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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 06.02.2023

06.02.2023 - Artikel

Erdbeben in der Türkei und in Syrien

BÜCHNER (BReg): Mit Bestürzung haben wir heute Morgen die Berichte aus der Türkei und aus Syrien vernommen. Ein katastrophales Erdbeben hat viele Menschen in der Türkei und in Syrien in den Tod gerissen oder schwer verletzt. Der Bundeskanzler und die gesamte Bundesregierung sprechen ihre Anteilnahme und tiefes Mitgefühl aus. Unsere Gedanken sind bei den Angehörigen der Opfer. Den Verletzten wünschen wir eine schnelle Genesung. Es geht nun darum, schnell Hilfe zu leisten. Die Bundesregierung wird zusammen mit unseren Partnern dazu beitragen.

SASSE (AA): Mir bleibt, ehrlich gesagt, wenig zu ergänzen, außer Sie auf einen Tweet der Außenministerin von heute Morgen hinzuweisen, in dem sie ebenfalls schon angekündigt hat, dass wir mit unseren Partnern rasch Hilfe auf den Weg bringen wollen und uns natürlich abstimmen. Sie hat auch sehr deutlich gemacht, dass ihre Gedanken bei den Angehörigen der Opfer dieser furchtbaren Erdbeben sind.

Das genaue Ausmaß an Schäden und die Zahl der Opfer sind ja im Moment noch nicht klar. Die Lage ist noch sehr stark im Fluss. Wir müssen allerdings jetzt schon davon ausgehen, dass es schwere Schäden vor Ort gegeben hat und sowohl in der Türkei als auch im Nordwesten Syriens viele Opfer zu beklagen sind.

Wir haben bisher ‑ das möchte ich an dieser Stelle auch schon sagen ‑ keine Hinweise auf deutsche Opfer. Aber die Lage ist, wie gesagt, schon noch sehr stark im Fluss. Sie wissen auch, dass es für Deutsche im Ausland keine Registrierungspflicht gibt. Das heißt, dazu liegen uns auch noch keine abschließenden Informationen vor.

KALL (BMI): Ich kann noch etwas für das Bundesinnenministerium ergänzen. Die Bundesinnenministerin hat vorhin mit dem türkischen Botschafter in Deutschland gesprochen und die tief empfundene Anteilnahme von ihr und der Bundesregierung ausgedrückt und mit ihm über die Hilfen gesprochen, die jetzt besonders dringend in der Türkei benötigt werden. Die Bundesinnenministerin hat gesagt: Wir werden alle Hilfen in Bewegung setzen, die wir aktivieren können, und uns sofort in Bewegung setzen. Das THW, das Technische Hilfswerk, kann Camps mit Notunterkünften und Wasseraufbereitungseinheiten bereitstellen. Hilfslieferungen mit Notstromaggregaten, Zelten und Decken bereitet das THW bereits jetzt in diesen Minuten vor und stimmt sich eng mit dem türkischen Zivilschutz ab. Diese Abstimmungen laufen bereits.

Auch unsere EU-Partner sind im Boot. Die Türkei hat heute früh bereits das EU-Katastrophenschutzverfahren aktiviert und insbesondere Bergungs- und Rettungsteams angefordert. All das wird in diversen EU-Staaten gerade vorbereitet und miteinander koordiniert, und Teams werden in die Türkei entsandt. Wir stimmen uns eng miteinander ab, und ‑ so hat es die Bundesinnenministerin gerade gesagt ‑ wir werden mit allen Mitteln helfen, die uns zur Verfügung stehen und jetzt am dringendsten in dem Katastrophengebiet benötigt werden.

FRAGE: Ich weiß jetzt nicht genau, an wen sich die Frage richtet. Es geht um die Hilfe im syrischen Teil. Sie haben jetzt die Türkei erwähnt. Aber wird es auch eine Hilfe für Opfer auf der syrischen Seite geben? Ist das überhaupt möglich, oder wie wird diese Hilfe geleistet?

SASSE: Zunächst einmal haben Sie recht, und davon gehen ja auch alle Meldungen, die uns bisher vorliegen, aus, dass nicht nur das türkische Grenzgebiet, sondern auch die syrische Seite von diesem Erdbeben betroffen ist und die Lage dort sehr angespannt sein wird. Das alles, und das wissen Sie, fällt in eine Situation, in der die Menschen in Nordwestsyrien ohnehin in einer humanitär sehr, sehr angespannten Lage leben. Ein genaues Bild von den Schäden und auch den Opfern wird man sich erst im Laufe der nächsten Stunden machen können. Das betrifft auch die Frage, inwieweit und über welche Wege dann tatsächlich humanitäre Hilfe geleistet werden kann. Aber es ist ja so, dass Hilfsorganisationen auch im Nordwesten Syriens in bestimmtem Ausmaß durchaus Hilfe leisten können.

ZUSATZ: Ich gehe aber davon aus, dass es keine direkten Kontakte zum Beispiel mit der syrischen Regierung gibt.

SASSE: Meinen Sie das grundsätzlich oder was jetzt dieses Erdbeben angeht?

ZUSATZ: Nein, im Zusammenhang mit der Hilfe für die Erdbebenopfer.

SASSE: Darüber kann ich Ihnen im Moment nicht berichten.

FRAGE: Frau Sasse, Herr Kall hat ja gerade schon ein paar Hinweise darauf gegeben, welche Hilfen möglich wären oder wahrscheinlich gebraucht werden. Haben Sie über Ihre Kanäle auch schon Hinweise darauf erhalten, was sozusagen als humanitäre Ersthilfe nötig ist?

SASSE: Wir stimmen uns darüber selbstverständlich sehr eng innerhalb der Bundesregierung ab. Ich muss Sie aber um Verständnis dafür bitten, dass die Lage ja doch noch sehr stark im Fluss ist, wie ich gesagt habe. Das betrifft natürlich auch die Frage, inwieweit und in welchem Umfang wir Hilfe leisten und was dort am dringendsten benötigt wird. Da werden die nächsten Stunden tatsächlich zeigen, was wir dort tun können und auch sollten. Wir befinden uns da, wie gesagt, im engen Austausch miteinander. Allein die Opferzahlen steigen ja minütlich. Das heißt, man muss die Hilfsleistungen natürlich auch entsprechend anpassen.

FRAGE: Ich würde gerne verstehen, ob die Bundeswehr dort möglicherweise auch einen Beitrag leisten könnte, Frau Routsi, beispielsweise, wenn jetzt viele Verletzte anfallen, mit dem MedEvac oder ähnlichen Dingen. Gibt es darüber bereits Gespräche?

ROUTSI (BMVg): Sie wissen, dass die Bundeswehr im Rahmen von Amtshilfe angefordert werden kann. Aber es ist genau so, wie Frau Sasse sagt: Es laufen derzeit die Ressortabstimmungen. Da sind wir mit dabei. Wenn wir in irgendeiner Art und Weise unterstützen können, dann können Sie davon ausgehen, dass wir das tun werden.

ZUSATZFRAGE: Heißt das, bislang gab es noch keine entsprechenden Gespräche zwischen dem Verteidigungsministerium und der türkischen Seite?

ROUTSI: Es ist so, dass wir per Amtshilfe quasi angefordert werden können. Die Gespräche laufen. Geben Sie uns ein bisschen Zeit.

SASSE: Wenn ich einmal kurz auf die Frage von einem Ihrer Kollegen nach der Hilfe für die Opfer in Syrien zu sprechen kommen darf, kann ich Ihnen sagen, dass wir dort schon mit internationalen Organisationen und NGOs eng vernetzt sind, mit deren Unterstützung wir ohnehin humanitäre Hilfe in großen Umfang in der Region leisten. Wir sind dort zweitgrößter Geber. Mithilfe dieser Organisationen, mit denen wir ohnehin vernetzt sind, können wir natürlich jetzt auch in dieser Situation nach dem Erdbeben bedarfsgerechte Hilfe leisten.

FRAGE: Frau Sasse, wäre die Bundesregierung denn grundsätzlich bereit, auch der offiziellen syrischen Seite zur Seite zu stehen?

SASSE: Ich glaube, diese Frage stellt sich jetzt nicht. Es geht darum, Menschen in Not, die sich nach diesem Erdbeben vor Ort in schrecklicher Lage befinden, zu helfen, und diese Hilfe muss natürlich auf allen möglichen Wegen die Menschen erreichen. Wie ich schon geschildert habe, geht es in Syrien unter anderem darum, dass wir die Kanäle nutzen, die wir ohnehin verwenden, um humanitäre Hilfe vor Ort zu leisten.

ZUSATZFRAGE: Aber wenn Sie halt „auf allen möglichen Wegen“ sagen, dann wäre ein möglicher Weg ja auch, mit dem Assad-Regime zu sprechen.

Dieses Erdbebengebiet ist ja zum Teil auch Kurdengebiet. Die syrischen Kurden sind Alliierte der Bundesregierung. Hilft man denen? Haben die sich gemeldet?

SASSE: Sie wissen, dass es bei humanitären Fragen darum geht, den Menschen in Not zu helfen. Es gibt eingespielte Wege, die wir nutzen, um humanitäre Hilfe an den Mann und an die Frau in dieser Region zu bringen, und diese eingespielten Kanäle nutzen wir jetzt erst einmal.

FRAGE: Herr Kall, nur zur Sicherheit: Habe ich Sie richtig verstanden, dass bisher von offizieller deutscher Seite noch nichts auf dem Weg ist, sondern dass erst Vorbereitungen getroffen werden?

Gibt es außer dem THW irgendwelche deutschen Organisationen unter Ihrer Ägide oder von denen Sie wissen, die schon solche Vorbereitungen treffen?

Frau Routsi, mit wem laufen jetzt diese Gespräche, die Sie erwähnt haben? Sind das regierungsinterne Gespräche oder Gespräche mit der Regierung der Türkei?

ROUTSI: Es laufen gemeinsame Ressortgespräche. Der Bundeswehr liegt noch kein Amtshilfeantrag vor. Aber wie Frau Sasse gesagt hat, laufen diese Gespräche ja noch.

KALL: Ich kann noch einmal wiederholen, was die Bundesinnenministerin gesagt hat: Wir setzen alle Hilfen in Bewegung, die wir aktivieren können. Hilfslieferungen mit Notstromaggregaten, Zelten und Decken werden, wie gesagt, gerade jetzt bereits vorbereitet. Das macht das THW. Das stimmt das THW mit dem türkischen Zivilschutz bereits ab. Das ist das, was jetzt gerade läuft.

Was zusätzlich bereitgestellt werden kann, habe ich ja vorhin auch schon gesagt. Weitere Hilfen prüfen wir natürlich anhand dessen, was uns die türkische Seite sagt, was am dringendsten benötigt wird. Das ist jetzt erst einmal das aus dem Gespräch, das die Innenministerin mit dem türkischen Botschafter vor einer Stunde geführt hat. Natürlich stimmen sich das THW und andere auch mit anderen Hilfsorganisationen wie dem Roten Kreuz und vielen anderen ab, damit die Hilfe eben koordiniert erfolgt. Innerhalb der EU gibt es dafür ja einen Mechanismus, den „rescEU“-Mechanismus, das EU-Katastrophenschutzverfahren, damit alle Hilfen der EU-Staaten koordiniert erfolgen.

SASSE: Vielleicht ergänzend, damit Sie sehen, wie wir innerhalb der Bundesregierung die Stränge zusammenführen, die Herr Kall, Herr Büchner und auch Frau Routsi gerade schon geschildert haben: Es wird heute um 13 Uhr eine Sitzung eines Krisenstabs der Bundesregierung im Auswärtigen Amt geben. Der wird tagen, um unter anderem Beiträge der unterschiedlichen Ressorts zu koordinieren, und natürlich auch, um alle Informationen zusammenzutragen, die uns allen dann zu dem Zeitpunkt vorliegen.

FRAGE STEINER: Frau Sasse, Sie sprachen eben von den Partnern, mit denen man in Syrien eh zusammenarbeite. Ich habe nicht so ganz auf dem Schirm, wer das denn momentan eigentlich so ist. Können Sie das ein bisschen explizieren?

SASSE: Ja, ich kann Ihnen sagen, dass es unter anderem Malteser International ist, die als Organisation vor Ort in Nordwestsyrien humanitäre Hilfe leistet. Unsere Hilfe, die unter anderem diese Organisation leistet, werden wir beispielsweise um eine weitere Million aufstocken. Es gibt aber noch weitere internationale humanitäre Organisationen, mit denen wir dabei engstens zusammenarbeiten.

Mögliches Interesse eines russischen Investors für den Flughafen Frankfurt-Hahn

[…]

FRAGE: Da wir die Ministerien nun fast komplett haben, möchte ich die Frage auch an das Auswärtige Amt stellen. Denn die Außenministerin war auch beim Thema des Hamburger Hafens sehr engagiert. Danach gab es sogar eine Protokollnotiz. Auch diese Angelegenheit betraf ein Bundesland, in dem Fall Hamburg.

Hat die Außenministerin eine Meinung, was den Einstieg russischer Investoren in den Flughafen Hahn angeht?

SASSE (AA): Sie hat ganz sicher eine Meinung dazu, aber keine, über die ich Ihnen jetzt hier an dieser Stelle berichten könnte. Ich habe den Ausführungen der Kollegen heute nichts hinzuzufügen. Wir stimmen uns dazu im Moment natürlich auch innerhalb der Bundesregierung sehr eng ab.

[…]

Ankündigung eines Flüchtlingsgipfels durch die Bundesinnenministerin

[…]

FRAGE: Herr Kall, da Sie es gerade erwähnt haben ‑ vielleicht ist Frau Sasse da auch die richtige Ansprechpartnerin: Der Koalitionsvertrag formuliert ja explizit, dass es geprüft werden soll.

Nun ist diese Bundesregierung meines Wissens seit einem guten Jahr im Amt. Mich würde natürlich interessieren, wie weit diese Prüfungen vorangeschritten sind, inwieweit es kompatibel mit der EMRK und Genfer Flüchtlingskonvention möglich ist, in Drittstaaten Anerkennungsverfahren durchzuführen?

KALL (BMI): Nochmals: Der Sonderbevollmächtigte der Bundesregierung für Migrationsabkommen, Joachim Stamp, hat sich am Wochenende dazu geäußert. Auf die Äußerung möchte ich gern verweisen. Er ist jetzt seit dem 1. Februar im Amt. Genau in dem Kontext der Verhandlungen über Migrationsabkommen ‑ Sie müssen gar nicht so verzweifelt winken und gucken ‑ wird auch das geprüft und ein Thema sein.

ZUSATZFRAGE: Bevor Frau Sasse vielleicht auch etwas zu ergänzen hat, noch einmal der Punkt: Das ist seit über einem Jahr Gegenstand des Koalitionsvertrages. Jetzt kann ich ja grundsätzlich davon ausgehen, dass BMI oder AA ‑ oder wer auch immer dafür zuständig sein mag ‑ diese Prüfung, inwieweit das möglich ist, möglicherweise bereits vorgenommen haben. Gibt es bereits ein Prüfungsergebnis? Wurde mit dieser Prüfung bereits begonnen?

KALL: Diese Prüfung läuft und wird auch Thema im Rahmen der Verhandlungen über Migrationsabkommen sein, wie ich es schon gesagt habe.

DETJEN (Vorsitz): Frau Sasse, wollen Sie noch ergänzen?

SASSE (AA): Ich habe da nichts zu ergänzen.

[…]

Spionageaktivitäten Chinas

[…]

FRAGE: Noch einmal zurück zu den Amerikanern und deren Äußerungen: Die haben ja mitgeteilt, dass es chinesische Spionageballons bisher schon auf über fünf Kontinenten gebe. Es macht dann ja Sinn, dass auch Europa betroffen sein muss. War der Bundesregierung der Sachverhalt bekannt, dass die Amerikaner das wissen? Falls nicht: Haben die USA ihre europäischen Partner demnach nicht über frühere Überflüge informiert?

BÜCHNER (BReg): Mir liegen dazu keine Erkenntnisse vor.

ZUSATZFRAGE: Frau Sasse?

SASSE (AA): Ich kann Ihnen mitteilen, dass die amerikanische Regierung uns über diplomatische Kanäle über den Vorgang auf dem Laufenden gehalten hat.

ZUSATZFRAGE: Es geht jetzt ja um frühere Überflüge von chinesischen Ballons. Die Amerikaner haben die auf über fünf Kontinenten gesichtet. Hat die Bundesregierung bisher in all den Jahren Hinweise der amerikanischen Seite bekommen?

SASSE: Ich habe jetzt Stellung zum aktuellen Vorfall genommen, weil der ja derjenige ist, über den wir gerade diskutieren. Da war mir wichtig, Ihnen mitzuteilen, dass es diese diplomatischen Kontakte gegeben hat. Was alle früheren Vorfälle angeht, müssten wir, glaube ich, als Bundesregierung nachforschen, um welche es sich da genau handelt, auf die Sie anspielen. Vielleicht können Sie die Frage da etwas präzisieren und sagen, auf welche Vorgänge Sie da Bezug nehmen, und dann reichen wir das gerne nach.

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