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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 13.04.2022
Russischer Angriff auf die Ukraine
FRAGE: Eine Frage an Herrn Büchner, die die Causa Steinmeier betrifft. Ich hätte ganz gerne gewusst, ob Sie heute noch einmal kommentieren könnten, was die Absage einer Reise des Bundespräsidenten nach Kiew vonseiten der ukrainischen Regierung nach Kiew bedeutet. Es gibt Forderungen auch aus der Ampelkoalition, dass die Ukraine diese Entscheidung revidieren soll. Würden Sie sich dem anschließen?
BÜCHNER (BReg): Ich möchte dazu gerne ganz grundsätzlich sagen, dass der Bundespräsident sehr klar und eindeutig aufseiten der Ukraine Stellung bezogen hat und Stellung bezieht. Ich möchte daran erinnern, dass er nach seiner Wiederwahl an Präsident Putin mit den Worten „Lösen Sie die Schlinge um den Hals der Ukraine“ appelliert und unterstrichen hat, dass kein Land der Welt das Recht hat, die Selbstbestimmung und Souveränität der Ukraine zu zerstören.
Deutschland gehört und gehörte international zu den entschiedensten Unterstützern der Ukraine. Das ist eng mit der langjährigen Arbeit des heutigen Bundespräsidenten verbunden. Das wird auch so bleiben.
ZUSATZFRAGE: Entschuldigung, aber das war nicht die Antwort auf meine Frage. Das war der Text, den Sie gestern auch schon hatten.
Ich hätte ganz gerne gewusst, ob die Bundesregierung das jetzt kritisiert und möchte ‑ das war ja die Frage gewesen ‑, dass die ukrainische Regierung ihre Entscheidung revidiert. Können Sie dazu bitte etwas sagen.
BÜCHNER: Das Einzige, das ich Ihnen dazu sagen kann, ist das, was ich Ihnen gesagt habe.
Darüber hinaus möchten wir gerne darauf hinweisen, dass der Bundespräsident gerade im Lichte seiner großen Verdienste erst vor wenigen Wochen mit einer überwältigenden Mehrheit der Bundesversammlung für eine zweite Amtszeit wiedergewählt wurde. Der Bundespräsident repräsentiert die Bundesrepublik Deutschland.
FRAGE: Herr Büchner, wann hat das Kanzleramt von der Unerwünschtheit des Bundespräsidenten seitens Kiews erfahren? Was hat das Kanzleramt danach getan?
Herr Bundeskanzler, wie bewertet das Auswärtige Amt aus diplomatischer Sicht diesen Affront gegenüber Herrn Steinmeier, wie das manche nennen?
BÜCHNER: Interne Kommunikationsvorgänge möchte ich hier nicht kommentieren.
ZUSATZFRAGE: Haben Sie das vor der Öffentlichkeit erfahren oder aus der „BILD“-Zeitung?
BÜCHNER: Wie gerade schon gesagt.
ZUSATZ: Aber Sie könnten es ja sagen, um hier ein bisschen Transparenz walten zu lassen.
BÜCHNER: Ich werde es aber nicht tun.
BURGER: Ich kann das an dieser Stelle über das hinaus, was Herr Büchner gerade vorgetragen hat, auch nicht weiter kommentieren.
Ich will mich hier nicht vor einer Antwort drücken. Meine Schwierigkeit ist, dass ich noch keine Gelegenheit hatte, mit der Außenministerin darüber zu sprechen, die sich gerade in Mali aufhält. Nach meinem Kenntnisstand tritt sie in diesen Minuten dort vor die Presse und wird möglicherweise dazu gefragt. Deswegen möchte ich Ihnen hier nicht eine Sache sagen, ohne die Gelegenheit gehabt zu haben, mit der Außenministerin darüber zu sprechen. Falls das im Laufe dieser Pressekonferenz geschieht und mir der entsprechende Wortlaut zugespielt wird, werde ich das gerne nachtragen.
FRAGE: Herr Büchner, die ukrainische Seite hat den Wunsch geäußert, Herr Scholz möge Kiew besuchen. Meine Frage ist: Kann der Bundeskanzler das eigentlich tun, nachdem unser Staatsoberhaupt ‑ ich formuliere es einmal so ‑ von der ukrainischen Seite derart vorgeführt wurde?
BÜCHNER: Wie Sie wissen, informieren wir Sie über die Termine des Bundeskanzlers an der Stelle immer dann, wenn sie anstehen.
Darüber hinaus kann ich gerne noch einmal erwähnen, dass der höchste Repräsentant unseres Staates, nämlich der Bundespräsident, die Ukraine fast besucht hätte. Darüber hinaus gilt auch: Der Bundeskanzler steht in regelmäßigem Austausch mit dem ukrainischen Staatspräsidenten Selensky. Zuletzt haben die beiden am vergangenen Sonntag telefoniert. Die Ukraine weiß, dass wir fest an ihrer Seite stehen. Das hat der ukrainische Staatspräsident Selensky im Nachgang des Telefonats ja auch selbst deutlich zum Ausdruck gebracht. Deutschland unterstützt die Ukraine auf vielfältige Art und Weise. Wir werden das auch weiter tun.
ZUSATZFRAGE: Ich hatte ja schon befürchtet, dass Sie auf die Termine hinweisen.
Es ist ja eine grundsätzliche Frage, ein diplomatischer Vorgang. Vielleicht kann auch das AA aushelfen. Muss sich die Ukraine erst bei Herrn Steinmeier entschuldigen oder muss sie ihn vielleicht erneut einladen, damit der Bundeskanzler überhaupt nach Kiew reisen kann? - Danke.
BÜCHNER: Das, was ich Ihnen dazu sagen kann, habe ich gesagt. Ich weiß nicht, ob Herr Burger ergänzen möchte.
BURGER: Ich habe nichts zu ergänzen.
WEFERS (Vorsitz): Ich würde eine online gestellte Frage von einem Kollegen vortragen: Sehen Sie es auch so, dass die Absage eines Treffens mit dem Bundespräsidenten in Kiew eine Beleidigung des deutschen Volkes ist und dies hinsichtlich der solidarischen Bemühungen des Staatsoberhaupts und der Bundesregierung gegenüber der Ukraine ebenso wie die Absage der Einladung verwerflich ist? Schadet es dem Ruf des ukrainischen Präsidenten?
BÜCHNER: Das möchte ich alles nicht kommentieren. Ich möchte das sagen, was ich gesagt habe, nämlich dass der Bundespräsident die Bundesrepublik Deutschland repräsentiert und dass er sich selbst klar auf die Seite der Ukraine gestellt hat.
FRAGE: Herr Büchner, der Bundespräsident hat ja selbst recht selbstkritisch seine eigene Russlandpolitik kritisiert. Teilen Sie diese Selbstkritik von Herrn Steinmeier? Meinen Sie auch, dass der Bundespräsident im Rahmen seiner Russlandpolitik Fehler gemacht hat?
BÜCHNER: Ich finde, es ist ein bemerkenswerter und in besonderer Weise honoriger Vorgang, dass sich der Bundespräsident selbst retrospektiv zu diesen Themen äußert. Aus Respekt der Verfassungsorgane untereinander wäre es völlig unangemessen, wenn ich das seitens der Bundesregierung kommentieren würde.
WEFERS: Aus dem Online-Bereich fragt ein Kollege das Auswärtige Amt oder Herrn Büchner: Hat man schon nähere Erklärungen für diesen Affront aus Kiew eingeholt? Wann, wenn nicht jetzt wird ein Botschafter einbestellt?
BURGER: Ich habe dazu zum jetzigen Zeitpunkt keine weitere Mitteilung zu machen.
WEFERS: In ähnliche Richtung geht die Frage von einer Kollegin. Sie fragt, ob inzwischen eine inhaltliche Begründung der ukrainischen Seite für die Absage zugegangen ist. Wenn ja, welche?
BURGER: Ich glaube, das wäre eine Frage, die an das Bundespräsidialamt zu richten wäre.
FRAGE: Nach der Ausladung Steinmeiers ist die erhoffte Solidarität anderer westeuropäischer Präsidenten ausgeblieben. Die Präsidenten des Baltikums sowie Polens treten eine gemeinsame Reise nach Kiew an. Bewertet die Bundesregierung das als eine Form von Schwächung der europäischen Solidarität mit der Ukraine?
Zweitens. Können wir davon ausgehen, dass zeitnah in einem Telefon zwischen Herrn Scholz und dem ukrainischen Präsidenten diese Thematik behandelt wird?
BÜCHNER: Um zu Ihrer letzten Frage zu kommen: Ich habe ja gerade schon darauf hingewiesen, dass der Bundeskanzler regelmäßig mit dem ukrainischen Präsidenten im Austausch ist.
Zu Ihrer ersten Frage: In dieser ganzen schrecklichen Situation steht Deutschland in einem engen Austausch mit allen europäischen Verbündeten und Partnern und mit den Partnern in der NATO. Wir werden jetzt nicht anfangen, einzelne Entscheidungen von Reisen oder Nichtreisen zu bewerten oder zu kommentieren.
FRAGE: Kann der Bundeskanzler rein menschlich-emotional verstehen, dass in Kiew ganz offensichtlich großer Frust über Deutschland herrscht?
BÜCHNER: Ich glaube, ich habe zu dieser Causa jetzt hier alles gesagt, was wir zu sagen haben.
WEFERS: […] Dann machen wir weiter mit dem Thema Waffenlieferungen für die Ukraine.
FRAGE: Herr Büchner, aus der FDP heißt es heute Morgen von Markus Faber, dem verteidigungspolitischen Sprecher, der Koalitionspartner sei überzeugt worden und Deutschland werde jetzt schnell schweres Gerät an die Ukraine liefern. Können Sie bestätigen, dass es diese Pläne innerhalb der Bundesregierung gibt?
BÜCHNER: Die Äußerung kenne ich nicht und kann sie jetzt auch nicht kommentieren. Fakt ist, dass bei dem Thema von Waffenlieferungen das gilt, was der Bundeskanzler auch kürzlich wieder gesagt hat: Wir liefern Waffen, und das ist für Deutschland ein Paradigmenwechsel. Es ist das erste Mal, dass Deutschland Waffen in ein Land liefert, das sich in einem Krieg befindet. Das ist durch den russischen Überfall auf die Ukraine, durch Putins Krieg notwendig geworden. Deutschland liefert Waffen. Deutschland hat Waffen geliefert. Deutschland wird weiterhin Waffen liefern.
Wie Sie wissen, werden wir nicht mehr im Detail darüber berichten, welche Art, zu welchen Terminen etc.
WEFERS: Ich will, daran anknüpfend, die Frage von einem Kollegen vortragen. Er fragt, ob Sie etwas präziser sagen können, welche Waffensysteme und in welchem Umfang an die Ukraine geliefert werden.
BÜCHNER: Nein.
FRAGE: Herr Collatz, Sie haben, meine ich, am Montag gesagt, es lohne sich nicht, komplizierte Waffen an die Ukraine zu liefern, zum Beispiel Panzer, weil die Ukrainer sie nicht bedienen könnten. Heute hat der Sicherheitsberater des ukrainischen Präsidenten im „Morgenmagazin“ behauptet, ein erfahrener ukrainischer Panzerfahrer könne einen Leoparden innerhalb von drei Tagen bedienen. Wie kommentieren Sie diese Aussage?
COLLATZ (BMVg): Wir haben das am Beispiel des S-300-Flugabwehrsystems der Slowakei erörtert. Ich will jetzt nicht in militärische Exegese einsteigen, aber es ist ein Unterschied, ob man einem Panzerfahrer das Bewegen eines Fahrzeuges beibringt oder ob man einem Verbund von einem Bataillon im Zusammenwirken mit anderen Teilstreitkräften auf dem Gefechtsfeld das nötige Rüstzeug und die nötige Ausbildung an die Hand gibt, um ein Gefecht zu bestehen.
ZUSATZFRAGE: Aber bleibt es dabei, dass die Bundeswehr auf gar keinen Fall jetzt moderne Waffen aus dem eigenen Bestand oder auch neues Gerät, das bei deutschen Firmen bestellt wird, an die Ukraine liefern will?
COLLATZ: Es bleibt dabei, dass wir unsere Hauptwaffensysteme brauchen, um die vom Parlament geforderten Fähigkeiten abzubilden.
FRAGE: Können Sie den Wert der bisher von der Bundesregierung bzw. von Deutschland an die Ukraine gelieferten Waffen und Rüstungsgüter beziffern?
COLLATZ: Nein. Das will ich auch nicht. Es sind so viele Zahlen im Raum, die auf unterschiedlichen Berechnungsgrundlagen basieren. Dem will ich nicht noch weitere Verwirrung hinzufügen.
FRAGE: Herr Büchner meinte, es würden erstmals Waffen in ein Land geliefert, das sich im Krieg befinde. Wir liefern doch auch schon Waffen an die Beteiligten des Jemenkrieges. Wir liefern U-Boote an Israel, das sich im Dauerkrieg befindet. Wie meinen Sie das jetzt?
BÜCHNER: So wie ich es gesagt habe. Es ist ein Paradigmenwechsel für dieses Land, dass wir an der Stelle eine Kriegspartei aktiv mit Waffen unterstützen.
ZUSATZ: Aber das tun Sie doch bereits in anderen Konflikten.
BÜCHNER: Das ist eine Unterstellung, die ich mir hier nicht zu eigen mache.
ZUSATZFRAGE: Ist Israel nicht in einem Konflikt? Ist Ägypten nicht im Jemenkrieg beteiligt?
BÜCHNER: Das ist keine ‑
ZUSATZFRAGE: Ist Saudi-Arabien nicht im Jemenkrieg ‑ ‑ ‑
BÜCHNER: ‑ vergleichbare Situation.
WEFERS: Wir führen hier keine Interviews, und wir fallen uns nicht ins Wort.
ZUSATZ: Aber wenn Aussagen getroffen werden, die nicht stimmen!
[…]
FRAGE: Herr Collatz, findet denn unabhängig vom Waffentyp mittlerweile in Deutschland oder Ihrer Kenntnis nach in anderen NATO-Staaten eine Ausbildung von ukrainischen Soldaten an Waffensystemen statt?
COLLATZ: Ich kann hier nur für Deutschland sprechen. Schon seit Langem findet zum Beispiel an der Führungsakademie und an anderen Stätten der Bundeswehr eine gemeinsame Ausbildung statt. Zum aktuellen Stand habe ich diesbezüglich nichts zu berichten.
ZUSATZ: An der Führungsakademie ist es ja eher eine theoretische Ausbildung. Ich meinte eine Ausbildung wirklich an Waffensystemen.
COLLATZ: Dazu kann ich Ihnen jetzt nichts mitteilen.
FRAGE: Die Frage der Ausbildung würde sich bei russischen MiGs ja nicht stellen. Ist durch die neue Positionierung jetzt auch eine neue Entscheidungssituation im Hinblick auf das Angebot, das ja schon bestand, gegeben, MiGs aus polnischen Beständen zu liefern? Das würde unter schwere Waffen fallen.
COLLATZ: Ging die Frage an das Verteidigungsministerium? Ich kann dazu nichts sagen.
ZUSATZFRAGE: Ja, an das Verteidigungsministerium oder auch an die Bundesregierung, weil es ja eine grundsätzliche Position war, dass Deutschland dem nichts zugestimmt hat.
Wird das jetzt neu überlegt? Es wäre die Möglichkeit, gewünschte und vorhandene schwere Waffen zu liefern, die sofort bedient werden können.
BÜCHNER: Ich habe zum Thema von Waffen alles gesagt, was ich hier sagen kann. Die Bundesregierung prüft die Anforderungen aus der Ukraine grundsätzlich intensiv, rasch und umfassend. Es bleibt aber dabei, dass wir uns auch für den Fall, dass wir weitere zusätzliche Unterstützungsleistungen erbringen, hierzu nicht öffentlich äußern.
FRAGE: Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung mit Stand von heute ‑ ich weiß, dass das schwierig ist ‑ über den Einsatz chemischer Kampfstoffe in Mariupol, über den divers berichtet wurde, bislang vor? Gibt es darüber irgendwelche Erkenntnisse der Bundesregierung oder der zuständigen Ministerien?
BURGER: Wir haben entsprechende Berichte zur Kenntnis genommen, und wir verfolgen diese Berichte auch sehr genau. Die ukrainischen Behörden haben selbst sehr besonnen reagiert und angegeben, diese Meldungen jetzt zu überprüfen.
Die OVCW, die Organisation für das Verbot chemischer Waffen, hat zu dem mutmaßlichen Einsatz von Chemiewaffen in Mariupol eine Erklärung abgegeben und an die Pflichten aus dem Chemiewaffenübereinkommen erinnert. Wir unterstützen diese Erklärung vollumfänglich. Würden sich solche Berichte bestätigen, wäre das ein weiterer eklatanter Völkerrechtsbruch und eine weitere Eskalation durch Russland. Der Bundeskanzler hat sich in der Vergangenheit schon einmal dazu geäußert, dass ein Einsatz von Chemiewaffen Konsequenzen haben würde.
ZUSATZFRAGE: Sie sprachen gerade an, dass das, wenn es den Tatsachen entspräche, eine weitere Eskalationsstufe wäre. Mich würde grundsätzlich von der Bundesregierung interessieren: Gibt es eine Art rote Linie bezüglich des Einsatzes bestimmter Waffenarten, nach dem man die Lage in dem Krieg, auch was man vielleicht liefert, wie weit man sich involviert, grundsätzlich neu bewerten müsste? Gibt es da eine Art rote Linie für bestimmte Waffenarten und deren Einsatz?
BÜCHNER: Was es gibt, ist eine ständige Bewertung und Betrachtung der Lage und eine ständige intensive Diskussion darüber, was die angemessene Antwort darauf ist. Darüber hinaus kann ich dazu nichts sagen.
Wollen oder können Sie etwas ergänzen, Herr Burger?
BURGER: Ich denke, es macht keinen Sinn, ex ante holzschnittartig Linien aufzuzeichnen. Ich denke, es ist klar, dass die roten Linien für uns die roten Linien des Völkerrechts sind. Es gibt Dinge, die das Völkerrecht sehr klar als Kriegsverbrechen einordnet, als Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Einige solcher Taten haben wir in den letzten Wochen in Butscha, in Mariupol und anderswo beobachten müssen. Das waren klare Überschreitungen von Linien. Das Völkerrecht in Form der Chemiewaffenkonvention verbietet auch sehr klar den Einsatz chemischer Waffen. Das sind Schwellen, die natürlich eine Bedeutung haben, aber, denke ich, nicht in einer Form, dass wir jetzt hier in dieser Pressekonferenz in Was-wäre-wenn-Spekulationen einsteigen sollten.
Ich wollte im Hinblick auf Chemiewaffen noch ergänzen, dass wir der Ukraine mit Blick auf die Bedrohung durch mögliche Chemiewaffeneinsätze bereits Unterstützung geleistet haben und es weiterhin tun. Unter anderem haben wir dem ukrainischen Grenzschutz dafür Schutzkleidung zur Verfügung gestellt, sind auch weiterhin dabei, von der Ukraine erbetene Ausrüstungsgegenstände wie Gashandmessgeräte und medizinische Güter zu beschaffen, um sie der Ukraine zur Verfügung zu stellen, um sich für eine solche Eventualität besser schützen zu können. Wir haben auch umfassende Unterstützung in Bezug auf diese Frage und auch die Frage einer möglichen Aufklärung solcher Vorwürfe angeboten.
FRAGE: Herr Büchner, Sie haben gesagt, dass die Bundesregierung im Hinblick auf die schweren Waffen noch prüfe. Das kann man aber durchaus auch als ein zögerliches Handeln wahrnehmen. Was genau ist denn der Grund für dieses Zögern? Ist es die Sorge, als Kriegspartei wahrgenommen zu werden, oder was sind die Gründe?
BÜCHNER: Ich habe nicht gesagt, dass die Bundesregierung in Bezug auf schwere Waffen prüfe. Ich habe gesagt: Die Bundesregierung prüft grundsätzlich sozusagen die Anforderungen der Ukraine sehr sorgfältig und sehr schnell. Wie die Verteidigungsministerin heute auch gesagt hat, gibt es einen sehr sachlichen und konstruktiven Austausch mit der Ukraine zu all diesen Fragen. Ich muss leider um Verständnis dafür bitten, dass wir aber über Details dieser Entscheidungen, der Entscheidungsfindungen und dessen, was tatsächlich geliefert wird, nicht mehr weiter berichten.
FRAGE: Sie hatten sich vorhin sehr auf die nicht erfolgte Reise von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier fokussiert. Wie schätzt die Regierung die Wichtigkeit des Besuchs der drei Abgeordneten Roth, Hofreiter und Strack-Zimmermann in der Ukraine ein? Es ist ja das erste Mal, dass sich ‑ so will ich einmal sagen ‑ hochrangige Abgeordnete dort ein Bild der Lage verschaffen.
BÜCHNER: Das habe ich auch nicht zu kommentieren. Das ist eine Entscheidung der Abgeordneten. Wie schon an anderer Stelle gesagt, kommentieren sich die Verfassungsorgane hier nicht gegenseitig.
ZUSATZFRAGE: Die Frage war so ein bisschen: Diese drei Abgeordneten werden eingeladen und fahren dort hin; Herr Steinmeier wird ausgeladen, und Herr Scholz wird im gleichen Atemzug eingeladen. ‑ Vielleicht ganz einfach die Frage: Hat man diese Einladung von Herrn Scholz denn in der Reihe zur Kenntnis genommen?
BÜCHNER: Ich denke, vom zeitlichen Ablauf her war es so, dass die Abgeordneten schon da waren, als klar wurde, dass Herr Steinmeier nicht fahren würde. Die Einladung an den Bundeskanzler kam später. Da sehe ich keinen Zusammenhang.
ZUSATZFRAGE: Aber sie ist als Einladung entsprechend zur Kenntnis genommen worden, oder?
BÜCHNER: Wir nehmen das natürlich zur Kenntnis.
FRAGE: Herr Büchner, aber die außenpolitische Kompetenz liegt doch beim Kanzler. Jetzt wird die Außenpolitik Deutschlands quasi am Kanzleramt vorbei durch die Abgeordneten des Bundestages gemacht, oder sehen Sie das anders?
BÜCHNER: Erst einmal ist es prinzipiell ein völlig normaler Vorgang, dass Abgeordnete andere Länder besuchen. Dass das in dem Fall einen besonderen Hintergrund hat, ist ja jedem klar und bekannt. Das konterkariert in keiner Weise die Kompetenz des Bundeskanzlers oder der Außenministerin an der Stelle.
FRAGE: Herr Büchner, die drei Ausschussvorsitzenden haben heute Nacht auch gefordert, dass sich die Bundesregierung schnellstmöglich für ein Ölembargo gegen Russland einsetzen solle. Teilt die Bundesregierung diese Position? Es gab ja schon Diskussionen über das sechste EU-Sanktionspaket. Bisher hat es noch keine Ölsanktionen enthalten. Unterstützt die Bundesregierung, dass ein Ölimportstopp mit in dieses sechste Paket kommt?
BÜCHNER: Dazu kann ich Ihnen auch nur eher allgemein antworten. Die Bundesregierung hat bereits Maßnahmen ergriffen, um die Abhängigkeit von russischen Energieträgern zu verringern. Bundesminister Habeck hat sich hierzu bereits am 25. März im Rahmen der Vorstellung des Fortschrittsberichts zur Energiesicherheit ausführlich zur Situation und zu den Herausforderungen in Deutschland geäußert.
Zur Frage eines jetzigen Importstopps für russische Gas- oder Öllieferungen hat sich, wie Sie wissen, Bundeswirtschaftsminister Habeck bereits mehrfach geäußert. Die Bundesregierung lehnt zum derzeitigen Zeitpunkt einen sofortigen Importstopp für russische Gas- oder Öllieferungen weiterhin ab. Zugleich hat Bundeskanzler Scholz immer wieder darauf hingewiesen, dass die Bundesregierung eine Strategie verfolgt, um sich von russischen Energielieferungen Schritt für Schritt unabhängig zu machen.
ZUSATZ: Okay, das war ja die Antwort. Sie lehnen diesen Importstopp weiterhin ab.
BÜCHNER: So ist der Stand der Dinge.
[…]
WEFERS: Herr Burger hat eine Nachlieferung.
BURGER: Vielen Dank. ‑ Ich hatte ja angekündigt, dass, wenn sich die Außenministerin auf ihrer Sahel-Reise zu der Reise bzw. Nichtreise des Bundespräsidenten nach Kiew äußern sollte, ich Ihnen das hier dann nachtrage. Das möchte ich hiermit gerne tun.
Die Außenministerin hat auf Nachfrage in Bamako dazu zunächst einmal darauf verwiesen, dass der Bundespräsident sich dazu selbst schon geäußert hatte. Sie hat dort gesagt:
„Es ist klar: Wir stehen voll und ganz an der Seite der Ukraine und wir unterstützen die Ukraine bei ihrer Verteidigung vor Ort und sind in voller Solidarität. Der Bundespräsident hat bereits deutlich gemacht, dass er bedauert, dass er nicht reisen konnte. Ich bedauere das auch. Wir haben gemeinsam über diese Reise gesprochen und ich hätte sie für sinnvoll gehalten.“
[…]
FRAGE KURMAYER: Nachdem Frau Baerbock gerade in Afrika ist: Hat die Bundesregierung mit Blick auf ihre diplomatischen Bemühungen mit den mehr als 50 afrikanischen Staaten, die mehr auf der Seite des Westens, also derjenigen, die den Krieg von Russland in der Ukraine verdammen, Fortschritte zu berichten?
BURGER (AA): Entschuldigung, ich habe die Frage tatsächlich nicht verstanden. Könnten Sie es noch einmal sagen?
FRAGE: Es ist ja bekannt, dass viele afrikanische Länder den Krieg bisher nicht aktiv verdammt haben. Das Auswärtige Amt hat hier wiederholt gesagt, dass diesbezüglich diplomatische Bemühungen bestünden. Meine Frage ist: Gibt es hier ein Statusupdate?
BURGER: Ich glaube, das ist keine Fragestellung, die man auf den Kontinent Afrika beziehen sollte; vielmehr ist das eine Frage, bei der es darum geht, wie sich einzelne Staaten, einzelne Regierungen dazu positionieren, dass Russland mit seiner Aggression gegen die Ukraine Völkerrecht und die UN-Charta in gröbster Weise verletzt. 141 Staaten haben in der Generalversammlung für die Resolution gestimmt, die diesen Bruch der Charta, diese Völkerrechtsverletzung verurteilt hat.
In zahlreichen anderen UN-Gremien gibt es jetzt Befassungen und stehen Entscheidungen an, die sich daraus ableiten. Dabei geht es beispielsweise um die Frage, wie mit den Folgen, die dieser Krieg für die weltweite Nahrungsmittelversorgung hat, umzugehen ist. Das ist eines der Hauptthemen, die auch die Ministerin auf ihrer Reise in Mali und Niger beschäftigen; denn aus unserer Sicht ist sehr deutlich, dass die Folgen, die wir sogar hier in Deutschland spüren, wenn Lebensmittelpreise steigen, natürlich noch viel extremer in Ländern zu spüren sind, in denen Menschen einen erheblichen Teil ihres Einkommens für Lebensmittel ausgeben müssen. Preissteigerungen von 30 Prozent beim Weizen sind für uns vielleicht unangenehm, aber in anderen Ländern existenzbedrohend.
Das ist ein Thema, hinsichtlich dessen wir schon sehr früh Kontakt zu den Vereinten Nationen aufgenommen haben, um gemeinsam zu überlegen, wie wir dieses Thema gemeinsam global aktiv angehen können, um die Härten für viele Länder abzufedern. Das ist zum einen eine Frage der Finanzierung. Sie wissen wahrscheinlich, dass Deutschland der zweitgrößte Geber des World Food Programme ist. Das ist zum anderen ein Thema, bei dem es auch um Fragen der Handelspolitik und der Landwirtschaftspolitik geht.
Insofern ist für uns der Dialog mit allen Ländern der Welt, die von diesem Krieg betroffen sind, und es sind fast alle Länder der Welt von diesem Krieg betroffen, eine Daueraufgabe. Wir machen das auch nicht alleine, sondern gemeinsam mit vielen Partnern. Natürlich versuchen wir in all diesen Gesprächen, den Staaten zu verdeutlichen, dass uns das alle gemeinsam betrifft. Ja, das ist ein Thema, an dem wir weiter dran sind, gemeinsam mit sehr, sehr vielen Regierungen auf allen Kontinenten.
FRAGE: Ich probiere es einmal anders. Es gibt ja auch die von Deutschland und Frankreich gegründete Allianz für den Multilateralismus. Darin haben sich ja die Demokratien zusammengeschlossen. Einige Ihrer Partner wie Indien sind ja nicht dabei, Russland zu verurteilen oder Sanktionen zugestimmt zu haben oder selbst die UN-Resolution zu unterstützen. Wie bewerten Sie das denn?
BURGER: Das ist selbstverständlich ein Thema, über das wir auch mit Ländern wie Indien sprechen und hinsichtlich dessen wir versuchen, Überzeugungsarbeit zu leisten, weil wir der Auffassung sind, dass das ein Thema ist, das alle angeht. In der Tat gibt es Länder, für die es aufgrund von besonderen Abhängigkeiten von Russland schon eine schwierige und mutige Entscheidung war, sich bei der Abstimmung in der Generalversammlung zu enthalten. Es gibt aber auch Länder, hinsichtlich der wir feststellen müssen, dass wir uns eine deutlichere Positionierung sehr gewünscht hätten, und auch mit diesen Ländern sind wir im Gespräch.
ZUSATZFRAGE: Können Sie Beispiele dafür nennen, von welchen Ländern Sie sich das besonders gewünscht hätten?
BURGER: Ich glaube, man kann ganz allgemein sagen: Länder, bei denen wir davon ausgehen, dass sie unsere Werte grundsätzlich teilen, und die sich auch immer wieder öffentlich dazu äußern, dass sie unsere Werte teilen, sind natürlich die Länder, an die wir zunächst einmal die Erwartung haben, dass sie sich dann auch in einer solchen Situation deutlich positionieren.
[…]
WEFERS: Eine Kollegin möchte von Ihnen, Herr Büchner, wissen: Gibt es einen Kabinettsbeschluss oder einen Konsens im Kabinett, der die Lieferung von schweren Waffen an die Ukraine dezidiert ausschließt?
SRS BÜCHNER: Zum Thema der Waffenlieferungen habe ich alles gesagt, was ich hier sagen kann.
Mögliche Übernahme des Botschafterpostens in Israel durch Steffen Seibert
FRAGE: Herr Burger, ist es korrekt, dass Steffen Seibert heute zum Botschafter in Israel ernannt wurde?
BURGER (AA): Dazu habe ich heute nichts mitzuteilen.
Verhaftung von deutschen Staatsangehörigen in Mali
FRAGE: Ich muss leider noch einmal auf Mali zurückkommen, Herr Burger. Es gibt Berichte darüber, dass zwei Deutsche in Mali verhaftet worden seien. Können Sie uns aufklären, was die Hintergründe sind? Ist der Fall Ihnen bekannt?
BURGER: Die Antwort muss ich Ihnen nachreichen, Herr Rinke; tut mir leid.
[…]
BURGER: Bezüglich Ihrer Frage nach der Verhaftung von deutschen Staatsangehörigen in Mali kann ich Ihnen bestätigen, dass in der Tat drei deutsche Staatsangehörige am Wochenende in Diabaly festgesetzt wurden. Die Botschaft war mit ihnen in Kontakt und hat konsularische Betreuung geleistet. Alle sind wieder auf freiem Fuß und wohlauf.
FRAGE: Können Sie uns bitte die Hintergründe erläutern, also sagen, warum es zu dieser Festsetzung kam?
BURGER: Nein, das kann ich nicht. Das wäre hier mit Blick auf die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen auch nicht üblich. Ich kann Ihnen nur sagen, dass die Botschaft entsprechende konsularische Betreuung geleistet hat. Alle sind, wie gesagt, inzwischen wieder auf freiem Fuß und wohlauf.
FRAGE: Können Sie uns aber sagen, ob es sich um Zivilisten, Urlauber oder Geschäftsleute handelte oder ob sie sich in einer offiziellen Mission in Mali aufgehalten haben?
BURGER: Nicht im deutschen dienstlichen Auftrag.