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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungs­­­pressekonferenz vom 29.06.2022

29.06.2022 - Artikel

Wiederaufbaukonferenzen für die Ukraine

FRAGE: Ich wüsste gern, ob Kanzler Scholz plant, am nächsten Montag nach Lugano zur Wiederaufbaukonferenz für die Ukraine zu reisen.

HOFFMANN (BReg): Über diese Termine berichten wir vermutlich am kommenden Freitag. Freitag werden wir wie immer den Wochenausblick geben. Darin wird dann auch der Plan des Bundeskanzlers verkündet.

FRAGE: Frau Hoffmann, Herr Burger, mehrere Regierungen haben inzwischen Wiederaufbaukonferenzen angekündigt, unter anderem der Kanzler auf dem G7-Gipfeltreffen. Sind sie eigentlich koordiniert, oder planen verschiedene westliche Regierungen jeweils eigene Wiederaufbaukonferenzen? Denn die Briten haben so etwas angekündigt; jetzt gibt es die Konferenz in Lugano; der Kanzler kündigt so etwas an. In welchem Zusammenhang stehen diese Konferenzen?

HOFFMANN: Der Kanzler hat es auf dem G7-Treffen für die gesamte G7 angekündigt. Es ist im Kreis der G7 abgesprochen, dass es diese Geberkonferenz geben soll.

BURGER (AA): Ich denke, dass Sie ganz grundsätzlich davon ausgehen können, dass wir solche Dinge mit so engen Partnern, wie es die Schweiz und Großbritannien sind, natürlich eng abstimmen. Natürlich findet auch eine Konferenz, die zugunsten der Ukraine stattfindet, nicht ohne die allerengste Abstimmung mit der Ukraine statt. Insofern wird natürlich darauf geachtet, dass es keine Konkurrenzveranstaltungen zueinander werden, sondern dass sich das sinnvoll ergänzt.

ZUSATZFRAGE: Können Sie dann bitte, weil ich es nicht verstehe, noch einmal erklären, welcher Unterschied zumindest zwischen diesen drei Konferenzen, die angekündigt sind, besteht?

BURGER: Ich kann das schon deshalb nicht, weil ich natürlich nicht für die anderen beiden Regierungen spreche. Auch zu der sozusagen ganz frischen Erklärung des Bundeskanzlers vom G7-Gipfeltreffen kann ich als Sprecher des Auswärtigen Amtes hier nichts sagen. Ich wollte nur grundsätzlich auf Ihre Frage eingehen, ob das miteinander abgestimmt sei. Natürlich wird das miteinander abgestimmt.

ZUSATZFRAGE: Dann zum zeitlichen Ablauf ‑ vielleicht liegt es ja daran ‑: Für wann ist die deutsche Konferenz geplant?

HOFFMANN: Ich wüsste nicht, dass es dafür schon einen Termin gäbe. Sie ist bisher nicht terminiert. Es geht dabei grundsätzlich um den Wiederaufbau der Ukraine, auch langfristig. Das hat der Kanzler bei G7 deutlich gemacht. Er hat von einem zweiten Marshallplan für die Ukraine gesprochen. Es geht also wirklich um ein umfassendes und weitreichendes Konzept, das den Wiederaufbau in den Blick nimmt.

Ich kann noch sagen, dass wir diese Veranstaltungen nicht als Konkurrenzveranstaltungen zueinander sehen. Was der Bundeskanzler bei G7 angekündigt hat, steht in keiner Weise in Konkurrenz zu dem, was in Lugano stattfinden soll. Meines Wissens wird das BMZ in Lugano vertreten sein.

MAY (BMZ): Genau, das wollte ich zur Klärung auf jeden Fall schon einmal beitragen. Unsere Ministerin wird am Montag nächster Woche nach Lugano zu der Konferenz fahren. Dort sollen allgemeine Prinzipien für den Wiederaufbau besprochen werden. Das ist ein Auftakt für eine Folge von Konferenzen, die auch auf dem G7-Gipfel besprochen wurden. Die deutsche Konferenz findet, darauf aufbauend, danach statt. Auf ihr wird es konkreter um die Perspektive eines Wiederaufbaus gehen.

ZUSATZFRAGE: Frau May, Sie sprachen von allgemeinen Prinzipien. Ist die Konferenz am Montag demnach keine Geberkonferenz, von der wir konkrete Zahlen erwarten könnten?

MAY: Bei G7 wurden jetzt ja auch konkrete Zahlen genannt. Seitens der Bundesregierung haben wir 450 Millionen US-Dollar an Neuzusagen für den langfristigen Wiederaufbau der Ukraine, die wir zur Verfügung stellen. Was genau auf der Konferenz nächste Woche passieren wird, kann ich natürlich nicht vorwegnehmen.

Angriff Russlands auf die Ukraine

FRAGE: Der Bundeskanzler hat gestern auf die Frage nach Sicherheitsgarantien für die Ukraine nicht sehr ergiebig geantwortet, so will ich es einmal beschreiben. Um die Frage anders zu formulieren: Welche Sicherheitsgarantien für die Ukraine auch für die Zeit nach dem Krieg hat die G7 diskutiert? Welche sind konkret vorgesehen?

HOFFMANN (BReg): Ich denke, dass der Bundeskanzler gestern, wenn ich mich recht erinnere, relativ ergiebig auf die Frage nach Sicherheitsgarantien geantwortet hat. Er hat dort gesagt ‑ ich zitiere ‑:

„Über diese“

Sicherheitsgarantien

„sind wir schon seit Langem mit der Ukraine, aber auch untereinander im Gespräch. Das haben wir hier natürlich noch einmal vertieft.“

„Hier“ heißt „in Elmau, bei G7“.

„Aber das kann noch lange nicht so konkretisiert sein, dass man darüber heute sinnvollerweise sprechen sollte.

Trotzdem ist der Rahmen immer klar. Wir wollen das möglich machen, was wir bieten können und was dabei helfen kann, dass es eine sichere Zukunft gibt.“

Der Bundeskanzler hat bei vielen Anlässen bei G7, in seinen Statements und auch in der Abschlusspressekonferenz, deutlich gemacht, dass es darum geht, die Ukraine dauerhaft zu befähigen, ihre Souveränität und Integrität zu bewahren. Das ist das Hauptziel.

[…]

FRAGE: Herr Collatz, steht denn, nachdem Deutschland jetzt mehr Panzerhaubitzen liefern will, die Ausbildung weiterer ukrainischer Soldaten an? Es wurde gesagt, dass die Ausbildung der ursprünglichen für die Panzerhaubitzen vorgesehenen Soldaten abgeschlossen sei. Werden, falls vielleicht noch mehr Gerät geliefert wird, weitere Ausbildungsgänge kommen, oder geht man davon aus, dass die ausgebildeten ukrainischen Soldaten ihre eigenen Kollegen ausbilden?

COLLATZ (BMVg): Sowohl als auch. Wir begleiten Materiallieferungen natürlich immer mit der Frage, ob dazu eine ergänzende Ausbildung notwendig ist. Für die Panzerhaubitze, die drei, die bei uns demnächst geliefert werden ‑ sechs haben wir zusammen mit den Niederländern ‑, ist das nach meinen Informationen zunächst nicht notwendig. Ich kann Ihnen aber mitteilen, dass wir bei der Raketenartillerie ‑ wir liefern ja MARS ‑ auch mit der Ausbildung begonnen haben.

Das wird also immer mitgedacht. Aber für die Panzerhaubitze 2000 kann ich Ihnen hier keine neue Ausbildung bestätigen.

VORS. FELDHOFF: Ich habe eine Frage, die sich auch auf die neuen Panzerhaubitzen bezieht: Die Niederlande haben angekündigt, eine Ersatzbeschaffung der an die Ukraine abzugebenden Panzerhaubitzen über die EU-Friedensfazilität zu finanzieren. Plant auch Deutschland eine Finanzierung von an die Ukraine abgegebenem Militärmaterial auf diesem Weg?

Vorsorglich schreibt er: Diese Frage beschränkt sich nicht nur auf die Panzerhaubitzen.

COLLATZ: Zu den Finanzierungsfragen kann ich Ihnen hier keine Details liefern. Das müsste ich gegebenenfalls nachliefern.

Medienberichte über Berichte über illegale Pushbacks in Griechenland

VORS. FELDHOFF: Dann habe ich eine Frage an das Auswärtige Amt […].: Gestern hat die Außenministerin eine Untersuchung der neuen Berichte über illegale Pushbacks in Evros beantragt. Plant die Bundesregierung weitere Maßnahmen und Aktionen?

BURGER (AA): Vielen Dank. - Weil der Fragesteller Bezug auf eine Äußerung der Außenministerin genommen hat, möchte ich die vielleicht gerne einmal kurz vorweg stellen. Die Außenministerin hat gestern auf Twitter geschrieben:

„Die furchtbaren Bilder und Berichte, die uns dieser Tage von den EU-Außengrenzen erreichen, sind nicht zu ertragen. Sie machen mich tief betroffen. Unsere gemeinsamen Werte, Humanität und Menschenrechte gelten auch an unseren Grenzen.“

Dann schreibt sie mit dem Hashtag in Bezug auf die Ereignisse von Melilla und die Berichte über Evros:

„Die Ereignisse und Vorwürfe müssen nun lückenlos aufgeklärt werden – sie dürfen sich nicht wiederholen. Das Leid ermahnt uns, dass wir in der EU bei der Asyl- und Migrationspolitik noch einen weiten Weg vor uns haben.“

So weit die Äußerungen der Außenministerin.

Bezüglich der Frage mache ich vielleicht auch noch einmal den Hinweis, dass sich ja auch die EU-Kommission inzwischen zu Wort gemeldet und eine Untersuchung gefordert hat. Wir sind uns auch mit der EU-Kommission einig darin, dass es wichtig ist, dass es dort eine nachhaltige und transparente Aufklärung durch unabhängige Stellen gibt. Sie wissen, dass wir uns im Rahmen der Verhandlungen zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems auch für die Einrichtung eines unabhängigen Monitoringmechanismus einsetzen, aber das sind Gespräche, die noch laufen. Aus unserer Sicht ist es auch wichtig, dass auch nichtstaatliche Akteure, zum Beispiel Nichtregierungsorganisationen, Zugang erhalten, um die Lage an den EU-Außengrenzen zu beobachten.

Das sind alles Themen, über die wir auch bilateral mit Griechenland im Gespräch sind. Wir haben einen regelmäßigen bilateralen Migrationsdialog mit Griechenland. Der fand zum letzten Mal im Mai statt. Insofern sind das Themen, die wir in verschiedenen Foren mit den betroffenen Ländern und auch im EU-Kreis weiterverfolgen.

Besetzung des Postens des Sondergesandten der UN für Libyen

VORS. FELDHOFF: Dann habe ich eine Frage zu Libyen. Es gibt aus Libyen eine Forderung an die Vereinten Nationen, einen deutschen Diplomaten als Gesandten für Libyen zu ernennen. Stimmt die Bundesregierung dem zu?

BURGER (AA): Tut mir leid, dieser Vorschlag ist mir nicht bekannt. Wenn ich dazu etwas sagen kann, dann muss ich das nachreichen.

Verhaftung eines indischen Journalisten in Indien

FRAGE: Frau Hoffmann oder Herr Burger, am Montag wurde in Elmau von den G7- und Gastländern, darunter Indien, eine Erklärung über resiliente Demokratien veröffentlicht, in der das Recht auf freie Meinungsäußerung hochgehalten wurde und die Unterzeichner sich verpflichtet haben, eine freie, unabhängige Medienlandschaft zu gewährleisten. Fast zeitgleich wurde der Gründer der indischen Fact-Checking-Webseite „Alt News“, Mohammed Zubair, verhaftet, weil er angeblich den Hinduismus beleidigt haben soll. Er hatte Hassrede durch Mitglieder von Premierminister Modi angeprangert. Was tut die Bundesregierung in diesem Fall? Was halten Sie davon, dass Indien so leichtfertig mit seinen Verpflichtungen umgeht?

HOFFMANN (BReg): Ich kann den einzelnen Fall jetzt nicht kommentieren. Ich weiß nicht, ob der Kollege vom AA das ansonsten tun könnte. Ich kann nur grundsätzlich sagen, dass die G7 bemüht war und dass es dem Bundeskanzler besonders wichtig war, einen ganzen Tag dem Outreach zu Partnerländern wie Indien, Indonesien oder Argentinien zu widmen und mit ihnen eben in dieser Erklärung, die Sie auch benannt haben, ein gemeinsames Bekenntnis zur Demokratie und auch zur Meinungsfreiheit zu verankern.

BURGER (AA): Ich kann vielleicht noch ergänzen, dass wir uns überall auf der Welt für Meinungs- und Pressefreiheit einsetzen, weil wir der Auffassung sind, dass Einschränkungen für die Arbeit von Journalisten grundsätzlich etwas Besorgniserregendes sind und dass Journalisten für ihre Arbeit nicht verfolgt werden dürfen. Unsere Botschaft in Neu-Delhi beobachtet den Fall deswegen genau. Grundsätzlich ist es so, dass unsere Botschaft vor Ort mit der indischen Seite in täglichem Austausch zu ganz unterschiedlichen Themen ‑ Klima, Handel, Energie ‑ steht, und bei diesen Themen geht es auch immer wieder um Fragen der Menschenrechte. Auch diesen Fall, wie gesagt, verfolgen wir sehr genau.

NATO-Gipfel

FRAGE: Ich habe eine Frage an das Auswärtige Amt oder an Frau Hoffmann. Heute ist ja der NATO-Gipfel. Die Tür für den Beitritt von Schweden und Finnland ist jetzt offen. Ich hätte ganz gerne gewusst, was von deutscher Seite eigentlich noch kommt. Ich nehme an, eine Ratifizierung. Können Sie sagen, wie schnell die deutsche formale Zustimmung dann kommen kann und wie genau das Verfahren ist?

BURGER (AA): Ja. Zunächst einmal wird es schnell gehen, und es wird wahrscheinlich noch schneller gehen, als Sie und ich das in der Regel für möglich halten. Wir setzen wirklich alles daran, dass das möglichst ohne Zeitverzug erfolgen kann. Grundsätzlich ist es natürlich so, dass ein solches Ratifikationsverfahren gewisse förmliche Erfordernisse hat. Dazu gehört zunächst einmal, dass es vor der Unterzeichnung der Beitrittsprotokolle eines Kabinettsbeschlusses bedarf, dann der Unterzeichnung der Beitrittsprotokolle an sich und dann der innerstaatlichen Ratifizierung, also durch ein Ratifizierungsgesetz des Deutschen Bundestags. Ich kann Ihnen, wie gesagt, heute noch keine konkrete Timeline nennen, aber ich kann sagen: Es wird sehr schnell gehen.

ZUSATZFRAGE: Um ein Gefühl dafür zu bekommen, die Frage: Ende des Jahres ist wahrscheinlich viel zu lange. Ist vor der Sommerpause realistisch?

BURGER: Schauen wir mal.

ZUSATZFRAGE: Vielleicht eine Frage an Frau Hoffmann in Bezug auf das Kabinett. Das ist ja eine Sache, die die Regierung selbst bestimmen kann. Wenn heute die Entscheidung bei der NATO fällt, wann ist die Kabinettsbefassung vorgesehen? Nächste Woche?

HOFFMANN (BReg): Ich kann nur sagen, dass sich das Kabinett unmittelbar, nachdem das vonseiten Schwedens und Finnlands bekanntgegeben wurde, damit befasst hat und sofort die Sache in Angriff genommen wurde, um das, wie Herr Burger sagte, maximal möglich zu beschleunigen. Einzelheiten reiche ich nach.

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