Willkommen auf den Seiten des Auswärtigen Amts

Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 25.11.2022

25.11.2022 - Artikel

Aktion der Gruppe „Letzte Generation“ auf dem Flughafengelände des BER

[…]

FRAGE: Meine Frage schließt daran an. In Bayern werden Klimaaktivesten derzeit ohne Prozess in Haft genommen. Ich glaube, das nennt sich Vorbeugehaft. Polizeigewerkschafter erheben die Forderung, bundesweit so zu verfahren. Wie steht die Bundesregierung dazu? Ich weiß nicht, ob außer dem Innenministerium das Justizministerium dazu etwas sagen will.

KALL (BMI): Das Polizeirecht ist erst einmal Ländersache. Dieses können nur die Länder regeln. Das Rechtliche lässt sich gegebenenfalls verfassungsrechtlich überprüfen, und einzelne Maßnahmen werden vor den Verwaltungsgerichten überprüft. Das lässt sich also rechtsstaatlich prüfen. Genau dort gehören diese Fragen auch hin. Dort müssen sie geklärt werden. Darüber hinaus kann ich mich, wie ich wohl auch schon einmal gesagt habe, zum bayerischen Polizeirecht von hier aus nicht äußern.

ZUSATZFRAGE: Das Justizministerium antwortet nicht. Dann stelle ich noch eine andere Frage.

In den letzten Wochen hat es auf internationaler Ebene, bei der Klimakonferenz, von deutscher Seite starke Kritik an der Unterdrückung von Demonstrationen, von Aktionen von Klimaaktivisten in Ägypten, gegeben. Gibt es denn im Zusammenhang mit dieser Vorbeugehaft, die, soweit ich weiß, bis zu 30 Tage dauern kann, bisher irgendwelche Kritik, die vom Ausland an Deutschland herangetragen wurde, Herr Burger? Wurde das beispielsweise in den Gesprächen mit den Ägyptern erwähnt?

BURGER (AA): Das hat in den Gesprächen der Außenministerin in Scharm el-Scheich keine Rolle gespielt. Falls wir dort oder in anderem Zusammenhang von anderen Staaten oder von anderer Seite, von außen, darauf angesprochen sein sollten, würde ich das gern nachreichen.

HOFFMANN (BReg): Ich möchte darauf hinweisen, dass mir die Parallele, die Sie ziehen, bedenklich erscheint.

ZUSATZFRAGE: Inwiefern?

HOFFMANN: Die Parallele zwischen der Art, wie in Deutschland mit Klimaprotesten rechtstaatlich umgegangen wird, und der Art, wie in Ägypten zum Teil mit politischer Opposition umgegangen wird.

ZUSATZ: Es ging explizit um die Unterdrückung von Protesten an der COP. Vielleicht war Ihnen das nicht ganz klar.

HOFFMANN: Doch, doch, das war mir ganz klar.

KALL: Für Deutschland muss man immer differenzieren, dass jegliche Art von Protest natürlich verfassungsrechtlich geschützt und absolut legitim ist und jederzeit für den Klimaschutz und jedes andere Anliegen in Deutschland frei und ungehindert protestiert werden kann, die Grenze aber verfassungsrechtlich dort erreicht ist, wo Straftaten begangen werden. Dann schreitet die Polizei ein. Nur über diese Fälle reden wir. Wir reden also nicht über Proteste, sondern über Straftaten.

[…]

Iranisches Nuklearprogramm

FRAGE: Es geht um das Thema Iran. Gestern gab es ja die Verurteilung oder die Verabschiedung einer Resolution gegen die iranische Regierung wegen der Unterdrückung der dortigen Opposition. Ich hätte ganz gerne vom Auswärtigen Amt gewusst, ob Sie glauben, dass das auch Auswirkungen auf die Atomgespräche hat, die im Moment ja nicht vorangehen oder auf Eis liegen. Sehen Sie eine Verbindung zwischen diesen beiden Themen?

BURGER (AA): Dazu würde ich auf meine Ausführungen vom Mittwoch verweisen. Da habe ich, glaube ich, zu dieser Frage alles gesagt.

ZUSATZFRAGE: Was macht denn die Bundesregierung, um zu verhindern, dass Iran tatsächlich Atomwaffen anstrebt? Es gibt ja nämlich die Zusage an die israelische Regierung, dass man das auf jeden Fall verhindern möchte.

BURGER: Das ist nicht nur eine Zusage an die israelische Regierung. Es ist seit Jahren die Politik der Bundesregierung, dass wir gemeinsam mit unseren Partnern alle diplomatischen Mittel nutzen, um zu verhindern, dass sich Iran nuklear bewaffnet. Das ist aus unserer Sicht nach wie vor sehr wichtig, weil Iran schon jetzt nicht nur die Sicherheit seiner eigenen Bevölkerung gefährdet, sondern auch die Sicherheit von Menschen in der Region, beispielsweise zurzeit im Nordirak, wo Iran immer wieder die Souveränität und territoriale Integrität eines Nachbarlandes verletzt und Menschen durch iranische Drohnen- und Raketenangriffe sterben. Diese Angriffe muss Iran aus unserer Sicht umgehend einstellen. Eine nuklear bewaffnetes iranisches Regime wäre für die Sicherheit der Menschen in der Region ein noch viel größeres Risiko, und deshalb tun wir mit unseren Partnern weiterhin alles dafür, das zu verhindern.

ZUSATZFRAGE: Sie haben eben „Wir tun alles diplomatisch Mögliche“ gesagt. Wenn es keine diplomatisch möglichen Wege mehr gibt und auch Sanktionen nicht funktionieren, was bleibt dann noch als Weg, um zu verhindern, dass Iran Atomwaffen bekommt?

BURGER: Wir sind, wie gesagt, davon überzeugt, dass das auf diplomatischen Weg geschehen muss, und dazu befinden wir uns mit unseren Partnern sehr eng im Gespräch. Das bleibt für uns eine wichtige Frage.

Rechtliche Beurteilung des Holodomor

FRAGE: Angesichts dessen, dass gerade darüber debattiert wird, ob der Bundestag den Holodomor per Resolution als Genozid einordnen mag, würde ich gerne wissen ‑ weil ich es tatsächlich nicht weiß; vielleicht wissen das Auswärtige Amt oder Frau Hoffmann das ‑, ob es seitens der Bundesregierung eine offizielle Einstufung dieses geschichtlichen Vorfalls gibt. Ist der Holodomor seitens der Bundesregierung jemals als Genozid eingestuft worden?

BURGER (AA): Vielen Dank für die Frage. Andere Kolleginnen und Kollegen mögen mich korrigieren, falls ich das jetzt falsch darstelle, es ist aber grundsätzlich so, dass es in Deutschland nicht der Staatspraxis entspricht, dass die Exekutive feststellt, ob ein bestimmtes historisches Ereignis rechtlich als Genozid zu werten ist oder nicht. Das ist zum einen eine Aufgabe von unabhängigen Gerichten, die diesen Straftatbestand im Völkerstrafrecht verschiedentlich schon festgestellt haben, beispielsweise im Fall des Genozids gegen die Jesiden im Nordirak. In Bezug auf historische Ereignisse hat mehrfach der Deutsche Bundestag in solchen Resolutionen so eine Qualifizierung vorgenommen. Ich kann für die Außenministerin sagen, dass sie insbesondere aufgrund von Gesprächen, die sie dazu mit dem ukrainischen Außenminister schon im Februar hatte, diesem Vorhaben sehr positiv gegenübersteht und es sehr begrüßt, dass im Bundestag von vielen Seiten Unterstützung dafür gibt.

[…]

Instandsetzungsleistungen für die Ukraine

FRAGE: Ich habe noch eine Frage an Frau Hoffmann zum Thema Ukraine und Hilfsleistungen bzw. Instandsetzungsleistungen: Der Kanzler hat selber noch einmal betont, dass das angesichts des Bombenterrors, wie er es bezeichnet hat, Russlands gegenüber ukrainischen Infrastruktureinrichtungen eine vordringliche Aufgabe ist. Sind mittlerweile ‑ ich hatte letzte Woche ja schon einmal gefragt ‑ neue Entscheidungen in der Bundesregierung gefallen, wie man der Ukraine unter die Arme greift ‑ zum Beispiel mit besonderen Maßnahmen, um die Stromversorgung wieder in Gang zu bringen?

HOFFMANN (BReg): Es laufen ja schon eine ganze Reihe konkreter Maßnahmen, um die ukrainische Infrastruktur wieder zu reparieren und zu stärken. Da gibt es Hilfe bei den sehr dringend notwendigen Reparatur- und Wiederinstandsetzungsarbeiten. Ich brauche an dieser Stelle nicht noch einmal zu sagen ‑ Sie haben das ja selbst genannt ‑, wie der Bundeskanzler sich in der Verurteilung dessen ausgedrückt hat, was die russischen Streitkräfte gegen die ukrainische Zivilbevölkerung und gegen die ukrainische Infrastruktur im Moment machen. Es geht aber auch um ganz konkrete Hilfe etwa in Form von Stromgeneratoren, Heizgeräten, Decken, Betten, Wasserfiltern, Wohncontainern und Fahrzeugen. Deutschland unterstützt die Ukraine da also. Ich weiß nicht, ob noch Kollegen aus dem BMWK oder anderen Ministerien noch etwa ergänzen können.

BURGER (AA): Ich kann noch darauf hinweisen, dass die Außenministerin in der kommenden Woche am Rande des Treffens der NATO-Außenministerinnen und ‑Außenminister in Bukarest im Rahmen der G7-Präsidentschaft ein Treffen auch über den G7-Kreis hinaus ausrichten wird, bei dem es darum geht, Zusagen für einen Notfallkoordinierungsmechanismus für Energieinfrastruktur zur Unterstützung der Ukraine zu erreichen. Die Ministerinnen und Ministern werden sich dafür über die laufenden Bemühungen austauschen, bestehende Lücken identifizieren, die dringendsten Bedürfnisse priorisieren und Unterstützungsmaßnahmen miteinander abstimmen. Dabei wird es auch um die Stärkung der Fähigkeiten der Ukraine gehen, ihre Infrastruktur vor den russischen Angriffen zu schützen.

Vieles von dem, was wir tun, hat Frau Hoffmann gerade schon ausgeführt. Der Kollege aus dem BMI kann sicherlich über die Sachen, die wir teilweise gemeinsam zwischen den Ressorts mit dem THW machen, Auskunft geben. Auch andere Ressorts ‑ ich glaube, BMWK und BMZ ‑ sind hier mit umfangreichen Hilfsleistungen vertreten.

Ich sage vielleicht kurz, was das Auswärtige Amt im Bereich der humanitären Hilfe an Winterhilfe für die Ukraine in Umsetzung hat. Dabei geht es um insgesamt 100 Millionen Euro. Bis Jahresende sollen etwa 300 000 Personen mit Decken, Matratzen und winterfester Kleidung, 75 000 Haushalte mit Heizungen und 50 000 weitere Haushalte mit Brennstoffen ausgestattet werden. Gemeinschaftsunterkünfte für 40 000 Menschen sollen winterfest gemacht und Wohnungen von 18 000 Haushalten gedämmt werden. Wir haben außerdem erste Mittel für den sogenannten Ukraine Energy Support Fund bereitgestellt.

Vielleicht kann der Kollege aus dem BMI etwas zur Unterstützung durch das THW sagen.

[…]

FRAGE: Herr Burger, ich habe eine technische Frage. Es gibt das NATO-Außenministertreffen, das dann um die G7-Außenminister erweitert wird, oder sind daran noch mehr Außenminister beteiligt? In welcher Form findet das statt? Sind sie physisch vor Ort?

BURGER: Es gibt das Treffen der NATO-Außenministerinnen und -Außenminister. Am Rande dieses Treffens richten wir ein Treffen in einem erweiterten G7-Format aus. Das ist jetzt nicht NATO plus, sondern es ist G7 plus. Den genauen Teilnehmerkreis kann ich Ihnen heute noch nicht sagen. Ob sich dort einzelne Teilnehmerinnen oder Teilnehmer möglicherweise virtuell zuschalten, kann ich Ihnen auch noch nicht sagen. Wie gesagt, das ist ein Treffen, das wir einfach aufgrund der Tatsache, dass ein erheblicher Teil der einschlägigen Staaten ohnehin physisch vor Ort in Bukarest sein wird, ausrichten werden.

Ein Kollege, der aufmerksam zuschaut, wirft mir gerade zu: Aus dem G7-Kreis wird jedenfalls Japan per Zuschaltung teilnehmen. Soweit wir bisher wissen, sind alle anderen Teilnehmer physisch vor Ort.

[…]

Schlagworte

nach oben