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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungs­­­pressekonferenz vom 04.02.2022

04.02.2022 - Artikel

Reise der Bundesministerin des Auswärtigen in die Ukraine

SASSE (AA): Ich kann nahtlos zum einen an das anknüpfen, was Herr Büchner bereits erwähnt hat, und zum anderen an die Ausführungen meines Kollegen Christopher Burger aus dieser Woche. Er hatte ja schon erwähnt, dass die Außenministerin plant, in die Ukraine zu reisen, und ich kann da jetzt einige Programmpunkte nachliefern.

Außenministerin Baerbock wird sich am Montag und Dienstag in der Ukraine aufhalten. In Kiew wird sie die Holodomor-Gedenkstätte besuchen, die an die Opfer des Holodomor in den Jahren 1932 und 1933 erinnert. Holodomor heißt übersetzt: Tötung, Mord durch Hunger. Im Anschluss wird sie Außenminister Kuleba treffen. Im Anschluss an dieses Gespräch ist am Montag gegen 17.25 Uhr Ortszeit eine Pressebegegnung geplant.

Außerdem wird Außenministerin Baerbock am Montag Staatspräsident Selenskyj treffen. Beide Gesprächspartner, sowohl Kuleba als auch Herrn Selenskyj, hatte Außenministerin Baerbock zuletzt bei ihrem Besuch in Kiew am 17.01.2022 getroffen und sich länger mit ihnen unterhalten. Den Gesprächen schließt sich der Besuch eines Militärkrankenhauses in Kiew an. Dieses Militärkrankenhaus wird maßgeblich von Deutschland finanziert.

Noch am späten Montagabend wird Außenministerin Baerbock dann weiter nach Saporischschja im Osten der Ukraine reisen. Dort wird sie, wie sie in ihrer Rede im Bundestag selbst schon angekündigt hat, die Kontaktlinie besuchen.

[…]

FRAGE: Wird die Außenministerin gemeinsam mit ihrem französischen Amtskollegen Le Drian die Kontaktlinie besuchen, so wie das ursprünglich geplant war?

SASSE: Herr Le Drian hatte ja selber über Twitter angekündigt, dass man gemeinsam reisen würde. So war auch die Planung. Es ist aber im internationalen Geschäft öfter mal so, dass sich die Pläne ändern. Sie haben vielleicht den Pressemeldungen entnommen, dass der französische Präsident in der nächsten Woche selber in die Ukraine und nach Russland reisen wird. In Frankreich wird der Präsident immer vom Außenminister begleitet. Deswegen wird der französische Außenminister nicht mit Außenministerin Baerbock gemeinsam in die Ukraine reisen können. Aber, wie gesagt, die Außenministerin wird selber diesen Besuch weiter konsequent verfolgen.

[…]

FRAGE: Ich habe noch eine Frage zu den Reiseplänen von Frau Baerbock. Sie haben erwähnt, sie wolle auch die Kontaktlinie besuchen. Es gab Vorschläge, dass sie auch die andere Seite der Kontaktlinie besucht, um sich ein umfassendes Bild von der Situation zu machen. Es werden von ukrainischer Seite regelmäßig Zivilgebäude im Donbass beschossen. Vor diesem Hintergrund würde mich interessieren: Plant die Außenministerin auch einen Besuch auf der anderen Seite der Kontaktlinie?

SASSE: Ich habe erläutert, welche Programmpunkte auf der Ukrainereise der Außenministerin, die jetzt ansteht, geplant sind. Dazu gehört ein Besuch an der Kontaktlinie. Die Außenministerin wird sich dort ein Bild machen, und zwar wird sie sich natürlich mit der militärischen Situation vor Ort umfassend beschäftigen. Sie wird aber auch auf die humanitäre Lage eingehen und Gespräche mit der Bevölkerung führen. Es ist aber ein Besuch in der Ukraine, und deswegen kann ich Ihnen an dieser Stelle tatsächlich nur über derartige Gespräche berichten.

ZUSATZFRAGE: Eine grundsätzliche Verständnisfrage: Wie verschafft sich das Außenministerium eigentlich Informationen über die andere Seite der Kontaktlinie, um, wie gesagt, über ein umfassendes Bild der Lage zu verfügen?

SASSE: Wir greifen auf eine Vielzahl von Erkenntnisquellen zurück. Das haben wir, glaube ich, auch an dieser Stelle schon mehrfach deutlich gemacht. Über manche können wir berichten, über andere nicht. Das Bild, das wir daraus gewinnen, ist sehr umfassend.

Normandietreffen

FRAGE: Herr Büchner, zunächst eine Frage zu einem Termin: Ist der Termin für das Normandietreffen nächste Woche auf Beraterebene schon bekannt?

BÜCHNER (BReg): Was das Normandietreffen angeht, habe ich hier noch keinen Termin. – Frau Sasse?

SASSE (AA): Ich kann auch im Moment nichts mitteilen.

BÜCHNER: Das teilen wir selbstverständlich mit, sobald er vorliegt.

Vom russischen Außenministerium angekündigte Maßnahmen gegen die Deutsche Welle, Prüfung der lizenzrechtlichen Situation des Senders RT DE

FRAGE: […]Die zweite Frage: Das Außenministerium hat sich geäußert, Frau Roth hat sich geäußert. Hat denn der Kanzler etwas zu der Deutsche-Welle-Geschichte zu sagen?

BÜCHNER (BReg): Zur Causa Deutsche Welle kann ich Ihnen sagen: Die Bundesregierung verurteilt die gegen die Deutsche Welle angekündigten Maßnahmen scharf. Die Maßnahmen sind völlig unbegründet und widersprechen der Pressefreiheit.

Die Darstellung als Gegenreaktion auf die Entscheidung der Landesmedienanstalten, die Verbreitung des zulassungspflichtigen Rundfunkprogramms von RT DE zu untersagen, ist weder rechtlich noch inhaltlich nachvollziehbar.

Die Prüfung der lizenzrechtlichen Situation des Senders RT in Deutschland ist allein Sache der zuständigen unabhängigen Landesmedienanstalten. Die Bundesregierung nimmt hier in keiner Weise Einfluss. Es galt und gilt das Prinzip der Staatsferne, an das wir uns strikt halten.

RT DE steht es selbstverständlich frei, gegen die Entscheidung der Landesmedienanstalten zu klagen. Die rein politisch motivierte Reaktion soll der Deutschen Welle in Russland jegliche Möglichkeit zur journalistischen Arbeit nehmen. Das ist in keiner Weise hinnehmbar und unverhältnismäßig. Die journalistische Arbeit von RT in Deutschland wurde zu keinem Zeitpunkt eingeschränkt. Daher unser eindringlicher Appell an die russische Seite, die lizenzrechtlichen Probleme des Senders nicht für eine Beschränkung von Presse- und Meinungsfreiheit zu missbrauchen.

ZUSATZFRAGE: Welche Folgen drohen denn den Journalisten mit russischem Pass, die für die Deutsche Welle in Moskau arbeiten, falls die Deutsche Welle als ausländischer Agent eingestuft wird? Vielleicht weiß das Auswärtige Amt Details dazu.

SASSE (AA): Diese Frage nach den Folgen richten Sie am besten an die russische Seite, Herr Jolkver. Dazu können wir nur sehr begrenzt Auskunft geben.

Ich kann Ihnen aber sagen, dass wir beobachtet haben, dass die Regierung in Russland schon erste Umsetzungsschritte unternommen hat. Auch diese Umsetzungsschritte mit Blick auf die Maßnahmen, die gestern angekündigt wurden, sehen wir selbstverständlich mit großer Sorge, denn es wird jetzt ganz praktisch deutlich, welch schwerwiegender Eingriff in die Pressefreiheit mit den Maßnahmen gegen die Deutsche Welle verbunden ist.

ZUSATZFRAGE: Können Sie sagen, welche Maßnahmen das konkret sind?

SASSE: Ich kann jetzt nur das sagen, was ich gerade vorgetragen habe.

FRAGE: Eine Frage an Herrn Büchner zur Deutschen Welle und der Rolle Deutschlands in der Ukrainekrise: Sie wollen sich als Vermittler einbringen. Inwiefern erschwert die Entscheidung über das Verbot der Deutschen Welle dies?

BÜCHNER: Wir haben an dieser Stelle immer wieder deutlich gemacht, dass wir an Gesprächen mit Russland interessiert sind, an Gesprächen mit allen Beteiligten, mit unseren Partnern interessiert sind, um diese ganze Situation zu deeskalieren. Wir würden uns sehr wünschen ‑ das habe ich eben ja auch zum Ausdruck gebracht ‑, dass Russland die angekündigten Maßnahmen gegen die Deutsche Welle zurücknimmt, diese Sache noch mal überdenkt.

Aber darüber hinaus bleibt es bei dem Ziel, dass der Konflikt deeskaliert werden soll und nicht mit solchen Dingen zusätzlich belastet wird.

SASSE: Ich darf an dieser Stelle ergänzen und auf die Sprechererklärung verweisen, die wir gestern als Auswärtiges Amt zu diesem Thema veröffentlicht haben. Da haben wir davon gesprochen, dass es ‑ ich zitiere ‑ „eine erneute Belastung für die deutsch-russischen Beziehungen“ darstellt. Auf diese Sprechererklärung möchte ich an dieser Stelle noch mal ausdrücklich verweisen.

[…]

FRAGE: Aus dem russischen Außenministerium hat man gestern verlautbaren lassen, dass bei dem Treffen von Frau Baerbock mit Herrn Lawrow die russische Seite vorgeschlagen hätte, Gespräche zu führen, um die Lage bezüglich RT zu deeskalieren. Die deutschen Diplomaten sollen dieses Gesprächsangebot rundheraus abgelehnt haben. Können Sie das so bestätigen? Wenn ja, aus welchen Motiven hat man dieses Gesprächsangebot bezüglich einer Deeskalation der Lage von RT in Deutschland abgelehnt?

SASSE: Herr Warweg, vielen Dank für Ihre Frage. Ich darf direkt darauf eingehen, weil Sie Außenministerin Baerbock und ihre Gespräche in Moskau angesprochen haben. Wie immer handhaben wir es natürlich so, dass wir über diese vertraulichen Gespräche, die die Außenministerin führt, an dieser Stelle keine Auskunft geben.

Ihre Frage gibt mir aber Gelegenheit, noch mal sehr deutlich zu machen, dass doch ein erheblicher Unterschied zwischen der Causa RT DE und Deutscher Welle besteht. Diesen Unterschied haben wir in unserer Sprechererklärung gestern sehr deutlich gemacht, und verschiedene andere Vertreterinnen und Vertreter der Bundesregierung haben dies auch getan.

Es geht in dem konkreten Fall, den Sie ansprechen, der Zulassung des Programms von RT DE, um ein Zulassungsverfahren, das bei den unabhängigen Landesmedienanstalten läuft. Wir haben deutlich gemacht, dass die Bundesregierung auf dieses Verfahren keinerlei Einfluss nehmen darf und auch kann. Das ist im Grundgesetz so geregelt. Dementsprechend ist der Vergleich völlig unzutreffend. Das haben wir mehrfach an dieser Stelle schon deutlich gemacht. Ich möchte da ausdrücklich auf meine eigenen Ausführungen und auch auf all diejenigen meiner Kolleginnen und Kollegen verweisen.

ZUSATZFRAGE: Es gilt in Fachkreisen als de facto ausgeschlossen, dass die Medienanstalten die schwerwiegende Entscheidung, ein Sendeverbot für RT Deutsch auszusprechen, ohne Absprache mit dem Auswärtigen Amt und der Bundesregierung im Ganzen getroffen haben. Wir erinnern uns: Bei der Absage der Lizenz in Luxemburg saßen sogar deutsche Regierungsvertreter und Vertreter des Verfassungsschutzes bei der Entscheidung mit am Tisch.

Diese Rücksprachen zumindest informeller Art gab es ja sicherlich. Können Sie noch ausführen, was das Auswärtige Amt, was die Bundesregierung da den Medienanstalten derzeit empfohlen hat?

SASSE: Herr Warweg, zum einen möchte ich Ihre Unterstellung, die in der Frage liegt, ausdrücklich zurückweisen. Weder in den vorangegangenen Verfahren mit Blick auf das Senden von RT-DE-Programmen in Deutschland noch in diesem konkreten Fall gab es Absprachen, die Sie hier erwähnen oder die Sie unterstellen.

Ich habe gerade ausgeführt, dass die Landesmedienanstalten unabhängig agieren. Ich habe auch deutlich gemacht, wo das verankert ist, nämlich im deutschen Grundgesetz. Ich habe dem nichts hinzuzufügen.

WELTY (Vorsitz): Eine Kollegin fragt online: Gestern teilten Sie mit, dass RT Deutsch nach deutschem Recht die Möglichkeit habe, auf dem Rechtsweg gegen die Entscheidung der Landesmedienanstalten vorzugehen. Ist dies Ihrer Meinung nach der einzige Weg, um diese Situation zu lösen?

SASSE: Da verweise ich ganz klar auf die Sprechererklärung von gestern. Wir haben den Rechtsweg erwähnt. Noch mal: Es ist ein unabhängiges Verfahren, das bei den Landesmedienanstalten läuft.

FRAGE: Frau Sasse, Herr Büchner, welche konkreten Mittel stehen der Bundesregierung zur Verfügung oder erwägen Sie, um Russland vielleicht doch zu überzeugen, die Deutsche Welle weiter arbeiten zu lassen?

BÜCHNER: Ich habe Ihnen ja eben gerade den Appell vorgetragen. Wir appellieren sehr eindringlich an die russische Seite, die lizenzrechtlichen Probleme des Senders RT nicht für eine Beschränkung von Presse- und Meinungsfreiheit zu missbrauchen. Das möchte ich hier gerne noch mal unterstreichen.

ZUSATZFRAGE: Frau Sasse, gibt es Kontakt zur russischen Botschaft?

SASSE: Ich kann Ihnen sagen, dass es diese Kontakte durchaus gibt. Es ist ja üblich; wir stehen in ständigem Kontakt mit der russischen Botschaft hier in Berlin und selbstverständlich auch über unsere Botschaft in Moskau mit den zuständigen Behörden in Russland. Aber inhaltlich habe ich dem, was Herr Büchner gerade gesagt hat, nichts hinzuzufügen.

FRAGE: Frau Sasse, ich möchte noch mal auf die Gefahren hinweisen, die den Journalisten der Deutschen Welle in Russland drohen. Ich will jetzt nicht Russland mit den Taliban vergleichen, aber hat das Auswärtige Amt irgendwelche Gedanken, welche Hilfe man den Kollegen mit russischen Pässen dort anbieten könnte?

SASSE: Da muss ich Sie leider auf die Antwort verweisen, die ich Ihnen auf Ihre vorherige Frage bereits gegeben habe. Ich kann Ihnen und selbstverständlich auch den Kolleginnen und Kollegen der Deutschen Welle aber versichern, dass die Bundesregierung sich der Sorgen sehr bewusst ist, die sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Deutschen Welle in Russland machen.

Insgesamt beschäftigt uns natürlich ‑ das haben wir an dieser Stelle schon häufiger deutlich gemacht ‑ die Lage der Pressefreiheit in Russland sehr stark. Wir stehen hierzu in Kontakt mit den russischen Behörden. Vielleicht darf ich das auch an dieser Stelle erwähnen: Es betrifft natürlich nicht nur die Deutsche Welle, sondern auch die Lage der Pressefreiheit für alle anderen Medienschaffenden in Russland.

FRAGE: Eine Frage an Frau Sasse, in Anknüpfung an die Frage des Kollegen: Das heißt aber, es wurde jetzt nicht speziell beispielsweise der russische Botschafter eingeladen, um über die aktuelle Entwicklung zu sprechen?

SASSE: Darüber kann ich Ihnen an dieser Stelle nichts berichten. Wenn ich das tun kann, werde ich das nachholen, Herr Eckstein.

FRAGE: Frau Sasse, ich habe die Bitte, noch mal zu präzisieren, was die Außenministerin vor einiger Zeit meinte, als sie sich in etwa so äußerte, dass man in Deutschland eigentlich nicht Staatsfunk aus dem Ausland empfangen mag. Damit meinte sie ja auch RT DE, also Funk und Fernsehen in Deutschland, die aus dem Ausland finanziert werden.

Es ist mir klar ‑ es ist ja mehrfach schon gesagt worden ‑, dass die Bundesregierung sich in die medienrechtliche Prüfung von Medienanstalten nicht einmischt. Aber das ist ja eine politische Äußerung. Was folgt denn daraus? Ist möglicherweise ‑ ich überzeichne jetzt vielleicht ein bisschen ‑ irgendwann der Vorschlag zu erwarten, dass Al-Dschasira, finanziert von Katar, mehrere türkische Sender, vielleicht Voice of America, vielleicht Radio Free Europe nicht mehr in Deutschland empfangen werden sollen? Oder nur, wenn sie hier ein eigenes Programm machen? Wie ist die Ministerin zu diesem Aspekt zu verstehen gewesen? Ich habe es vielleicht verdrängt.

SASSE: Herr Nehls, ich bitte Sie um Verständnis, dass ich an dieser Stelle weder die Äußerungen der Ministerin selber interpretieren werde, noch dass ich auf hypothetische Zukunftsszenarien eingehen kann.

Der Aspekt, der bei diesem Verfahren eine Rolle spielt, ist unter anderem der inhaltliche Aspekt der Staatsferne. Das wird in den Verfahren geprüft, die ich eben dargestellt habe. Das prüfen die Landesmedienanstalten, und deswegen kann ich dem an dieser Stelle nichts hinzufügen.

WELTY: Eine Kollegin auch noch mal zu DW und RT DE: Wäre es möglich, dass der Bundeskanzler aus Protest die Reise nach Russland absagt?

BÜCHNER: Ich habe Ihnen gerade eine Reise des Bundeskanzlers nach Moskau angekündigt. Dazu habe ich nichts zu ergänzen.

FRAGE: Ich möchte gerne die Frage des Kollegen aufgreifen. Es gibt de facto staatliche Sender, die aus Deutschland nach Deutschland senden, die US-amerikanischen und britischen Soldatensender zum Beispiel, die auch über Lizenzen verfügen. Arte France ist zu zwei Dritteln im Besitz des französischen Staates. Deswegen bitte ich doch noch mal um eine Präzisierung, welche Art von staatlichen Sendern laut Frau Baerbock keine Lizenz erhalten. Es gibt staatliche Sender in Deutschland, ausländisch finanziert, die senden.

SASSE: Ich werde an dieser Stelle keine Vergleiche zu anderen Sendern ziehen. Noch mal: Das Verfahren ist eines, das bei den unabhängigen Landesmedienanstalten läuft. In diesem konkreten Fall geht es darum, dass RT DE über keine Zulassung verfügt und diesen Zulassungsantrag nicht gestellt hat, anders als die Deutsche Welle, die seit Jahren in Russland im Einklang mit den dortigen Gesetzen und mit einer entsprechenden Zulassung agiert hat. Das ist schlicht und einfach das Szenario, über das wir gerade sprechen. Vergleiche möchte ich an dieser Stelle nicht ziehen.

ZUSATZFRAGE: Noch eine Frage an Herrn Büchner: Sie haben die Unabhängigkeit der Deutschen Welle betont. Jetzt hat Herr Limbourg, der Intendant, seit 2014 betont, er würde die Deutsche Welle gerne als Anti-Putin-Sender aufbauen. Ein Zitat wäre zum Beispiel: „Unsere Werte in der Welt zu vertreten, ist eine nationale Aufgabe, und wir müssen Putin Paroli bieten.“

Da würde mich interessieren, wie Kanzler Scholz diese Ausrichtung des Intendanten bewertet und ob in seinen Augen, mit einer so expliziten Ausrichtung gegen den Präsidenten Russlands eine unabhängige Berichterstattung gewährleistet ist.

BÜCHNER: Der Bundeskanzler bewertet solche Äußerungen eines Intendanten gar nicht. Daran sehen Sie schon die Besonderheit, mit der wir es hier zu tun haben, nämlich mit Unabhängigkeit von Medienschaffenden in Deutschland.

Ukrainekonflikt

WELTY (Vorsitz): In einer Frage von einer Kollegin geht es um das Treffen des russischen und des chinesischen Staatspräsidenten am Rande der Olympischen Spiele: Hat die Bundesregierung Sorge, dass sich der russische und der chinesische Staatschef im Ukrainekonflikt gegen den Westen verbünden?

BÜCHNER (BReg): Falls ich dazu gefragt sein sollte, kann ich nur sagen, dass wir natürlich nicht Treffen anderer Staatschefs hier kommentieren.

[…]

WELTY: Dann eine sehr detaillierte Frage von Angelina Timofeeva, RIA Novosti: Wie kommentieren Sie mehrere Aussagen von Behörden in Donbass, dass die Ukraine sogenannte Defensivwaffen, die von der NATO in die Region geliefert werden, an der Kontaktlinie stationiert hat, darunter Javelin-Panzerabwehrraketensysteme, NLAW-Granatwerfer, Angriffsdrohnen, und dass die ukrainische Armee bereits den Beschuss eines Umspannwerks in der sogenannten Volksrepublik Donezk kontrolliert? Bestehen Sie in diesem Fall auf dem Begriff „Defensivwaffen“?

BÜCHNER: Ich kenne die Berichte nicht und kann sie daher auch nicht kommentieren. Ich weiß nicht, ob dazu irgendjemand anderem Erkenntnisse vorliegen. ‑ Nein.

[…]

FRAGE: Eine Frage zum Thema Waffen für die Ukraine. Herr Collatz, damit ich Sie nicht jedes Mal frage: Werden Sie uns von sich aus mitteilen, wenn der Entscheidungsprozess über die Lieferung der Haubitzen aus Estland in die Ukraine abgeschlossen ist?

COLLATZ: Sie werden an dieser oder an anderer Stelle selbstverständlich eine Information erhalten, sobald die Entscheidung durch die gesamte Regierung getroffen wurde.

WELTY: Noch einmal eine Kollegin: Russland und China lehnen eine weitere Expansion der NATO ab. Das teilten sie in einer gemeinsamen Erklärung anlässlich des Besuchs von Putin bei Xi Jinping mit. Wie kommentieren Sie eine solche Position?

BÜCHNER: Ich kommentiere diese Position gar nicht.

FRAGE: Herr Büchner, es geht um NATO-Generalsekretär Stoltenberg. Es scheint jetzt amtlich zu sein, dass er Chef der norwegischen Zentralbank wird. Haben Sie dazu eine Stellungnahme? Inwieweit kommt das mit Blick auf die Ukraine ungünstig?

Zur Nachfolge: Erwägt die Bundesregierung, einen deutschen Kandidaten ins Rennen zu schicken?

BÜCHNER: Ich glaube, die Eilmeldung ist eingetroffen, während wir hier zusammensitzen. Deshalb bitte ich Sie um Verständnis, dass ich das noch nicht kommentieren kann.

[…]

FRAGE: Die USA behaupten aktuell, dass Russland an einem „false-flag“-Video als Vorwand zur Invasion der Ukraine arbeite, haben aber bisher keinerlei Beweise dafür vorgelegt. Mich würde interessieren: Wie bewertet denn die Bundesregierung dieser Art von Aussagen des US-amerikanischen Partners? Haben Sie darüber zusätzliche Informationen?

BÜCHNER: Der Bundesregierung liegen keine eigenen Erkenntnisse zu diesem Thema vor, und mehr kann ich dazu nicht sagen.

SASSE: Ich kann vielleicht nur noch ergänzen, dass natürlich ganz grundsätzlich gilt, dass wir in der NATO, der EU und der G7 alle gemeinsam alle nur möglichen und denkbaren Szenarien russischen Handelns im Blick haben.

ZUSATZFRAGE: Im März 2017 warfen Syrien und Russland den USA vor, den größten Staudamm Syriens mit bunkerbrechenden Bomben bombardiert zu haben. Die USA haben dies umgehend dementiert. Jetzt kam heraus, dass die USA eingestanden haben ‑ wohlgemerkt fünf Jahre später ‑, dass sie es doch waren. Das heißt, die USA haben über dieses potenzielle Kriegsverbrechen gelogen. Da würde mich interessieren, und dazu gab es bisher auch noch keine Stellungnahme des Auswärtigen Amtes: Wie bewertet das Auswärtige Amt denn, dass die USA auch ihre eigenen Partner bezüglich dieser Bombardierung von vitaler ziviler Infrastruktur belogen haben?

SASSE: Auch in diesem Fall mache ich mir Ihre Frage und die Wortwahl, die Sie wählen, hier ausdrücklich nicht zu eigen. Ich kann Ihnen nur sagen, dass ich dem Sachverhalt nachgehen werde und Ihnen eine Antwort nachreichen werde.

Enhanced Forward Presence

WELTY (Vorsitz): Jetzt geht es um Litauen. Eine Kollegin fragt: Der litauische Präsident sagte, er verhandle mit Deutschland und den Vereinigten Staaten, um das ausländische Militärkontingent im Land auszubreiten. Bestätigen Sie solche Gespräche, und sind Sie bereit, das deutsche Militärkontingent in Litauen zu vergrößern?

BÜCHNER (BReg): Dazu kann ich im Einzelnen hier nichts sagen. Was ich sagen kann, ist, dass die Bundeswehr mit ihren mehr als 550 Soldatinnen und Soldaten einen bedeutenden Beitrag als Führungsnation der sogenannten Enhanced Forward Presence der NATO in Litauen leistet. Sie ist Zeichen und Ausdruck unserer Bündnissolidarität und Rückversicherung unserer NATO-Partner in Osteuropa.

Zur Präsenz der Bundeswehr in Litauen und zu den Entwicklungen im regionalen Umfeld stehen wir im engen Austausch mit unseren litauischen Partnern.

Vielleicht möchte das Verteidigungsministerium noch etwas ergänzen.

COLLATZ (BMVg): Ich ergänze sehr gern. Guten Tag! Tatsächlich stehen wir in engem Austausch, auch in der gegenwärtigen Lage, um über die Stärke unseres eFP-Beitrags zu sprechen. Sie wissen ja, dass es Kontingente gibt, die bereits vor Ort disloziert sind. Es gibt Verstärkungskräfte, die noch in der Heimat sind. Ich kann Ihnen sagen, dass wir auch gegenwärtig und ganz konkret im Austausch mit den litauischen Stellen stehen, wie wir das weiter gestalten. Konkrete Inhalte kann ich Ihnen aber hier noch nicht nennen.

Lage in Mali

WELTY (Vorsitz): Ein Kollege fragt zur Lage in Mali: Gibt es Erkenntnisse oder Schlussfolgerungen aus dem Besuch von Staatsministerin Keul in Mali? Wie liefen die Gespräche mit der Übergangsregierung?

SASSE (AA): Ich kann Ihnen an dieser Stelle noch nichts dazu sagen. Herr Burger hatte ja den Besuch von Staatsministerin Keul in Mali angekündigt und sich am Mittwoch in diesem Zusammenhang gemeinsam mit Herrn Collatz ausführlich zur Lage in Mali geäußert. Ziel dieser Reise von Frau Keul ‑ das hatte Herr Burger, glaube ich, auch deutlich gemacht ‑ ist es, mit den Kontingenten der Bundeswehr zusammenzutreffen. Außerdem führt sie vor Ort Gespräche mit der Zivilgesellschaft und natürlich mit Vertretern der Übergangsregierung. Sie hat vor der Abreise auch selber ein Statement veröffentlicht. Ziel der gesamten Reise ist es ‑ das möchte ich an dieser Stelle noch einmal deutlich machen ‑, unsere Erwartungen an die malische Regierung zu verdeutlichen, einschließlich der Verbesserung der Beziehungen zu Frankreich.

FRAGE: Herr Büchner, was ist die Haltung des Kanzlers zu Mali? Die Außenministerin habe ich so verstanden, dass sie durchaus einen Abzug der Bundeswehrtruppen in Erwägung ziehen könnte; die Verteidigungsministerin habe ich so verstanden, dass die Bundeswehr dortbleiben soll. Was ist die Haltung des Kanzlers?

BÜCHNER (BReg): Der Kanzler und die Außenministerin haben da keine unterschiedliche Einschätzung. Die Bundesregierung beobachtet die Entwicklung in Mali mit zunehmender Sorge. Dazu hat sich ja auch Frau Baerbock eindeutig geäußert, und dem ist seitens der Bundesregierung nichts hinzuzufügen.

COLLATZ (BMVg): Weil Sie es in Ihrer Frage erwähnt haben: Frau Ministerin Lambrecht hat deutlich gemacht, dass sie einen Automatismus für einen Abzug von deutschen Truppen ablehnt. Sie hat aber sehr wohl deutlich gemacht, dass sie in ihrer Haltung und ihrer Bewertung zur Lage des Kontingents in Mali eindeutig die Einschätzung der Außenministerin teilt und da ein gemeinsames Lagebild hat. Nur einen Automatismus, das Kontingent automatisch abzuziehen, wenn russische Kräfte in einem Einsatzland auftauchen, lehnt sie ab.

WELTY: Ein Kollege fragt nach: Wen von der Übergangsregierung wird Staatsministerin Keul treffen?

SASSE: Dazu kann ich Ihnen im Moment keine Auskunft geben. Die Reise der Staatsministerin läuft ja aktuell noch. Wir werden nach der Reise gerne berichten.

FRAGE: Eine kurze Verständnisfrage, Herr Collatz: Habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie von russischen Kräften gesprochen haben? Dann würde mich interessieren, auf welche offiziellen russischen Kräfte in Mali Sie sich beziehen. Oder meinten Sie damit eine private Söldneragentur?

COLLATZ: Wir haben im Schwerpunkt über die Gruppe Wagner gesprochen; das war eine Diskussion aus dem Dezember des letzten Jahres. Die Bundesregierung teilt aber die Sicht, dass private Söldner insgesamt nicht zu einer Verbesserung der Situation in einem Krisengebiet beitragen. Darauf bezog sich das.

ZUSATZFRAGE: Aber wieso haben Sie das als russische Kräfte bezeichnet? Das impliziert ja einen offiziellen Charakter, den es meines Wissens nicht gibt. Bei privaten US-amerikanischen Söldnerfirmen würden Sie ja vermutlich auch nicht von US-amerikanischen Kräften sprechen ‑ also wenn etwa die neue Blackwater-Variante in Mali auftaucht.

COLLATZ: Ich bleibe bei meinen Worten.

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