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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungs­­­pressekonferenz vom 20.07.2022

20.07.2022 - Artikel

Treffen zwischen dem russischen Präsidenten Putin, dem türkischen Präsidenten Erdoğan und der iranischen Regierung

FRAGE: An das Auswärtige Amt zu dem Treffen zwischen Putin, Erdoğan und den Iranern, das stattgefunden hat: Da gab es ja verschiedene Aspekte, aber einer, der mich jetzt interessieren würde, wären die Äußerungen von Herrn Erdoğan zu einer möglichen neuen türkischen Intervention in Nordsyrien. Wie beurteilen Sie das? Können Sie dazu eine Kommentierung abgeben?

BURGER (AA): Vielen Dank. ‑ Solche Äußerungen sind ja nicht ganz neu, und wir haben der Türkei bereits in der Vergangenheit sehr klar gesagt, wie wir ein solches mögliches Vorgehen sehen. Wir haben die Türkei aufgefordert, nichts zu unternehmen, was die Lage im Norden Syriens verschärft und was zu einer erneuten Gewalteskalation oder gar zu einem Sicherheitsvakuum in Nordsyrien führen könnte. Das muss verhindert werden, und dafür steht die Türkei auch in der Verantwortung. Das haben wir in der Vergangenheit klar gemacht und das machen wir fortlaufend deutlich ‑ wohlwissend, dass es in der Türkei eine echte Bedrohung durch Terrorismus und ein legitimes Sicherheitsbedürfnis gibt, zu dem wir mit der Türkei auch in Kontakt stehen. Aus unserer Sicht würde ein solches Vorgehen aber nicht nur die ohnehin schwierige Situation für die Menschen vor Ort verschlimmern, sondern auch ein Wiedererstarken der Terrororganisation IS ermöglichen.

Mit Blick auf eine Diskussion, die wir hier schon öfter geführt haben, möchte ich vielleicht noch sagen: Nach allem, was uns zu der Lage vor Ort bekannt ist, ist die gegen bewaffnete kurdische Gruppierungen gerichtete türkische Militärintervention in Nordostsyrien bereits seit 2019 grundsätzlich nicht mit dem Völkerrecht vereinbar.

ZUSATZFRAGE: Haben Sie aufgrund Ihrer Berichte, die Sie von dem Dreiertreffen erhalten hatten, den Eindruck, dass eine Verabredung für diese Intervention getroffen wurden?

BURGER: Ich habe dazu im Moment keine Erkenntnisse, die über die öffentliche Berichterstattung hinausgehen, die ich Ihnen mitteilen könnte.

[…]

FRAGE: Ich würde gerne noch einmal auf diesen sogenannten Autokratengipfel in der Türkei zurückkommen. Wie bewertet die Bundesregierung dieses Format, das ja offensichtlich fortgesetzt werden soll? Es ist ja die Besonderheit, dass sich in einer Kriegssituation ein NATO-Mitglied und immer noch EU-Beitrittskandidat sozusagen in eine dauerhafte Struktur mit dem Aggressor Russland begibt. Wenn sich diese Struktur verstetigt, wofür es Anzeichen gibt, was bedeutet das für das politische und militärische Bündnis?

BURGER: Danke. - Dieses Format ist ja auch unter dem Namen Astana-Format bekannt und ist insofern nicht neu, als es bereits Treffen in diesem Format zum Thema Syrien gegeben hat, das erste in Astana. Sie verweisen zurecht darauf, dass sich die Situation insofern geändert hat, als Russland seither einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg in der Ukraine begonnen hat. Gleichzeitig sehen wir keine grundsätzlich veränderte Dynamik in dieser Konstellation. Ich würde mich jetzt mit einer weiteren Kommentierung dieses Treffens auch zurückhalten, weil mir, wie gesagt, noch keine detaillierten Informationen dazu vorliegen, was die Ergebnisse dieses Treffens gewesen sein könnten.

Aufnahmeprüfungen für den diplomatischen Dienst

FRAGE: Herr Burger, es gibt Meldungen darüber, dass die Aufnahmeprüfungen für den diplomatischen Dienst vereinfacht bzw. verkürzt werden. Stimmt das? Wenn ja, aus welchem Grund um mit welcher Absicht wird das gemacht?

BURGER (AA): Vielen Dank. - Wir freuen uns über die Aufmerksamkeit für unser Auswahlverfahren. Für alle, die sich noch dafür interessieren: Die Bewerbungsfrist läuft noch bis morgen. Ich muss allerdings diejenigen enttäuschen, die der Presseberichterstattung jetzt entnommen haben, es sei einfacher geworden. Es ist nicht einfacher geworden. Wir nehmen nach wie vor nur die Allerbesten, und wir haben die Kriterien auch noch einmal nachgeschärft. Was richtig ist, ist, dass wir einzelne Elemente aus diesem Test herausgenommen haben. Das hat den Hintergrund, dass sich bei diesen Tests gezeigt hat, dass sie zum Teil besser durch einfaches Raten als durch überlegtes Beantworten von Fragen zu bestehen waren, und die Analyse insgesamt ist, dass das bloße Abfragen von Faktenwissen auch in der diplomatischen Praxis an Bedeutung verloren hat gegenüber Kompetenz beispielsweise in Bezug auf Wissensmanagement und darauf, sich Faktenwissen schnell zu besorgen, wenn man es braucht. Auch in der Wirtschaft wird deswegen bei Auswahlverfahren in letzter Zeit zunehmend auf solche Tests verzichtet.

Es ist nach wie vor so, dass das ein mehrstufiges Verfahren ist, dabei auch nach wie vor Fachwissen zu Themen wie der Politik, der Wirtschaft, sozialer und kultureller Fragen der Gegenwart sowie natürlich dem Völkerrecht intensiv geprüft wird und auch nach wie vor überprüft wird, dass die Bewerberinnen und Bewerber eine überdurchschnittliche intellektuelle Leistungsfähigkeit haben, ein ausgeprägtes politisches Verständnis und vor allem hervorragende Sprachkenntnisse in Englisch und mindestens einer weiteren Fremdsprache der Vereinten Nationen.

Was ich vielleicht zu dieser teilweise wirklich etwas abstrusen Berichterstattung sagen muss, ist noch einmal sehr deutlich: Gesinnung spielt natürlich überhaupt keine Rolle. Das Einzige, das zählt, ist das Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Ansonsten gelten die Grundsätze des Beamtenrechts, nämlich das Prinzip von Eignung, Leistung und Befähigung, als einziger Maßstab.

ZUSATZ: Ich bin fast geneigt, mich noch schnell bei Ihnen zu bewerben, aber das fällt, glaube ich, aus Altersgründen aus.

BURGER: Es gibt keine Altersgrenze mehr. Die lag früher einmal bei 32 Jahren. Die gibt es nicht mehr. Go for it!

ZUSATZFRAGE: Stimmt es denn, dass insbesondere der psychologische Test verändert wird oder ganz wegfällt? Stimmt es, dass dabei in der Vergangenheit vor allem Frauen durchgefallen sind und diesen Test nicht bestanden haben?

BURGER: Es stimmt, das ist eines der Elemente, auf das wir dieses Jahr verzichten, weil wir mit der Aussagekraft dieses Tests nicht zufrieden sind. Wir schauen dieses Jahr, was passiert, wenn wir diesen Test einfach weglassen. Wir sind gleichzeitig auf der Suche nach möglichem Ersatz für diesen Test, der anhand ähnlicher Kriterien prüfen kann und möglicherweise eine größere Aussagekraft hat. Aber in diesem Jahr werden wir auf diesen Test tatsächlich verzichten.

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