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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungs­­­pressekonferenz vom 27.06.2022

27.06.2022 - Artikel

Öffentliche Investitionen in fossile Energieproduktion

FRAGE: Treffen nach Kenntnis der Bundesregierung Berichte zu, denen zufolge Deutschland in der G7 darauf dränge, den zum Jahresende eigentlich beschlossenen Bann öffentlicher Investitionen in fossile Energieproduktion im Ausland zurückzudrehen, sodass öffentliche Investitionen zur Erkundung und Exploration fossiler Energieträger doch wieder möglich würden? Das wird von verschiedenen Medien berichtet.

BÜCHNER (BReg): Vorweg: Die Bundesregierung steht wie im Koalitionsvertrag vereinbart unverändert zu den 1,5-Grad-Klimazielen des Klimaabkommens von Paris. Die Energiezusammenarbeit mit Senegal steht im Einklang mit den getroffenen Vereinbarungen.

Der Bundeskanzler hat gestern beim G7-Gipfel deutlich gemacht, dass auch die Arbeit zur Förderung der Infrastruktur von der derzeitigen geopolitischen Situation betroffen ist. Aus diesem Grund haben die G7-Staats- und ‑Regierungschefs darüber gesprochen, wie die weltweiten Investitionen in klimaneutrale und kohlenstoffarme Energie einschließlich Gas uns als vorübergehende Reaktion auf Russlands Einsatz von Energie als Waffe helfen können. Auch bei den Energiemärkten geht es darum, wie die G7-Staaten miteinander ihre Aktivitäten koordinieren.

ZUSATZ: Die Berichterstattung erwähnt explizit, dass Deutschland eine Entwicklung vorantreibe, den schon gefassten Beschluss, dass es keine öffentlichen Investitionen der G7-Staaten in die Ausbeutung fossiler Energieträger mehr geben solle, zurückzudrängen. Er geht weit über das hinaus, was Sie eben skizziert haben. Vielleicht können Sie die Antwort auf die Frage nachliefern, ob Deutschland diese Rolle tatsächlich spielt oder ob Deutschland der Meinung ist, dass der Beschluss des Auslaufens öffentlicher Förderung solcher Energiegewinnung zum Jahresende weiterhin Bestand hat.

BÜCHNER: Ich kann dazu gern noch zitieren, was der Bundeskanzler dazu gesagt hat:

„Was die Frage der Energiezusammenarbeit“

‑ mit Senegal ‑

„betrifft, ist die ganz breit. Es geht um erneuerbare Energien. … Aber selbstverständlich geht es auch um die Zusammenarbeit bei der Nutzung der natürlichen Gasressourcen, die Senegal hat, bei der Nutzung der künftigen Möglichkeiten, die da entstehen, und auch bei den technischen Investitionen in die Kraftwerksinfrastruktur, die dazu notwendig sind. Das wird Thema unserer weiteren Gespräche sein, und wir wollen einander gute Partner sein. Das ist schon jetzt klar, und wir werden das dann in den fachlichen Gesprächen vertiefen.“

VORS. FELDHOFF: Eine Nachfrage genau zu dem Thema: Der UNO-Generalsekretär, Herr Guterres, hat jegliche Investitionen in fossile Infrastruktur scharf kritisiert, als UNO-Generalsekretär wahrscheinlich weltweit. Weisen Sie diese Kritik zurück?

BÜCHNER: Wir bleiben dabei, dass sich Deutschland dem 1,5-Grad-Klimaziel des Klimaabkommens von Paris verpflichtet fühlt. Wie wir immer gesagt haben, wird Gas, wenn überhaupt, jetzt noch einmal zeitlich befristet zur Überbrückung einer Notlage eingesetzt, die durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine geschaffen wurde. Das ist sozusagen der Rahmen, in dem wir uns dabei bewegen.

FRAGE: Es tut mir leid, Herr Büchner. Sie beantworten Fragen, die nicht gestellt worden sind. Deswegen frage ich jetzt einmal das Auswärtige Amt: Steht Deutschland zu dem beschlossenen „joint commitment“, dessen Inhalt ich ja zitiert hatte? Das ist ja eine andere Dimension als die Kooperation mit dem Senegal. Steht Deutschland also nach Auffassung des Auswärtigen Amtes zu diesem beschlossenen „joint commitment“, oder soll das revidiert werden?

BURGER (AA): Ich kann Ihnen zu den Gesprächen, die beim G7-Gipfel geführt werden, hier keine Auskünfte geben. Das ist die Aufgabe von Herrn Büchner, und Herr Büchner hat das ja gerade auch alles dargestellt.

ZUSATZFRAGE: Er hat eben auf die Frage ‑ ich kann es nur noch einmal sagen ‑ nicht geantwortet. Die internationale Presse berichtet, dass Deutschland dieses „joint commitment“ revidieren möchte, und nun hören wir von der Bundesregierung keine Aussage dazu. Ich frage also noch einmal: Stimmt das? Möchte Deutschland das „joint commitment“ revidieren, oder soll das „joint commitment“ in der bisher beschlossenen Form weiterhin Gültigkeit haben?

BURGER: Wie gesagt: Für das, was in Elmau besprochen wird, ist der Regierungssprecher der richtige Ansprechpartner, und der hat auf Ihre Frage ja auch eine ausführliche Antwort gegeben.

FRAGE: Herr Büchner, ich verstehe jetzt, dass die Bundesregierung zum Paris-Abkommen steht, aber nicht zu diesem „joint commitment“. Korrekt?

BÜCHNER: Wenn Sie das so verstehen ‑ ‑ ‑ Ich kann dem, was ich eben gesagt habe, nichts hinzufügen, nämlich dass wir zu dem Klimaabkommen stehen und dass wir zugleich darüber sprechen müssen, wie wir Gas als Überbrückungstechnologie nutzen.

BURGER: Ich möchte vielleicht einfach, damit das nicht sozusagen in einer völlig falschen Richtung verstanden wird, noch einmal sagen: Es ist ja klar, dass wir in den nächsten Jahren in Deutschland weniger Gas verbrauchen werden, nicht mehr. Wir müssen das nur aus anderen Quellen beziehen. Deswegen ändert sich auch an der Stoßrichtung unserer internationalen Verpflichtungen nichts. Wie Herr Büchner es dargestellt hat, halten wir natürlich an unseren Verpflichtungen aus dem Pariser Abkommen vollumfänglich fest.

ZUSATZ: Aber das ist ja die Reling von Ihnen. Wir reden ja nicht über das Pariser Abkommen ‑ es ist ja keine Frage, dass Sie daran festhalten ‑, sondern es geht um dieses „joint commitment“, und Sie vermeiden tunlichst zu sagen, dass Sie noch dazu stehen, sondern, wie die Berichterstattung laut Herrn Jessen ja besagt, wollen das zurückdrehen. Das passt doch zu dem, was Sie hier sagen, weil Sie nicht dazu stehen!

BÜCHNER: Was wir vermeiden, ist, hier Presseberichte über Gespräche zu kommentieren, die noch laufen und die wir von hier aus nicht einschätzen können. Deshalb müssen wir an dieser Stelle jetzt einfach noch einmal abwarten, was sozusagen beim G7-Gipfel besprochen und beschlossen wird.

Flucht und Migration: Melilla

FRAGE: Ich habe eine Frage zu Melilla. Spaniens Ministerpräsident Sánchez findet kein Wort des Bedauerns angesichts mittlerweile, glaube ich, 37 toter Migranten. Stattdessen lobt er die Sicherheitskräfte und spricht von einer außergewöhnlichen Arbeit. Findet denn die Bundesregierung Worte des Bedauerns darüber, was in Melilla passiert ist?

BÜCHNER (BReg): Vorweg: Was wir nicht tun, ist, dass wir hier jetzt einzelne Äußerungen anderer Staats- und Regierungschefs kommentieren. Aber es ist völlig klar, wie die Bundesregierung diese Sache sieht. Es ist schockierend, dass bei dem Versuch des Grenzübertritts zahlreiche Menschen ums Leben gekommen sind. Mehr als 300 sollen verletzt worden sein. Wir bedauern den Tod dieser Menschen zutiefst. Spanien hat angekündigt, die genauen Umstände des Geschehens aufzuklären, und das begrüßt die Bundesregierung.

ZUSATZFRAGE: Jetzt gibt es auch Vorwürfe gegen marokkanische Sicherheitskräfte. Es kursieren Videos ‑ die kennen Sie vielleicht auch ‑, in denen Sicherheitskräfte auf Menschen schlagen, die sich zum Teil nicht mehr regen. Was richten Sie denn diesbezüglich auch an die marokkanische Regierung? Wird es Gespräche geben?

BÜCHNER: Dazu habe ich im Moment keine Informationen. Aber Sie können sicher sein, dass wir grundsätzlich auf die Einhaltung von Menschenrechten und auch auf einen menschlichen Umgang mit Flüchtenden in aller Welt dringen.

VORS. FELDHOFF: Ergänzung vonseiten des AA?

BURGER (AA): Ich habe den nicht sehr viel hinzuzufügen. Es ist ja klar, wenn es jetzt darum geht, aufzuklären, wie das passieren konnte, dass es natürlich auch darum gehen muss, zu verhindern, dass sich so etwas Schreckliches noch einmal wiederholen kann. Das ist natürlich auch die Erwartung und die Hoffnung, die wir an die beteiligten Staaten haben.

FRAGE: Wie sind die Menschen denn aus Sicht der Bundesregierung ums Leben gekommen?

BÜCHNER: Ich habe alles gesagt, was ich dazu zu sagen habe.

ZUSATZFRAGE: Das hörte sich so an, als ob die dort gestorben sind und dass es jetzt keinen Einfluss der Sicherheitskräfte ‑ ‑ ‑

BÜCHNER: Wir haben die Medienberichte und die Fernsehbilder dazu alle gesehen. Das sind fürchterliche Eindrücke. Ich habe hier gesagt: Wir bedauern den Tod dieser Menschen zutiefst. Aber ich gehe hier jetzt nicht in eine Einzelanalyse. Diese ganzen Umstände des Geschehens werden jetzt aufgeklärt, und das ist wichtig.

ZUSATZFRAGE: Sie verurteilen nicht die Aussagen des spanischen Ministerpräsidenten, der mit keinem Wort auf die Toten eingegangen ist und stattdessen die wahrscheinlich für diese Toten Verantwortlichen gelobt hat?

BÜCHNER: Wie ich gerade schon gesagt habe, kommentiere ich hier nicht die Äußerungen anderer Staats- und Regierungschefs.

ZUSATZ: Das Auswärtige Amt möchte dazu auch nichts sagen.

BURGER: Ich kommentiere diese Äußerung auch nicht.

FRAGE: Die spanische Außengrenze ist ja in diesem Fall auch EU-Außengrenze. Daher habe ich die Frage an das BMI: Teilen Sie die Auffassung, dass es sich bei dem Versuch des Grenzübertritts durch Flüchtlinge um, wie der spanische Ministerpräsident sagte, einen gewaltsamen Angriff auf die territoriale Integrität Spaniens und damit letztlich auch der EU handelte? Das ist ein Wording, das wir ansonsten zurecht in Bezug auf den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine hören. Kann man das tatsächlich in dieser Weise aus Sicht der Bundesregierung gleichsetzen?

KALL (BMI): Der stellvertretende Regierungssprecher und der Sprecher des AA haben ja schon gesagt: Wir kommentieren die Aussagen des spanischen Ministerpräsidenten nicht. Das ist von dieser Bank aus nicht unsere Aufgabe.

Auch die Bundesinnenministerin ist über das erschüttert, was da geschehen ist. Das macht uns sehr betroffen. Auch wir erwarten, dass das in den zuständigen Gremien und auch in EU-Gremien aufgeklärt wird, dass die Fragen, die Sie hier völlig zurecht stellen, Gegenstand einer solchen Aufklärung sind, und dass Menschenrechte und rechtsstaatliche und asylrechtliche Standards an den EU-Außengrenzen eingehalten werden. Das ist das, worauf wir als Bundesregierung dringen.

Gleichzeitig versuchen wir, legale migrationsfähige Fluchtwege in die Europäische Union zu schaffen. Dabei ist im Innenrat am 10. Juni unter französischer Präsidentschaft ein großer Sprung nach vorne gelungen. 17 EU-Mitgliedstaaten machen jetzt in diesem Solidaritätsmechanismus mit, um die Mittelmeerstaaten zu entlasten und Menschen innerhalb der EU besser zu verteilen, und schaffen eben legale Wege. Das sind alles wichtige Schritte, und das ist das, was wir sozusagen zum Handeln und der Haltung der Bundesregierung sagen können.

ZUSATZFRAGE: Handelt es sich nach Ihren bisherigen Erkenntnissen um einen gewaltsamen Angriff gegen die territoriale Integrität eines EU-Mitgliedstaates und damit auch der EU?

KALL: Nochmals: Wir machen uns hier nicht bestimmte Statements zu eigen. Wir dringen darauf, dass das aufgeklärt wird und dass Menschenrechte an den EU-Außengrenzen eingehalten werden.

FRAGE: Ich muss trotzdem nachfragen, weil Sie die ganze Zeit auf die Äußerungen von Herrn Sánchez eingehen und so versuchen, sich ein bisschen herauszureden. Noch einmal: War das ein gewaltsamer Angriff von Migranten? Das können Sie als Bundesregierung ja unabhängig von einer Äußerung eines Ministerpräsidenten eines Landes bewerten.

KALL: Wir haben hier einen wirklich schrecklichen Vorfall, bei dem viele Menschen gestorben und viele verletzt worden sind. Migrantinnen und Migranten, aber auch sehr viele Sicherheitskräfte sind verletzt worden. Es gilt, alle Umstände dieses Vorfalls aufzuklären. Diese können wir mangels eigener Erkenntnisse von hier aus jetzt nicht näher bewerten.

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