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Grußwort von Europa-Staatsminister Michael Roth bei der Veranstaltung „LGBTI und Judentum: Welche Identität? – Queere Juden zwischen Homophobie und Antisemitismus in Frankreich und Deutschland“

01.06.2018 - Rede

-- es gilt das gesprochene Wort --

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter,

vor knapp einem Jahr durften wir in Deutschland endlich das feiern, was in Frankreich bereits 2013 Realität wurde: die Ehe für Alle. In beiden Ländern war diesem Erfolg ein mühsamer Kampf für Toleranz, Vielfalt und sexuelle Gleichstellung vorausgegangen. Doch durch den Mut, das Engagement und die Leidenschaft vieler Mitstreiterinnen und Mitstreiter ist dieser Traum letztlich wahr geworden.

Einer derjenigen, der immer dafür gekämpft hat, dass wir ohne Angst verschieden sein können, war der jüdische Arzt und Sexualforscher Magnus Hirschfeld. Erst vor gut zwei Wochen haben wir mit einem großen Festakt seinen 150. Geburtstag gefeiert.

Magnus Hirschfeld engagierte sich bereits 1897 für die Straflosigkeit homosexueller Handlungen und die Abschaffung des Paragraphen 175 im Strafgesetzbuch, der diese Handlungen unter Strafe stellte. Das von ihm gegründete „Wissenschaftlich-humanitäre Komitee“ war die weltweit erste Homosexuellenbewegung, die sicher ebenfalls nach Frankreich ausstrahlte.

Auch durch Hirschfelds Wirken konnte sich im Berlin der 1920er Jahre eine bunte und vielfältige Szene entwickeln. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten nahm die Entwicklung jedoch ein jähes Ende. Hirschfeld musste Deutschland verlassen und starb 1935 im französischen Exil in Nizza.

Heute bahnen sich in Deutschland wie Frankreich wieder Nationalisten und Populisten ihren Weg in die Parlamente. Auf unseren Straßen und Plätzen werden wieder antisemitische und homophobe Parolen gerufen. Ob jüdisch, LGBTI oder jüdische LGBTI – viele haben Angst, dass ihre Freiheit bedroht ist.

Selbst in einer so liberalen und weltoffenen Metropole wie Berlin werden schwule Paare auf der Straße körperlich angegriffen oder übelst beschimpft. Auch die jüngsten antisemitischen Übergriffe in Frankreich und in Deutschland, wie zuletzt der Übergriff auf einen Kippa-Träger in Berlin, sind uns Mahnung zum Handeln. Solange „Du Jude“ und „Du schwule Sau“ immer noch zu den häufigsten Schimpfwörtern auf deutschen Schulhöfen gehören, gibt es noch viel zu tun im Kampf gegen Ausgrenzung und Intoleranz.

Immer noch werden auch im Herzen Europas Menschen aufgrund ihrer Herkunft, Hautfarbe, Religion, ihres Geschlecht oder ihrer sexuellen Identität diskriminiert. Unsere Botschaft ist klar: Null Toleranz gegenüber den Intoleranten! Null Toleranz gegenüber Antisemitismus, Homophobie, Antiziganismus, Rassismus und Nationalismus!

Um die Rechte von allen Bürgerinnen und Bürger zu schützen und zu bewahren, müssen Politik wie Zivilgesellschaft Hand in Hand arbeiten. Wir kämpfen nicht um die Rechte von Minderheiten. Wir kämpfen für Menschenrechte, die für alle gelten – unabhängig von sexuellen Orientierungen, Ethnien und Religionen. Daher habe ich mich darüber gefreut, dass bei den Demonstrationen für ein vielfältiges Deutschland am vergangenen Wochenende in Berlin auch viele Regenbogenfahnen und glitzernde Kippas auf Berlins Straßen zu sehen waren.

Ebenso freue ich mich ganz besonders – auch wenn ich persönlich heute nicht dabei sein kann –, dass die Initiative Bleu Blanc Rose heute zu diesem zivilgesellschaftlichen Erfahrungsaustausch eingeladen hat und wir dies als Auswärtiges Amt unterstützen konnten.

In Frankreich gibt es bereits seit 2014 einen interministeriellen Beauftragten gegen Rassismus, Antisemitismus und Homophobie. Nun hat Deutschland ebenfalls einen Beauftragten für den Kampf gegen Antisemitismus ernannt, Herrn Dr. Felix Klein. Ich bin mir daher sicher, dass der deutsch-französische Austausch zu diesen Themen künftig noch enger wird.

Für die heutige Diskussionsveranstaltung wünsche ich Ihnen spannende Erkenntnisse!

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