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Rede von Europa-Staatsminister Michael Roth vor dem Bundestag zum Antrag der Bundesregierung: „Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte – Stabilisierung sichern, Wiedererstarken des IS verhindern, Versöhnung fördern in Irak und Syrien“

26.09.2019 - Rede

-- Es gilt das gesprochene Wort --

Darüber, ob eine Verlängerung des so genannten Anti-IS-Mandats angemessen und notwendig ist, gab es innerhalb der Koalitionsfraktionen und besonders in meiner eigenen Partei in den vergangenen Wochen unterschiedliche Auffassungen. Genau das zeichnet uns ja aus. Wir machen es uns mit militärischen Einsätzen niemals leicht. Wir prüfen, streiten, entwickeln Konzepte und kommen dann zu gemeinsamen Entscheidungen. Das ist eine Stärke, keine Schwäche unserer Parlamentsarmee.

Ich bin froh, dass wir uns geeinigt haben. Denn eine Fortsetzung ist aus Sicht der Bundesregierung wichtig, um bei der dauerhaften Stabilisierung des Iraks mitzuhelfen und für Syrien den Rahmen für eine politische Lösung überhaupt erst zu schaffen.

Deutschland muss als verantwortungs- und selbstbewusstes Mitglied der internationalen Staatengemeinschaft aktiv zur Friedenssicherung beitragen.

Und damit das auch klar ist: Unsere zivilen Instrumente – Diplomatie, Stabilisierung und Entwicklungszusammenarbeit – spielen dabei die zentrale Rolle. Frieden, Stabilität und Sicherheit sind die Voraussetzung dafür. Genau dies macht das Mandat, über das wir debattieren, notwendig.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

die Partner in Irak und Syrien haben im Kampf gegen IS mit Unterstützung der internationalen Anti-IS Koalition wichtige Erfolge erreicht. Der IS kontrolliert seit März dieses Jahres keine Gebiete mehr. In Irak sehen wir, dass bereits 4,3 Mio. Binnenvertriebene zurückgekehrt sind, die Beziehungen zwischen Bagdad und Erbil haben sich spürbar verbessert, die hochgesicherte Grüne Zone wurde wieder für die Bevölkerung geöffnet.

Das deutsche Engagement hat daran einen wichtigen Anteil: Seit 2014 haben wir über 500 Mio Euro für den Wiederaufbau von zerstörter Infrastruktur bereitgestellt und beim Minenräumen unterstützt, um eine Rückkehr der vertriebenen Bevölkerung in ehemals vom IS besetzte Gebiete zu ermöglichen.

Im Bereich der humanitären Hilfe sind wir einer der größten Geber und haben seit 2014 rund 550 Mio. Euro zur Verfügung gestellt. Zahlreiche Hilfsorganisationen, wie etwa der Malteser Hilfsdienst, das Deutsche Rote Kreuz oder das UNHCR konnten so unter anderem für eine bessere Wasserversorgung, für eine Basisgesundheitsversorgung oder für Zugang zu Lebensmitteln sorgen.

Zudem haben wir durch unseren Vorsitz entsprechender Arbeitsgruppen zur Koordinierung und Durchführung des Engagements der internationalen Gemeinschaft beigetragen. Daneben hat die durchgeführte Ausbildung die regulären irakischen Streit- und Sicherheitskräfte dabei unterstützt, die Menschen vor Ort Schritt für Schritt selbst schützen zu können.

In Nordostsyrien beteiligen wir uns mit rund 50 Mio. Euro an der Stabilisierung in ehemals von IS gehaltenen Gebieten. Dort tragen wir zu Räumung von Minen und Kampfmitteln bei, führen Reparaturmaßnahmen an zerstörter Basisinfrastruktur durch und tragen zur Sicherung der Lebensgrundlagen der Bevölkerung beispielsweise durch die Unterstützung von Kleinbauern bei, so dass sich die Menschen eine Existenzgrundlage aufbauen können. Wir unterstützen weiter aktiv die Arbeit der VN und deren Sondergesandten. Daher haben wir auch in diesem Forum die Entwicklungen in Idlib im VN Sicherheitsrat auf die Tagesordnung gesetzt.

Unsere Bemühungen mit der eingebrachten Sicherheitsratsresolution eine längerfristige Waffenruhe und den umfassenden Zugang für humanitäre Helfer zu erreichen, wurde nur durch ein russisch-chinesisches Veto verhindert.

Wir leisten außerdem einen Beitrag dazu, die Sicherheit in den ehemals vom IS besetzen Gebieten zu verbessern und damit ein Umfeld zu schaffen, in dem eine politische Lösung überhaupt möglich wird. Denn ohne Diplomatie und Verständigung kann der Konflikt in Syrien nicht beendet werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

es wäre schön, wenn ich Ihnen heute nur Erfolge verkünden könnte, aber neben Fortschritten sehen wir auch neue Bewährungsproben in Irak und Syrien.

Der IS terrorisiert aus dem Untergrund heraus und versucht insbesondere in noch nicht vollständig gesicherten Gebieten wieder Macht auszuüben.

Sein langfristiges Ziel der Wiedererrichtung einer fundamentalistischen Terrorherrschaft hat er noch längst nicht aufgegeben. Er bleibt damit eine massive Gefahr für die gesamte Region, genauso wie für Europa.

Gerade jetzt müssen wir daher mithelfen, die vom IS befreiten Gebiete zu stabilisieren und die IS-Ideologie durch Versöhnung zu überwinden. Sollte der IS wieder stärker werden, wird die schwierige Arbeit vieler ziviler Stabilisierungs- und Wiederaufbauprojekte wieder zunichte gemacht.

Für Iraks Zukunft wird es entscheidend sein, die Irakerinnen und Iraker so zu unterstützen, dass sie sich einem Wiedererstarken von IS mit eigener Kraft entgegen stellen. Die Fortführung des deutschen Beitrags zur Ausbildung von Ausbildern im Rahmen der internationalen Anti-IS Koalition ist hierfür wichtig.

In Syrien muss insbesondere im Nordosten verhindert werden, dass IS die Möglichkeit erhält, Rückzugsräume zu sichern oder ehemals kontrolliertes Territorium zurückzuerobern. Das setzt ein präzises Lagebild voraus. Daher sind Aufklärung und Luftbetankung notwendige Fähigkeiten. Aktuell kann keine andere Nation diese Fähigkeiten stellen. Die deutsche Bereitstellung bleibt daher derzeit noch unersetzlich.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

wir haben uns die Entscheidung über die Verlängerung des deutschen Beitrags zur internationalen Anti-IS Koalition nicht leicht gemacht. Damit unser ziviles Engagement Wirkung zeigen kann, bleibt die Bekämpfung von IS weiter erforderlich. Wir setzten damit unsere Unterstützung der Menschen vor Ort fort und senden das wichtige Signal: Wir bleiben verlässliche Partner. Dafür bitte ich Sie um Ihre Zustimmung.

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