Willkommen auf den Seiten des Auswärtigen Amts

Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 30.08.2024

30.08.2024 - Artikel

Abschiebungen nach Afghanistan

Frage

Ich würde gerne das Außenministerium fragen. Ich habe sehr viele Regierungspressekonferenzen in Erinnerung, bei denen uns das Auswärtige Amt geschildert hat, welche Probleme es gibt, nach Afghanistan abzuschieben. Warum hat das heute funktioniert? Würden Sie darin ein Modell für die Zukunft sehen? Werden wir also dieses Modell über katarische Vermittlung in Zukunft häufiger sehen? Um Sie noch einmal zu zitieren: Erkennt man damit nicht indirekt das Regime in Kabul an?

Wagner (AA)

Der Regierungssprecher hat ja gerade ausgeführt, dass die Bundesregierung erklärt hat, dass sie an dieser Abschiebung arbeitet. Er hat selbst auch noch einmal deutlich gemacht, dass das in der praktischen Umsetzung alles andere als trivial ist; das haben wir auch immer wieder gesagt. Das sind die Rahmenbedingungen, auf die Sie auch anspielen. Aber zu den konkreten Rückführungen und Abschiebungen muss ich an die Kollegen der Innenbehörden abgeben, weil die dafür zuständig sind.

Zu der Frage nach Direktkontakten zu den Taliban: Das hat der Regierungssprecher eben auch schon beantwortet. Unsere Haltung dazu ist, glaube ich, als Bundesregierung sehr klar: Solange die Rahmenbedingungen in Afghanistan so sind und sich die Taliban so verhalten, wie sie es tun, gibt es keine Bemühungen zu einer Normalisierung mit den Taliban. Wir haben auf technischer Ebene Kontakte vor allen Dingen über unser Vertretungsbüro in Doha. Aber, wie gesagt, was die Durchführung von solchen Abschiebungsflügen angeht, muss ich an die Innenbehörden verweisen.

Zusatzfrage

Das scheint ja ein Modell zu sein, mit dem die ganze Bundesregierung leben kann, wenn ich das einmal so formuliere. Können Sie sich vorstellen, dass die Abschiebungen nach Afghanistan in Zukunft noch einmal über diesen Weg stattfinden, oder ist das jetzt das Regelmodell, das wir sehen werden?

Wagner (AA)

Darüber kann ich als Sprecher des Auswärtigen Amts nicht spekulieren. Ich verweise Sie noch einmal auf das, was der Regierungssprecher eben gesagt hat. Das heute Morgen war ja eine länger vorbereitete Maßnahme. Im Übrigen gilt das, was Herr Hebestreit gesagt hat.

Zusatzfrage

Entschuldigung, dass ich jetzt noch ein bisschen hartnäckig bleibe. War das eine, oder werden wir da jetzt mehrere sehen?

Hebestreit (BReg)

Das wollte ich gerade sagen. Das müssen wir jetzt sehen. Sie haben ja gesehen, dass wir da eine ganze Weile Vorgespräche geführt haben und auch sehr dankbar für die Unterstützung sind, die wir dabei von Schlüsselmächten der Region erhalten haben. Inwieweit so etwas häufiger passieren kann, muss sich erweisen. Wichtig ist, dass wir jetzt auch dieses Signal an mögliche Straftäter oder Menschen, die hier in diesem Land Straftaten planen, gesetzt haben.

[…]

Frage

Ich habe noch einmal eine Frage zur Genese. Herr Hebestreit, Sie haben ja gesagt, dass die Verhandlungen oder Vorbereitungen überwiegend im Kanzleramt und im BMI als der Schlüsselstelle zu den Ländern stattgefunden haben. War vom Auswärtigen Amt niemand beteiligt? Hängt das auch damit zusammen, dass Frau Baerbocks grün geführtes Auswärtiges Amt in den vergangenen Monaten ja nicht so den Willen erkennen hat lassen, dass es Abschiebungen nach Afghanistan toll findet?

Hebestreit (BReg)

Nein, ich habe gesagt, dass das federführend im Kanzleramt und in enger Zusammenarbeit mit allen beteiligten oder zuständigen Ressorts geschehen ist, und habe dann darauf verwiesen, dass das Bundesinnenministerium die Koordinierung mit den Ländern gemacht hat. Also ist natürlich auch das Auswärtige Amt immer informiert und eingebunden gewesen.

Wagner (AA)

Ich kann Sie vielleicht auch noch einmal auf ein Interview der Ministerin vom Dienstag verweisen, in dem sie ja gesagt hat, dass Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan im Einzelfall möglich sind, jedenfalls rechtlich dem nichts entgegensteht, wenn die entsprechenden Behörden und Gerichte das so entschieden haben. Dass das im Einzelfall nicht trivial ist, haben wir jetzt mehrfach unterstrichen.

Noch einmal: Es gibt einfach eine Zuständigkeit der Innenbehörden von Bund und Ländern, wenn es um Rückführungen und Abschiebungen geht. Die Rolle des Auswärtigen Amtes ist es, den Innenbehörden einen jährlich aktualisierten Bericht über die Lage vor Ort vorzulegen, und den erstellen wir. Der ist sozusagen Grundlage für Entscheidungen von BAMF und Gerichten, und das ist unsere Rolle in diesem Prozess.

Vorsitzende Buschow

Der ist aktualisiert worden? So verstehe ich das jetzt.

Wagner (AA)

Der wird ja im jährlichen Turnus aktualisiert.

[…]

Nahostkonflikt

Frage

Meine Frage geht an das Auswärtige Amt. Wie beurteilen Sie die Entwicklung im Westjordanland? Wie besorgt sind Sie, dass es dort womöglich zu einer wirklichen Eskalation kommt?

Gibt es quasi eine Selbstkritik, weil man vielleicht schon etwas früher gegen jüdische Siedler hätte vorgehen sollen, auch seitens der EU?

Wagner (AA)

Vielen Dank für die Frage. Ich hatte mich, meine ich, schon am Mittwoch zur Lage im Westjordanland eingelassen. Die Außenministerin hat dazu gestern am Rande des informellen Außenministerrats in Brüssel auch noch einmal etwas gesagt.

In der Tat droht im Westjordanland eine Eskalation. Insofern sind wir sehr besorgt über die Lage. Es ist klar, dass es einerseits ein berechtigtes Sicherheitsinteresse Israels gibt, dort gegen Terror vorzugehen. Man muss aber auch sagen, dass man Terror nicht bekämpft, indem man Straßen, Häuser, Stromnetze und Zufahrten zu Krankenhäusern verwehrt. Wir sehen natürlich auch die Äußerungen bestimmter Mitglieder der israelischen Regierung sehr kritisch, die unserer Meinung nach weiter Öl ins Feuer gießen.

Insofern geht es, denke ich, jetzt darum, auf einen Pfad zu kommen, der uns zu einem Frieden bringt. Sie wissen, dass wir uns sehr stark dafür einsetzen, dass es zu einem humanitären Waffenstillstand in Gaza kommt, nicht nur, um das Leid der Menschen in Gaza zu beenden, sondern auch, weil wir glauben, dass das Rückwirkungen auf die Spannungen nicht nur im Westjordanland, sondern auch an der Nordgrenze Israels zu Libanon in den Kämpfen mit der Hisbollah und auch auf andere regionale Akteure hat.

Zum zweiten Komplex Ihrer Frage: Wir sind unserem eigenen Handeln gegenüber immer selbstkritisch. Wir überprüfen es fortwährend. Ich würde Ihnen aber hier schon widersprechen. Ich denke, wir waren immer sehr deutlich, was die israelische Siedlungspolitik im Westjordanland angeht, die ja völkerrechtswidrig ist. Wir haben das immer wieder deutlich angebracht und auch in Handeln umgesetzt. Ich nenne nur als Beispiel die Sanktionen, die wir auf EU-Ebene dazu beschlossen haben.

Zusatz

Es stimmt, es gibt jetzt Sanktionen auf EU-Ebene. Meine Frage zielte darauf ab, ob man diese Sanktionen nicht früher hätte ins Auge fassen sollen.

Wagner (AA)

Noch einmal: Die Siedlungspolitik der israelischen Regierung ist völkerrechtlich illegal, und sie ist eine Hürde auf dem Weg zu einem nachhaltigen Frieden in Nahost. Die Gewalt extremistischer Siedler im Westjordanland verurteilen wir scharf. Das haben wir getan, und das werden wir auch weiterhin tun.

Es stellt sich auch die Frage, wie man darauf reagiert. Genau deswegen haben wir auf europäischer Ebene Sanktionen gegen radikale Siedler und Siedlerorganisationen, die zur Gewalt im Westjordanland beitragen, erlassen.

Frage

Josep Borrell will Israelis bestrafen, vor allem Netanjahu und die Siedler. Unterstützt die Bundesregierung solche Pläne? Allerdings habe ich gestern in der Zeitung „Maʿariw“ gelesen, die Bundesregierung sei dagegen.

Wagner (AA)

Sie meinen die Vorschläge von Herrn Borrell, Mitglieder der israelischen Regierung zu listen. Genau danach ist die Außenministerin gestern in Brüssel gefragt worden. Ich würde Sie auf die gestrigen Äußerungen der Außenministerin verweisen.

Schlagworte

nach oben