Willkommen auf den Seiten des Auswärtigen Amts

Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungs­­­­­pressekonferenz vom 26.01.2024

26.01.2024 - Artikel

Lage in Argentinien

Frage

Meine Frage an Frau Deschauer, vielleicht auch an Frau Hoffmann ist: Wie sieht die Außenministerin bzw. der Bundeskanzler die Entwicklung jetzt in Argentinien, vor allem vor dem Hintergrund, dass ja auf der Kippe steht, ob Argentinien noch im Mercosur-Block bleibt oder nicht?

Deschauer (AA)

Ich glaube, wir hatten uns hier schon in der Vergangenheit dazu geäußert. Ich kann noch einmal grundsätzlich unterstreichen, dass wir als Bundesregierung, als Außenministerium dem Abschluss des Abkommens eine große Bedeutung beimessen. Das ist weiterhin der aktuelle Stand.

Zusatzfrage

Die Entwicklung in Argentinien in den letzten Tagen, auch mit dem Generalstreik, hat sich natürlich sehr zugespitzt. Gibt es seitens des Auswärtigen Amtes auch eine Justierung der Einordnung, wie die Lage dort aussieht?

Deschauer (AA)

Ich würde ungern innenpolitische Entwicklungen ‑ das machen wir hier üblicherweise nicht ‑ in Argentinien kommentieren. Aber grundsätzlich haben wir keine Indizien, dass die argentinische Regierung nicht auch selbst den Abschluss des Abkommens anstrebt. Insofern ist der Stand jetzt sehr ähnlich zu dem, den wir hier schon einmal vorgetragen haben, nämlich dass wir als Bundesregierung das für wichtig erachten und uns entsprechend auch im Austausch befinden.

Hoffmann (BReg)

Ich kann alles, was die Kollegin gesagt hat, nur bestätigen. Deutschland und die EU haben ein Interesse daran, dass dieses Abkommen zustande kommt. Der Kanzler hat sich auch persönlich dafür eingesetzt. Wir setzen uns weiterhin dafür ein.

Hinrichtung eines Häftlings in den USA mit Stickstoff

Frage

Ich habe eine Frage an das Auswärtige Amt, gegebenenfalls an die Regierungssprecherin. In den USA wurde jetzt erstmals ein Mensch durch Stickstoff hingerichtet. Das ist eine besonders grausame Methode der Tötung. Das ist im Grunde ein Ersticken. Die Bundesregierung lehnt ‑ das ist bekannt ‑ Todesstrafen generell ab. Gibt es in diesem Fall, da es sich um eine neue, besonders grausame Methode handelt, einen aktiven Protest oder Interventionen der Bundesregierung bei den USA?

Deschauer (AA)

Sie haben es schon richtig gesagt: Die Bundesregierung lehnt die Todesstrafe als grausames und die Menschenwürde nicht respektierendes Strafmittel im Grundsatz ab. Die Menschenrechtsbeauftragte hat sich zu diesem konkreten Fall, den Sie jetzt hier erwähnen, aktiv geäußert. Sie können sich sicher sein, dass wir uns für die Abschaffung der Todesstrafe weltweit einsetzen und dass sich das auch immer in Gesprächen, die wir führen, reflektiert.

Zusatzfrage

Meine Frage zielte darauf ab, weil wir hier jetzt sozusagen einen Einschnitt erlebt haben. Es ist das erste Mal, dass diese grausame Methode eingesetzt wird. Ist das nicht Anlass für die Bundesregierung, einen direkten Protest gegen diese Methode bei der Regierung der Vereinigten Staaten, die dafür verantwortlich ist, einzulegen?

Deschauer (AA)

Wie und in welcher Form wir uns in unseren Gesprächen für die Abschaffung der Todesstrafe im Detail einlassen, auch in vertraulichen Gesprächen, das würde ich jetzt hier nicht auffächern. Seien Sie sich sicher: Wir sehen die Todesstrafe, auch diesen konkreten Fall, als besonders furchtbares und grausames Beispiel an und sind in Gesprächen zur Abschaffung der Todesstrafe weltweit.

Aufdeckung einer russischen Desinformationskampagne

Frage

Ich habe eine Frage an das Auswärtige Amt bezüglich des „SPIEGEL“-Berichts, wonach Ihr Haus und Experten aus Ihrem Haus eine russische Desinformationskampagne mit bis zu 50 000 beteiligten Konten entdeckt hätten. Vielleicht könnten Sie uns ein bisschen was zu den Details sagen. Da ist von einer Software die Rede. Welche Software wurde für die Analyse verwendet? Welche Indizien und Beweise gibt es, dass das eine koordinierte Kampagne ist? Welche Indizien oder Beweise gibt es, dass diese Kampagne aus Russland gesteuert wird?

Deschauer (AA)

Wir handhaben das hier ja grundsätzlich so, dass wir Medienberichterstattung nicht kommentieren. Das werde ich auch in diesem Fall nicht machen. Ich möchte und kann aber einordnend ganz grundsätzlich etwas zu Desinformationen, Desinformationskampagnen und auch zu der Bedeutung sagen, die diese für Regierungshandeln haben kann.

Desinformation ist sicher zu einem globalen Bedrohungsfaktor geworden. Sie wird von denjenigen eingesetzt, die unsere Werte nicht teilen, teilweise auch gezielt eingesetzt, um Gesellschaften zu destabilisieren. Das gilt nicht nur für Deutschland oder westliche Demokratien; das ist auch weltweit zu beobachten. Beispielsweise gibt es nicht authentische Plattformprofile, die Desinformation verbreiten. Das können Bildkacheln sein. Das können kurze Videos sein. Das können Onlinelinks sein. Das sind einige Beispiele, die wir grundsätzlich beobachten können. Damit würde ich es für den Moment belassen.

Zusatzfrage

Wir sind uns ja wahrscheinlich darüber einig ‑ oder vielleicht sind wir es auch nicht ‑, dass die Information, die der „SPIEGEL“ da hat, nicht vom Heuwagen gefallen ist. Im Jahr 2024 so etwas über die Medien zu lancieren, falls es so sein sollte, ist ja auch etwas intransparent in dem Sinne, Desinformationen entgegenzuwirken. Bezüglich der Frage, ob es dieses Netzwerk gibt, hilft ja Transparenz am besten. Deswegen frage ich Sie noch einmal: Welche Indizien oder Beweise gibt es in diesem Fall, dass es sich um eine koordinierte Kampagne handelt? Welche Indizien oder Beweise gibt es, dass diese Kampagne aus Russland gesteuert wurde?

Deschauer (AA)

Ich würde es dabei belassen, dass ich den Medienbericht nicht kommentiere, auch wenn ich Ihr Interesse verstehen kann. Aber das handhaben wir hier so. Ich würde es auch dabei belassen, dass wir aus Sicherheitsgründen ‑ das verstehen Sie hoffentlich ‑ nicht in Details einsteigen können, sondern ich kann Ihnen hier die Bedeutung der Desinformation als Einfallstor für Manipulationen in Demokratien und Gesellschaften weltweit beschreiben. Das habe ich getan. Ich bitte um Verständnis.

Frage

Die Frage mal breiter gestreut: Wie sind denn überhaupt die Zuständigkeiten? Mich hat ein bisschen gewundert, dass das AA jetzt zuständig ist, was die Aufdeckung solcher Desinformationskampagnen angeht. Ist das BMI da mit drin? Ist das Bundeskanzleramt daran beteiligt und hat entsprechende Abteilungen? Wenn Sie uns einfach mal sagen könnten, wer sich da alles an der Aufklärung beteiligt.

Hoffmann (BReg)

Federführend für das Thema Desinformation innerhalb der Bundesregierung ist das BMI. Deshalb würde ich gleich noch an die Kollegin abgeben. Wir befinden uns, jedenfalls seit diese Regierung in Deutschland regiert, in einer sehr engen Abstimmung zwischen vor allen Dingen dem BMI, dem Auswärtigen Amt, dem Bundeskanzleramt und zum Teil auch dem BPA darüber, wie sich die Bundesregierung am besten aufstellt. Wir tauschen uns über das, was wir im Rahmen von Monitoring von möglichen ausländischen Desinformationskampagnen sehen, intensiv im Rahmen verschiedener Formate aus. Das BMI ist federführend. Aber es gibt eine sehr enge Vernetzung unter den hauptsächlich damit befassten Ressorts, aber auch mit allen anderen Ressorts.

Deschauer (AA)

Wenn ich darf, bevor die Kollegin des BMI weiter ergänzt. Wir als Auswärtiges Amt haben die federführende Zuständigkeit hinsichtlich Themen mit Auslandsbezug und ausländischer Einflussnahme. Wie die stellvertretende Regierungssprecherin es erläutert hat, sind wir da natürlich ressortübergreifend in engstem Austausch mit dem BPA, mit dem BMI, dem Auswärtigen Amt, entsprechend mit der auslandsbezogenen Expertise, um einen Teil Ihrer Frage zu beantworten.

[…]

Nahostkonflikt

Frage

Ich möchte zur Lage in Gaza kommen. Frau Deschauer, der UN-Nothilfekoordinator Griffiths hat diese Woche gesagt, dass jetzt allein in Gaza rund 400 000 Menschen an der katastrophalsten Stufe des Hungers leiden. Haben Sie ähnliche Zahlen wie die UN und dazu, dass sich alle 2,2 Millionen Menschen in einer Hungerkrise befinden und dass dies laut UN das höchste Maß an akuter Ernährungsunsicherheit ist, die die IPC-Initiative jemals für ein bestimmtes Gebiet oder Land ermittelt hat? Ist das auch Ihre Einschätzung der Lage, oder sehen Sie das weniger schlimm?

Deschauer (AA)

Wir haben uns in dieser Woche auch schon zu Gaza ausgetauscht. Ich habe hier mehrfach dargelegt, dass wir die aktuelle Lage, die Lage der Menschen vor Ort, die humanitäre Lage als katastrophal ansehen, wir das nicht anders beschreiben können und insofern natürlich versuchen, mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln mehr humanitäre Hilfe für die Menschen nach Gaza zu bekommen, um gerade Hunger, Durst, Kälte zu bekämpfen, dass wir uns ebenfalls für humanitäre Feuerpausen intensiv einsetzen und die Lage ebenfalls als dramatisch bewerten.

Frage

Ich hatte jetzt nach Ihrer Einschätzung mit Blick auf die UN-Zahlen gefragt, also ob Sie die anzweifeln oder mit denen mitgehen.

Beide, Sie und die UN, sprechen ja von katastrophalen Zuständen. Die UN fordert eine sofortige Waffenruhe, die Bundesregierung eine humanitäre Feuerpause. Können Sie uns noch einmal den Unterschied erklären und können Sie erklären, warum Sie es besser wissen?

Deschauer (AA)

Die Kommentare, die Sie in Ihrer Frage eingebracht haben, würde ich hier erst einmal beiseiteschieben wollen. ‑ Unsere Position ist Ihnen bekannt, die haben wir hier mehrfach vorgetragen; die habe ich diese Woche vorgetragen und die haben die Kollegen in den vergangenen Wochen vorgetragen. Das wiederhole ich jetzt nicht, Sie können das alles nachlesen.

Ich verweise gerne auch noch einmal auf ein Statement der Außenministerin von gestern, in dem sie sich just zur dramatischen Lage in Gaza geäußert hat. Das liegt Ihnen vor. Wir teilen die große Sorge um die Menschen, und das wissen Sie.

Frage

Ein internationales Bündnis aus 16 Hilfs- und Menschenrechtsorganisationen hat alle UN-Mitglieder, damit auch Deutschland, aufgefordert, keine Waffen mehr an Israel zu senden. Dazu gehörten unter anderem Oxfam, Save the Children, Amnesty International. Medico international richtete ganz gezielt Kritik an die deutsche Bundesregierung: Statt daran zu arbeiten, dass das Töten und Sterben unverzüglich beendet wird, wolle die Bundesregierung weiter Waffen senden. Wie äußert sich die Bundesregierung dazu?

Deschauer (AA)

Ich bin mir jetzt nicht sicher, ob Sie diese Frage an mich adressiert haben. Aber auch diese Frage haben wir, glaube ich, in der RegPK schon beantwortet.

Hoffmann (BReg)

Ich kann noch zwei Sätze dazu sagen. ‑ Sie wissen ja, dass nach unserer Auffassung, nach Auffassung der Bundesregierung, Israel nach dem grausamen Angriff vom 7. Oktober das Recht hat, sich selbst zu verteidigen. Wir sind aber - das wurde jetzt hier auch noch einmal ausgeführt, und tatsächlich wird das ja in jeder RegPK betont ‑ sehr, sehr besorgt über die katastrophale humanitäre Situation in Gaza und das Leid der Menschen dort. Wir möchten, dass sich alle Konfliktparteien an das humanitäre Völkerrecht halten. Die israelische Regierung muss alle Anstrengungen unternehmen, dass die Zivilbevölkerung in dem Konflikt in Gaza besser geschützt wird und besseren Zugang zu Hilfsleistungen erhält. Das ist das, was ich dazu sage.

[…]

Verfahren gegen Israel vor dem Internationalen Gerichtshof aufgrund des Vorwurfs des Völkermords

Frage

Ich weiß jetzt nicht, ob das an Frau Hoffmann oder an Frau Deschauer geht: Der Internationale Gerichtshof wird heute ein vorläufiges Urteil in Sachen Genozid und Israel verkünden. Er wird natürlich kein endgültiges Urteil zur Anklage des Genozids verkünden, aber es ist möglich, vonseiten des Gerichts „provisional measures“ gegenüber den Kriegsparteien und damit auch Israel auszusprechen. Wird die Bundesregierung, egal wie das Urteil ausgeht, dieses Urteil dann unterstützen und, falls es gegen Israels Interessen ausgeht, von Israel auch einfordern, das Urteil zu akzeptieren? Denn diese Urteile sind ja völkerrechtlich bindend.

Hoffmann (BReg)

Wie gesagt, das Urteil in diesem Eilverfahren, das jetzt dem Hauptsacheverfahren vorgeschaltet wird, wird, wie Sie gesagt haben, heute ergehen. Wir werden ein solches Urteil natürlich respektieren.

Deschauer (AA)

Ich kann vielleicht noch kurz etwas ergänzen. Sie haben es schon angesprochen: Es geht heute um vorläufige Maßnahmen im Eilrechtsschutzverfahren ‑ so heißt das; es geht also nicht um ein Urteil, sondern um vorläufige Maßnahmen im Eilrechtsschutzverfahren. Danach wird das Verfahren in der Hauptsache eingeleitet. Das ist der Verfahrensstand.

[…]

Frage

Frau Deschauer, die Außenministerin hat in Afrika erklärt, auch Israel müsse sich an das humanitäre Völkerrecht halten. So eine Aussage macht ja nur Sinn, wenn man feststellt, dass dies derzeit nicht hinreichend der Fall ist. Welches sind aus Sicht der Außenministerin die schwerwiegendsten Nichteinhaltungen von Kriterien des humanitären Völkerrechts?

Deschauer (AA)

Sie sagen es richtig und ich hatte auch schon darauf hingewiesen: Die Außenministerin hat mit sehr großer Sorge auf die Lage in Gaza, insbesondere in Südgaza, geblickt und hat sich vor diesem Hintergrund entsprechend geäußert. Diese Äußerungen stehen für sich.

Zusatzfrage

Ich kann den Äußerungen aber ‑ vielleicht mögen Sie mir da nachhelfen ‑ nicht entnehmen, welches aus Sicht der Außenministerin die aktuell schwerwiegendsten Nichteinhaltungen von Kriterien des humanitären Völkerrechts durch Israel sind. Können Sie da helfen?

Deschauer (AA)

Die Aussagen der Außenministerin stehen für sich. Ich glaube, sie hat sich sehr deutlich geäußert. Sie können das vielleicht noch einmal nachlesen. Dem habe ich im Moment nichts hinzuzufügen.

Schlagworte

nach oben