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Grußwort von Staatsminister Michael Roth zur Eröffnung der Ausstellung „Es war einmal in Jerusalem Zeichnungen. Palestine / Israel 1938-1955“ Zeichnungen von Gabriella Rosenthal (1913-1975)

09.10.2018 - Rede

--es gilt das gesprochene Wort --

Es war einmal in Jerusalem - ein Titel, der jede und jeden von uns einlädt, sich zu erinnern an unsere Besuche und Begegnungen in dieser faszinierenden Stadt.

Wer einmal in Jerusalem war, wenn das jüdische Pessachfest und das Christliche Osterfest zusammenfallen und am Karfreitag gleichzeitig die Muslime zum Gebet auf den Tempelberg gehen, der spürt in besonderer Weise die tiefe religiöse Bedeutung dieser Stadt für die abrahamitischen Religionen.

Heute Abend werden wir Jerusalem durch die Augen von Gabriella Rosenthal sehen. Sie eröffnet uns mit ihren Zeichnungen ihren ganz persönlichen Blick auf das Alltägliche dieses vielschichtigen, komplizierten und anstrengenden Orts: auf ihre Menschen, auf die Männer, Frauen und Kinder Jerusalems mit all ihren Unterschiedlichkeiten und das ganz unabhängig davon, welcher Religion sie angehören oder welchen ethnischen Hintergrund sie haben.

Gabriella Rosenthal wurde 1913 in München in eine Familie von Antiquaren geboren. Sie selbst zog es früh zur Kunst. Glücklicherweise ermöglichten ihre Eltern ihr eine umfassende Ausbildung in München, Paris und Florenz. Eine großzügige Zuwendung ihres Großvaters erlaubte ihr und ihrem Mann 1935 die Auswanderung nach Palästina. Sie wollten dort im gelobten Land ihre Träume verwirklichen. Dabei zog es sie direkt nach Jerusalem.

Gabriella Rosenthal erlebte Jerusalem in einer Zeit großer, ja radikaler Umbrüche. Ihre Zeichnungen sind, wie es in der Ausstellungsbeschreibung heißt – ich zitiere – „Bilder aus einer vergangenen Zeit, die an der Möglichkeit eines sozialen Nebeneinanders in der multikulturellen und spannungsreichen Gesellschaft des Heiligen Landes festhielten.“

Es sind feine, liebevolle Zeichnungen, die die Künstlerin angefertigt hat, und die das Leben in den Gassen Jerusalems und im Umland zeigen.

Sie, Rabbiner Tovia Ben-Chorin, haben Ihre Mutter beschrieben als eine Frau mit großer Empathie für die verschiedenen Bevölkerungsgruppen, die in Palästina bzw. in Israel leben – Empathie für die Menschen, seien es Jüdinnen und Juden, Araberinnen und Araber, Beduinen oder Drusen. Dieser Geist der Neugier, der Offenheit und des Respekts ist heute so wichtig wie er damals war – und alles andere als selbstverständlich.

Denn leider steht Jerusalem immer wieder im Mittelpunkt von Auseinandersetzungen und Konflikten – auch wieder in jüngster Zeit.

Lieber Rabbiner Ben-Chorin, Sie sagten einmal, Sie möchten ein „Jerusalem des Friedens“. Ein „Jerusalem des Friedens“ braucht viele Baumeister, Männer und Frauen, die diese Stadt errichten, Stein um Stein, in mühseliger, harter, aber doch lohnenswerter Arbeit. Eine solche Stadt ist die Heimat all derjenigen, die den Frieden lieben und sich nicht vom Hass anstecken lassen. Jede und jeder hat dort ihren und seinen Platz hat – so wie in den Zeichnungen Ihrer Mutter.

Gabriella Rosenthal hat nicht nur das Leben der Menschen in ihren Zeichnungen beschrieben. Sie teilte ihr Wissen und ihre Liebe für die Stadt mit vielen Besucherinnen und Besuchern Israels. Sie zeigte als Reiseführerin auch vielen deutschen Gästen ihr Land. Sie hat uns Deutschen nach den Gräueln der Schoah die Hand ausgestreckt.

Dafür danken wir Gebriella Rosenthal und all den vielen Menschen in Israel, die dazu bereit waren. Auf dem Fundament der Versöhnung konnten Freundschaft und Respekt wachsen. Es war die Voraussetzung für den Aufbau diplomatischer Beziehungen. Heute verbindet uns eine Partnerschaft, deren Dichte und Tiefe sich vor 50 Jahren niemand vorstellen konnte.

Israel feiert in diesem Jahr den 70. Jahrestag der Unabhängigkeitserklärung. Selbstverständlich haben auch wir uns in Deutschland nicht nur in Berlin sondern an vielen Orten unseres Landes mit Ihnen gefreut und mit Ihnen gefeiert!

Aber wir wollen uns nicht auf dem Erreichten ausruhen, sondern unsere Beziehungen auf allen Ebenen weiter vertiefen. Das ist nicht immer einfach, aber stets lohnenswert. Besonders wichtig sind uns dabei die jungen Menschen in beiden Ländern.

Umso schöner ist es, dass so viele junge Israelis nach Deutschland und vor allem nach Berlin kommen und uns bereichern. Gabriella Rosenthal ist eine dieser wunderbaren Brückenbauerinnen. Sie wird uns nicht zuletzt durch ihre Kunst unvergessen bleiben.

Mein Dank gilt Ihnen, sehr geehrter Rabbiner Ben-Chorin, dass Sie diese Zeichnungen nach Berlin gebracht haben. Und mein Dank gilt Ihnen, liebe Frau Siegemund und liebe Frau Schütz, dass sie die Ausstellung ermöglicht haben. Ich bin sehr gespannt darauf. Vielen Dank.

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