Willkommen auf den Seiten des Auswärtigen Amts

Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungs­­­­­pressekonferenz vom 12.02.2024

12.02.2024 - Artikel

Reise der Bundesaußenministerin nach Israel / Nahostkonflikt

Wagner (AA)

Ich darf Ihnen eine Reise der Außenministerin ankündigen. Die Außenministerin wird am Mittwoch erneut zu zweitägigen Gesprächen nach Israel aufbrechen. Dort sind unter anderem Treffen mit ihrem Amtskollegen Israel Katz, mit dem israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu sowie dem israelischen Präsidenten Jitzchak Herzog geplant.

Im Fokus der Gespräche wird der politische Weg hin zu einer neuen humanitären Feuerpause in Gaza stehen, um ein Zeitfenster für die Freilassung weiterer Geiseln und Verhandlungen über einen nachhaltigen Waffenstillstand zu schaffen. In den Gesprächen der Außenministerin wird es zudem natürlich um die schwierige humanitäre Lage in Rafah gehen und im Gazastreifen insgesamt. Die Ministerin hat sich ja hierzu auch am letzten Wochenende geäußert. Darauf verweise ich Sie gern noch einmal.

Für die Außenministerin ist es die fünfte Reise nach Israel und die sechste Reise in die Region seit dem Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober 2023.

Frage

Herr Wagner, ich hätte ganz gerne nachgefragt. Sie hatten jetzt Israel erwähnt. Nur zur Sicherheit: Besuche in palästinensischen Gebieten oder andere Länder sind nicht geplant?

Wagner (AA)

Das ist derzeit nicht geplant. Nein.

Zusatzfrage

Und dann noch eine kurze Nachfrage, weil Sie ja auch schon in den letzten Tagen und Wochen eine ziemliche Sorge vor den Vertreibungen von Palästinensern aus dem Gazastreifen geäußert hatten: Wie groß ist denn Ihre Sorge, dass es zu dem von der ägyptischen Regierung befürchteten Ansturm auf den Grenzübergang in Rafah kommen könnte, wenn die Israelis mit einer größeren Offensive da im Süden beginnen?

Wagner (AA)

Sie nehmen Bezug auf die Äußerungen der Außenministerin, die Sie am Wochenende auf einer Plattform der sozialen Medien getätigt hat, auf die ich Sie gern noch einmal verweise.

Wir sind angesichts der Lage in Rafah sehr besorgt. Vor Ort sind über eine Million Menschen auf sehr engem Raum, die dort Schutz vor den Militäroperationen suchen und die im Grunde nirgendwo anders mehr hinkönnen. Insofern ist ganz klar ‑ und da gilt eben auch das, was die Ministerin gesagt hat ‑, dass Israel, bevor es zu eventuell weiteren größeren Offensiven auf Rafah gegen die Hamas kommen sollte, klar darlegen muss, wo und wie diese Menschen Schutz finden können, und zwar effektiven Schutz.

Zusatzfrage

Entschuldigung, wenn ich noch einmal frage. Das war nicht ganz die Antwort auf meine Frage. Ich hatte gefragt, wie groß die Sorge ist, dass diese Menschen möglicherweise versuchen, dann nach Ägypten zu fliehen.

Wagner (AA)

Ich kann da nicht spekulieren. Wir haben natürlich die Äußerungen, die auch aus Kairo von unseren ägyptischen Partnern zu vernehmen sind, wahrgenommen.

Aber sehen Sie es mir nach, dass ich hier nicht spekulieren kann. Ich kann nur darlegen, wie sich die Lage vor Ort aus unserer Sicht darstellt und was nötig ist, wenn wir auf eine Linderung der humanitären Lage schauen, die ja wirklich katastrophal ist.

Wir haben immer wieder betont: Es müssen mehr humanitäre Lieferungen nach Gaza reinkommen, auch nach Rafah. Die Menschen müssen besser und effektiver geschützt und besser und effektiver versorgt werden.

Frage

Joe Biden forderte jüngst im Gespräch mit Netanjahu ein Schutzkonzept für die Zivilisten in Rafah. Es braucht einen glaubwürdigen und umsetzbaren Plan, um die Sicherheit von mehr als einer Million Menschen, die dorthin geflüchtet sind, zu gewährleisten. Erwägt denn die Bundesaußenministerin auch, so ein Schutzkonzept einzufordern?

Wagner (AA)

Wenn Sie gleich noch einmal nachhören oder nachlesen, was ich eben gesagt habe, dann kann ich da im Grunde keinen Unterschied wahrnehmen. Sie wissen, dass wir uns sehr eng abstimmen mit unseren internationalen Partnern, insbesondere auch mit unseren amerikanischen Partnern. Wir haben immer wieder deutlich gemacht, dass es das Recht der Israelis ist, sich gegen den Terror der Hamas zu verteidigen und militärisch gegen sie vorzugehen, dass gleichzeitig das humanitäre Völkerrecht es aber auch gebietet, Maßnahmen zu ergreifen, um den Schutz der Zivilbevölkerung zu gewährleisten.

Insofern gilt das, was die Ministerin da am Wochenende gesagt hat. Sie hat sich im Übrigen schon vor einer Woche in einem Zeitungsinterview zu der Problematik eingelassen.

Zusatzfrage

Genau. So ein ausformuliertes Schutzkonzept könnte aber gewährleisten, dass es sich besser überprüfen lässt. Wenn sich also die israelische Regierung zu so einem ausformulierten Schutzkonzept “committed” hat, dann könnte die Bundesregierung noch besser darauf reagieren, wenn eben dieses Schutzkonzept nicht eingehalten würde.

Wagner (AA)

Ich kann jetzt mit Ihnen hier nicht ausdiskutieren, was Schutzkonzept und was nicht Schutzkonzept ist. Die Vorgaben des humanitären Völkerrechts sind ja sehr klar und relativ deutlich. Und es ist eben an dem israelischen Militär, seine Militäroperation so anzupassen, dass der Schutz der Zivilbevölkerung effektiv gewährleistet wird.

Frage

Eine Frage an Herrn Wagner: Teile der israelischen Regierung fordern ja die Europäische Union und auch die Bundesregierung auf, palästinensische Flüchtlinge in großen Kontingenten anzunehmen. Wie stehen die Bundesregierung und die Außenministerin dazu?

Wagner (AA)

Auch dazu haben wir uns ja schon mehrfach eingelassen. Man muss einfach sehen, dass wir sehr klar gesagt haben, dass es nicht zu Vertreibungen aus dem Gazastreifen und aus den palästinensischen Gebieten kommen kann. Insofern müssen die Operationen, die da gefahren werden, so gefahren werden, dass gewährleistet ist, dass die Menschen dort effektiven Schutz haben.

Zusatzfrage

Interessanterweise hält sich die israelische Regierung nicht an die Wünsche der Bundesregierung. Das israelische Militär marschiert ja Richtung Rafah.

Noch einmal die Frage: Was ist mit den Forderungen der israelischen Regierung oder von Teilen der israelischen Regierung, im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention ‑ wie wir das ja auch mit Syrern, Ukrainern und anderen machen ‑ viele Palästinenser in Europa und in Deutschland aufzunehmen?

Wagner (AA)

Noch einmal ‑ auch wenn Sie vielleicht danach meinen, ich hätte es nur anders formuliert, und das hat ja auch ein bisschen mit der Frage zu tun, die Herr Rinke vorhin gestellt hat:

Es gibt große Sorgen in der arabischen Welt und auch bei den Palästinensern, dass es zu großen Vertreibungen kommen könnte. Insofern ist unsere Position da sehr klar. Die haben wir ja auch schon vor Monaten ‑ ich meine, das erste Mal beim G7-Treffen in Tokio ‑ iteriert. Es darf nicht zu Vertreibungen kommen. Es muss effektiv vor Ort gewährleistet werden, dass die Menschen ‑ und wir reden ja gerade über Südgaza, über Rafah ‑ dort effektiven Schutz genießen.

Frage

Herr Wagner, haben Sie denn den Eindruck, dass die deutschen Appelle irgendeinen Einfluss auf die israelische Regierungslinie haben?

Wagner (AA)

Es ist immer gut, im Gespräch zu sein ‑ ich glaube, so muss man auch die erneute Reise der Außenministerin jetzt einordnen. Wir haben intensive Kontakte zu unseren israelischen Partnern nicht nur vor Ort, sondern eben auch auf Ebene der Außenministerin, des Bundeskanzlers und anderer Kabinettsmitglieder, und suchen dort immer wieder das Gespräch. Wir legen unsere Position sehr klar dar und werden das auch weiterhin tun.

Zusatzfrage

Ich halte einmal fest: Ein Ja war das nicht.

Wagner (AA)

Das ist Ihre Interpretation, die überlasse ich Ihnen.

Frage

Auch noch einmal zu Gaza. Ich muss ein kleines bisschen ausholen, werde aber versuchen, mich kurz zu fassen.

Laut einer neuen Recherche von Amnesty International gibt es Beweise für rechtswidrige Angriffe in dem von Israel besetzten Gazastreifen. Amnesty schreibt, die Untersuchung von vier Fällen zeige, wie die israelischen Streitkräfte das humanitäre Völkerrecht missachten und dabei ganze Familien auslöschen. Amnesty untersuchte vier Angriffe in Rafah, drei davon Ende Dezember und einen im Januar. Bei den Angriffen wurden 95 Zivilisten getötet, die Hälfte davon Kinder. Und Amnesty argumentiert, diese Angriffe müssten dringend als Kriegsverbrechen untersucht werden. Zum einen die Frage: Hat die Bundesregierung schon Kenntnis davon? Und dann die Frage: Wird sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass die genannten Fälle und die vielen weiteren Fälle der Art als Kriegsverbrechen untersucht werden?

Wagner (AA)

Die von Ihnen jetzt zitierten Fälle sind mir nicht bekannt. Sie können aber davon ausgehen ‑ das ist ja auch unsere immer wieder dargestellte Haltung ‑, dass Vorwürfe, die substanziell sind, natürlich aufgeklärt werden müssen. In meiner Wahrnehmung ist es aber so, dass es dafür in Israel und auch innerhalb der israelischen Armee durchaus Mechanismen gibt und auch Aufklärung angegangen wird.

Insofern bleibt das unsere Position dazu. Aber zu den konkreten Berichten kann ich mich jetzt einfach nicht einlassen.

Zusatzfrage

Natürlich kann sich ein Militär nicht selbst kontrollieren. Inwiefern setzt sich denn die Bundesregierung schon jetzt dafür ein, dass es da eine unabhängige Untersuchung von möglichen Kriegsverbrechen gibt?

Wagner (AA)

Israel ist eine Demokratie und ein Rechtsstaat. Insofern gibt es dort rechtsstaatliche Verfahren; die kann ich von hier jetzt nicht im Detail darlegen und auch nicht kommentieren. Das ist nicht meine Rolle.

Aber klar ist doch, dass, wenn es da substanzielle Vorwürfe gibt, diese aufgeklärt werden müssen.

Frage

Eine Frage an Frau Hoffmann. Ein niederländisches Gericht hat gerade den Export von Teilen für das Kampfflugzeug F-35 nach Israel gestoppt. Die Begründung war der Verdacht, dass es mit diesem Militärgerät zu schweren Verstößen gegen das Völkerrecht kommen könnte. Deswegen hätte ich ganz gern gewusst, ob die Bundesregierung auch überlegt, ob sie die ja auch vorhandene militärische Hilfe für Israel zumindest aussetzt, bis die Vorwürfe geklärt sind.

Hoffmann (BReg)

Dieser Fall ist mir jetzt nicht bekannt. Den kann ich hier nicht direkt kommentieren. Grundsätzlich sind mir keine solchen Überlegungen bekannt.

Weimarer Dreieck

Frage

Ich habe eine Frage zum Weimarer Dreieck. Heute wird der polnische Ministerpräsident in Paris sein. Er wird auch nach Berlin kommen, um den Bundeskanzler zu besuchen ‑ es gab ja eine Zeit, in der es weniger Besuche aus Polen gab ‑, vielleicht auch, um das Weimarer Dreieck wiederzubeleben. Welche Chancen sehen Sie also, das Weimarer Dreieck wiederzubeleben?

Vielleicht an das Außenministerium: Warum ist das auch so wichtig in Bezug auf den Krieg in der Ukraine?

Hoffmann (BReg)

Vielen Dank. Ich weiß nicht, ob ich Sie richtig verstanden habe. Sie sagten, der polnische Ministerpräsident komme morgen nach Berlin. Er kommt tatsächlich heute.

Zusatz

Ja, heute!

Hoffmann (BReg)

Okay, dann hatte ich das falsch verstanden. – Es gibt ja auch zugleich das Treffen der drei Außenminister des Weimarer Dreiecks in Frankreich. Wir messen dem eine sehr hohe Bedeutung bei. Wir haben ein großes Interesse an diesem Format des Weimarer Dreiecks und an der engen Zusammenarbeit in diesem Rahmen, gerade in der Außen- und Sicherheitspolitik und natürlich gerade angesichts der russischen Aggression und des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. Dabei ist es eben besonders wichtig, dass diese drei Länder innerhalb der EU eine engagierte, gemeinsame Rolle spielen.

Zu den Inhalten des Gespräches zwischen dem Bundeskanzler und dem polnischen Ministerpräsidenten hatte ich ja am vergangenen Freitag schon gesagt, dass auch dabei der russische Angriffskrieg eine besondere Rolle spielen wird, es aber um die gesamte Bandbreite europapolitischer, internationaler und bilateraler Themen gehen wird.

Wagner (AA)

Die stellvertretende Regierungssprecherin hat es ja schon erwähnt: Heute wird es auch das Treffen der Außenministerin und der zwei Außenminister in Paris geben. Sie finden dazu auf unserer Homepage auch noch einmal aktuelle Einlassungen der Außenministerin. Ich glaube, für uns ist gut und richtig, wie ja die Regierungssprecherin eben auch schon sagte, dass es ein neues Interesse an diesem Format gibt, und zwar nicht nur an uns, die ja diesem Format schon immer eine große Bedeutung zumessen, sondern eben auch den anderen beiden Partnern. Insofern ist es gut und richtig, dass da heute auf verschiedenen Ebenen diese Gespräche laufen.

Zusatzfrage

Dürfte ich vielleicht fragen, für wann auf der Präsidenten- bzw. Bundeskanzlerebene ein konkretes Treffen zu dritt vereinbart werden kann? Wo könnte das stattfinden?

Hoffmann (BReg)

Im Moment kann ich Ihnen dazu nichts Konkretes ankündigen.

Frage

Herr Stempfle, könnte im Rahmen dieses Treffens des Weimarer Dreiecks auch die Rüstungskooperation mit Polen ausgeweitet werden? Wäre das Verteidigungsministerium also dafür, dass man Polen zum Beispiel in die beiden konkreten Projekte, die es mit Frankreich und Spanien gibt, also FCAS und den künftigen gemeinsamen Kampfpanzer, einbezieht?

Stempfle (BMVg)

Dass man die Rüstungskooperation grundsätzlich ausbauen möchte, da bin ich mir sehr sicher. Konkret zu irgendwelchen Vorhaben kann ich nichts sagen.

Zusatzfrage

Aber wären Sie dafür? Würden Sie das begrüßen?

Stempfle (BMVg)

Da müsste ich noch einmal nachfragen. Das kann ich Ihnen jetzt so nicht sagen.

Gerichtsverfahren gegen einen Deutschen in Ungarn

Frage

Ich habe eine Frage an das Auswärtige Amt bzw. das Justizministerium. In Budapest stehen linke Aktivisten wegen vorgeworfener Taten am Rande eines Naziaufmarsches vor Gericht. Zwei Personen sitzen schon seit einem Jahr in Untersuchungshaft. Eine der Personen ist ein Deutscher. Die Haftbedingungen sind menschenunwürdig. In Italien ist man deshalb quer durch fast alle Parteien entsetzt. Meloni hat sich schon mehrfach dafür eingesetzt und mit Orbán gesprochen. Der ungarische Botschafter wurde einbestellt. Schließt sich die Bundesregierung denn der politischen Bewertung Italiens hinsichtlich der mangelnden Rechtsstaatlichkeit in Ungarn und der Haftbedingungen dort an? Was hat die Bundesregierung bisher selbst unternommen, um den deutschen Inhaftierten zu schützen, und was erwägt sie zu unternehmen?

Wagner (AA)

Vielen Dank für die Frage. Der Fall ist uns tatsächlich bekannt. Es ist ja so, dass wir grundsätzlich im Ausland inhaftierte deutsche Staatsangehörige konsularisch betreuen, wenn sie dies denn möchten. Das ist auch in diesem Fall der Fall.

Darüber hinaus muss ich Sie um Verständnis bitten, dass ich in Einzelfällen hier nicht in die Details gehen kann. Ich kann aber natürlich sagen, dass es generelle Praxis ist, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der deutschen Botschaften im Ausland oder der deutschen Konsulate im Ausland auch bei Gerichtsverhandlungen anwesend sind, wenn es um Deutsche geht, und diese beobachtet. Das war auch Ende Januar bei der in Budapest stattfindenden Gerichtsverhandlung der Fall.

Zusatzfrage

Gab es denn irgendwelche Verständigungen zwischen dem Bundeskanzler, dem Außenministerium und Viktor Orbán über diesen Fall?

Hoffmann (BReg)

Nicht dass ich wüsste.

Zusatz

Vielleicht will der Justizminister noch ‑ ‑ ‑

Dr. Zimmermann (BMJ)

Ich habe keine Ergänzungen zu den Ausführungen des Kollegen zu machen, vielen Dank.

Schlagworte

nach oben