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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungs­­­pressekonferenz vom 20.06.2022

20.06.2022 - Artikel

Konferenz “Uniting for Global Food Security”

SCHÖNECK (BMZ): Ich würde gerne für das AA, das BMEL und das BMZ eine Terminankündigung machen. Mit Außenministerin Baerbock und Landwirtschaftsminister Özdemir wird auf gemeinsame Einladung mit Entwicklungsministerin Schulze am Freitag, den 24. Juni, eine internationale Konferenz „Uniting for Global Food Security“ in Berlin stattfinden.

Die Bundesregierung engagiert sich insbesondere als G7-Vorsitz darum, gemeinsam Antworten auf die bedrohliche weltweite Hungerkrise zu finden, die Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine ausgelöst hat. Die Konferenz setzt hiermit unmittelbar vor dem G7-Gipfel am kommenden Wochenende ein Zeichen, hebt das Thema noch einmal auf die Agenda und macht deutlich, dass ein Kreis von Partnern ‑ sowohl von Staaten als auch internationalen Organisationen ‑ gemeinsam an einer Lösung arbeitet. In diesem Sinne wird es auch darum gehen, weitere Partner für unser Bündnis für globale Ernährungssicherung zu gewinnen, das von uns als G7-Vorsitz initiiert wurde.

Die Konferenz selbst wird am Freitag von 14 Uhr bis 17 Uhr im Auswärtigen Amt stattfinden und auch live auf UNTV gestreamt werden. Am Vormittag wird es um 10 Uhr eine gemeinsame Pressekonferenz der Ministerinnen und des Ministers hier in der Bundespressekonferenz geben.

FRAGE: Die Situation leidet ja auch darunter, dass in ukrainischen Häfen Getreide lagert, das aber nicht exportiert werden kann, auch wegen Minenfeldern, die, glaube ich, von der Ukraine selbst vor den Häfen gelegt worden sind. Gibt es mit der Ukraine und vielleicht auch mit Russland Gespräche bzw. Vereinbarungen darüber, dass diese Minenfelder geräumt werden bzw. freie Wasserstraßen geschaffen werden und dass diese dann eben nicht von Russland für Invasionsmaßnahmen genutzt werden? Das wäre ja ein praktischer Schritt, um den Abtransport des lagernden Getreides zeitnah zu befördern. Findet das statt?

SCHÖNECK: Für das BMZ kann ich nur sagen, dass es sicherlich zentral und wichtig ist, hierfür an einer Lösung zu arbeiten. Unsererseits sind wir vor allem dafür engagiert, jetzt auch die Partnerländer unmittelbar zu unterstützen und nachhaltig krisenfester zu machen. Bezüglich der Frage würde ich vielleicht die Kollegen vom Landwirtschaftsministerium oder Auswärtigen Amt bitten, sich dazu konkreter zu äußern.

HAUCK (BMEL): Vielen Dank. Sie haben es schon gesagt: Die Schwarzmeerhäfen sind blockiert, der Export über die Schwarzmeerhäfen ist extrem eingeschränkt. Es ist wichtig, der Ukraine freien Zugang zu den Weltmärkten zu gewährleisten. Gerade der Agrarsektor ist für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Ukraine unverzichtbar. Der ukrainische Minister hat Minister Özdemir bei seinem Besuch in der Ukraine berichtet, dass die Steuereinnahmen deshalb um bis zu 50 Prozent eingebrochen sind. Sie wissen ja auch: Die Ukraine braucht dringend Geld für Infrastruktur und auch für den Kampf gegen Russland.

Es ist eine internationale Gemeinschaftsaufgabe, neue und dauerhafte Exportwege für ukrainisches Getreide zu etablieren. Wir engagieren uns hierfür gemeinsam mit unseren europäischen Partnern. Sie wissen: Die Europäische Union hat einen Aktionsplan für sogenannte „Solidarity Lanes“ aufgelegt, um das ukrainische Getreide außer Landes zu bringen. Wir haben konkret zugesagt, der Ukraine mit 500 000 Euro für den Aufbau von Laborkapazitäten am Hafen von Ismail ‑ das ist an der Grenze zu Rumänien ‑ zu helfen, um eben gerade den Druck von der Grenze nach Polen zu nehmen. Im Moment wird viel Getreide über die Schiene und über die Straße exportiert. Der Aufbau von zusätzlichen Laborkapazitäten soll dabei helfen, dass eben viel mehr Getreide auch dauerhaft über die Donau richtig Rumänien exportiert werden kann.

ZUSATZFRAGE: Können Sie uns einen Anhaltspunkt dafür geben, wie viel Prozent des blockierten Getreides über diese alternativen Routen exportiert werden kann? Ist das ein Viertel, ein Drittel, die Hälfte?

HAUCK: Ich kann Ihnen vielleicht noch einmal einen Überblick darüber geben, wie die Situation vor dem Krieg war. Die Ukraine hat über alle möglichen Wege ungefähr 5 Millionen Tonnen Getreide pro Monat exportiert. Im März waren es dann nur 300 000 bis 350 000 Tonnen. Sie sehen also: Das ist extrem eingebrochen. Dank aller Bemühungen der Europäischen Union und der internationalen Staatengemeinschaft konnten über die Schiene und über die Donau im Mai 1,7 Millionen Tonnen Getreide exportiert werden. Das ist natürlich noch weit von 5 Millionen Tonnen entfernt, aber deshalb geht es ja auch um dauerhafte Wege, über die Donau und vielleicht auch über das Baltikum zu exportieren. Das sind Schritte, die jetzt angegangen werden. Ich kann Ihnen noch nicht genau sagen, wie viele Millionen Tonnen Getreide da exportiert werden können. Aber Sie sehen: Die internationalen Bemühungen haben schon dazu geführt, dass das zu Kriegsbeginn eingebrochene Exportkontingent deutlich erhöht werden konnte.

VORS. WEFERS: Ich habe dazu noch eine Frage eines Kollegen, der fragt, ob Sie bezüglich der genannten Konferenz Erwartungen an konkrete Ergebnisse umreißen könnten.

HAUCK: Dazu hatte ich letzte Woche schon etwas ausgeführt. Ich bitte um Verständnis, dass wir den Ergebnissen der Konferenz nicht vorgreifen können.

VORS. WEFERS: „Erwartungen“, war die Frage.

HAUCK: Der Kollege hat ja schon gesagt, mit welcher Erwartung wir an die Konferenz gehen. Es geht darum, eben im Schulterschluss unsere gemeinsamen Aktivitäten zu bündeln. Sie wissen: Wir haben einfach einen unterschiedlichen Fokus, was die Welternährung angeht. Dazu kann vielleicht die Kollegin aus dem AA oder der Kollege aus dem BMZ noch etwas sagen. Für uns ist es wichtig, dass die Expertise im Bereich der Agrar- und Ernährungspolitik ‑ das heißt, was gerade die Hilfe zur Selbsthilfe in den Staaten angeht, die im Moment extrem unter dem Klimawandel leiden ‑ in den Fokus gerät. Das wird unser Beitrag zu dieser Konferenz sein.

SASSE (AA): Ich kann bezüglich des Themas für das Außenministerium vielleicht noch ergänzen, dass sich die Außenministerin heute Morgen vor Beginn des Außenministertreffens in Luxemburg zu dem Thema und auch zu unseren Erwartungen geäußert und deutlich gemacht hat, dass wir bei der Konferenz natürlich zum einen darauf abzielen, das Getreide, das Sie selbst erwähnt haben, Herr Jessen, aus der Ukraine herauszubekommen, und zum anderen darauf, die humanitäre Situation zu verbessern und perspektivisch auch die Lebensmittelversorgung auf stabilere Füße zu stellen. Sie hat dann noch Weiteres ausgeführt. Ich möchte das hier an dieser Stelle nicht wiederholen, sondern Sie einfach auf die Äußerung verweisen.

Sie wissen, dass sich die Außenministerin seit Monaten sehr stark für das Thema engagiert und auch in enger Abstimmung mit dem Generalsekretär der Vereinten Nationen steht. Sie war auch in New York auf Einladung von Außenminister Blinken und hat dort an einer Konferenz zu dem Thema teilgenommen. Außenminister Blinken wird erfreulicherweise auch am Freitag an unserer Konferenz hier teilnehmen können. All das zeigt wie auch die Tatsache, dass wir uns hier aus verschiedenen Ressorts bezüglich dieses Themas einlassen, dass wir als Bundesregierung wirklich mit aller Kraft darum bemüht sind, alle unterschiedlichen Optionen, die hier zur Debatte stehen ‑ der Seeweg, der Landweg, der Weg über Schienen oder andere Transportwege ‑, auszuloten und zu versuchen, sie so und bestmöglich dafür zu nutzen, dass das Getreide, das in der Ukraine lagert, eben ausgeführt werden kann.

VORS. WEFERS: Ich hätte noch die Frage, ob dann nach der Konferenz darüber unterrichtet wird. Ich weiß nicht, ob diese Pressekonferenz vor, während oder nach der Konferenz stattfindet.

HAUCK: Die Pressekonferenz wird am Morgen der Konferenz stattfinden, also tatsächlich vor der Konferenz. Es wird danach, wenn ich richtig informiert bin, ein gemeinsames Papier geben, das dann auch veröffentlicht werden wird.

VORS. WEFERS: Aber dann keine Presseunterrichtung mehr?

HAUCK: Ja, die Presseunterrichtung mit Blick auf die Konferenz wird morgens stattfinden.

[…]

VORS. WEFERS: Eine Kollegin fragt: Wird US-Außenminister Blinken persönlich oder virtuell an der Konferenz am Freitag teilnehmen?

SCHÖNECK: Die persönliche Teilnahme ist geplant.

SASSE: Die amerikanische Regierung wird es selbstverständlich noch selber verlautbaren. Aber Außenministerin Baerbock hat es heute Morgen schon selber in Luxemburg angekündigt, und deswegen kann ich an dieser Stelle wiederholen: US-Außenminister Blinken wird persönlich an der Konferenz am Freitag teilnehmen.

Auslieferungsanweisung der britischen Regierung im Fall Julian Assange

FRAGE: Am Freitag meinte Frau Hoffmann hier, die Entscheidung in Fall Julian Assange sei noch zu frisch, um sie im Detail bewerten zu können. Daher Frage an Herrn Hebestreit: Wie bewertet die Bundesregierung inzwischen die drohende Auslieferung?

Wird sie sich gegenüber den USA und Großbritannien für Herrn Assange einsetzen, auch am Rande der Treffen, die in den nächsten ein, zwei Wochen stattfinden?

HEBESTREIT (BReg): Da würde ich gerne das AA bitten, das sich zu dieser Angelegenheit immer wieder geäußert hat.

SASSE (AA): Frau Hoffmann und Herr Wagner haben sich ja am Freitag geäußert, wie Sie schon festgestellt haben, Herr Schulze. Dem, was die beiden gesagt haben, habe ich an dieser Stelle eigentlich nichts hinzuzufügen. Ich kann noch einmal wiederholen, dass es so ist, dass gegen die Entscheidung der britischen Innenministerin Patel weiterhin der Rechtsweg möglich ist ‑ da gibt es eine gewisse Frist, auf die die Kollegen am Freitag schon eingegangen sind ‑, und es gibt auch noch eine sehr begrenzte Zahl anderer Rechtsmittel, die offenstehen. Das heißt, die endgültige Entscheidung liegt noch nicht vor. Solange werden wir bei unserer Haltung, die wir hier immer wieder dargelegt haben, bleiben.

Ich kann vielleicht noch ergänzen, dass Außenministerin Baerbock den Fall selbstverständlich weiterhin sehr eng verfolgt und dazu auch mit ihrer britischen Kollegin weiter in Kontakt ist. Die Staatsministerin für Europaangelegenheiten, Frau Lührmann, wird sich heute auch mit Angehörigen von Herrn Assange hier in Berlin treffen.

ZUSATZFRAGE: Ist der Bundeskanzler dazu auch in Kontakt mit der US-Regierung oder der britischen Regierung?

HEBESTREIT: Nein, der Bundeskanzler hat volles Vertrauen in den Rechtsstaat, insbesondere auch in das britische Rechtssystem. Da läuft jetzt das dazu übliche Verfahren. Die Kollegin Sasse hat das jetzt auch ausgeführt. Von persönlichen, direkten Kontakten des Bundeskanzlers zu Familienmitgliedern von Herrn Assange oder Ähnlichem ist mir nichts bekannt.

ZUSATZFRAGE: Nein, ich meine mit den Regierungen, die beteiligt sind, also den Regierungen von Großbritannien und der USA?

HEBESTREIT: Das ist ja ein Rechtsverfahren. Ich wüsste jetzt nicht, wie man da im Rechtstaat auf politischer Ebene intervenieren sollte.

ZUSATZ: Es ist ja die Entscheidung der britischen Regierung, ob sie ‑ ‑ ‑

HEBESTREIT: Es ist meines Wissens die Entscheidung des britischen Rechtssystems, und da hat die britische Regierung ein Mitspracherecht. Das ist aber schon ein Rechtsakt, der sich da vollzieht, und da wäre ich doch etwas vorsichtig, einfach so von politischer Intervention daherzureden. Dass das ein besonderer Fall ist, gebe ich gerne zu, aber ansonsten habe ich von Beginn an gesagt: Es gibt einen Rechtsweg, das britische Rechtssystem, und dort werden die Entscheidungen gefällt. Wir schauen natürlich darauf, das hat Frau Sasse noch einmal deutlich gemacht, das Auswärtige Amt hat in den letzten Monaten und Jahren immer einen Blick darauf gehabt, und das werden wir weiterhin so tun.

VORS. WEFERS: Ich habe dazu noch eine Frage, die sich sehr stark deckt mit der Ihren, aber noch den Aspekt beinhaltet, ob aus Sicht der Bundesregierung eine Aufnahme von Herrn Assange in Deutschland denkbar wäre.

HEBESTREIT: Ich glaube, dafür sind die Voraussetzungen nicht da. Er könnte nur aufgenommen werden, wenn er hier ist, wenn ich das richtig weiß. Ich sehe auch nicht, dass es um die Frage geht, ob er irgendwohin aufgenommen werden wird. Vielmehr steht, wenn ich es richtig sehe, eine Auslieferung an die USA im Raum, und da läuft ein Rechtsverfahren.

FRAGE: An Herrn Haufe: Herr Habeck hat vor einem Jahr gesagt, er fordere die Freilassung von Julian Assange als Bestandteil eines rechtsstaatlichen Verfahrens. Gilt diese Position immer noch?

An Frau Sasse: Frau Hoffmann hat hier am Freitag die Abwägung der Geheimhaltungsinteressen gegen die Interessen der Öffentlichkeit an der Aufdeckung auch von Kriegsverbrechen in der Causa Assange angesprochen. Deckt das Geheimhaltungsinteresse hier eine Auslieferung, wiegt das also höher als die ja auch durch Assanges Tätigkeit erfolgte Aufdeckung von Kriegsverbrechen?

HAUFE (BMWK): Ich kenne keine andere Äußerung des Ministers als die, die Sie dargelegt haben.

ZUSATZFRAGE: Die gilt immer noch?

HAUFE: Davon gehe ich aus.

SASSE: Was die Abwägung angeht, haben die Kollegen ja am Freitag schon dazu ausgeführt, und auch ich selber habe zu dieser Abwägung auf eine Frage von Ihnen hin vor ein paar Wochen hier an dieser Stelle Stellung genommen. Dem habe ich an dieser Stelle nichts hinzuzufügen. Wie die Abwägung ausfällt, ist, wie Herr Hebestreit zu Recht gesagt hat, eine Entscheidung der britischen Justiz, und die ist jetzt abzuwarten.

ZUSATZFRAGE: Nein, pardon, das ist ja erfolgt. Die britische Justiz hat die Ausweisung verfügt, das ist mit der Unterschrift der britischen Innenministerin bestätigt worden. Das heißt, die Abwägung ist da erfolgt. Deswegen frage ich jetzt: Teilt die Bundesregierung die offensichtliche Höhersetzung von Geheimhaltungsinteressen über die Aufdeckung von Kriegsverbrechen, also das Ergebnis dieser in Großbritannien schon erfolgten Abwägung?

SASSE: Ich glaube, wir haben jetzt mehrfach deutlich gemacht, dass der Rechtsweg noch nicht erschöpft ist. Insofern kommentieren wir das an dieser Stelle nicht.

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