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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungs­­­pressekonferenz vom 15.06.2022

15.06.2022 - Artikel

EU-Mission EUFOR Althea in Bosnien und Herzegowina

HEBESTREIT (BReg): Die Bundesregierung hat heute die Wiederaufnahme der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der EU-geführten Sicherheitsoperation in Bosnien und Herzegowina, kurz EUFOR Althea, beschlossen. Das ist eine Nachfolgeeinheit nach SFOR, woran sich die Älteren von uns noch erinnern werden. Die Sicherheitsoperation soll längstens bis 30. Juni nächsten Jahres dauern. Sie setzt natürlich noch die Zustimmung des Deutschen Bundestages voraus.

Stabilität und Sicherheit in Bosnien und Herzegowina sowie auf dem gesamten Westbalkan haben für die EU und ihre Mitgliedstaaten essenzielle politische Bedeutung. Vor diesem Hintergrund und vor dem Hintergrund innenpolitischer Spannungen in Bosnien und Herzegowina ist ein verstärktes deutsches Engagement ein klares Bekenntnis zur nachhaltigen Stabilisierung von Bosnien und Herzegowina auf dem Weg in die euro-atlantischen Strukturen. Die derzeitige politische Krise dort erhöht das Risiko für Destabilisierung und Spannung zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen des Landes. Gerade mit Blick auf die Wahlen in Bosnien und Herzegowina im Oktober 2022 sind Stabilität und Sicherheit von essenzieller Bedeutung für die demokratische Zukunft des Landes. Der deutsche Beitrag soll dabei helfen.

[…]

FRAGE: Herr Hebestreit, wie viele Bundeswehrsoldatinnen und ‑soldaten sollen an der Mission in Bosnien-Herzegowina teilnehmen?

HEBESTREIT: Die Mandatsobergrenze ist auf 50 angelegt.

ZUSATZFRAGE: Wann soll es losgehen

HEBESTREIT: Erst einmal muss es der Bundestag beschließen. Dann so schnell wie möglich. Das Mandat ist bis zum 30. Juni nächsten Jahres befristet. In der Regel dauert so etwas ein Jahr. Insofern gehe ich davon aus, dass wir das noch vor der Sommerpause beschließen.

FRAGE: Ich weiß nicht, ob Sie oder ob das BMVg das beantworten kann. Die Zahl von 50 ist ja relativ niedrig für Bundeswehrmissionen. Warum werden nur 50 gebraucht, und welche Rolle werden sie erfüllen?

HELMBOLD (BMVg): Erst einmal vielen Dank für die Frage. Ich beginne mit den Aufgaben, die vor Ort wahrgenommen werden sollen. Es wird erst einmal mit einer Zahl begonnen, die noch nicht einmal bei 50, sondern etwas darunter liegen wird. Zwei wesentliche Aufgaben werden wahrgenommen. Die eine ist: Einzelpersonal im Hauptquartier der Operation in Sarajewo. Zusätzlich gibt es noch zwei Beobachtungs- und Verbindungsteams, die im Land wirken werden. Das sind immer Teams, die in Städten oder Ortschaften sozusagen Auge und Ohr für die Mission sind, die auch gleichzeitig leicht bewaffnet vor Ort sind und für den Fall, dass es dort etwas gibt, was gegebenenfalls Anlass ist, um noch weitere Kräfte nachzuziehen, dann rechtzeitig vorhanden sind und gleichzeitig dann verstärkt werden können. Das ist insgesamt ein bewährtes Prinzip. Die Bundeswehr hat das auch in der Vergangenheit bereits gemacht. Das bedeutet, insgesamt mag der Ansatz klein wirken, aber wir sind dort in einer internationalen Gemeinschaft. Wir machen das mit anderen zusammen, und diese Gemeinsamkeit hat in der Vergangenheit getragen, und das wird sie auch in Zukunft.

Angriff Russlands auf die Ukraine

FRAGE: Herr Helmbold, der NATO-Generalsekretär hat am Wochenende sein Wording im Ukrainekonflikt insofern erweitert, als er sagte, der Westen, auch die NATO, werde weiterhin die Ukraine unterstützen, aber es müsse klar sein, dass für einen Frieden die Ukraine auch Zugeständnisse an Russland machen würde, auch territoriale. Das ist ein neuer Klang.

Ist das auch die Auffassung der Bundesregierung?

HELMBOLD (BMVg): Ich würde die Frage erst einmal an das Auswärtige Amt weitergeben.

HEBESTREIT (BReg): Nein, das kann ich klar sagen. Der Bundeskanzler hat das ja mehrfach formuliert. Er sagt: Die Ukraine entscheidet selbst und eigenständig, welche Lösung sie in dem Konflikt mit Russland anstrebt. Da ist niemand, der von der Seitenlinie Tipps gibt. Es liegt einzig und allein bei den Ukrainerinnen und Ukrainern, dem Präsidenten, dem dortigen Parlament, der Öffentlichkeit, zu akzeptieren oder zu fordern, was sie für einen gangbaren Weg halten. Dabei werden keine Forderungen von anderer Seite erhoben.

ZUSATZFRAGE: Heißt das also, dass die Bundesregierung und der Kanzler diesen, so will ich einmal sagen, dezenten Wink, den Herr Stoltenberg gegeben hat, auch, so meine ich, mit dem Hinweis darauf, dass es auch eine Art Kriegsmüdigkeit im Westen bei den Unterstützernationen geben könne, ausdrücklich nicht teilen?

HEBESTREIT: Der Bundeskanzler und auch die Bundesregierung haben ihre Haltung dazu mehrfach dargelegt. Ich habe sie jetzt zweimal genannt. Ersparen Sie mir ein drittes Mal!

Spannungen zwischen der Türkei und Griechenland

VORS. WOLF: Ich setze mit einer digitalen Frage zu dem Themenkomplex von Griechenland und der Türkei fort, die sich vermutlich an Herrn Wagner richtet: Gestern hat in Berlin ein Highleveltreffen zum bevorstehenden NATO-Gipfel stattgefunden. Vertreter verschiedenster Länder waren dabei. Laut Mitteilung des türkischen Präsidialamtes hat die Türkei auf diesem Treffen auch die Entwicklung in der Ägäis und im Mittelmeer zur Sprache gebracht und betont, dass ‑ Zitat ‑ die Türkei keine Kompromisse bezüglich ihrer Rechte in der Ägäis und im Mittelmeer eingehen werde. Wie ist die Haltung der Bundesregierung dazu? Plant die Bundesregierung wie in der jüngeren Vergangenheit eine Vermittlungsinitiative zwischen Griechenland und der Türkei?

WAGNER (AA): Wir haben uns dazu ja schon mehrfach eingelassen. Grundsätzlich kann ich noch einmal sagen, dass wir die Aussagen, die in den letzten Tagen und Wochen getätigt worden sind, natürlich zur Kenntnis genommen haben und dass sie einem konstruktiven Dialog und der Stabilität in der Region nicht zuträglich sind. Insbesondere die aggressive Rhetorik sowie die türkische Verletzung des Luftraums von Griechenland geben Anlass zur Sorge. Die Bundesregierung setzt sich natürlich zusammen mit den Partnern intensiv für Dialog und Deeskalation im östlichen Mittelmeer ein. Das hatten wir in dem Abflugstatement vor Abreise der Bundesaußenministerin ‑ der Griechenlandteil ist ja leider der Coronainfektion zum Opfer gefallen ‑ auch noch einmal deutlich gemacht.

VORS. WOLF: Ich bleibe bei dem erweiterten Themenkomplex. Eine Kollegin bezieht sich auf Berichte griechischer und türkischer Medien, wonach gestern ein Besuch des Vertreters der türkischen Präsidentschaft, Herrn Kalıns, in Berlin stattgefunden habe, und fragt: Welche Themen wurden dabei besprochen? Wie kommentiert die Bundesregierung das anhaltende Beharren der türkischen Regierung auf der Verteidigung ihrer Hoheitsrechte in der Ägäis? ‑ Das schließt sich jetzt an, aber vielleicht können Sie auf die Themen des Treffens eingehen.

WAGNER: Dazu habe ich keine Details und würde auf das verweisen, was ich eben grundsätzlich zur Einlassung gesagt habe.

FRAGE: Wie ordnet die Bundesregierung die Militarisierung der griechischen Inseln ein?

WAGNER: Dazu habe ich mich eben eingelassen. Da es jetzt so viele Nachfragen gibt, kann ich das Abreisestatement der Außenministerin vom 6. Juni zitieren, in dem sie gesagt hat, dass Griechenland eine wichtige Rolle spiele, wenn es um die Sicherheit im Mittelmeerraum gehe. „In einer Zeit, in der Europas Sicherheitsordnung grundlegend von Präsident Putin infrage gestellt wird, müssen wir als NATO-Verbündete und europäische Partner geschlossen und einig zusammenstehen.“ Anschließend an das, was ich eben schon ausgeführt habe, heißt es darin weiter: „Dabei gilt es, Probleme in Gesprächen zu lösen, nicht durch die Eskalation von Spannungen.“

Nahostkonflikt

FRAGE: An das Auswärtige Amt: Human Rights Watch hat gestern auf den 15. Jahrestag der Abriegelung Gazas hingewiesen und führt auch aus, warum aus seiner Sicht mit Blick auf Gaza von einem Freiluftgefängnis zu sprechen ist. Da Gaza nach internationalem Recht weiterhin als von Israel besetzt gilt, würde mich interessieren: Wie setzt sich die Bundesregierung aktuell für das Ende der Blockade Gazas ein? Was machen Sie eigentlich anders als vorherige Bundesregierungen?

WAGNER (AA): Ich kenne den spezifischen Bericht von Human Rights Watch nicht, aber Sie wissen ja, dass wir ‑ das habe ich hier auch schon mehrfach betont ‑ natürlich alle Berichte zur Menschenrechtslage in den besetzten Gebieten ernst nehmen und diese auch fortlaufend in unseren Gesprächen mit den Partnern vor Ort thematisieren.

ZUSATZFRAGE: Ich habe mich jetzt aber nicht auf den Bericht bezogen, sondern gefragt, was Sie tun. Sie sind ja auch gegen diese Blockade in Gaza. Was tun Sie bei den Israelis, um die Blockade zu beenden? Was sind Ihre Handlungen?

WAGNER: Auf Ihre Rückfragen hin durfte ich hier schon öfter ausführen, dass wir mit der israelischen Regierung solche Berichte und spezifisch auch die Anwendbarkeit humanitären Völkerrechts auf die besetzten palästinensischen Gebiete und die Völkerrechtswidrigkeit von Siedlungen besprechen und immer wieder thematisieren. Das tun wir.

Inhaftierung eines spanisch-russischen Journalisten in Polen

VORS. WOLF: Ein Kollege fragt zum Thema Pressefreiheit: Der spanisch-russische Journalist Pablo González sitzt mehr als hundert Tagen in Polen in U-Haft. Die polnischen Behörden werfen ihm Spionage für Russland vor, haben aber bisher keine Beweise vorgelegt. Journalistenorganisationen haben seine Freilassung gefordert. Ist die Bundesregierung über diesen Fall informiert? Was ist Ihre Position dazu?

WAGNER (AA): Mir sagt der Fall jetzt nichts, was aber nicht heißen muss, dass wir das nicht wissen. Deshalb würde ich die Antwort nachreichen.

Konferenz gegen die Hungerkrise

VORS. WOLF: Eine Kollegin fragt gerichtet an AA und BMEL zur Konferenz gegen die Hungerkrise am 24. Juni: Wer wird teilnehmen? Werden Beschlüsse bzw. konkrete Maßnahmen erwartet oder ist das eine reine Geberkonferenz?

HAUCK (BMEL): Vielen Dank für die Frage. Ich kann dazu Folgendes sagen: Die deutsche Bundesregierung sieht sich als Vorsitz der G7 als einer der Champions der von dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres, ins Leben gerufenen Global Crisis Response Group. Die Bundesministerinnen und Bundesminister des Auswärtigen, für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie für Ernährung und Landwirtschaft wollen im Schulterschluss auf die vielfachen Herausforderungen der multidimensionalen Krisensituation Antworten finden. Deshalb wurde zu dieser Konferenz eingeladen. Näheres – dafür bitte ich um Verständnis – werden wir noch im Vorfeld der Konferenz kommunizieren.

VORS. WOLF: Können Sie sagen, ob dort konkrete Beschlüsse oder Maßnahmen geplant oder aufs Gleis gesetzt werden?

HAUCK: Da bitte ich um Verständnis: Ich kann der Konferenz jetzt nicht vorgreifen.

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