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Rede von Europa-Staatsminister Michael Roth bei der Ersten Lesung zur Verlängerung des Bundestagsmandats zur Beteiligung deutscher bewaffneter Streitkräfte an der durch die Europäische Union geführten EUNAVFOR Somalia Operation ATALANTA

11.04.2019 - Rede

-- es gilt das gesprochene Wort --

Seit mehr als zehn Jahren leisten deutsche Soldatinnen, Soldaten, Zivilistinnen und Zivilisten im Auslandseinsatz ATALANTA einen wichtigen Beitrag zu Sicherheit und Stabilität am Horn von Afrika.

Zehn Jahre sind für einen Kriseneinsatz eine lange Zeit. Und selbstverständlich stellen sich nicht wenige von uns die Frage: „Brauchen wir diesen Einsatz überhaupt noch?“

Das gilt vor allem angesichts eher hoffnungsvoller Nachrichten vom Horn von Afrika seit dem Friedensvertrag zwischen Äthiopien und Eritrea, der positiv auf die gesamte Region ausstrahlt.

Und ja, es stimmt: Das Thema der Sicherheit auf den Meeren ist zuletzt etwas aus den Schlagzeilen geraten. Es gibt Entwicklungen, die uns und vor allem den Menschen in der Region Mut machen. Doch gerade der bisherige Erfolg dieser Operation ist der Grund, warum ich Sie heute abermals um eine Verlängerung des deutschen Beitrags bitte.

Denn erinnern wir uns zurück an den Sommer 2008: Damals waren mehr als 30 Schiffe am Golf von Aden gekapert worden. Mit rücksichtsloser Brutalität wurden zahlreiche Schiffe angegriffen. Viele Menschen wurden entführt. Eine menschliche Tragödie!

Dank der Operation Atalanta hören und lesen wir heute nur noch wenig von Piraten, die Schiffe kapern und Seeleute als Gefangene nehmen.

Dank Atalanta konnten in den vergangenen zehn Jahren mehr als 1,8 Mio. Tonnen Nahrungsmittel sicher von Schiffen des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen zu notleidenden Menschen in der Region geliefert werden.

Dank Atalanta können mittlerweile viele Fischer wieder ihrer Arbeit nachgehen. Das ermutigt Menschen, in ihre Heimat zurück zu kehren, weil sie wieder eine wirtschaftliche Perspektive haben.

Diese Erfolgsgeschichte ist allerdings nicht einfach so vom Himmel gefallen, sondern sie ist das Ergebnis von zehn Einsatzjahren. Aber es gibt eben noch eine Menge zu tun.

Denn die kriminellen Netzwerke, die einst den Nährboden vor allem für Piraten darstellten, sind weiterhin aktiv. Sie verfolgen jetzt vorrangig andere kriminelle Machenschaften wie den Schmuggel von Waffen, den Handel mit Drogen und das Schleusen von Menschen über den Seeweg.

Und leider kommt es seit dem Frühjahr 2017 auch vereinzelt wieder zu Piraterie: Am 16. Oktober 2018 wurde ein Frachter im Indischen Ozean von Piraten angegriffen. Ein privates Sicherheitsteam an Bord des Frachters konnte den Angriff glücklicherweise abwehren.

Ein Aufklärungsflugzeug von Atalanta verfolgte das bei dem Überfall benutzte Boot. Anschließend stellten Kräfte der Operation Atalanta das Boot auf dem Meer sicher und zerstörten es, ohne dass jemand zu Schaden kam.

All das war möglich und wurde koordiniert durch das in die Operation integrierte Maritime Lagezentrum. Professionelle Teamarbeit macht die Schlagkraft der Operation aus.

Und was tun wir gemeinsam mit anderen? Von ziviler Krisenprävention über Stabilisierung und Konfliktnachsorge bis hin zu langfristiger Entwicklungszusammenarbeit ist Deutschland im Land aktiv. Und mit unserer Unterstützung kann dringend benötigte humanitäre Hilfe für Menschen in und aus Somalia geleistet werden – dafür haben wir in diesem Jahr bislang 65 Millionen Euro bereitgestellt.

Meine Damen und Herren,
Nicht nur der von mir beschriebene Vorfall macht auch deutlich: Die Region und insbesondere Somalia sind weiterhin sehr fragil. Das Seegebiet am Horn von Afrika bleibt immer noch sehr gefährlich für die Handelsschiffe, die Europa mit der arabischen Halbinsel und Asien verbinden.

Dabei gilt: Die Bedrohungen für die Schifffahrt am Horn von Afrika wandeln sich. Neue Konflikte und Akteure destabilisieren die Region. Daher muss sich auch Atalanta in den nächsten Jahren weiterentwickeln.

Wir haben dabei bereits in den vergangenen Jahren unsere Beteiligung verändert und angepasst. So ist unser Aufklärungsflugzeug samt Besatzung jeweils saisonal vor Ort, nämlich dann, wenn die See ruhig ist und die maritimen Aktivitäten von kleineren Schiffen im Seegebiet am Horn von Afrika zunehmen.

Die Obergrenze des Mandats hatten wir schon 2016, als sich Deutschland zum vorerst letzten Mal mit Schiffen beteiligte, abgesenkt – jetzt werden wir dies erneut tun. In Zukunft wird die Obergrenze von 600 auf 400 sinken. Damit bleibt Deutschland einer der Haupttruppensteller.

Meine Damen und Herren,
Die Bedrohungen verändern sich. Aber sie bleiben. Das Horn von Afrika ist eine Brücke zwischen Europa, der arabischen Halbinsel und Asien. Seine Stabilität und Sicherheit sind von globaler Bedeutung. Die Präsenz internationaler Akteure in dieser Region steigt kontinuierlich. Die Werte und Interessen Deutschlands und der Europäischen Union dürfen dabei nicht ins Hintertreffen geraten.

Mit der Operation ATALANTA haben wir ein Instrument an der Hand, das auf vielen Ebenen dazu beitragen kann, dass dies nicht geschieht - jetzt und auch in Zukunft.

Und eines ist mir besonders wichtig: Atalanta ist echtes europäisches Teamspiel!

An der Operation beteiligen sich derzeit 19 EU-Partner sowie mit Serbien und Montenegro zwei Beitrittskandidaten. Das zeigt: Gemeinsam können wir mehr erreichen als jeder für sich alleine.

Ich bitte Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, deshalb im Namen der Bundesregierung um Ihre Zustimmung zur Fortsetzung der deutschen Beteiligung an Operation ATALANTA.

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