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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 15.02.2023

15.02.2023 - Artikel

Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter Streitkräfte an der NATO-geführten maritimen Sicherheitsoperation Sea Guardian und an der Mission der Vereinten Nationen in der Republik Südsudan (UNMISS)

HEBESTREIT (BReg): Die Bundesregierung hat heute die Fortsetzung der NATO-geführten maritimen Sicherheitsoperation Sea Guardian im Mittelmeer und die Mission der Vereinten Nationen in der Republik Südsudan beschlossen. Beide Einsätze sollen bis zum 31. März 2024 verlängert werden. Selbstverständlich muss der Bundestag diesen Mandaten noch zustimmen. Beide Mandate sollen ohne inhaltliche Veränderungen fortgesetzt werden.

Die Operation Sea Guardian der NATO trägt zur Sicherheit im Mittelmeer und zur Stärkung der Südflanke der Allianz bei. Gleichzeitig stehen bei ihr die frühzeitige Erkennung krisenhafter Entwicklungen im Mittelmeerraum und maritimer Terrorismus im Vordergrund. Die Gewährleistung der Sicherheit im Mittelmeer ist Grundvoraussetzung für freien und globalen Handel, von dem auch Deutschland profitiert. Sea Guardian leistet durch anhaltende Überwachung und Lagebildaustausch einen wesentlichen Beitrag zur Sicherheit für die NATO im maritimen Kampf gegen den Terrorismus und zur Beschränkung des Waffenschmuggels. Insgesamt können bis zu 550 Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr dort eingesetzt werden.

Der Einsatz im Südsudan bleibt für die Stabilisierung und langfristige friedliche Entwicklung Südsudans essenziell. Der deutsche Beitrag besteht darin, sich mit Einzelpersonal in den Führungsstäben der Mission sowie mit Beratungs-, Verbindungs- bzw. Beobachtungsoffizieren zu beteiligen. Außerdem kann deutsches Personal die Aus- und Weiterbildung der Angehörigen der Vereinten Nationen im Bedarfsfall zeitlich befristet unterstützen. Insgesamt können bis zu 50 Soldatinnen und Soldaten eingesetzt werden. Derzeit befinden sich zwölf vor Ort.

[…]

FRAGE: Mir geht es um die Auslandseinsätze. Ich frage gleich das Verteidigungsministerium. Können Sie uns zu Sea Guardian mal sagen, wie viele Menschen die Bundeswehr aus Seenot gerettet hat, die letzten zwölf Monate?

KRÜGER (BMVg): Vielen Dank für die Frage. Herr Hebestreit hat gerade schon ausgeführt, welchen Auftrag wir vor Ort unterstützen und dass es in erster Linie um die Seeraumüberwachung und den Lagebildaustausch geht. Was ich als Ergebnis der Operation für das vergangene Jahr angeben kann ‑ es geht ja in erster Linie darum, Schiffe zu identifizieren und zu kontrollieren ‑ ist, dass wir dort über 3000 Schiffe identifiziert und kontrolliert haben. Es gab 21 Fälle von Verdacht auf kriminelle Handlungen.

In Bezug auf die konkrete Frage, die Sie haben, liegen mir jetzt keine Informationen vor.

ZUSATZFRAGE: Das war in den Jahren zuvor eine Information, die Sie uns gegeben habe. Ein Schiff ist dazu verpflichtet, Menschen in Seenot zu retten. Darum würde mich interessieren, ob Sie das in den letzten zwölf Monaten getan haben.

Die Frage zu UNMISS: Gibt es da ein Exitszenario?

KRÜGER: Zunächst zu UNMISS: Natürlich werden im Rahmen der Mandatsverlängerungen alle Aspekte betrachtet. Es wird natürlich auch weiterhin ein Punkt sein, der in den Mandatierungsprozess mit einfließen wird. Es wird ja immer jährlich verlängert. Das haben sie von dem Regierungssprecher gerade gehört. Dann wird man natürlich in der Folge auch alle Aspekte mit einfließen lassen.

Zu den Zahlen: Sie sind mir ehrlich gesagt aus der Regierungspressekonferenz jetzt nicht in erster Linie erinnerlich. Ich kann aber gern schauen, was wir dazu sagen können.

FRAGE: Frau Krüger, Herr Hebestreit, gehört die Rettung von in Seenot geratenen Flüchtlingen grundsätzlich zum Thema maritimer Sicherheit im Mittelmeer, und, wenn ja, wer ist dafür zuständig?

KRÜGER: Herr Hebestreit hat ja schon gesagt, dass es eine NATO-geführte Mission ist. Daher wären die Fragen vielleicht in erster Linie dorthin zu richten.

Seenot muss natürlich immer mitbedacht und mitbetrachtet werden, ist aber nicht Aufgabe dieses konkreten Mandats.

[…]

KRÜGER: Ich habe noch eine kurze Nachlieferung zum Thema Sea Guardian. Ich hatte ja schon erwähnt, dass wir natürlich Verpflichtungen nach dem Seerechtsübereinkommen der VN in Seenotfällen nachkommen würden. In dem Zeitraum, den Sie erfragt haben, sind wir aber zu keinem Seenotrettungsfall gerufen worden.

[…]

Beteiligung von Beamtinnen und Beamten der Polizeien des Bundes und der Länder an der EU-Mission in Armenien (EUMA)

HEBESTREIT (BReg): Dann hat das Kabinett heute beschlossen, dass sich Deutschland an einer neuen EU-Mission in Armenien entlang der internationalen Grenze zu Aserbaidschan beteiligen wird, und zwar mit Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten. Zusätzlich bietet die Regierung an, zivile Expertinnen und Experten in die Mission zu entsenden.

Die neue Mission ist erforderlich, weil die Lage an der internationalen Grenze zwischen Armenien und Aserbaidschan weiterhin angespannt bleibt. Die Regierung verfolgt gemeinsam mit ihren Partnern in der EU aufmerksam die Lage und bemüht sich um eine friedliche Lösung des Konfliktes. Am kommenden Montag, den 20. Februar, wird die EUMA als zivile, nicht exekutive und unbewaffnete Mission im Zuge der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU in Armenien ihre Arbeit aufnehmen. Sie wurde bereits am 23. Januar vom Rat der EU auf Basis einer Einladung der armenischen Regierung beschlossen. Ihre Gesamtstärke wird etwa 100 Personen betragen, davon maximal 15 deutsche Beamtinnen und Beamte.

Ziel der zunächst für zwei Jahre mandatierten Mission ist es, durch Beobachtung der Sicherheitslage entlang der internationalen Grenze den bestehenden Waffenstillstand zu überwachen und die Vertrauensbildung zwischen Armenien und Aserbaidschan zu unterstützen.

[…]

FRAGE: Herr Hebestreit, Sie meinten, Deutschland werde im Rahmen der EU-Mission zivile Experten nach Armenien entsenden. Um welche Art von Experten handelt es sich?

HEBESTREIT: Ich meine, ich hätte gesagt, wir böten das an, wenn Expertinnen und Experten bei dieser Mission gebraucht werden und wenn sie das wollen. Aber das ist nur eine Möglichkeit innerhalb des Mandates. Das ist noch nicht mit einzelnen Personen unterlegt. Wir schaffen nur die Möglichkeit.

FRAGE: Sie können noch nicht sagen, wie viele deutsche Beamtinnen und Beamte gegebenenfalls im Rahmen der EU-Armenienmission angeboten werden und wie viele es insgesamt ‑ es ist ja eine europäische Mission ‑ sein können, oder?

HEBESTREIT: Doch! Habe ich auch gesagt! Insgesamt hundert Beamtinnen und Beamte, und davon maximal 15 Deutsche.

ZUSATZFRAGE: Dann habe ich die Zahl überhört. ‑ Hat die Bundesregierung inzwischen eine Position dazu, wer im Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan der Aggressor ist? In der Vergangenheit war der Appell immer, beide Seiten möchten sich zurückhalten. Ich meine, nach internationaler Einschätzung war doch aber Aserbaidschan die angreifende Seite. Ist das inzwischen auch Kenntnisstand der Bundesregierung?

WAGNER (AA): Ich kann ja vielleicht nochmal grundsätzlich ‑ weil das ja sozusagen auch die Frage umfasst, warum wir eigentlich diese Mission brauchen ‑ ausführen, dass das Verhältnis zwischen Armenien und Aserbaidschan natürlich angespannt bleibt. Bei der letzten großen Eskalation im September 2022 kam es zu Beschuss und Kampfhandlungen auf armenischem Staatsgebiet mit insgesamt 280 Toten auf beiden Seiten. Bis heute gibt es immer wieder Schusswechsel entlang der Grenze.

Beide Seiten sind an der Beilegung des Konflikts interessiert und arbeiten an einem Friedensvertrag. Sie haben vielleicht wahrgenommen, dass der armenische Außenminister erst vergangene Woche in Berlin war und es auch eine Pressekonferenz mit der Außenministerin gab. Die Fortschritte werden aber durch gegenseitiges Misstrauen und konfrontative Rhetorik hinsichtlich des Umgangs mit dem Bergkarabachkonflikt erschwert. Dabei geht es um die dort auf aserbaidschanischem Territorium lebende armenische Bevölkerung. Hinzu kommt, dass die internationale Grenze zwischen den beiden Staaten nicht demarkiert ist. Insofern kann die Mission gerade an dieser internationalen Grenze einen zusätzlichen Beitrag zu Lageaufklärung und Vertrauensbildung leisten.

ZUSATZFRAGE: Das beantwortet allerdings nicht die Frage. Sie haben gesagt, es hätten Kampfhandlungen auf armenischer Seite stattgefunden. Wenn ich recht informiert bin, gab es Beschuss von Aserbaidschan aus. Ist das aus Sicht der Bundesregierung eine Aggression seitens Aserbaidschans oder nicht?

WAGNER: Wir haben uns hierüber an dieser Stelle, denke ich, schon öfter unterhalten. Grundsätzlich ist es ganz klar ‑ das hat die Außenministerin noch einmal betont ‑, dass die Bundesregierung fest zur territorialen Integrität beider Staaten steht, Armeniens und Aserbaidschans.

Darüber hinaus habe ich dem, was ich eben gesagt habe, nichts hinzuzufügen.

FRAGE: Untersuchen Sie immer noch, ob Aserbaidschan Aggressor war? Ist das für Sie noch eine offene Frage?

WAGNER: Ich denke, Sie konnten unseren Ausführungen entnehmen, dass wir uns mit diesem Konflikt beschäftigen. Es gibt auch eine Vermittlung durch die Europäische Union, bei der Ratspräsident Charles Michel eine wichtige Rolle spielt. Das unterstützen wir natürlich. Insofern sind wir mit der Lage dort weiterhin befasst.

FRAGE: Welche anderen Nationen der Europäischen Union machen mit? Um welche Länder geht es? Geht es gegebenenfalls auch um niederländische Polizisten?

WAGNER: Ich habe dazu keine Information.

HEBESTREIT: Das müssten Sie im Zweifel in den Niederlanden erfragen, auch wenn ich weiß, dass Sie jetzt hier sitzen. Es ist eine Mission im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik. Aber natürlich kann jedes Land für sich selbst entscheiden, ob und gegebenenfalls wie viele Beamtinnen und Beamte es dafür abstellt. Das kann ich von dieser Stelle aus leider nicht sagen. Ich habe auch in meinen Unterlagen keine dahingehenden Informationen, weder dafür noch dagegen. Es tut mir leid.

Erdbebenkatastrophe in der Türkei und in Syrien

FRAGE: Die Bundesregierung hat angekündigt, unbürokratische, pragmatische Lösungen für Erdbebenopfer anzubieten, die nach Deutschland zu Familienangehörigen oder Freunden reisen müssen. Jetzt gibt es eine Übersicht über dafür benötigte Dokumente für ein Visum. Das sind insgesamt elf Dokumente. Das ist in einer relativ komplizierten Tiefe. Ich vermute, die Frage müsste vom Auswärtigen Amt beantwortet worden. Ist das dann wirklich noch eine pragmatische Hilfe, wenn man es den Menschen so schwer macht?

WAGNER (AA): Vielen Dank für die Frage. Ich hatte mich schon am Montag hier sehr ausführlich zu der Thematik eingelassen. Ich kann das aber gerne noch einmal ausführen.

Wir haben die Nachweise, die vorgelegt werden müssen ‑ wir müssen uns natürlich in einem rechtlichen Rahmen bewegen ‑, auf ein Mindestmaß heruntergeschraubt. Die Visumbeantragung ist mittlerweile ohne vorherige Terminvereinbarung möglich. Unsere Auslandsvertretungen bearbeiten diese Anträge gebührenfrei. In der Tat ist es so, dass wir probieren, in dem rechtlichen Rahmen, der uns gesteckt ist, das Verfahren so pragmatisch und unbürokratisch wie möglich zu machen. Deshalb sind diese Dokumenterfordernisse auf ein Minimum reduziert worden.

ZUSATZFRAGE: Ich glaube, es sind elf verschiedene Dokumente, wenn die Übersicht, die ich kenne, stimmt. Das ist für Sie das Mindestmaß? Diese umfangreiche Tiefe ändert auch nichts daran, dass Sie das als pragmatische Lösung ansehen?

WAGNER: Ich kann die Zahl hier nicht bestätigen. Sie finden die Liste auf unserer Homepage, auf die ich Sie verweisen würde. Wie gesagt, es geht darum, es den Menschen so einfach wie möglich zu machen, ein Visum zu beantragen. Das Visum ist nach wie vor erforderlich. Dafür haben wir die Anforderungen auf ein Mindestmaß heruntergesetzt.

ZUSATZFRAGE: Wie macht man das? Wie beantragt man ein Visum oder hilft einem Menschen, wenn man zu ihm gar keinen Kontakt hat, weil ja auch die technische Kommunikationsstruktur häufig gestört ist? Wie soll das praktisch gehen?

WAGNER: Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich die Frage nicht verstanden habe. Können Sie sie noch einmal wiederholen?

ZUSATZFRAGE: Wenn keine direkten Kontakte zwischen Erdbebenopfern in der Türkei oder Syrien und ihren Familienangehörigen in Deutschland bestehen, die denen dabei helfen wollen, wie sollen die Menschen dann nachweisen können, zu wem sie wollen, wo ihnen Aufenthalt angeboten wird? Basiert nicht ein Teil der Voraussetzungen, die Sie einfordern, auf gegebenen Kontaktmöglichkeiten, die aber aufgrund der Erdbebenfolgen aber nicht immer gegeben sind?

WAGNER: Es war eine berechtigte Forderung, die uns aus der türkischen Gemeinde hier in Deutschland erreicht hatte, Menschen schnell zu ermöglichen, ein Visum zu beantragen, die hier in Deutschland bei Verwandten ersten und zweiten Grades unterkommen können. Insofern würde ich einmal voraussetzen, dass die Kommunikationswege bestehen, dass man weiß, dass man diese Verwandten hat, die einem hier helfen und Schutz und Betreuung zukommen lassen können.

KALL (BMI): Ich würde gerne kurz zur ersten Frage, weil Sie in Bezug auf die Gespräche zur Flüchtlingslage morgen gefragt haben. Ich möchte darum bitten, das wirklich zu trennen. Hier geht es nicht um Migration und nicht um einen längeren Aufenthalt in Deutschland, sondern um Hilfe in der Not ‑ so hat es die Bundesinnenministerin auch gesagt ‑ im regulären Visaverfahren mit praktischen Erleichterungen, mit einem schnelleren Verfahren, aber mit regulären Visa für drei Monate, damit Familien mit deutsch-türkischen, mit syrischen Wurzeln in Deutschland ihre Verwandten für maximal drei Monate nach Deutschland holen können, insbesondere für medizinische Behandlung, insbesondere wenn die Menschen durch das Erdbeben obdachlos geworden sind und sie hier für eine kurze Zeit von ihren Familien aufgenommen werden können. Dabei geht es um Kinder, Enkel, Geschwister, Ehepartner, also um den engeren Familienkreis für eine begrenzte Zeit mit regulären Visa. Deswegen ist das nichts, was mit dem klassischen Flucht- und Migrationsgeschehen zu tun hat.

FRAGE: Sie verweisen die Syrerinnen und Syrer auf die Botschaften in Beirut, Istanbul oder Amman. Für die Syrerinnen und Syrer, die im Norden wohnen, in den Gebieten, die nicht von Assad besetzt sind, ist es eigentlich unmöglich, in diese Botschaften zu kommen. Gibt es für Familienangehörige, die hier sind und die Familie gerne für drei Monate nach Deutschland holen wollen, Lösungen? Wird da an etwas gearbeitet? Wie könnte das aussehen?

WAGNER: Vielen Dank für die Frage. Ich habe ja schon am Montag dargestellt, dass die Ausgangslage natürlich eine ganz andere ist, eben weil sie in Syrien so schwierig ist und wir in Syrien keine eigene Auslandsvertretung haben. Auch da schauen wir natürlich, was man im Rahmen des uns rechtlich Vorgegebenen noch machen kann. Es gibt in einem ersten Schritt Erleichterungen im Visumverfahren für nationale Visa. Das muss man wirklich auseinanderhalten und trennen. Es geht hier nicht um die Schengen-Visa, sondern für nationale Visa für den Daueraufenthalt syrischer Staatsangehöriger haben wir ein bisschen die Verfahrensvoraussetzungen anpassen können. Es wird für Menschen, die im Erdbebengebiet in der Türkei sind und syrische Staatsangehörige sind, die einen Visumsantrag zum Zwecke der Familienzusammenführung stellen, also für den dauerhaften Aufenthalt hier in Deutschland, bevorzugt Termine geben, um zumindest dieser kleinen Gruppe von Menschen schon einmal pragmatisch zu helfen. Aber es ist in der Tat so, dass sich für die Menschen in Syrien die Lage einfach so schwierig darstellt, weil wir vor Ort keine Auslandsvertretung haben.

ZUSATZFRAGE: Das heißt, für die Syrerinnen und Syrer, die noch in Syrien leben, gibt es keine Möglichkeit hierherzukommen?

WAGNER: Doch. Sie können sich natürlich zum Stellen eines Visumantrags ‑ das haben Sie schon in Ihrer Frage aufgeworfen ‑ an die Auslandsvertretung in der Region wenden und dort ihre Anträge stellen. Aber da wir in Syrien selbst keine Botschaft haben, geht das natürlich an einer Botschaft in Syrien nicht.

ZUSATZ: Aber für die ist es ja nicht möglich, in diese Länder zu reisen. Zu diesen Botschaften kommen sie ja nicht hin.

WAGNER: Das verstehe ich sehr wohl. Es ist aber leider so, wie es ist. Die Lage ist aufgrund dieses Jahrzehnte andauernden Konflikts in Syrien tatsächlich dramatisch. Deshalb ist für uns ein ganz wichtiger Handlungsstrang, dass wir jetzt alles tun, um Hilfe nach Syrien zu bringen. Sie haben wahrscheinlich zur Kenntnis genommen, dass es Öffnungen von zusätzlichen Grenzübergängen für die Vereinten Nationen gab. Wir stocken unsere Gelder auf ‑ das kann ich bei Bedarf im Detail ausführen ‑, um zu schauen, dass die Hilfe die Menschen dort erreicht. Ich kann aber leider keine Auslandsvertretung nach Syrien zaubern. Das ist nun einmal so, wie es ist.

FRAGE: Herr Wagner, eine Frage zu der kleinen Minderheit der Syrer, wie Sie es genannt haben, die sich in der Türkei aufhalten: Welche Dokumentenvoraussetzungen gelten denn da? Sind das dieselben, die auch für türkische Bewerbungen um ein Visum gelten?

Herr Kall, haben Sie überhaupt schon irgendwelche Zahlen von Versuchen, ein solches Visum zu bekommen?

WAGNER: Noch einmal zu dem ersten Punkt ‑ ich habe es ja eben schon einmal betont ‑, damit das klar ist: Es geht hier wirklich um die nationalen Visa. Es geht nicht um Schengen-Visa und nicht um die Visa für Kurzzeitaufenthalte, sondern um Visa für Daueraufenthalte für syrische Staatsangehörige hier. Wir haben in Istanbul und Beirut, die einen Großteil der Anträge dieser syrischen Staatsangehörigen bearbeiten, die Termine für den Familiennachzug zu subsidiär schutzberechtigten syrischen Staatsangehörigen aufgestockt. Die zusätzlichen Termine werden an Syrerinnen und Syrer aus der Erdbebenregion vergeben.

Wir haben in Istanbul zwei organisatorisch getrennte Visastellen: eine für türkische Staatsangehörige und eine für sogenannte Drittstaatler. Damit es kein Missverständnis gibt, dass wir zwischen beiden Gruppen unterscheiden: die Priorisierung für die Anträge syrischer Erdbebenopfer in dieser speziellen Gruppe von Menschen erfolgt also parallel zu Priorisierung für die Anträge von türkischen Erdbebenopfern.

ZUSATZ: Die Frage nach den Zahlen ist noch offen.

KALL: Dazu gibt es leider noch keine Antwort. Die Dimensionen dieser Katastrophe sind kaum absehbar. Wie viele Menschen das mit Verwandten in Deutschland und einer möglichen medizinischen Behandlung betrifft, lässt sich jetzt auch noch nicht abschätzen.

Engagement des BMZ in Afghanistan

FRAGE: An das Auswärtige Amt: Das BMZ will sein Engagement in Afghanistan nun ja doch unter bestimmten Bedingungen weiterführen. Unterstützt Frau Baerbock diese Entscheidung?

WAGNER (AA): Wir sind uns in der Bundesregierung einig, dass es nach dem Arbeitsverbot der Taliban für Frauen kein “business as usual” geben kann. Ich glaube, das wird auch aus den Ankündigungen des BMZ deutlich. Wir werden dort, wo Frauen weiterarbeiten bzw. wo Frauen und Kinder weiter direkt erreicht werden können ‑ dazu zählt insbesondere auch die Ernährungssicherung ‑, unsere humanitäre Hilfe fortführen. Dazu, wie wir aber mit den weiter bestehenden und auch zunehmend ausgebauten Restriktionen der Taliban im Umgang mit Frauen umgehen, gibt es aber auch eine intensive Abstimmung im internationalen Geberkreis.

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