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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungs­­­pressekonferenz vom 13.05.2022

13.05.2022 - Artikel

Kontrolle von drei EU-Diplomaten durch die Bundespolizei / Atomgespräche mit dem Iran

FRAGE: Enrique Mora, stellvertretender EU-Außenbeauftragter, wurde auf dem Flughafen in Frankfurt am Main auf dem Weg nach Brüssel festgenommen, wohlgemerkt, aus Teheran kommend.

Wird diese Nachricht Ihrerseits bestätigt?

VORS. SZENT-IVÁNYI: Ich kann eine Frage hinzufügen: Können Sie erklären, weshalb der EU-Diplomat heute Morgen in Frankfurt nach eigenen Angaben für eine halbe Stunde polizeilich festgehalten wurde?

Vielleicht können Sie das zusammen beantworten.

KALL (BMI): Ich kann für das BMI nur sagen, dass die Bundespolizei dem nachgeht und dass sich die Bundespolizei zu dem, was heute Morgen am Frankfurter Flughafen passiert ist, auch sehr zeitnah äußern wird. Offenbar hat es eine Befragung, ein kurzzeitiges Festhalten gegeben. Aber über die Gründe kann sich nur die Bundespolizei selbst äußern. Sie wird das auch sehr bald tun.

ZUSATZFRAGE: Inwiefern kann diese Festnahme mit der Reise, mit der Mission Herrn Moras in Teheran in Verbindung stehen?

KALL: Wie gesagt, wird sich die Bundespolizei dazu äußern. Das kann wirklich viele Gründe haben, die mit dem Flug, der Reiseroute zu tun haben und nicht unbedingt mit der Person. Aber die Bundespolizei wird das aufklären und steht dazu auch in Kontakt mit dem Auswärtigen Amt, um das wirklich schnellstmöglich auszuräumen. Wie gesagt, wird es jetzt sehr bald eine Äußerung der Bundespolizei dazu geben.

ZUSATZFRAGE: (ohne Mikrofon, akustisch unverständlich) … dass Josep Borrell, der EU-Außenbeauftragte, gesagt hat, dass die Gespräche in Wien, die Verhandlungen mit dem Iran, bald aufgenommen werden. Unter diesem Aspekt wollte ich Ihre Meinung erfahren.

KALL: Ich gehe fest davon aus, dass das keinerlei sozusagen politische Zusammenhänge oder politische Implikationen hat, politische Gründe schon gar nicht und dass, wie gesagt, die Bundespolizei dem gerade sehr intensiv nachgeht und sich dazu äußern wird.

FRAGE: Ich will das Thema Moras und des Irans aufgreifen, wenn ich darf. ‑ Frau Sasse, Herr Mora hat sich optimistisch über die Wiederaufnahme des Atommoratoriums mit dem Iran geäußert. Wie ist die deutsche Einschätzung der Situation, ähnlich positiv?

SASSE (AA): Vielleicht noch einmal zur Einordnung: Herr Mora war natürlich für die EU zu einem Besuch in Iran und hat dort unter anderem Gespräche über das JCPOA, das Atomabkommen, geführt. Wir haben an dieser Stelle immer wieder deutlich gemacht, dass wir Fortschritte erwarten, was die Gespräche zum JCPOA angeht. Wir erwarten einen schnellstmöglichen Abschluss der Gespräche. Auch das haben wir deutlich gemacht. Insofern begrüßen wir natürlich auch, dass Herr Mora in Teheran diese Gespräche geführt hat.

Ich will auch noch einmal deutlich machen, dass unser Punkt immer noch der ist, dass wir der Ansicht sind, dass ein Vorschlag auf dem Tisch liegt, der sehr fair für alle Seiten ist. Wir erwarten natürlich, dass Iran Abstand von Forderungen nimmt, die über das JCPOA hinausgehen, und dass es, wie gesagt, zu einem baldigen Abschluss dieser Gespräche kommt.

ZUSATZFRAGE: „Baldiger Abschluss“, in welchem Zeitrahmen ist das zu sehen? Die Aussage von Mora ist ja relativ deutlich positiv. Das ist dann schon doch immer eigentlich ein Signal, dass zumindest er denkt, man sei jetzt relativ weit fortgeschritten.

SASSE: Ich denke, Sie beziehen sich unter anderem auch auf die Aussagen von Herrn Borrell von heute Morgen, ‑

ZUSATZ: Ja!

SASSE: ‑ die über die Agenturen gelaufen sind, kurz bevor die Pressekonferenz begonnen hat. Diese Äußerungen hat Herr Borrell im Weißen Haus anlässlich des G7-Treffens getätigt. Ich kann sie an dieser Stelle natürlich nicht kommentieren. Unsere Position, was das JCPOA angeht, habe ich gerade genannt.

Was Ihre Frage nach einem konkreten Zeitplan angeht, muss ich Sie leider enttäuschen. Wir können hier an dieser Stelle auch weiterhin keinen solchen Zeitplan nennen. Ich habe deutlich gemacht, dass wir einen baldigen, zügigen Abschluss der Verhandlungen und Gespräche erwarten und dass dafür ein aus unserer Sicht sehr faires Angebot auf dem Tisch liegt.

KALL (zur Kontrolle von drei EU-Diplomaten durch die Bundespolizei): Ich kann noch ergänzen. Wie gesagt, gehe ich davon aus, dass sich die Bundespolizei in Kürze auch selbst äußern wird. Aber ich habe jetzt noch Hinweise von den Kolleginnen und Kollegen bekommen.

Die Kontrolle von drei europäischen Diplomaten, die heute Morgen stattgefunden hat, hatte allein mit der Reiseroute zu tun, mit Hinweisen, die sozusagen für diesen Flieger bestanden, aber in keiner Weise im Zusammenhang mit den drei Personen standen. Deshalb konnten die drei Diplomaten nach kurzer Befragung ihre Reise natürlich fortsetzen. Es hatte nichts mit den drei Personen zu tun. Aber die Bundespolizei musste dem eben kurzzeitig dort nachgehen.

Angriff Russlands auf die Ukraine

FRAGE: Eine Frage zu den Hilfen für die Ukraine, die jetzt schon diskutiert werden: Es gibt eine Diskussion, dass man sich die russischen Assets, die jetzt hier in Deutschland sind, eventuell einverleibt, um die Einnahmen letztendlich auch für die Restrukturierung zu nutzen. Wie steht die Bundesregierung dazu? Herr Lindner hat sich dafür offen gezeigt. Das gilt auch noch in Bezug auf die Zentralbankreserven, ob man auch die eventuell dafür nutzen kann.

HEBESTREIT (BReg): Wenn ich richtig informiert bin, ist Herr Lindner Teil der Bundesregierung. Wenn er sich so geäußert hat, dann will ich die Äußerungen nicht weiter interpretieren.

Ich würde immer zwischen Zentralbankassets und den Besitztümern vermeintlicher Privatmenschen unterscheiden. Da gibt es dann ein rechtsstaatliches Verfahren, und da gibt es sehr hohe Hürden, die vorgeschaltet sind, bevor man so etwas tun kann, nicht das „Freezen“, aber das „Seizen“, wie ich gelernt habe, also nicht nur, dass man es einfriert, sondern dass man das dann tatsächlich einzieht.

FRAGE: Der Bundeskanzler hat heute im Verteidigungsausschuss des Bundestages nach Teilnehmerangaben gesagt, er bemühe sich um ein neues Gespräch mit dem russischen Präsidenten Putin. Herr Hebestreit, stimmt das, und wie weit sind diese Bemühungen gediehen?

HEBESTREIT: Es stimmt, dass der Bundeskanzler das heute im Verteidigungsausschuss gesagt hat. Wenn wir etwas dazu mitzuteilen haben werden, werden wir das sehr zeitnah tun.

FRAGE: Wann war denn das letzte Telefonat mit Herrn Putin?

HEBESTREIT: Wenn ich mich richtig erinnere, dann muss das etwa gegen Ende März gewesen sein, vielleicht auch Anfang April. Aber ich glaube, Ende März.

Der Bundeskanzler ist häufiger dazu gefragt worden und hat gesagt, es habe eine gewisse Zeit gegeben ‑ ich glaube, das dürfte so kurz um das Massaker von Butscha oder das Bekanntwerden dieses Massakers gewesen sein ‑, in der man eigentlich wenig zu besprechen hatte, weil die Forderungen klar waren. Deswegen sind da, glaube ich, auf vielen Ebenen erst einmal weniger Kontakte zustande gekommen.

VORS. SZENT-IVÁNYI: Ich habe online eine Frage an das BMVg: In Ihrem Haus ‑ angesprochen ist das BMVg ‑ gibt es ein Lagezentrum Ukraine unter General Dr. Freuding. Wird dort auch ein Monitoring der von Deutschland an die Ukraine gelieferten Waffen vorgenommen, wie sie gewirkt haben, welche Erfolge beispielsweise mit Panzerfäusten oder später mit den Geparden und den Panzerhaubitzen erzielt wurden oder ob sich im Einsatz Schwächen zeigten?

COLLATZ (BMVg): Dazu kann ich Ihnen hier keine Angaben machen.

FRAGE: Ich habe eine Nachfrage zu dem anvisierten Gespräch mit Herrn Putin. Sie sagen, dass damals wegen des Massakers kein Anlass oder kein Raum dafür gewesen sei. Was hat sich denn seit Butscha geändert, dass der Bundeskanzler das Gespräch jetzt wieder sucht?

HEBESTREIT: Ich denke, geändert hat sich erst einmal nichts zum Besseren, wenn Sie darauf anspielen. Aber man muss natürlich an irgendeinem Punkt dazu kommen, dass es auch wieder diplomatische Initiativen geben muss, um diesen furchtbaren Krieg mit schrecklichen Zahlen von Opfern, mit viel Zerstörung und auch mit der ganzen Sinnlosigkeit, die ein Krieg mit sich bringt, einem Ausweg zuzuführen; so möchte ich es einmal sagen. Das heißt aber nicht, dass das in einem oder in wenigen Telefonaten geht. Aber wenn niemand miteinander spricht, dann wird es auch nicht besser werden. Insofern muss man die Kontakte wiederbeleben oder sie wieder aktivieren und dann sehen, ob es sinnvoll ist, weiterzusprechen und in eine Situation zu kommen, in der diese sehr, sehr furchtbare Situation zu einem Besseren geführt werden kann, oder ob es dabei bleibt, dass das ‑ es sind jetzt, glaube ich, elf Wochen, die dieser Krieg andauert, 78 Tage ‑ einfach so weitergehen soll oder weitergehen wird. Damit sollte man nicht zu große Hoffnungen verbinden. Das ist jedem klar. Aber man sollte auch keine Initiative unversucht lassen, um ab und zu wieder einmal nachzuhorchen.

FRAGE: Es gibt Forderungen, dass es für die Waffenlieferungen einen Beauftragten bei der Bundesregierung geben solle. Wie stehen Sie zu den Forderungen? Ist das eine sinnvolle Sache, oder ist die Zuordenbarkeit der Verantwortung so, wie sie jetzt geregelt ist, klar genug?

HEBESTREIT: Der Bundeskanzler hat sich dazu unlängst geäußert und gesagt, dass er volles Vertrauen in die Arbeit des Generalinspekteurs der Bundeswehr hat und da keine Parallelstrukturen oder so etwas etablieren möchte.

ZUSATZFRAGE: Das sind ja Verflechtungen zwischen privatwirtschaftlichen, wenn man so will, und politischen Ebenen. Das kann alles in der Personenkompetenz des Generalinspekteurs abgedeckt werden?

Siedlungsbau in der Westbank

FRAGE: Es geht um die Westbank und den angekündigten Siedlungsbau. Die israelische Regierung hat jetzt vor dem Besuch von Joe Biden 4500 neue Wohneinheiten in der besetzten Westbank genehmigt. Wie reagiert die Bundesregierung?

SASSE (AA): Wir haben das natürlich zur Kenntnis genommen. Sie kennen unsere Position zum Siedlungsbau, dass wir ihn durchaus kritisch betrachten. Wir befinden uns darüber natürlich in Gesprächen mit unseren israelischen Partnern.

ZUSATZFRAGE: Aber hat sich nun mit der neuen Bundesregierung eigentlich etwas in Sachen der Herangehensweise an den Siedlungsbau geändert? Die alte Bundesregierung unter Frau Merkel hatte es ja nämlich auch schon so gemacht, dass man gesagt hat „Ja, das betrachten wir kritisch“, aber das war es dann auch.

SASSE: Der Interpretation „Ja, das war es“ würde ich mich nicht anschließen. Ich habe ja gerade deutlich gemacht, dass wir mit unseren israelischen Partnern regelmäßig auch Themen wie dieses besprechen. Selbstverständlich unterhält auch Außenministerin Baerbock einen sehr engen Draht zu ihrem israelischen Kollegen.

ZUSATZFRAGE: Aber hat sich an der Politik dieser neuen Bundesregierung etwas geändert?

SASSE: Ich habe unsere Position zum israelischen Siedlungsbau gerade sehr deutlich gemacht, und die ist so, wie ich sie geschildert habe.

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