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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungs­­­­­pressekonferenz vom 22.04.2024

22.04.2024 - Artikel

Festnahmen wegen mutmaßlicher Spionage für einen chinesischen Nachrichtendienst

Frage

Vorrangig ans BMI zu den Festnahmen von drei Personen, die für einen chinesischen Nachrichtendienst spioniert haben. Gibt es dazu noch ein paar neue Informationen, die Sie vielleicht mit uns teilen können? Wurden diese Festnahmen vor dem Hintergrund der Reise des Bundeskanzlers vergangene Woche nach China verzögert?

Vielleicht auch an das AA: Was für weitere Folgen hat das jetzt? Spricht man noch einmal mit den chinesischen Partnern? Was für ein Prozedere findet dann statt?

Kall (BMI)

Ich kann dazu gerne etwas sagen. Verzögerungen gab es da selbstverständlich nicht, weil bei uns Ermittlungsverfahren rechtsstaatlich ablaufen, und darauf haben andere Pläne ‑ Reisen und anderes ‑ selbstverständlich keinen Einfluss. Die Bundesinnenministerin wird sich gleich zu diesem Fall äußern. Die Einzelheiten haben Sie ja der Pressemitteilung des Generalbundesanwalts entnehmen können. Zu Einzelheiten können wir uns entsprechend auch nicht äußern, deswegen verweisen wir diesbezüglich an den Generalbundesanwalt.

Was ich aber aus Sicht unserer Sicherheitsbehörden sagen kann, ist: Die drei Festnahmen wegen mutmaßlicher Spionage für einen chinesischen Nachrichtendienstdienst sind ein großer Erfolg unserer Spionageabwehr, unserer Sicherheitsbehörden. Das betrifft insbesondere die Spionageabwehr des Bundesamts für Verfassungsschutz, deren hoher Wachsamkeit dieser Ermittlungserfolg und die Aufklärung dieses Falls zu verdanken sind ‑ darauf weist auch der Generalbundesanwalt hin ‑, und ebenso das Bundeskriminalamt, das in diesem Ermittlungsverfahren erneut konsequent zugegriffen hat. Das zeigt die hohe Wachsamkeit unserer Sicherheitsbehörden.

Wir haben die erhebliche Gefahr durch chinesische Spionage in Wirtschaft, Industrie und Wissenschaft im Blick. Wir schauen sehr genau auf diese Risiken und haben auch wiederholt davor gewarnt und sensibilisiert, damit überall in diesen Bereichen ‑ Wirtschaft, Industrie, Wissenschaft ‑ die Schutzvorkehrungen erhöht werden; denn das Risiko des Know-how-Abflusses, der Ausforschung deutscher Innovationen und deutschen Know-hows ist eben groß, und das ist eben gerade auch mit Blick auf chinesische Nachrichtendienste eine Gefahr.

Der im aktuellen Fall betroffene Bereich militärisch nutzbarer innovativer Technologien aus Deutschland ist ein besonders sensibler Bereich; auch darauf möchte ich hinweisen. Umso wichtiger ist es, hier der Spionage so konsequent zu begegnen und diese zu unterbinden, wie es in diesem Fall auch gelungen ist.

Wagner (AA)

Ich habe da im Grunde kaum etwas zu ergänzen, aber ich kann Sie noch einmal verweisen auf die China-Strategie der Bundesregierung verweisen, die sehr umfassend und auch mit Blick auf solche Gefahren auf unsere Beziehungen zu China schaut. Sehen Sie es mir nach, dass ich hier jetzt noch keine Ankündigung zu machen habe; denn das ist ja eine Meldung, die gerade erst hereingekommen ist. Es gilt aber natürlich, dass wir solche Vorgänge bei uns nicht tolerieren werden.

[…]

Frage

Herr Wagner, in ähnlichen Fällen wurde auch schon der Botschafter des Landes einbestellt. Plant die Bundesregierung die Einbestellung des chinesischen Botschafters?

Wagner (AA)

Ich habe ja gerade gesagt, dass ich zum jetzigen Zeitpunkt an dieser Stelle noch nichts zu verkünden habe.

[…]

Zusatzfrage

Das ist ganz frisch, klar, aber inwiefern haben Sie jetzt schon Kontakt zu China gehabt?

Herr Wagner, inwiefern ist es wahrscheinlich, dass Sie den Botschafter jetzt einbestellen?

Wagner (AA)

Zu der zweiten Frage habe ich Ihrem Kollegen ja schon geantwortet, und bei der Antwort würde ich gerne bleiben. Sie können davon ausgehen, dass wir so etwas natürlich mit der chinesischen Seite thematisieren werden ‑ in welcher Form, wann und wie, würde ich dann zum gegebenen Zeitpunkt ankündigen.

Nahostkonflikt

Frage

Herr Wagner, eine Frage zu Israel: Die USA planen Sanktionen gegen eine Elite-Militäreinheit der Israelis wegen Menschenrechtsverstößen. Wie steht die Bundesregierung dazu?

Wagner (AA)

Wir haben diesen Bericht natürlich zur Kenntnis genommen. Sie haben vielleicht gesehen, dass wir uns zur Lage im Westjordanland zuletzt auch letzte Woche wieder eingelassen haben und dass wir die angespannte Lage und den jüngsten Gewaltausbruch dort mit großer Sorge sehen. Die EU hat letzten Freitag zum ersten Mal auch Sanktionen gegen vier gewalttätige Siedler im Rahmen des globalen Menschenrechtssanktionsregimes verhängt. Dies zeigt, dass wir nicht nur die Einstellung der Siedlergewalt im Westjordanland fordern, sondern das auch mit Handeln unterlegen. Grundsätzlich kann ich hier aber nicht über Sanktionsdiskussionen spekulieren. So etwas wird in der EU ja immer einstimmig beschlossen und dort auch diskutiert.

Frage

Anfang April wurden Klagen gegen die Bundesregierung eingereicht, was die Waffenlieferungen an Israel angeht. Gab es von der Bundesregierung schon irgendwelche Stellungnahmen gegenüber dem Gericht oder gab es irgendwelche Anfragen vonseiten des Gerichts?

Hoffmann (BReg)

Zu dem Thema Waffenlieferungen haben wir uns an dieser Stelle ja schon sehr häufig eingelassen, und zwar in der Weise, dass das für uns jeweils immer Einzelfallentscheidungen sind, die wir unter Berücksichtigung aller Aspekte treffen, die dabei eine Rolle spielen, die also außenpolitisch, sicherheitspolitisch, aber natürlich auch menschenrechtspolitisch diese ganzen Aspekte betreffen. So verhält es sich auch im Falle von Israel.

Was den Prozess angeht, kann ich Ihnen jetzt hier konkret nichts sagen, aber wir haben uns bereits bzw. das Auswärtige Amt hat sich in der Sache bereits in einem anderen Zusammenhang sehr ausführlich geäußert. Wenn es dazu noch Klärungsbedarf gibt, würde ich vielleicht auch an Herrn Wagner weitergeben.

Wagner (AA)

Ich habe dazu nichts weiter.

Zusatzfrage

Sie spielen, glaube ich, auf das Verfahren beim IGH an, aber auch beim Verwaltungsgericht Berlin wurde eine Klage eingereicht. Da wollte ich eben wissen, ob Sie diese Klage kennen, ob Sie irgendwelche Stellungnahmen abgegeben haben oder ob von dem Gericht irgendetwas zu Ihnen gekommen ist.

Hoffmann (BReg)

Dazu kann ich im Moment nichts Konkretes sagen, aber wenn es dazu etwas gibt, dann reichen wir das nach.

25. Jahrestag der NATO-Luftangriffe im Kosovokrieg

Frage

An Herrn Wagner vom Außenministerium: Am 23. April 1999, also morgen vor 25 Jahren, griff die NATO im Rahmen ihres damaligen Luftkriegs gegen Serbien auch das serbische Staatsfernsehen RTS an. Zwölf Mitarbeiter des Fernsehens kamen dabei ums Leben. Wie beurteilt die Bundesregierung diesen Angriff aus heutiger Sicht?

Wagner (AA)

Lassen Sie mich dazu vielleicht noch ein bisschen ausführen, da das ja ein Exkurs in die Geschichte ist. ‑ Das war ein Einsatz, den niemand wollte und den Jugoslawien durch das Befolgen von einschlägigen UN-Resolutionen hätte abwenden können. Diese Resolutionen hatten damals sehr unmissverständlich festgestellt, dass die Lage im Kosovo eine ernsthafte Bedrohung für Frieden und Sicherheit in der Region darstellt. Ich glaube, man muss noch einmal betonen, dass damals natürlich ganz intensiv versucht wurde, sozusagen den Einsatz abzuwenden, indem man noch einmal über diplomatische Mittel einen friedlichen Ausweg, eine friedliche Lösung dieser humanitären Katastrophe im Kosovo findet. Erst als das nicht erreicht wurde, hat die NATO sozusagen Schritte ergriffen, die natürlich so begrenzt wie möglich waren.

Ich glaube, wenn man heute zurückschaut, kann man sagen, dass der Einsatz tatsächlich wirklich der letzte Ausweg war, um die Menschen im Kosovo vor serbisch-jugoslawischen Truppen und massiven Menschenrechtsverletzungen unter der Führung von Milošević zu schützen.

Es ist natürlich so, dass wir um jedes zivile Opfer trauern, das in diesem Konflikt getötet worden ist. Das betrifft auch den von Ihnen angesprochenen Luftschlag gegen diesen staatlichen Radio- und Fernsehsender. Hierzu hat sich aber auch das Sondertribunal für das ehemalige Jugoslawien geäußert, und es hat festgestellt, dass es dort keinen Völkerrechtsverstoß gab.

Zusatzfrage

Viele Völkerrechtler halten den damaligen Luftkrieg der NATO ohne Mandat des UN-Sicherheitsrats für völkerrechtswidrig. Wie bewertet die Bundesregierung das aus heutiger Sicht?

Wagner (AA)

Ich glaube, was ich dazu zu sagen hatte, habe ich gesagt. Es gab damals eine sehr dramatische Lage, die, wie gesagt, auch in einschlägigen UN-Resolutionen unter Kapitel 7 festgehalten worden ist. Insofern war der NATO-Eingriff damals die letzte Möglichkeit, eine humanitäre Katastrophe im Kosovo und massivste Menschenrechtsverletzungen zu verhindern. Das ist ja in einem Kontext passiert, in dem man auch schon unter dem starken Eindruck der Gewalt stand, die nach dem Zerfall des ehemaligen Jugoslawiens ja in Kroatien und in Bosnien schon aufkam. Insofern war das damals die Ultima Ratio.

Generalstreik im Westjordanland

Frage

Herr Wagner, wie bewertet die Bundesregierung den Generalstreik in der Westbank, der von der Fatah als Protest gegen die israelischen Militärangriffe in Gaza ausgerufen und durchgeführt und realisiert wird?

Wagner (AA)

Ich kenne die Berichte darüber, aber ich habe hier als Sprecher des Auswärtigen Amtes keine Einschätzung dazu, wie wir diesen Streik beurteilen. Ich glaube, was zur Westbank und zum Westjordanland zu sagen ist, habe ich ja vorhin schon gesagt. Wir sehen die jüngsten Gewaltausbrüche dort mit großer Sorge. Das betrifft natürlich vor allen Dingen auch die Gewalt, die davon extremistischen Siedlern ausgeht. Insofern, glaube ich, würde ich Sie noch einmal darauf verweisen, was ich vorhin dazu gesagt habe.

Zusatzfrage

Sie haben in vergangenen Sitzungen häufiger darauf hingewiesen und Kritik akzeptiert, dass Israel sozusagen auch im Schatten der Gazaauseinandersetzung massiv Rechtsbrüche in der Westbank begeht. UN-Resolutionen werden systematisch verletzt. Vor diesem Hintergrund wundert es mich, dass die Bundesregierung keine eigene Einschätzung der Protestformen hat, die sich jetzt in der Westbank entwickeln. Kann sich das nach Ihrer Einschätzung ‑ Sie müssen sie ja doch eigentlich haben ‑ zu einer, wenn man so will, zweiten gewaltsamen Lage zwischen Israel und palästinensischen Gebieten ausweiten?

Wagner (AA)

Unsere Rolle hier ist es ja, Ihnen sozusagen die Politik der Bundesregierung und die Haltung unserer Häuser darzulegen und zu erklären. Insofern glaube ich nicht, dass es unbedingt dazugehört, jetzt von dieser Stelle aus einen spezifischen Protest oder eine spezifische Streikform zu kommentieren. Aber ich glaube, unsere Haltung ist da sehr eindeutig und sehr klar, und das sagen wir ja auch unseren israelischen Partnern: Natürlich hat Israel als Besatzungsmacht im Westjordanland die Pflicht und Aufgabe, dort für Sicherheit zu sorgen, und zwar im Rahmen des geltenden Rechts. Insofern führen wir da einen sehr offenen, klaren Dialog mit der israelischen Regierung.

Äußerungen des polnischen Präsidenten zu einer möglichen Stationierung von Atomwaffen in Polen

Frage

Herr Wagner, ich habe eine Frage zu Polen. Der polnische Präsident hat heute gesagt, dass sein Land bereit wäre, Atomwaffen auf seinem Territorium zu stationieren. Ich hätte bitte gerne einmal eine kurze Reaktion darauf.

Wagner (AA)

Ich habe die Äußerung noch nicht gesehen, aber ich würde sie jetzt, ehrlich gesagt, sicherlich auch nicht kommentieren.

[…]

Abstimmung im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen über eine Vollmitgliedschaft Palästinas in den Vereinten Nationen

Frage

Ich habe eine Frage zur Blockade der USA im Sicherheitsrat bezüglich einer Vollmitgliedschaft für die Palästinenser. Wie verhält sich das Auswärtige Amt dazu?

Wagner (AA)

Vielen Dank. Ich denke, Sie beziehen sich auf die Abstimmung im Sicherheitsrat von vergangenem Freitag. Lassen Sie mich noch einmal grundsätzlich sagen, dass das Ziel eines eigenständigen Staates Palästina auch Ziel deutscher Außenpolitik bleibt. Denn wir sind der Zweistaatenlösung verpflichtet, weil wir glauben, dass sie der einzige nachhaltige Weg für eine friedliche Lösung des Nahostkonflikts ist. Das haben wir hier schon oft vorgetragen.

Wir haben die Abstimmung am Freitag zur Kenntnis genommen. Wir sind im Moment kein nichtständiges Mitglied im Sicherheitsrat. Aber ich möchte darum bitten, sauber zu trennen. Im Sicherheitsrat stand am Freitag zur Abstimmung, ob der Sicherheitsrat der Generalversammlung empfiehlt, Palästina als ein Vollmitglied der UN aufzunehmen. Das ist nicht das Gleiche wie eine staatliche Anerkennung Palästinas oder die Aufnahme diplomatischer Beziehungen.

Wie geht es jetzt weiter? ‑ Normalerweise wird so etwas an die Generalversammlung überwiesen. Dem kann ich hier natürlich nicht spekulativ vorgreifen. Das werden wir beobachten und dann sehen.

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