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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 24.06.2022
G7-Außenministertreffen
WEFERS (Vorsitz): Ich habe noch eine Frage, die sich an das Auswärtige Amt richtet. Die kommt aus Japan. Dabei geht es um ein Außenministertreffen, nach dem von der Kollegin gefragt wird. Die japanischen Medien berichten von einem heutigen G7-Außenministertreffen in Berlin. Ist das richtig? Findet das im Rahmen der Ernährungskonferenz statt, oder ist das ein separates Treffen? Was steht auf der Agenda? Wer nimmt teil? Wer ist persönlich da und wer nimmt online teil? - Vielleicht kann Frau Sasse weiterhelfen.
SASSE (AA): Das tue ich gerne. Ich kann bestätigen, dass ein solches Außenministertreffen der G7-Außenministerinnen und -Außenminister heute hier in Berlin stattfindet. Es ist zum Teil physische und zum Teil virtuelle Teilnahme vorgesehen.
Anlass ist ‑ das hat die Fragestellerin schon richtig erkannt ‑ natürlich die große Konferenz, die wir heute am Nachmittag zum Thema der Ernährungssicherheit ausrichten. Zu diesem Anlass reisen ja unterschiedliche Außenministerinnen und Außenminister, Vertreterinnen und Vertreter von Organisationen und anderen Institutionen sowie selbstverständlich auch andere Ministerinnen und Minister an. Wir richten diese Konferenz ja gemeinsam mit dem BMEL und dem BMZ aus.
Aus diesem Anlass sind, wie gesagt, auch unterschiedliche Regierungsvertreterinnen und ‑vertreter hier in Berlin. Deswegen ist der Anlass gut, auch ein G7-Außenministertreffen zu arrangieren. Das findet, glaube ich, gerade parallel zu dieser Regierungspressekonferenz statt. Einige der G7-Außenministerinnen und Außenminister nehmen, wie gesagt, physisch teil, andere virtuell. Den genauen Stand dessen, wer physisch und wer virtuell teilnimmt, müsste ich Ihnen nachliefern. Das kann ich aber gerne noch tun.
Was die Agenda angeht, ist natürlich das Thema des Ukrainekriegs und der Ernährungssicherheit ein Hauptpunkt auf der Agenda. Aber es gibt natürlich auch weitere Fragen, die in diesem Kreis regelmäßig diskutiert werden, und aktuelle Themen, die heute auch wieder diskutiert werden.
FRAGE: Wird es im Hinblick auf Ernährungssicherung und die Rolle Russlands und Putins eine gemeinsame Erklärung, eine konkrete Forderung oder ein konkretes Angebot der G7-Außenminister an die russische Regierung geben, Schritte für eine Lösung dieser Nahrungsmittelkrise zu finden?
SASSE: Zunächst einmal möchte ich an dieser Stelle noch einmal festhalten, dass es Russland ist, das diesen Angriffskrieg auf die Ukraine führt. Dementsprechend ist es in erster Linie Russland, das Schritte zur Lösung dieser Krise und zur Beendigung auch dieses Kornkriegs unternehmen müsste. Insofern ist die Prämisse Ihrer Frage vielleicht schon etwas missverständlich formuliert.
Ich kann den Gesprächen der G7-Außenministerinnen und Außenminister hier nicht im Detail vorgreifen. Aber ich möchte an dieser Stelle ‑ ich habe das in der Vergangenheit schon einmal getan ‑ auch noch einmal deutlich machen, dass diese Ernährungskrise nicht eine Krise ist, die von den Staaten des Westens oder anderen Akteuren herbeigeführt wurde, sondern es ist eine unmittelbare Folge des Angriffskriegs, den Russland in der Ukraine führt.
ZUSATZFRAGE: Das sollte auch nicht in Zweifel gezogen werden. Wir knüpfen ja jetzt an die Diskussion an, die wir vorhin schon mit den drei Ministerinnen und Ministern geführt hatten. Aber wenn das jetzt sozusagen der G7 Rahmen ist, dann habe ich doch eine Frage. Ausgehend davon, dass Russland der Verursacher und Verantwortliche für diesen Kornkrieg, wie Sie es nennen, ist, kann man dennoch die Möglichkeit sehen, dass es konkrete Schritte oder Forderungen an Russland gibt, die über die allgemeine Schuldfeststellung hinausgeht? Das war der Kern der Frage.
SASSE: Da muss ich Sie trotzdem um Verständnis bitten. Das Treffen läuft parallel, und da ich nicht in dem Treffen bin, sondern hier, kann ich natürlich auch nicht sagen, über was sich die Außenministerinnen und Außenminister der G7 genau unterhalten und auf was sie sich im Detail verständigen. Die Konferenz steht ebenfalls noch bevor; die wird heute Nachmittag stattfinden. Dann ist auch mit Ergebnissen zu rechnen. Es gab hier in diesem Format auch schon mehrfach die Frage nach Erwartungen an die Konferenz. Ich denke, darüber werden Sie vielleicht im Laufe des heutigen Tages noch mehr hören. Ansonsten werde ich dazu gerne nächste Woche noch einmal Stellung nehmen.
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SASSE: Ich will aber an dieser Stelle, was die Teilnahme am G7-Außenministerinnen- und ‑Außenministertreffen angeht, noch kurz etwas nachreichen. Physisch nehmen US-Außenminister Blinken, die französische Außenministerin Collona, der italienische Außenminister Di Maio und natürlich auch Außenministerin Baerbock ‑ das versteht sich von selbst ‑ teil und virtuell der japanische Außenminister, die kanadische Außenministerin und die britische Außenministerin.
Lage in Tunesien
WELTY (Vorsitz): Dann habe ich eine Frage, die auch das Auswärtige Amt betrifft, aber Tunesien betrifft, und zwar von einem Kollegen, der auf willkürliche Verhaftungen und Entführungen abhebt, zuletzt die Entführung des ehemaligen Ministerpräsidenten Hamadi Jebali in Tunesien, und fragt: Verzweifeln wir an Tunesien?
SASSE (AA): Das ist eine sehr offene Frage. Der Kollege hatte ja auch schon in der Vergangenheit immer wieder nach der Lage in Tunesien gefragt. Ich kann nur noch einmal wiederholen, dass wir die Lage mit sehr großer Sorge beobachten und ‑ auch das hatte ich an dieser Stelle schon einmal deutlich gemacht ‑ selbstverständlich erwarten, dass alle beteiligten Akteure zu einer verfassungsmäßigen Ordnung zurückfinden.
Aufnahme afghanischer Ortskräfte in Deutschland
WEFERS (Vorsitz): Dann habe ich Fragen zu Ortskräften und Afghanistan vorliegen. Die kommen von Tobias Schulze und Daniel Lücking und beziehen sich auf die Reform des Verfahrens. Ich trage die beide einmal zusammen vor, weil die ineinandergreifen. Sie richten sich an das BMI, das Innenministerium und das Auswärtige Amt.
Ein Kollege fragt: Will die Bundesregierung das Ortskräfteverfahren weiterhin reformieren? Falls ja, was ist der aktuelle Stand, und wann gibt es ein Ergebnis? - Frau Baerbock blieb dazu auf ihrer PK zum Aktionsplan Afghanistan etwas vage, meint er.
Ein anderer Kollege fragt: Hält die Bundesregierung bei der Neuregelung des Ortskräfteverfahrens daran fest, dass nur Ortskräfte betrachtet werden, die vor 2019 eine Gefährdungsanzeige gestellt haben, oder ist eine Regelung geplant, die allen jetzt bedrohten Menschen eine Ausreiseperspektive geben wird?
SASSE: Ich fange gerne an. […] Jetzt komme ich zu Afghanistan. Eingangs kann ich vielleicht noch einmal darauf verweisen, dass Außenministerin Baerbock gestern Nachmittag eine Pressekonferenz zu diesem Thema gegeben hat, in der sie sich umfassend eingelassen hat. Soweit ich weiß, haben Herr Schulze und andere Kolleginnen und Kollegen auch an dieser Pressekonferenz teilgenommen. Insofern werde ich Äußerungen der Ministerin nicht weiter interpretieren. Dafür bitte ich Sie um Verständnis.
Ich kann aber vielleicht noch einmal sehr grundsätzlich sagen, dass wir uns der Situation der Ortskräfte ‑ in dem Fall in Afghanistan ‑ sehr bewusst sind, auch im Bereich des Auswärtigen Amtes sofort mit einer ganzen Reihe praktischer Veränderungen begonnen haben und so die Aufnahme von Ortskräften massiv beschleunigt haben. Vielleicht noch einmal zu den Zahlen, aber auch das hat die Außenministerin gestern sehr deutlich gemacht: 75 Prozent der afghanischen Ortskräfte haben wir auf diesem Weg bereits in Sicherheit gebracht. Wir haben außerdem sehr große Bemühungen angestellt, gemeinsam mit dem BMI auch das Verfahren zu vereinfachen. Wir haben uns beispielsweise auf eine realistischere Handhabung des Begriffs der Kernfamilie verständigt. Das alles sind Schritte, die deutlich machen sollen, und das möchte ich an dieser Stelle auch noch einmal betonen, dass wir dabei Hand in Hand arbeiten und weiterhin mit aller Energie und Kraft darum bemüht sind, die Lage der Ortskräfte in Afghanistan zu verbessern.
WEDE (BMI): Ich kann mich dem nur anschließen. Vielleicht eine Ergänzung, nur zur Klarstellung; möglicherweise gehen die Dinge hier sonst ein bisschen durcheinander: Es gibt, worüber wir hier auch schon oft diskutiert hatten, das Ortskräfteverfahren, das ‑ das liegt in der Natur der Sache ‑ eben auf Ortskräfte und ihre Familienangehörigen beschränkt ist. Das, was zurzeit auch noch darüber hinausgehend diskutiert wird, ist eben ein Bundesaufnahmeprogramm für besonders gefährdete Afghanen. Das geht dezidiert über Ortskräfte hinaus, umfasst also beispielsweise Journalisten und Aktivisten. Das ist sozusagen davon zu trennen. Das sind Gespräche zwischen BMI, AA, aber auch anderen Akteuren, beispielsweise NGOs, die aktuell sehr konstruktiv laufen.
WEFERS: Mir scheint diese Frage mit der Gefährdungsanzeige vor oder nach 2019 noch nicht ganz beantwortet.
SASSE: Wir können hier an dieser Stelle jetzt noch keine Auskunft über genauere Timelines geben. Wir sprechen, wie gesagt, darüber, welche Schritte unternommen werden können und bemühen uns um weitere Vereinfachungen und Regelungen. Aber was eine Timeline angeht, wie es Herr Lücking in seiner Frage formuliert hat, kann ich an dieser Stelle noch nichts sagen.
FRAGE: Wenn ich es richtig gehört habe, sagten Sie, 75 Prozent der direkten Ortskräfte seien in Sicherheit. Ist das richtig? Wen verstehen Sie in diesem Kontext unter direkten Ortskräften? Wie ist der Kreis dann insgesamt, oder wie hoch wäre der Prozentsatz hinsichtlich aller Ortskräfte, also inklusive der indirekten?
SASSE: Da haben Sie mich, glaube ich, falsch verstanden. Ich habe von 75 Prozent der afghanischen Ortskräfte gesprochen. Ich habe keine Unterscheidung zwischen direkten und indirekten Ortskräfte vorgenommen.
FRAGE: Der Punkt ist ja: Sie haben sonst immer nur von den Ortskräften gesprochen, die direkt für das Verteidigungsministerium und andere deutsche Organisationen gearbeitet haben. Das war ja immer der Punkt: Die indirekten werden ja anders behandelt oder wurden immer nur in Einzelfällen in Sicherheit gebracht. Was ist mit denen? Zählen die zu den 75 Prozent?
SASSE: Sie haben das Stichwort Einzelfall gerade selbst erwähnt, Herr Jung. Die Aufnahme von Ortskräften ist eine Frage, die sich oftmals nach Einzelfallkriterien richtet. Ich bitte um Verständnis, dass ich an dieser Stelle keine pauschalierte Kategorisierung vornehmen kann.
ZUSATZFRAGE: Aber wenn Sie uns jetzt sagen, 75 Prozent der Ortskräfte seinen in Sicherheit, sprechen wir dann nur von den direkt beschäftigten Ortskräfte, nicht den indirekten?
SASSE: Ich verweise Sie da noch einmal auf die umfassenden Äußerungen von Außenministerin Baerbock von gestern, in denen sie unter anderem auch zu dieser Zahl Stellung genommen hat.