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Rede von Staatsminister für Europa Michael Roth zur 1. Lesung des Vertragsgesetzes zum Vertrag von Aachen im Deutschen Bundestag

16.05.2019 - Rede

Europa wird aus Mut gemacht. Mut haben Deutschland und Frankreich in den vergangenen Jahrzehnten oft bewiesen, so auch vor 56 Jahren, als sie den Élysée-Vertrag auf den Weg brachten. Nur wenige Jahre nach einem verheerenden Krieg, nach Holocaust, nach Faschismus haben vor allem unsere französischen Freundinnen und Freunde Mut bewiesen, als sie uns die Hand zur Versöhnung gereicht haben. Das war, ist und bleibt beispielgebend für ganz Europa. Versöhnung und Frieden und Verständigung sind möglich.

Jetzt gehen wir einen neuen Weg, nicht, indem wir die alten Pfade verlassen, sondern indem wir mit neuem Mut voranschreiten, gerade in einer Zeit, wo viele an Europa zweifeln, verzweifeln, Ängste vorhanden sind gegenüber Europa, vor der Globalisierung. Das, was wir jetzt mit Ihrer Unterstützung, liebe Kolleginnen und Kollegen, auf den Weg bringen, ist der Versuch, den Menschen deutlich zu machen, dass der Abbau von Grenzen und Mauern und Zäunen, dass mehr Integration, mehr Freundschaft, mehr Zusammenarbeit am Ende einen konkreten Mehrwert für die Bürgerinnen und Bürger in ihrem Alltag versprechen. Deshalb ist die Umsetzung dieses Vertrages aller Ehren und aller Mühen wert.

Aber es geht eben nicht nur um eine noch engere deutsch-französische Zusammenarbeit. Es geht auch darum, dass wir Mut machen für mehr Europa. Ich weiß, dass es auch kritische Fragen gibt. Ist das die neue deutsch-französische Dominanz? Wollt ihr uns sagen, wo es langzugehen hat? Mitnichten. Das, was wir in diesem erneuerten Vertrag jetzt angelegt haben, ist ein Angebot an alle Mitgliedstaaten in Nord und Süd, Ost und West, an die kleinen und die großen. Wir brauchen alle, und wir laden alle dazu ein, an einem stärkeren, solidarischeren, handlungsfähigeren Europa mitzuarbeiten. Dieses Angebot steht.

Ich will nur einige wenige Bereiche benennen, wo es notwendig ist, dass wir noch enger zusammenarbeiten, dass wir Vorurteile und Klischees überwinden und dass wir uns gemeinsam an die Arbeit machen. Klimaschutz ist ein wichtiges Thema. In der vergangenen Woche hat es dazu auch eine kritische Diskussion, nicht zuletzt zwischen Deutschland und Frankreich, gegeben. Am Ende hängt es aber maßgeblich von uns Europäerinnen und Europäern ab. Schaffen wir es, Mut zu machen und zu zeigen, dass der Satz von Donald Trump, dass Klimaschutz ein Jobkiller ist, nicht stimmt?

Deshalb müssen wir einerseits das Angebot der jungen Leute ernst nehmen, uns kritisch zu unterstützen, aber wir müssen eben auch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die sich Sorgen um ihre Arbeitsplätze machen, mitnehmen. Das können Deutschland und Frankreich in enger Zusammenarbeit mit anderen.

Das gilt auch für das soziale Europa. Im Aachener Vertrag haben wir ein klares Bekenntnis dazu abgegeben, dass Europa sozialer werden muss, dass wir unsere Bürgerinnen und Bürger schützen müssen. Es liegt eine Reihe von Vorschlägen auf dem Tisch: Mindestlöhne überall, soziale Grundsicherung überall, endlich eine gerechte und faire Besteuerung der international und europaweit agierenden Konzerne. Das geht nur, wenn Deutschland und Frankreich zusammenarbeiten und wenn wir uns alle am Riemen reißen und diese Zusammenarbeit mit Leben erfüllen.

Ein letzter Punkt ist die Zusammenarbeit in den sogenannten Grenzregionen. Am Ende geht es vor allem darum: Gelingt es uns, die Grenze im Alltag der Menschen gänzlich unsichtbar zu machen? In den Bereichen Gesundheit, Brandschutz, Sicherheit, Bildung, Qualifizierung wollen wir als Bundesländer, als Kommunen, als Kreise, als Regionen und Departements deutlich machen: Es gelingt, und Europa wird besser, wenn Grenzen verschwinden!

Deshalb bitte ich Sie im Namen der Bundesregierung um Ihre engagierte Debatte und um Ihre Unterstützung. Vielen Dank.

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