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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 24.06.2024
Äußerungen des CSU-Landesgruppenchefs im Deutschen Bundestag zur Ausweisung von Ukrainern aus Deutschland
Frage
Das Gemeinnützigkeitsrecht ist auch spannend. Aber in dem Fall würde ich lieber zu den Äußerungen von Herrn Dobrindt übergehen. Ich würde gerne wissen ‑ Herr Fischer, ich glaube, Sie sind an der Stelle zuständig ‑: Gibt es aus Sicht der Bundesregierung in der Ukraine momentan sichere Gebiete?
Fischer (AA)
Wir sehen ja, dass die russischen Streitkräfte in ihrem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg ihre Angriffe in die ganze Ukraine tragen, dass sie Ziele in der Westukraine genauso wie in der Ostukraine angreifen, dass sie Infrastruktur in der Westukraine genauso wie in der Ostukraine zerstören, dass sie die Stromversorgung in der gesamten Ukraine versuchen zu unterbinden und dass sie einen Krieg gegen die gesamte Ukraine führen. Von daher wüsste ich jetzt nicht, wo es einen sicheren Ort in der Ukraine geben sollte.
Zusatzfrage
Gibt es aus Sicht der Bundesregierung überhaupt die Möglichkeit, seitens der Ukraine größere Mengen ukrainischer Flüchtlinge in absehbarer Zeit zurückzunehmen respektive aufzunehmen?
Hebestreit (BReg)
Ich glaube, Herr Fischer hat dazu alles Nötige gesagt. Sie kennen die Position der Bundesregierung insgesamt. Wir unterstützen die Ukraine. Es gibt eine Massenzustrom-Richtlinie, die in der EU durch die zuständigen Innenministerinnen und Innenminister gerade verlängert worden ist. Das ist unsere Grundlage.
Gleichzeitig gibt es den Appell und auch den sogenannten Job-Turbo, mit dem wir versuchen, Ukrainerinnen und Ukrainer, die sich in unserem Land aufhalten, dazu zu ermuntern, auch erwerbstätig zu werden und eine sozialversicherungspflichtige Arbeit aufzunehmen. Das ist ganz in ihrem Sinne, aber auch in unserem Sinne. Das sind die Bemühungen, die wir gemeinsam mit allen Beteiligten ‑ mit den Ländern, den Städten und Gemeinden ‑ angehen.
Nahostkonflikt
Frage
Ich habe eine Frage an Herrn Fischer zum Thema Westbank. Israelische NGOs haben darauf hingewiesen, dass es am 29. Mai einen Beschluss des israelischen Militärs gab, die Kontrolle über die Westbank vom Militär auf eine zivile Kontrolle, nämlich von Siedlern, umzuschreiben. Das kommt einer De-jure-Annexion der Westbank gleich. Mich würde die Reaktion der Bundesregierung interessieren, weil Sie ja immer, wenn ich es richtig verstanden habe, gegen eine Annexion der Westbank waren.
Fischer (AA)
Genau. Sie kennen unsere Haltung. Die haben Sie ja gerade selber wiedergegeben. Wir setzen uns für eine verhandelte Zweistaatenlösung ein, in der Israelis und Palästinenser Seite an Seite in Frieden miteinander und nebeneinander leben können. Zu dieser Zweistaatenlösung gehört eindeutig auch die Westbank, die derzeit von Israel besetzt ist. Aus dem Besatzungsrecht ergeben sich einige Konsequenzen, nämlich unter anderem, dass für die Besatzung die israelische Armee die Verantwortung trägt. Das ist nicht damit vereinbar, Verantwortung an eine zivile Administration abzugeben. Deshalb ist es auch ein Bericht, den wir mit großer Sorge verfolgt haben. Das ist letztlich ein weiterer Schritt, der dazu beiträgt, die Grenzen zwischen militärischer Besatzung und ziviler Verwaltung im Westjordanland verschwimmen zu lassen. Wie gesagt, wir lehnen eine Annexion des Westjordanlands ab.
Zusatzfrage
Das ist aber de facto eine Annexion durch diesen Schritt, oder? Wie werden Sie da jetzt protestieren, und was werden Sie unternehmen?
Fischer (AA)
Na ja, Sie haben ja gesehen, dass die Europäische Union in den vergangenen Monaten den Fokus schon viel stärker auf die Untaten auch extremistischer Siedler im Westjordanland gerichtet hat und dort auch einzelne extremistische und gewalttätige Siedler sanktioniert hat. Heute spielt auch dieses Thema beim EU-Außenrat in Luxemburg eine Rolle. Die Ministerinnen und Minister werden sich auch hierüber austauschen, koordinieren und absprechen. Sie wissen, dass die Ministerin im Anschluss an den Außenrat nach Israel aufbrechen wird, wo sie heute Abend die Keynote-Rede bei der Herzliya-Konferenz hält und morgen unter anderem den israelischen Außenminister sieht, aber auch nach Ramallah weiterfahren und sich dort die palästinensische Sichtweise anhören wird.
Frage
Ich hatte auch schon am Freitag danach gefragt. Viele dieser militant-radikalen Siedler in diesen zivilen Selbstverwaltungen arbeiten für den sehr rechtsgerichteten Finanzminister Smotrich. Gibt es Pläne oder Prüfungen, ob man vielleicht in diesem Zusammenhang im Einklang mit der EU auch Sanktionen gegen Smotrich verhängen kann oder auch gegen Ben-Gvir, der auch sehr enge Kontakte zu diesen militant-radikalen Siedlern hat?
Fischer (AA)
Sehen Sie es mir nach, dass ich zu den internen Beratungen innerhalb der EU keine Stellung nehmen kann. Aber, wie gesagt, als EU haben wir das Thema im Blick.
Zusatzfrage
Das heißt, von Ihrer Seite ‑ jetzt einmal abgesehen von der EU ‑ gibt es Überlegungen oder Prüfungen, ob man da Sanktionen gegen einzelne Personen aus der israelischen Regierung verhängen kann?
Fischer (AA)
Sehen Sie es mir nach, dass ich Ihnen hier keinen Einblick sozusagen in die Sanktionsküche der EU geben kann. Aber die Diskussionen in der EU gehen natürlich weiter.
Frage
Wie auch die „Tagesschau“ gestern berichtete, hat das israelische Militär einen verletzten Mann auf ein Militärauto gespannt und gefesselt, während das Auto unter Beschuss war. Das IDF-Auto fuhr an zwei Krankenwagen vorbei. Man hat also nicht dafür gesorgt, dass der Mann medizinisch versorgt wird. Verurteilt die Bundesregierung diesen schweren Bruch des internationalen Rechts? Welche Konsequenzen werden aus diesem Fall gezogen?
Fischer (AA)
Genauso wie Sie habe ich die Bilder gestern Abend in der Tagesschau verfolgen müssen. Ich muss sagen, es ist schwer zu ertragen, einen Verletzten auf die Kühlerhaube eines Wagens zu binden und mit ihm dann weiterzufahren. Ich habe aber auch zur Kenntnis genommen, dass die israelische Armee sich hierzu bereits geäußert und eine Untersuchung des Vorfalls angekündigt hat und auch erklärt hat, dass das nicht im Einklang mit ihren Regeln gewesen ist, also sozusagen ein Bruch ihrer Regeln. Ich kann dazu noch sagen, dass wir hier schnelle Aufklärung, schnelle Ergebnisse und auch entsprechende Konsequenzen für die Verantwortlichen erwarten.
Zusatzfrage
Noch einmal die Frage: Verurteilt die Bundesregierung diesen Akt, den Sie ja auch mitverfolgt haben, der überall in den Medien war? Gibt es dazu eine klare Verurteilung?
Fischer (AA)
Ich glaube, wenn ich sage, die Bilder sind schwer erträglich, dann ist das doch eine Verurteilung.
Frage
Meine Frage bezieht sich noch einmal auf den vorherigen Aspekt. Herr Fischer, mir ist jetzt nicht ganz klar, ob für die Bundesregierung die erfolgte Machtübertragung von der IDF-Führung auf zivile Institutionen für die meisten zivilen Angelegenheiten auf der Westbank eine De-jure-Annexion der Westbank darstellt oder nicht.
Fischer (AA)
Jeder Schritt, der in Richtung einer Annexion der Westbank durch Israel führt, ist ein Schritt in die falsche Richtung. Wir lehnen ihn ab. Für uns ist Israel eine Besatzungsmacht mit den sich daraus ergebenden Rechten und Pflichten. Dazu gehört insbesondere auch, die Verantwortung für die Sicherheit zu tragen. Dabei muss die Wahrung der Menschenrechte immer das oberste Gebot sein. Wir setzen darauf, dass das Westjordanland im Rahmen einer verhandelten Zweistaatenlösung Teil eines Staates Palästina wird.
Zusatzfrage
Meine Frage bezog sich ja auf die direkte Situation jetzt: das, was mit der Entscheidung stattgefunden hat, und ein unterzeichnetes Dokument, in dem die IDF-Führung die Zuständigkeit und die Kompetenz für zivile Angelegenheiten in der Westbank auf einen namentlich benannten zivilen Deputy übertragen hat. Ist das ein Stück weit eine De-jure-Annexion der Westbank oder nicht? Das ist ja unabhängig von der Frage, ob Sie auf eine Zweistaatenlösung setzen, zu der dann die Westbank gehört. Es geht um die Bewertung dieser konkreten Machtübertragung. Ist das aus Sicht des Auswärtigen Amtes Bestandteil einer unzulässigen De-jure-Annexion der Westbank?
Fischer (AA)
Ich glaube, ich habe Ihnen jetzt auf Ihre Frage zweimal so gut und so umfassend geantwortet, wie ich es konnte. Dabei würde ich es belassen.
Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine
[…]
Frage
Ich würde gerne wissen, ob die Bundesregierung irgendwelche eigenen Erkenntnisse zu dem Vorfall in Sewastopol hat und ob es noch einmal irgendwelche Veränderungen an den Reisewarnungen für Deutsche gibt, Herr Fischer.
Fischer (AA)
Ich kann Ihnen jetzt nicht von eigenen Erkenntnissen über die Auseinandersetzungen bzw. Angriffe rund um Sewastopol berichten. Da sind wir momentan genauso wie Sie auf die verschiedensten Medienberichte bzw. das, was in den sozialen Medien zu sehen ist, angewiesen. Das wird sich vielleicht in den nächsten Tagen aufklären.
Was unsere Reise- und Sicherheitshinweise angeht, so gehört die Krim, um die es geht, ja zur Ukraine, und die Kollegen müssten mich korrigieren, aber ich gehe davon aus, dass es eine Reisewarnung für die Ukraine gibt.