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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungs­­­­­pressekonferenz vom 09.02.2024

09.02.2024 - Artikel

Reise der Bundesaußenministerin nach Frankreich

Deschauer (AA)

Außenministerin Baerbock wird am Montag, den 12. Februar, nach Frankreich reisen, und zwar zum Außenministertreffen im Format des sogenannten Weimarer Dreiecks. Zu diesem Treffen hat der französische Außenminister Séjourné seine deutsche Amtskollegin und seinen polnischen Amtskollegen Sikorski eingeladen. Das Treffen wird am Montagnachmittag in La Celle-Saint-Cloud unweit von Paris stattfinden. Bei dem Austausch der Minister und der Ministerin wird es um aktuelle europa- und außenpolitische Fragestellungen geben. Zudem ist eine gemeinsame Pressekonferenz geplant.

Finanzielle und militärische Unterstützung der Ukraine

Frage

Wenn wir das etwas ausweiten: Wie bewertet es die Bundesregierung, dass die USA weitere Hilfspakete für die Ukraine eingefroren hat? Deutschland ist zwar der zweitgrößte Geber bei der militärischen Ukrainehilfe, bei weitem, aber ich glaube, das ist nur ein Viertel der Summen, die die USA aufbringen. Wie bereitet sich Deutschland auf die Rolle vor, dass die USA dauerhaft weitere Unterstützungszahlungen verweigern?

Hoffmann (BReg)

Der Bundeskanzler ist ja zurzeit, wie Sie wissen, zu Gesprächen in den USA und wird heute dort auch US-Präsident Biden treffen. Gestern hat er bereits ein Treffen mit acht Senatoren gehabt, jeweils vier Demokraten und vier Republikanern. Dabei gab es viel Anerkennung für die deutsche Rolle in der Auseinandersetzung mit Russland in Unterstützung der Ukraine. Die Senatoren haben sich zuversichtlich und hoffnungsvoll gezeigt, dass die USA ihre finanzielle Unterstützung leisten werden. Aus Sicht des Bundeskanzlers und der Bundesregierung bleibt die Unterstützung der Ukraine finanziell wie militärisch eine transatlantische Aufgabe.

Es ist wichtig, sowohl die europäischen Hilfen als auch die US-amerikanischen zu verstetigen. Dafür setzt sich der Bundeskanzler ein. Sie wissen, dass er auch innerhalb der EU noch einmal eine Initiative gestartet hat, um die europäischen Hilfen zu verstetigen und auszuweiten. Deutschland ist bereits mit Abstand der größte Geber von militärischer Hilfe und auch von finanzieller Hilfe innerhalb der EU. Aber es steht für uns fest, dass wir die Ukraine auch weiterhin mit allem, was möglich ist, militärisch unterstützen werden.

Zusatzfrage

Man muss ja aber für mögliche Entwicklungen einen Plan B haben. Ist es aus deutscher Sicht eine realistische Perspektive, dass bei einem Ausbleiben von US-Hilfe dieser Ausfall verabredeter Hilfe durch Deutsche in Verbindung mit anderen EU-Nationen kompensiert werden kann, oder bedeutet das dann, dass die Ukraine sozusagen den militärischen Widerstand gegen den russischen Angriffskrieg nicht wird fortsetzen können?

Hoffmann (BReg)

Wir werden die Ukraine in jedem Fall mit allem, was möglich ist, darin unterstützen, diesen Widerstand fortzusetzen, und setzen uns, wie gesagt, dafür ein, dass die europäischen Partner dabei weiterhin sehr stark und vielleicht noch verstärkt an unserer Seite stehen; denn die Ukraine darf diesen Krieg nicht verlieren.

Frage

Wird es denn bei dem Treffen mit Herrn Tusk eine Initiative geben?

Frau Deschauer, wird es beim Treffen des Weimarer Dreiecks eine Initiative der Bundesregierung, des Bundeskanzlers oder vielleicht der Außenministerin geben, was ein gemeinsames Vorgehen von Deutschland, Frankreich und Polen in Zusammenhang mit der Ukrainehilfe angeht? Können wir also erwarten, dass Deutschland dort den Anstoß für ein Vorangehen dieser drei Länder des Weimarer Dreiecks geben wird?

Hoffmann (BReg)

Es wird ganz sicher sehr zentral in diesen Gesprächen um die weitere Unterstützung für die Ukraine gehen. Das wird ganz sicher ein wichtiges Thema sein. Was dort dann konkret besprochen und was das Ergebnis sein wird, dem kann ich hier jetzt nicht vorgreifen.

Deschauer (AA)

Wenn ich direkt etwas zum Weimarer Dreieck ergänzen darf: Auch dort wird sicher die Unterstützung für die Ukraine durch die Länder im europäischen Rahmen eine Rolle spielen. Ich würde jetzt auch noch nicht vorschattieren wollen, in welcher Form, aber das wird eine der zentralen außen- und europapolitischen Fragen sein, mit der sich die drei Minister und die Ministerin beschäftigen werden.

Nahostkonflikt

Frage

Der amerikanische Präsident Joe Biden hat das israelische Vorgehen in Gaza scharf kritisiert und als unverhältnismäßig und überzogen bezeichnet. Wie steht die Bundesregierung dazu?

Deschauer (AA)

Die Außenministerin hat sich ‑ ich glaube, es war vor einer Woche ‑ ebenfalls in einem Interview, das am Samstag in deutschen Tageszeitungen veröffentlicht wurde, aber auch noch einmal in einem Statement zu Rafah und Gaza als solches geäußert. Sie hat ihre ja sehr drängende Sorge um die aktuelle Lage insbesondere im Süden klargemacht und auch betont, dass die Intensivierung der Kämpfe in diesem dicht besiedelten Gebiet ‑ darum geht es ja in dem Moment ‑ nicht zu rechtfertigen wäre.

Ich glaube, ich habe den amerikanischen Präsidenten so verstanden, dass er “over the top” gesagt hat. Das würde ich jetzt nicht kommentieren. Es ist eine grundsätzliche Linie, die Sie kennen, dass wir Aussagen nicht direkt kommentieren. Aber es ist doch klar, und das hat die Bundesregierung von verschiedener Stelle mehrfach gesagt ‑ wir hier sowie die Außenministerin ‑, dass wir sehr klar von israelischer Seite erwarten, dass Zivilisten besser geschützt werden müssen.

Frage

Nicht zum ersten Mal stellt sich die Frage, welche Verantwortung Deutschland für die Bekämpfung der humanitären Katastrophe durch Unterstützung der UNRWA hat, ohne die diese humanitären Maßnahmen gar nicht durchgeführt werden können. Hat Deutschland durch das Einfrieren der Hilfe eine Verantwortung?

Hat Deutschland inzwischen von Israel tatsächlich Beweise für die Anschuldigungen gegen eine große Zahl von UNRWA-Mitarbeitern erhalten, dass diese der Hamas angehören oder sie unterstützen würden?

Deschauer (AA)

Vielen Dank. Ich fange mit der zweiten Frage an. Sie war ja hier Gegenstand des Austausches in der vergangenen Woche, und ich habe den Aussagen meines Kollegen, der sagte, dass wir im Grundsatz auf geheimdienstliche Erkenntnisse hier nicht eingehen können, nichts hinzuzufügen.

Zu Ihrer ersten Frage in Bezug auf UNRWA: Auch hierüber gab es ja schon einen intensiven Austausch. Es ist ja also doch vonseiten der Außenministerin klar, und das haben Sie mitbekommen, wie sehr Deutschland über die Lage der Menschen in Gaza besorgt ist und wie sehr wir auch, seit die Hamas Israel am 7. Oktober mit einem Terrorangriff überfallen hat und gleichzeitig auch der Konflikt in Gaza die Menschen dort in sehr großes Leid bringt, unsere humanitäre Hilfe deutlich aufgestockt haben.

Gerade weil UNRWA eine so wichtige Rolle in der Region innehat ‑ das haben wir hier auch schon erläutert ‑, ist es so wichtig, dass jetzt Aufklärungsschritte mit Hochdruck vorangebracht werden. Dazu haben sich die Vereinten Nationen in ihrer Verantwortung ja auch sehr klar bekannt, und zwar mit einer unmittelbaren internen Aufklärung ‑ das begrüßen wir sehr ‑, aber auch noch ergänzend einer externen Aufklärung, geleitet von Catherine Colonna, der ehemaligen französischen Außenministerin.

Um es zusammenzufassen: Deutschland ist sehr besorgt ob der Lage in Gaza, und wir sind bestrebt, dass die Aufklärung vorangeht, so schnell es geht, und begrüßen die eingeleiteten Schritte.

Zusatzfrage

Die Frage stellt sich dennoch in diesen Tagen neu, weil UNRWA selbst gesagt hat und die Vereinten Nationen erklärt haben, man habe bislang von Israel eben keine Beweise erhalten, sondern nur Berichte über Geheimdienstreporte. Das ist aber etwas anderes, als tatsächlich Beweise vorzulegen. Was rechtfertigt in dieser Situation denn dann eigentlich noch das Festhalten an der deutschen Suspendierung weitere Hilfe?

Deschauer (AA)

Ich habe dem, glaube ich, nicht viel hinzuzufügen; denn ich habe ja ausgeführt, dass wir über entsprechende geheimdienstliche Erkenntnisse hier nichts ausführen können, und das kann ich dann auch auf die wiederholte Frage hin nicht machen. Wir haben ein großes Interesse, dass die Aufklärungen stattfinden und begrüßen, dass diese Schritte auch entsprechend umgesetzt worden sind.

Frage

Frau Hoffmann, in Israel gibt es ‑ jedenfalls nach einem Bericht der Zeitung „Maʿariw“ ‑ Sorgen darüber, dass die USA einseitig einen Palästinenserstaat anerkennen könnten. Ist für Sie vorstellbar, dass es eine einseitige Anerkennung eines Palästinenserstaates geben könnte, ohne Israel sozusagen zu fragen, oder liegt das außerhalb des für die Bundesregierung Denkbaren?

Hoffmann (BReg)

Wir sehen, wie Sie ja wissen, die Zweistaatenlösung als die Perspektive für eine Lösung des Konflikts in der Region an, und unsere diplomatischen Bemühungen haben das Ziel, auf eine Zweistaatenlösung hinzuarbeiten, die von allen Seiten akzeptiert wird.

Zusatz

Also kann es eine einseitige Anerkennung aus Ihrer Sicht nicht geben.

Hoffmann (BReg)

Ich würde jetzt zunächst einmal sagen: Wir arbeiten diplomatisch darauf hin, dass es eine Lösung gibt, die von allen Seiten akzeptiert wird.

Frage

Frau Hoffmann, der israelische Premierminister hat ja erneut eine Zweistaatenlösung abgelehnt. Sehen Sie überhaupt noch Anzeichen in der Region für eine Zweistaatenlösung?

Hoffmann (BReg)

Wir bringen in unseren Gesprächen mit der israelischen Regierung ‑ zuletzt hat ja der Bundeskanzler mit Ministerpräsident Netanjahu telefoniert ‑ immer wieder auf, dass wir das für den richtigen, gangbaren und einzig erkennbaren Weg halten. So ist es halt manchmal in der Diplomatie in internationalen Konflikten: Man braucht einen langen Atem und sehr viel Beständigkeit.

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