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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 07.12.2022

07.12.2022 - Artikel

15. Bericht der Bundesregierung über ihre Menschenrechts­politik

HEBESTREIT (BReg): Der Druck auf die Menschenrechtslage weltweit hat weiter zugenommen. Die Bundesregierung engagiert sich kontinuierlich für die Umsetzung der Menschenrechte in Deutschland und der Welt.

Die Bundesregierung hat heute den 15. Bericht über ihre Menschenrechtspolitik 2020 bis 2022 beschlossen. Er umfasst auch den Aktionsplan Menschenrechte. Dieser stellt die Prioritäten der Bundesregierung für die kommenden beiden Jahre in wichtigen Aktionsfeldern des Menschenrechtsschutzes sowohl national als auch international dar.

Die Hauptthemen des Berichtes umfassen Aspekte wie das Engagement der Bundesregierung zur Bekämpfung des Menschenhandels zum Zwecke sexueller und Arbeitsausbeutung auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene sowie den Einsatz der Bundesregierung zur Bekämpfung des sexuellen Kindesmissbrauchs, insbesondere im Internet, den Schutz der Menschenrechte und Bekämpfung konfliktbezogener sexualisierter und geschlechtsspezifischer Gewalt, gerade bei Frauen und Kindern in Konflikten und Krisen. Und schließlich geht es auch um die Herausforderungen des Klimawandels für den Schutz der Menschenrechte wie auch um Aspekte der Digitalisierung.

Dieser Bericht ist auf der Homepage des Auswärtigen Amtes unter www.auswaertiges-amt.de nachzulesen.

[…]

FRAGE: Könnten Sie ein bisschen konkreter sagen, wie es um die Menschenrechtslage hier im Land, in Deutschland, bestellt ist, ob es da Handlungsfelder gibt, die identifiziert sind?

Die zweite Frage wäre: Die Ampelkoalition ist ja auch mit einer menschenrechtsbasierten Politik angetreten. Wenn Sie es sich weltweit anschauen, hat sich dadurch schon etwas verändert?

BURGER (AA): Zu Ihrer ersten Frage: Die Menschenrechtslage in Deutschland ist ganz explizit Teil dieses Berichts. Das ist nämlich der zweite Abschnitt in diesem Bericht. Da geht es um die Menschenrechte in Deutschland. Im Zentrum stehen dort die Empfehlungen, die im universellen Staatenüberprüfungsverfahren, dem UPR, im UN-Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen an Deutschland gerichtet wurden. Im Bericht geben wir darüber Auskunft, wie wir mit diesen Empfehlungen umgegangen sind. Es fällt mir ein bisschen schwer, das jetzt in wenigen Worten zusammenzufassen. Aber der Bericht steht ja, wie gesagt, online.

Zum Zweiten: Dieser Bericht handelt natürlich ganz maßgeblich davon, wie wir im Rahmen unserer Menschenrechtspolitik uns darum bemühen, die Menschenrechtslage international zu verbessern und dazu beizutragen, dass Menschen überall auf der Welt den Schutz ihrer Menschenrechte in Anspruch nehmen können. Es ist kein Geheimnis, dass Menschenrechte weltweit unter Druck stehen. Räume, in denen Zivilgesellschaft agieren kann, werden weltweit zurückgedreht, Errungenschaften des Menschenrechtsschutzes ebenfalls, und individuelle Rechte werden zugunsten kollektiver Gruppenrechte infrage gestellt.

Wir sind an verschiedenen Fronten mit verschiedenen Instrumenten aktiv, um uns dafür einzusetzen, dass Menschenrechte geschützt werden, einerseits durch unsere Unterstützung für das Büro des Hochkommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte. Wir können in diesem Jahr unter anderem deutlich mehr Geld für die internationale Menschenrechtsarbeit zur Verfügung stellen. Es gab hier einen Aufwuchs von 20 auf 33,4 Millionen Euro. Ein Teil dieser Mittel fließt in die Unterstützung des Büros des Hochkommissars, ein anderer Teil in die wichtige Arbeit von Organisationen der Zivilgesellschaft im Bereich des Menschenrechtsschutzes.

Wir haben vier Themencluster mit verschiedenen Prioritäten identifiziert, insgesamt 25, denen wir uns widmen. Da geht es insbesondere um den Menschenrechtsschutz angesichts des digitalen Wandels, zum Zweiten um die Gleichstellung der Geschlechter und die Bekämpfung von Diskriminierung aufgrund von sexueller Orientierung und Geschlechteridentität, um den Schutz zivilgesellschaftlicher Handlungsspielräume und den Schutz von Menschenrechtsverteidigerinnen und Menschenrechtsverteidigern und um den Kampf gegen Straflosigkeit als einige der künftigen Schwerpunkte unserer Menschenrechtsarbeit.

Nur schlaglichtartig: Ein Beispiel dafür, wo wir einen kleinen Schritt nach vorne gehen konnten, war in der vorvergangenen Woche die Entscheidung im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen, in dem auf maßgeblich deutsche und isländische Initiative eine Resolution angenommen wurde, die einen unabhängigen Untersuchungsmechanismus für die schweren Menschenrechtsverletzungen in Iran einsetzt, just als Beitrag gegen die Straflosigkeit für solche schweren Menschenrechtsverletzungen.

ZUSATZFRAGE: Sie haben da viele Handlungsfelder weltweit angepackt. Haben Sie das Gefühl, bis auf dieses Beispiel, dass es da schon Fortschritte gab?

Könnten Sie vielleicht trotzdem ein Beispiel aus Deutschland herausgreifen? Ich weiß, das ist schwer, aber könnten Sie ein Schlaglicht auf Deutschland werfen, wo vielleicht auch Handlungsbedarf besteht?

BURGER: Das fällt mir jetzt schwer. Der Bericht ist in der Federführung des Auswärtigen Amtes entstanden, ist aber ein Bericht, zu dem viele Ressorts beigetragen haben. Insbesondere der Teil, der Deutschland betrifft, enthält auch Handlungsfelder, die gar nicht in der Bundeszuständigkeit liegen, worüber wir natürlich trotzdem als Bundesregierung insgesamt für das Land Auskunft geben.

Deswegen möchte ich Sie an dieser Stelle auf den Text des Berichts verweisen. Wenn einer der Kollegen der zuständigen Ressorts im Innenbereich hierzu etwas beizutragen hat, natürlich gern. Es ist aber tatsächlich so, dass ich es da für das Auswärtige Amt nicht tun kann.

Haben wir insgesamt das Gefühl, dass die Menschenrechtslage auf der Welt besser wird? Nein, im Gegenteil. Wir sehen an sehr vielen Stellen auf der Welt, dass die Menschenrechtslage unter Druck ist. Aber das ist für uns kein Anlass, die Arbeit einzustellen, sondern im Gegenteil: Es ist ein Anlass, uns weiter zu engagieren. Wir fühlen uns darin auch durchaus bestätigt, beispielsweise durch Verhandlungserfolge wie im Menschenrechtsrat, die ja gezeigt haben, dass wir mit dieser Position nicht alleine dastehen, sondern dass, wenn man sich mit Überzeugungskraft für die Menschenrechte einsetzt, es dann auch möglich ist, internationale Koalitionen mit anderen Staaten zu bilden, die unsere Werte teilen. Das sind nämlich nicht so wenige auf der Welt.

KALL (BMI): Vielleicht kann ich für das BMI eine kleine Ergänzung machen, was für uns und für die Innenministerin ganz zentrale Menschenrechtsthemen sind, was Hausaufgaben angeht, die auch in Deutschland zu tun sind, vielleicht jetzt auch unabhängig von dem Bericht: Das ist der Kampf gegen sexualisierte Gewalt gegen Kinder, wo noch sehr viel zu tun ist, wir das Bundeskriminalamt in den Ermittlungen weiter gestärkt haben und es ja auch um Ermittlungsinstrumente geht, um Kinder zu schützen, und auch auf europäischer Ebene gerade viel vorankommt.

Die Innenministerinnen und Innenminister sprechen morgen im Innenrat über die sogenannte CSA-Verordnung zu “child sexual abuse”, um im Kampf gegen sexualisierte Gewalt an Kindern europäische Instrumente zu schaffen.

Der zweite Punkt ist der Schutz von Frauen vor Gewalt in Deutschland. Das ist etwas, was die Bundesinnenministerin bei der Innenministerkonferenz in der letzten Woche stark thematisiert hat. Frauen in Deutschland schränken sich in ihren Bewegungen ein, weil sie sich nachts unsicher fühlen, in öffentlichen Verkehrsmitteln zum Beispiel; da besteht Handlungsbedarf. Auch das sind für uns tatsächlich Menschenrechtsthemen, wo in Deutschland einiges zu tun ist.

FRAGE: Das Deutsche Institut für Menschenrechte bringt ja auch immer einen Jahresbericht heraus. Da gibt es immer wieder Beispiele für Menschenrechtsverletzungen in Deutschland, unter anderem auch struktureller Rassismus und Nachteile von Menschen mit Behinderung. Das haben Sie jetzt nicht aufgezählt.

Was sind denn aus Sicht des Auswärtigen Amtes oder des BMI die zwei bedeutendsten Menschenrechtsverletzungen in Deutschland? Das müssen Sie ja wissen, wenn Sie den Bericht herausbringen.

BURGER: Ich glaube, diese Frage habe ich gerade beantwortet. Das ist genau dieselbe Frage, die mir die Kollegin gerade auch gestellt hat. Sie hat mich gebeten, schlaglichtartig aus dem Bereich ‑ ‑

ZUSATZ: Das ist etwas anderes.

BURGER: Nein. Meine Antwort bleibt jedenfalls dieselbe. Im Bericht wird auf die Themen eingegangen, die uns im universellen Überprüfungsverfahren des UN-Menschenrechtsrates als Empfehlungen mitgegeben wurden. Der Bericht gibt darüber Auskunft, wie wir mit diesen Empfehlungen umgehen.

KALL: Ich kann kein Ranking abgeben, halte es auch nicht für sinnvoll. Wenn in Deutschland Menschen in ihren Rechten verletzt werden, ist es Sache der Gerichte, das zu ahnden, das zu verfolgen, das aufzuklären. Ansonsten möchte ich auch auf den Bericht verweisen.

ZUSATZFRAGE: Aber struktureller Rassismus kann auch von der Bundesregierung bekämpft werden, indem Studien angelegt werden, indem Gesetze geändert werden. Ist denn struktureller Rassismus für Sie ein Menschenrechtsproblem in Deutschland, Herr Kall, Herr Burger?

KALL: Unsere Studien dazu laufen ja. Dazu hat es in der Vergangenheit lange Debatten gegeben. Jetzt wird das erforscht. Da wird es im nächsten Jahr auch Ergebnisse geben. Darüber hinaus habe ich nichts Aktuelles dazu beizutragen.

BURGER: Ich verweise auf das, was ich gerade gesagt habe.

Reise der Außenministerin nach Irland und Großbritannien

BURGER (AA): Morgen, am 8. Dezember, wird Außenministerin Baerbock nach Irland reisen. Sie wird dort unter anderem mit ihrem Amtskollegen Simon Coveney zu bilateralen Gesprächen zusammenkommen, Vertreter der Zivilgesellschaft treffen und Gespräche zum Karfreitagsabkommen führen. Im Anschluss an das Treffen mit Außenminister Coveney ist morgen eine Pressebegegnung geplant, gegen 17 Uhr deutscher Zeit.

Nach dem Aufenthalt in Irland wird Außenministerin Baerbock am 9. Dezember nach Großbritannien weiterreisen. Dort wird sie ihren Amtskollegen James Cleverly zum ersten deutsch-britischen strategischen Dialog treffen. Im Anschluss wird Außenministerin Baerbock gemeinsam mit Außenminister Cleverly an der 72. Königswinter-Konferenz der Deutsch-Britischen Gesellschaft teilnehmen. Auch mit Außenminister Cleverly ist eine Pressebegegnung geplant; sie soll um ca. 17 Uhr deutscher Zeit am Freitag stattfinden.

FRAGE: Welche Themen stehen denn da auf der Agenda? Sie haben gesagt, es gibt Treffen mit Personen aus der Zivilgesellschaft. Wer ist denn das konkret?

BURGER: Den Teilnehmerkreis kann ich Ihnen heute noch nicht sagen. Das werden wir gerne zu gegebener Zeit nachreichen. Ich hatte ja gesagt, es geht dort natürlich um bilaterale Themen, es geht im Kontext des Karfreitagsabkommen auch immer um die Frage des Verhältnisses zwischen der Europäischen Union und Großbritannien nach dem Brexit und die Umsetzung des Nordirland-Protokolls.

Im Übrigen ist es natürlich so: Gerade mit Großbritannien haben wir seit 2021 diesen gemeinsamen strategischen Dialog vereinbart, um auch nach dem Brexit mit diesem sehr wichtigen Partner Großbritannien eine enge Verbindung und konkrete Kooperationen zu pflegen. Das ist insofern auch ein Jahr nach Amtsantritt dieser Regierung nun ein Antrittsbesuch, weil sich frühere Termine aufgrund politischer Entwicklungen in Großbritannien immer wieder nach hinten verschoben haben. Aber weil es ein Antrittsbesuch ist, wird es da natürlich auch um die ganze Bandbreite der bilateralen Beziehungen gehen.

FRAGE: Können Sie noch ein bisschen konkreter auf den deutsch-britischen Strategiedialog eingehen? Sind da die beiden Außenminister erst mal alleine unterwegs, oder sind da noch weitere Teilnehmer dabei, aus der Wirtschaft oder wie auch immer?

BURGER: Nein, das ist in der Tat ein Dialog auf Ebene der Außenministerin bzw. des Außenministers.

FRAGE: Herr Burger, zum Treffen mit dem britischen Außenminister Cleverly: Wird die Außenministerin das Thema Assange ansprechen? Wenn ja, wie?

BURGER: Was die Außenministerin dazu Ende Juni gesagt hat, gilt weiterhin. Ich kann insofern den Gesprächen jetzt hier nicht vorgreifen, aber die Außenministerin hat Ihnen ja selber im Juni an dieser Stelle schon berichtet, dass dieser Fall bereits Thema von Gesprächen mit Großbritannien gewesen ist. Es wäre also nicht das erste Mal, dass dies zur Sprache käme.

ZUSATZFRAGE: Ja, aber jetzt ist ein halbes Jahr vergangen, Assange sitzt immer noch ein. Sie hat sich in der Vergangenheit meiner Meinung nach immer für ihn eingesetzt. Darum frage ich mich: Wenn sie jetzt mit bilateralen Gesprächen die Chance hat, wird sie das tun?

Wie hat sich denn die Ministerin in den letzten sechs Monaten, seitdem sie hier gesessen hat und dazu berichtet hat, konkret für Herrn Assange eingesetzt?

BURGER: Okay, dann muss ich vielleicht noch einmal zusammenfassen, was sie hier beim letzten Mal gesagt hat. Sie hat hier auf ihre persönliche Meinung verwiesen und sie hat auch unterstrichen, dass es Diskrepanzen zwischen unserem Rechtsverständnis und dem Rechtsverständnis in den USA gibt, was die Bedeutung der Pressefreiheit in derartigen Fällen angeht. In Deutschland hat ja beispielsweise das Bundesverfassungsgericht in der Vergangenheit klar gemacht, dass bei Tatbeständen wie etwa Geheimnisverrat der Bedeutung der Pressefreiheit Rechnung getragen werden muss und ein solcher Geheimnisverrat täterschaftlich überhaupt nur von Geheimnisträgern begangen werden kann, also nicht von Journalisten, die an Informationen im Rahmen ihrer von der Pressefreiheit geschützten Tätigkeit gelangt sind.

Außenministerin Baerbock hat deswegen klar gemacht, dass es Gespräche mit Großbritannien und den USA zu diesem Fall gegeben hat. Die Außenministerin hat aber auch betont, dass das rechtliche Verfahren in Großbritannien noch nicht abgeschlossen ist. Das ist ja auch heute weiterhin der Fall.

ZUSATZFRAGE: Das heißt, es hat Gespräche gegeben. Hat es in den letzten sechs Monaten Gespräche gegeben, oder gab es seitdem nichts mehr?

BURGER: Wie gesagt, auch in den vergangenen sechs Monaten ist das Thema nicht im rechtlichen Verfahren abgeschlossen gewesen. Insofern hat sich da an der Ausgangssituation auch nichts Entscheidendes geändert.

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