen nutzen, da bin ich ganz sicher.