Willkommen auf den Seiten des Auswärtigen Amts

Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 21.10.2022

21.10.2022 - Artikel

Mögliche Beteiligung des chinesischen Staatskonzerns Cosco am Terminal Tollerort Hamburger Hafen

FRAGE: Wird sich das Bundeskabinett am Mittwoch mit dem Einstieg eines chinesischen Staatskonzerns beim Hamburger Hafen beschäftigen?

BÜCHNER (BReg): Dazu kann ich Ihnen heute tatsächlich noch nichts sagen. Wir berichten darüber, sobald wir berichten können.

FRAGE: Herr Büchner, zum Anfang ganz grundsätzlich gefragt: Es gibt den Vorwurf, dass sechs Fachministerien und zusätzlich auch noch mindestens zwei Geheimdienste eindrücklich vor diesem Geschäft warnen, das Bundeskanzleramt allerdings trotz Anmeldung durch das Wirtschaftsministerium das Thema einfach nicht auf die Tagesordnung setzt und damit droht, dass einfach eine Frist verstreicht und damit dieses Geschäft dann zustande kommen kann. Ich würde gerne wissen, was das Kanzleramt zu diesem Vorwurf sagt.

BÜCHNER: Wir lesen ja auch Zeitungen und wir haben die breite Berichterstattung natürlich zur Kenntnis genommen. Fakt ist, dass es zu diesem Thema eine Betrachtung in verschiedenen Ressorts auf Fachebene gab. Der Bundeskanzler hat sich bisher nicht mit den Ministern zu diesem Thema ausgetauscht. Das müssen wir jetzt einmal abwarten.

Grundsätzlich kann ich sagen: Mit Blick auf Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse in den beteiligten Unternehmen äußern wir uns zu dem laufenden Investitionsprüfungsverfahren nicht. In der Investitionsprüfung richteten sich der Ablauf des Verfahrens und die Entscheidung nach den maßgeblichen Rechtsgrundlagen der Außenwirtschaft.

ZUSATZFRAGE: Da Sie sagen, man müsse einmal abwarten: Ich habe mir heute noch einmal durchgelesen, was zu diesem Investitionsprüfverfahren zu lesen ist. Stimmt es, dass am 31. Oktober die Frist ausläuft und dass, wenn man bis dahin abwartet und es nicht im Kabinett behandelt, dies faktisch einer Zustimmung gleichkommt?

BÜCHNER: Da müsste ich das BMWK sozusagen einmal um Amtshilfe bitten. Richtig ist aber, dass die Regierung sich zu diesem Thema intern noch abstimmen wird.

SÄVERIN (BMWK): Ich kann noch einmal die Rechtslage erläutern: Es gibt in diesem Verfahren gesetzliche Prüffristen. Die können im Einvernehmen aller Parteien mit verlängert werden; das ist auch mehrmals geschehen. Diese Möglichkeit einer einvernehmlichen Verlängerung der Prüffrist besteht ja weiterhin.

ZUSATZFRAGE: Aber aktuell ist die Frist der 31. Oktober, trifft das zu?

SÄVERIN: Aktuell ist das die Frist.

FRAGE: Wenn Sie sagen, es handelt sich um betriebswirtschaftliche Geheimnisse oder Geschäftsgeheimnisse: Ist Cosco aus ihrer Sicht überhaupt ein privatwirtschaftliches Unternehmen, für das das zutrifft, oder handelt es sich dabei um etwas anderes?

BÜCHNER: Betroffen ist ja nicht nur Cosco. Ich werde hier jetzt aber keine Einschätzungen zu Cosco oder zu dem Vorgang abgeben, die dann irgendwie wiederum die Frage so eingrenzen; da muss ich Sie um Verständnis bitten. Ich verstehe total, dass Sie hier alle ein großes Interesse an diesem Thema haben. Aber da die Meinungsbildung und Abstimmung in der Bundesregierung nicht abgeschlossen ist, kann ich mich heute leider wirklich nicht einlassen.

ZUSATZFRAGE: Ich frage vor dem Hintergrund, dass HHLA seinerseits mehrheitlich in staatlichem Besitz ist, respektive im Besitz der Freien und Hansestadt Hamburg. Insofern kann man schwerlich mit den Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen argumentieren, da es um zwei mehr oder weniger staatliche Unternehmen geht, oder?

BÜCHNER: Aber auch diese haben Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse.

FRAGE: An das BMWK: Mich würde noch interessieren, inwiefern Ihr Ministerium dieses Thema im Kabinett eingebracht hat und ob das Kanzleramt das sozusagen verhindert hat.

SÄVERIN: Auch da kann ich vielleicht noch einmal das Verfahren erläutern. Es gibt einen sehr engen gesetzlichen Rahmen dafür, wie so eine Entscheidung für oder gegen eine Untersagung zu treffen ist. Das Außenwirtschaftsrecht ist diesbezüglich in den letzten zwei Jahren wesentlich spezifiziert und verbessert worden, und in diesem engen Rahmen der Entscheidung gibt es natürlich einen Ermessensspielraum. Dieser Ermessensspielraum ist gerichtlich überprüfbar. Innerhalb dieses Ermessensspielraums gibt jedes Ressort seine Beurteilung ab und innerhalb dieses Ermessensspielraums findet die Ressortabstimmung statt ‑ und die ist einfach noch nicht abgeschlossen.

ZUSATZFRAGE: Sie haben jetzt das Verfahren geschildert ‑ vielen Dank. Ich habe aber danach gefragt, ob Sie das schon ins Kabinett eingebracht haben und ob das Kanzleramt das von der Tagesordnung genommen hat.

SÄVERIN: Das Kanzleramt selbst ist immer Herr der Tagesordnung der Kabinette, das ist immer so. Das lässt sich in der Geschäftsordnung nachlesen.

FRAGE: An das BMI gerichtet: Mich würde auch interessieren, welche Sicherheitsbedenken Sie gegebenenfalls bei einem Einstieg von Cosco beim Hamburger Hafen hätten. Können Sie dazu etwas sagen?

BEYLAGE-HAARMANN (BMI): Dazu kann ich nichts sagen. Ich habe den Ausführungen des Regierungssprechers und des Kollegen nichts hinzuzufügen.

ZUSATZFRAGE: Dann würde ich meine Nachfrage gerne nutzen, um vielleicht dem Außenministerium noch die Möglichkeit zu geben, sich dazu zu äußern ‑ wenn Sie möchten ‑: Wie würde denn ein Einstieg zu der wertegeleiteten Außenpolitik passen? Ich hatte Frau Baerbock zuletzt ‑ ich glaube, auch in einem Interview der „Süddeutschen Zeitung“ ‑ so verstanden, dass sie sich eigentlich sehr explizit dagegen ausgesprochen hat. Trifft das zu, oder könnten Sie die Position des AA bitte noch einmal schildern?

BURGER (AA): Wenn sie die Äußerungen in dem Interview schon gelesen haben, dann kennen Sie, glaube ich, die Grundhaltung der Außenministerin. Das werde ich jetzt hier auch nicht weiter ausführen. Zum Verfahrensstand hat der Stellvertretende Regierungssprecher hier alles gesagt.

FRAGE: Herr Säverin, was das Verfahren betrifft, habe ich Sie so verstanden, dass, wenn nicht einvernehmlich von allen Beteiligten eine Fristverlängerung verabredet wird, bei Nichteinspruch zum 31. Oktober das Ding durch ist. Wenn das so richtig vermutet oder gehört ist, wer sind denn dann „alle Beteiligten“, die einer Fristverlängerung zustimmen müssten? Sind das nur die Beteiligten auf der deutschen Seite, oder wird zu den Beteiligten im Zweifelsfall auch Cosco gehören.

SÄVERIN: „Alle Beteiligten“ bedeutet in diesem Fall: alle an dem Verfahren Beteiligten. In diesem Sinne ist auch die Bundesregierung beteiligt, und auch der Erwerber und das Hafenterminal ‑ den juristisch korrekten Namen für den Erwerber und auch für das Hafenterminal habe ich jetzt nicht im Kopf. Dies beschreibt aber den Kreis der juristischen Personen, die Beteiligte sind.

ZUSATZFRAGE: Das bedeutet also: Wenn ich als der Erwerber oder als der Erwerbswillige nicht sagen würde „Ja, wir stimmen hier einer Fristverlängerung zu“, dann gilt die derzeitige Frist. Herr Büchner, können Sie uns dann bitte die Frage beantworten: Wird der Bundeskanzler auf jeden Fall dafür sorgen, das nicht durch Fristversäumnis sozusagen durch die kalte Küche das Ding genehmigt wird?

BÜCHNER: Ich kann Ihnen tatsächlich leider nur sagen, was ich Ihnen jetzt gesagt habe, nämlich dass wir mitten in diesem Verfahren in der Abstimmung sind. Die Kabinettsthemen werden durch die vorbereitenden Staatssekretärssitzungen innerhalb der Bundesregierung beschlossen. Ich bitte um Verständnis, dass wir aus diesen Arbeitssitzungen nicht berichten. Über die finale Tagesordnung des Kabinetts wird rechtzeitig informiert.

FRAGE: Ist denn mit einer Entscheidung zu rechnen, bevor der Bundeskanzler nach China reist?

BÜCHNER: Eine Reise nach China haben wir noch nicht angekündigt.

ZUSATZFRAGES: Wann ist denn mit einer neuen China-Strategie zu rechnen? Soweit ich weiß, plant die Bundesregierung das und ist eine solche Strategie in Erarbeitung. Wann kommt sie denn?

BURGER: Einen konkreten Zeitpunkt kann ich Ihnen dazu nicht nennen. Sie wissen, dass wir bereits angefangen haben mit den Arbeiten an dieser China-Strategie. Sie wissen auch, dass wir gemeinsam im Ressortkreis unter Federführung des Auswärtigen Amts schon mit den Arbeiten an einer Nationalen Sicherheitsstrategie angefangen haben. Die derzeitige Vorstellung ist, dass die China-Strategie im Anschluss an die Nationale Sicherheitsstrategie vorgelegt wird. Aber es hat ja auch schon Äußerungen aus der Regierung gegeben, dass, bevor die China-Strategie als solches als Dokument vorliegt, in einzelnen Fällen natürlich auch schon Entscheidungen getroffen werden müssen und dass wir uns deswegen über solche Entscheidungen im Ressortkreis natürlich auch abstimmen.

FRAGE: Herr Büchner, es wird ja jetzt seit etwa zwei Wochen berichtet, dass diese Reise am 4. November losgehen soll und auch eine Wirtschaftsdelegation den Kanzler begleiten wird. Verstehe ich Sie richtig, dass Sie das weder bestätigen noch dementieren wollen?

BÜCHNER: Wir haben hier einfach das eingeübte Verfahren, dass wir die Reisen des Bundeskanzlers in der kommenden Woche oder weitere Termine, wenn wir sie schon angekündigt, immer am Freitag ankündigen. Dieser Termin ist noch nicht kommuniziert, und das kann ich auch heute nicht tun.

FRAGE: Ich würde Herrn Säverin, aber sonst auch andere berufene Ministerien ganz gerne fragen, wie dieser aktuelle Vorgang denn dazu passt, dass derzeit auf EU-Ebene intensiv beraten wird, wie man kritische Investitionen in europäische Standorte von kritischen Akteuren besser regulieren kann, ob jetzt durch ein FDI-Screening oder andere Gesetzeswerke. Ich glaube, es waren insgesamt drei, die momentan zu dem Thema in Arbeit sind. Wie genau lautet denn da momentan die Position der Bundesregierung? Bis wohin ist es noch in Ordnung, wenn, sage ich einmal, schwierige Akteure in Europa und damit auch in Deutschland investieren?

SÄVERIN: Ich habe ja schon gesagt, dass das Außenwirtschaftsrecht ‑ das heißt, das Außenwirtschaftsgesetz und die zugehörige Verordnung ‑ in den letzten zwei Jahren mehrfach im Hinblick darauf geändert wurde, dass der Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ‑ das ist der juristisch übergeordnete Begriff ‑ gewährleistet ist und unter welchen Bedingungen ‑ das steht darin ‑ solche Prüfverfahren eingeleitet werden. Da gibt es eine sektorübergreifende Prüfung. Da gibt es spezielle Prüfungen für besondere Fälle. Da gibt es den Begriff der kritischen Infrastruktur. Dieses gesamte Gesetzeswerk ist also im Einklang mit den europäischen Vorschriften und im Einklang mit der europäischen Gesamtstrategie modernisiert und angepasst worden. Im Kern steht dahinter, wie gesagt, die Frage, ob der Erwerb eines Unternehmens die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet. Da befinden wir uns insgesamt auf einem guten Stand, auch im europäischen Vergleich.

ZUSATZFRAGE: Wenn ich darf, Frau Beylage-Haarmann, habe ich an Sie noch einmal eine Nachfrage. Das KRITIS-Dachgesetz ist ja bereits in Arbeit, wenn ich das richtig verstanden habe. Dieses KRITIS-Dachgesetz soll ja Vorschläge für die Betreiber von kritischer Infrastruktur noch einmal zusammenfassen und vielleicht konkretisieren. Da würde mich natürlich doch interessieren, ob das möglicherweise auch gegen Akteure zum Einsatz kommen kann, die jetzt gerade hier in Rede stehen, respektive ob das denen Verpflichtungen auferlegt, die deren Investitionen für unproblematisch erachtbar machen, da die Vorschriften dann so sind, wie sie sind.

BEYLAGE-HAARMANN: Die Eckpunkte des KRITIS-Dachgesetzes sind für Ende des Jahres angekündigt. Insofern kann ich mich zum jetzigen Zeitpunkt dazu noch nicht äußern.

FRAGE: Ich muss noch einmal eine Verständnisfrage stellen. Herr Büchner, können Sie bestätigen, dass sechs Ministerien das Vorhaben ablehnen?

BÜCHNER: Nein.

ZUSATZFRAGE: Wie viele sind es?

BÜCHNER: Mir sind nur Gespräche auf Fachebene bekannt.

FRAGE: Herr Büchner, Sie sprechen ja hier heute für den Kanzler. BND-Chef Kahl hat gesagt, China sei der Klimawandel. Wie viel Lust verspürt der Kanzler auf Klimawandel?

BÜCHNER: Da nehmen wir jetzt keine Einzelbewertungen von einzelnen Äußerungen von Behördenchefs vor.

ZUSATZ: Im Geschäftsbereich des Bundeskanzleramtes, wohlgemerkt!

BÜCHNER: Ja.

[…]

FRAGE (zu einer möglichen Beteiligung des chinesischen Staatskonzerns Cosco am Terminal Tollerort im Hamburger Hafen): Ich habe doch noch eine Frage zu Cosco, die aktuell aufgekommen ist. Nach einem Bericht habe die EU-Kommission Deutschland bereits im Frühjahr davor gewarnt, diesen Einstieg zu genehmigen. Ist das korrekt?

BÜCHNER: Dazu kann ich aus der Lamäng nichts sagen.

ZUSATZFRAGE: BMWK?

SÄVERIN: Ich genauso wenig.

BÜCHNER: Wenn das so wäre, müssten wir die Antwort nachreichen. Ich kann das jetzt nicht beantworten.

Kontakte einer deutschen Firma zu einer iranischen Firma

FRAGE: Es gibt Berichte über eine deutsche Firma in Meerbusch, die ‑ so will ich es knapp zusammenfassen ‑ einer iranischen Firma dabei helfen soll, das Internet zu zensieren. Frau Baerbock hat, meine ich, angekündigt, dass sie sich dazu heute hier in der Regierungs-PK äußern würden.

BURGER (AA): Das habe ich von ihr noch nicht gehört. Wo soll sie das gesagt haben?

ZUSATZ: Sie war gestern irgendwo Gast in einem Interview, und da ‑ ‑ ‑

BURGER: Sie war gestern zu Gast in einem Interview in der „Carolin-Kebekus-Show“.

ZUSATZ: Ja, da wurde das Thema, glaube ich, angesprochen, und es wurde gesagt, mehr Informationen werde es heute in der Regierungs-PK geben.

BURGER: Das hat die Ministerin so nicht gesagt. Ich war dabei.

ZUSATZ: Okay, dann wurde mir das falsch weitergegeben. Entschuldigung!

BURGER: Was sie gesagt hat ‑ ‑ ‑

ZUSATZFRAGE: Letztlich ist das ja auch egal. Die Frage ist einfach: Was können Sie dazu vielleicht sagen?

BURGER: Was sie dort gesagt hat, ist, dass wir solche Hinweise erhalten haben und dass wir solche Hinweise an die zuständigen Behörden weitergegeben haben. Die Ministerin hat gesagt, sollte es sich bewahrheiten, dass eine deutsche Firma an solchen Aktivitäten beteiligt ist, wäre dies ein gravierender Vorgang. Wenn es dort beispielsweise Sanktionsverstöße gegeben hat, dann hätte dies auch strafrechtliche Konsequenzen.

Wie gesagt haben wir diese Hinweise erhalten. Wir haben sie an Behörden weitergegeben, die besser qualifiziert sind, sie aufzuklären. Das ist der derzeitige Stand.

In der Sache ist uns wichtig, dass wir als Bundesregierung all unsere Möglichkeiten nutzen, um die Menschenrechte zu verteidigen und um den Menschen, die im Iran für ihre Rechte auf die Straße gehen, beizustehen.

ZUSATZFRAGE: An das Innenministerium: Wenn von den zuständigen Behörden die Rede ist, nehme ich an, dass das in Ihren Geschäftsbereich fällt. Liegen Ihnen schon Erkenntnisse dazu vor? Können Sie etwas dazu sagen?

BEYLAGE-HAARMANN (BMI): Auch das müsste ich nachreichen.

Schlagworte

nach oben