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Ansprache von Europa-Staatsminister Michael Roth zur Vereidigung des 72. Attaché-Lehrgangs

02.07.2018 - Rede

-- es gilt das gesprochene Wort --

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
vor allem aber: lieber 72. Attaché-Lehrgang!

Wenn ich mich hier so umschaue, dann verkörpern Sie einen Diplomatischen Dienst genau so, wie ich ihn mir wünsche: bunter, vielfältiger, weiblicher! Das ist einfach großartig und stimmt mich für die Zukunft des Auswärtigen Amtes hoffnungsvoller.

Eine arbeitsreiche Zeit liegt hinter Ihnen: Vierzehn Monate harter Arbeit im Korsett eines dichten Stundenplans, mit Hausaufgaben und einer Reihe von Prüfungen. Nicht ganz selbstverständlich, nachdem Sie ja alle vorher in Studium und Beruf bereits ein selbstbestimmteres Leben geführt haben. Zuletzt haben Sie Ihre Laufbahnprüfungen erfolgreich absolviert. Dazu gratuliere ich Ihnen ganz herzlich!

Der heutige Tag markiert für Sie Schlusspunkt und Anfang zugleich. Schlusspunkt, weil Ihre gemeinsame Zeit hier in der Akademie nun endet. Ich bin mir sicher: Die vergangenen vierzehn Monate haben Sie als Crew zusammengeschweißt. Sie haben gemeinsam gelernt. Sie haben auf Reisen, in der Freizeit, beim Feiern viel Zeit miteinander verbracht. Die Crew ist eine Gemeinschaft und ein Netzwerk, das Sie auch in schwierigen Zeiten und hoffentlich ein Leben lang tragen wird.

In den vergangenen vierzehn Monaten haben Sie gezeigt: Sie können mit ganz unterschiedlichen Kolleginnen und Kollegen lernen, arbeiten und zusammenleben. Und das war erst der Anfang. Denn jetzt werden Sie im Auswärtigen Dienst gebraucht – in den Referaten der Zentrale und den Auslandsvertretungen.

Vieles in unserer Welt, in Europa, ja bisweilen auch in unserem eigenes Land scheint derzeit aus dem Ruder gelaufen zu sein. Viele Bewährungsproben – seien es der Nationalismus und Populismus, das transatlantische Verhältnis, die Zukunft der EU – haben Sie bereits im vergangenen Jahr während Ihrer Ausbildung begleitet. Sie werden die die deutsche Außenpolitik mitgestalten.

Dabei gilt: Die deutsche Außenpolitik ist an vielen Orten dieser Welt viel mehr gefordert als früher. Und so manche Gewissheiten sind uns in den vergangenen Jahren abhanden gekommen – ob es um die Verlässlichkeit von internationalen Übereinkünften und langjährigen Partnern oder um den Zusammenhalt in der Europäischen Union geht.

Gehen Sie alle mit Tatendrang, Kreativität und Mut an diese Aufgaben heran. Bewahren Sie sich Ihre Neugier und den kritischen Geist, den Sie in der Ausbildung gezeigt haben.

Und gestatten Sie mir als Mitglied der politischen Leitung des Hauses, der quasi auf der Empfänger-Seite Ihrer künftigen Vorlagen und Berichte stehen wird, einen Rat: Haben Sie Selbstvertrauen, in Ihren Analysen prägnant und wahrhaftig und in Ihren Vorschlägen innovativ und mutig zu sein. Sie sollen ja Außenpolitik nicht bloß verwalten, sondern aktiv mitgestalten. Beflissene Ja-Sager, die alles nur bejubeln, was die Bundesregierung tut, helfen uns nicht. Seien Sie nach außen loyal – und nach innen wachsam und kritisch. Nur so gelingt Fortschritt.
Auch wenn ich selbst kein Diplomat bin: Sie haben einen der schönsten Berufe der Welt gewählt. Vor allem wünsche ich Ihnen, dass die Wünsche, Hoffnungen und vielleicht Träume, die Sie am Tag Ihrer Bewerbung empfunden haben, in den kommenden Jahren, ja Jahrzehnten in Erfüllung gehen.

Sicher werden auch Momente der Unzufriedenheit kommen – wenn Sie das Gefühl haben, gegen die Bürokratie wenig bewegen zu können, oder wenn eine Versetzung zum falschen Moment und nicht an den Einsatzort der ersten Wahl kommt. Vielleicht gelingt es Ihnen in solchen Momenten dann, einen Schritt zurückzutreten und sich daran zu erinnern, mit welcher Zuversicht, mit welchem Glücksgefühl Sie heute hier Ihren Dienst antreten. Bewahren Sie sich auch in schwierigen Momenten diese positive Herangehensweise!

Für diejenigen, die zunächst im Inland bleiben, bedeutet der neue Abschnitt vor allem, dass neue Aufgaben auf Sie zukommen. Sie haben in den vergangenen Wochen bereits begonnen, sich damit zu befassen. Und Sie mögen festgestellt haben: An allen Arbeitsplätzen – unabhängig von der Abteilung und des Referats – haben Sie vielfältige Möglichkeiten, mitzugestalten: ob in der Außen- oder Europapolitik, im kulturellen oder im rechtlichen Bereich.

Bei vielen von Ihnen wird in diesen Tagen der Hausstand in Container oder Umzugswagen verladen. Wenn ich mir die Liste Ihrer Auslandsposten anschaue, dann kommen da wahrlich spannende Zeiten auf Sie zu: Sie zieht es nach Kabul, Bagdad und Amman, nach Kairo und Tunis, nach Moskau, nach Kinshasa, nach Peking, New Delhi und Singapur.

Ich habe großen Respekt davor, dass sie Vorzüge, aber auch die Besonderheiten und Schwierigkeiten dieser Dienstorte annehmen. Ich wünsche Ihnen, dass Sie die Zeit im Ausland als bereichernd empfinden – auch dort, wo schwierige Lebensbedingungen, Unfreiheit und Gewalt herrschen.

Zufriedenheit und Glück haben ganz wesentlich auch mit denen zu tun, die Ihnen nahe stehen: Ihre Partnerinnen und Partner, Kinder, Eltern, Freundinnen und Freunde. Diese Bindungen sind umso wichtiger, wenn man einmal weit weg von zu Hause ist.
Das Auswärtige Amt prägt Ihren Lebensweg und den der Angehörigen ganz wesentlich. Viele von Ihnen werden mit Partnerinnen, Partnern und Familien ausreisen. Einige von Ihnen werden Ihre Partner aber vielleicht auch erst an Ihrem künftigen Einsatzort kennenlernen. Auch das gehört bei einem Auslandseinsatz sozusagen zum „Berufsrisiko“.

An dieser Stelle möchte ich auch den Partnerinnen und Partnern sowie Angehörigen, die heute hier sind, danken. Sie haben Ihre Partner und Partnerinnen während der Ausbildung großartig unterstützt und sich in Geduld geübt, wenn mal wieder eine Abendveranstaltung anstand oder Hausaufgaben erledigt werden mussten. Und ich wünsche Ihnen, dass Sie gemeinsam in Ihrer Lebensplanung immer wieder Wege suchen werden, die privaten und dienstlichen Belange miteinander in Einklang zu bringen.

Trotz aller Schwierigkeiten und auch Unwägbarkeiten, vor die Sie diese Lebensentscheidung für den Auswärtigen Dienst immer wieder stellen mag: Mit Sicherheit wird dieser Weg einen Reichtum an positiven Erfahrungen und Begegnungen für Sie bereithalten. Auch das wird Sie und Ihre Familien stärken und prägen.

Sie verlassen nun das geschützte Grün des Tegeler Forstes.

Meine besten Wünsche begleiten Sie! Alles Gute!

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