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Rede von Europa-Staatsminister Michael Roth anlässlich der Verleihung des Adenauer-de Gaulle-Preises

21.06.2021 - Rede
Staatsminister Michael Roth bei der Preisverleihung des Adenauer-de Gaulle-Preises
Staatsminister Michael Roth bei der Preisverleihung des Adenauer-de Gaulle-Preises© WillySpeicher

Mesdames, Messieurs,lieber Jean,
Monsieur l’Ambassadeur,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Preisträgerinnen und Preisträger von DRF Luftrettung und Luxembourg Air Rescue,

was für eine tolle Kulisse! Ich freue mich sehr, dass ich heute Abend hier an diesem schönen Ort sein darf - einem geschichtsträchtigen Ort, der zwar auch Zeuge der dunkelsten Kapitel unserer Geschichte ist, der aber heute ein Ort der Kultur und der Begegnung ist, ein Ort des Austauschs und der Diskussion. Ich möchte mich bei Dir, lieber Jean und bei dem Institut Pierre Werner, ganz herzlich für den Empfang bedanken.

Es ist ein wunderbares Symbol, dass die Abtei Neumünster heute gewissermaßen unsere Rückkehr zu einem normaleren Leben markiert. Sie bietet uns die Möglichkeit, endlich wieder persönlich zusammenzukommen und Sie, liebe Preisträgerinnen und Preisträger des Adenauer-De-Gaulle-Preises, ganz herzlich zu begrüßen. Ich gebe zu: Wir hinken der Zeit ein wenig hinterher. Denn den Preis haben Sie ja eigentlich für das Jahr 2020 erhalten. Aus guten Gründen: Sie haben in der ersten Welle der Pandemie im Frühjahr 2020 ein starkes Zeichen für gelebte europäische Solidarität und grenzüberschreitende Zusammenarbeit gesetzt.

Leider hatten wir wegen des andauernden Pandemiegeschehens bislang noch nicht die Möglichkeit, Ihnen den Preis in einem feierlichen Rahmen zu überreichen. Das holen wir nun heute endlich nach. Und es ist großartig, dass wir nach dieser viel zu langen Zeit der virtuellen Treffen wieder leibhaftig zusammenkommen können und den Adenauer-De Gaulle-Preis in der Anwesenheit von so vielen jungen Leuten aus Luxemburg, Frankreich und Deutschland verleihen können. Ich bin ganz ehrlich: Das tut richtig gut - und es lädt meinen Akku als überzeugter Europäer mal wieder richtig auf.

Trotz aller Freude über die wiedergewonnen Freiheiten: Wir müssen weiterhin vorsichtig sein! Das Virus ist immer noch da und wir müssen uns und andere weiterhin schützen. Aber wir können inzwischen viel zuversichtlicher in die Zukunft blicken. Die dunklen Wolken verziehen sich, endlich ist da wieder deutlich mehr Licht als Schatten.

Der Kampf gegen die Pandemie hat in den vergangenen Monaten alle unsere Kräfte mobilisiert, auf allen Ebenen, in allen Bereichen unseres Lebens. Die Pandemie hat die Großregion an der deutsch-französischen Grenze besonders hart getroffen. Quasi über Nacht sind Grenzen wieder aufgetaucht, wo man sie nicht mehr kannte. Das war eine historische, schmerzhafte Zäsur, die noch ein paar Wochen zuvor niemand für möglich gehalten hatte. Reflexe der Abschottung, ja sogar der Ablehnung der Anderen traten plötzlich wieder auf. Fast schien es so, als sei ein Virus imstande, quasi über nach Nacht wesentliche Errungenschaften der europäischen Einigung zu schwächen.

Wir haben gemeinsam versucht, konkrete Lösungen zu finden. Es musste eine Balance gefunden werden zwischen den notwendigen Maßnahmen der Pandemiebekämpfung und den Erfordernissen des grenzüberschreitenden Alltagslebens. Denn Fakt ist doch: Corona hat keinen Pass und schert sich nicht um nationale Grenzen. Überhaupt war das Krisenmanagement in den EU-Staaten zu Beginn viel zu stark national geprägt. Aber wir haben in der EU den Schalter dann doch umgelegt: Mit enger Abstimmung, gegenseitiger Unterstützung und Teamspiel.

Gewiss: Die Pandemie wird Spuren hinterlassen. Dank Ihnen, liebe Teams von DRF und Luxemburg Air Rescue, kann ich aber sagen, dass diese Spuren auch positiv sind und Mut machen. Im Frühjahr 2020, als unser Kontinent von der ersten Welle stark betroffen war, konnten wir auf große Europäerinnen und Euopäer wie Sie zählen, die sich in den Dienst der Solidarität und der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit gestellt haben. Sie haben im wahrsten Sinne des Wortes Grenzen überwunden und Brücken gebaut.

Unter teilweise äußerst schwierigen Umständen haben die DRF Luftrettung und Luxemburg Air Rescue mit großer Professionalität und starkem persönlichen Einsatz den Großteil der Hubschraubertransporte französischer Patientinnen und Patienten in Krankenhäuser in Deutschland und Luxemburg und wieder zurück übernommen. Dabei haben DRF und LAR nicht nur Menschenleben gerettet, sondern einen elementaren Beitrag zur Bewältigung der Gesundheitskrise und zur Stärkung der deutsch-französischen Freundschaft geleistet.

Diese zivilgesellschaftliche Solidarität über die Grenzen hinweg war in Zeiten großer Ängste und Spannungen im Alltag der Menschen der Grenzregion ganz besonders wichtig. Die Übernahme französischer Patientinnen und Patienten und die Arbeit der beiden Rettungsfluggesellschaften haben auf beeindruckende Weise in der Krise den Wert Europas gezeigt. Das war ein Beweis nachbarschaftlicher und europäischer Solidarität. Europa ist dann stark, wenn wir uns aufeinander verlassen können und füreinander einstehen.

Sie, liebe Preisträgerinnen und Preisträger des Adenauer-De Gaulle-Preises, Sie stehen für all das, was wir uns für Europa wünschen: gelebte Solidarität, grenzüberschreitende Zusammenarbeit und starkes zivilgesellschaftliches Engagement. Luxemburgisch, Französisch, Deutsch - für Sie, DRF und LAR, war das keine Frage, wenn es darum ging, Leben zu retten. Und zwar zu einer Zeit, als vieles über das neue Virus und wie man sich vor ihm schützt noch unbekannt war, ja, als teilweise Panik herrschte. Sie und Ihre Teams sind ein Vorbild für uns alle!

Lieber Herr Pracz, Sie haben damals meinem Team erzählt, dass während ihres Einsatzes die bürokratischen Hindernisse für die Patientenversorgung diesseits und jenseits der Grenze verschwunden waren und dass genau dies für die Grenzregion ein großer Gewinn war. Wir wollen, dass das, was Sie in der Notsituation der Covid19-Krise ermöglicht haben, für alle Menschen in den Grenzregionen täglich möglich ist. Wir brauchen weniger Bürokratie und mehr Pragmatismus.

Deswegen haben wir vor kurzem im Rahmen des Deutsch-französischen Ausschusses für Grenzüberschreitende Zusammenarbeit konkrete Lösungen erarbeitet, um die Prozeduren zu vereinfachen. An diesem deutsch-französischen Ausschuss sind auch unsere luxemburgischen Kolleginnen und Kollegen beteiligt. Also wir sind dran und wir hoffen, dass die Türen, die Sie geöffnet haben, offen bleiben und sich noch weiter öffnen.

Türen öffnen, Brücken bauen, Grenzen überwinden - genau das zeichnet die Preisträgerinnen und Preisträger des Adenauer-De Gaulle-Preises aus. Der Preis wurde 1988 anlässlich des 25. Jahrestages des Elysée-Vertrages von der deutschen und der französischen Regierung ins Leben gerufen. Er wird Personen, Initiativen oder Institutionen verliehen, die durch ihr Wirken einen herausragenden Beitrag zur Festigung der deutsch-französischen Freundschaft geleistet haben.

Für 2020 wird der Preis an einen deutschen UND einen luxemburgischen Verein verliehen. Das ist ein großartiges Symbol. Denn bei der deutsch-französischen Freundschaft geht es eben nicht allein um Frankreich oder um Deutschland, es ist kein „closed shop“. Nein, es geht um Europa als Ganzes, diese Freundschaft steht im Dienste Europas. Sie ist für alle offen und wird durch den Beitrag aller bereichert.

Die deutsch-französische Zusammenarbeit ist umso kraftvoller, kreativer und inklusiver, wenn sie weitere Partner zum Mitmachen einlädt. Deshalb ist es mir eine Freude, diesen Preis in Deiner Anwesenheit, lieber Jean, hier in der Abtei Neumünster in Luxemburg verleihen zu dürfen. Vielen Dank!

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