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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungs­­­pressekonferenz vom 12.01.2022

12.01.2022 - Artikel

Fortsetzung des Einsatzes bewaffneter deutscher Streitkräfte in Irak

HEBESTREIT (BReg): Zu den Themen aus dem Kabinett, und zwar erst einmal zu Tagesordnungspunkt 2: Fortsetzung des Einsatzes bewaffneter deutscher Streitkräfte ‑ Stabilisierung sichern, Wiedererstarken des IS verhindern, Versöhnung in Irak fördern. Die Bundesregierung hat die Fortsetzung dieses Einsatzes bewaffneter deutscher Streitkräfte beschlossen. Das Mandat des Bundestages soll bis zum 31. Oktober 2022 verlängert werden. Insgesamt können weiterhin bis zu 500 Soldatinnen und Soldaten eingesetzt werden. Der Einsatz wird außerdem bereits im Mandatszeitraum umfassend und auch unter Einbeziehung des vernetzten Ansatzes überprüft. Der Deutsche Bundestag muss dieser Verlängerung selbstverständlich noch zustimmen.

[…]

FRAGE: Zum Irak-Mandat an Herrn Hebestreit und gegebenenfalls Frau Sasse: Können Sie uns das Exit-Szenario für die Bundeswehr beschreiben?

Warum, Frau Sasse, soll der syrische Luftraum als Einsatzgebiet ausgeschlossen werden?

SASSE (AA): Bevor wir über Exit-Szenarien sprechen, ist vielleicht wichtig, dass wir noch einmal festhalten, was heute passiert ist: Heute hat das Bundeskabinett nämlich den Beschluss getroffen bzw. sieht weiterhin die Notwendigkeit, dass Deutschland die militärische Unterstützung für Irak und im Kampf gegen den Islamischen Staat fortsetzt. Deswegen wurde heute ein Kabinettsbeschluss gefasst, mit dem das Mandat für weitere neun Monate verlängert wird.

Die wesentliche Anpassung des Mandatsentwurfs im Vergleich zu dem vorherigen Mandat ist, dass Syrien aus dem Mandat gestrichen wird. Deutsche Beiträge über Syrien wird es damit nicht mehr geben. Außerdem wurde, wie Sie wissen, bereits im Koalitionsvertrag vereinbart, dass der Einsatz natürlich umfassend und inklusiv überprüft wird. Dieser Evaluierung möchte ich an dieser Stelle nicht vorgreifen, aber vielleicht möchte Frau Routsi ergänzen.

ROUTSI (BMVg): Das mache ich sehr gerne. ‑ Ich hoffe, Sie erlauben mir ganz kurz noch eine Einordnung. Die Ministerin war ja am vergangenen Wochenende unterwegs und hat vor Ort unser Kontingent im Einsatz Counter Da’esh / Capacity Building Irak und auch NATO Training Mission im Irak besucht. Sowohl dieser intensive Austausch mit den Frauen und Männern vor Ort, die dort wirklich einen herausragenden Job unter sehr schwierigen Bedingungen leisten, als auch die politischen Gespräche mit den jordanischen und irakischen Partnern vor Ort sind in den Prozess der Mandatsverlängerung eingeflossen; Frau Sasse hat das gerade auch angesprochen. Die Ministerin hat betont, dass klar sein muss, dass der Kampf gegen den IS noch nicht vorbei ist und dass das deutsche Engagement aus ihrer Sicht weitergehen muss.

Sie haben nach dem Exit-Szenario gefragt. Ich würde Sie genauso, wie das die Kollegin vom AA gemacht hat, auf den Koalitionsvertrag verweisen wollen. Das ist jetzt ja das erste Mandat, das in die Verlängerung geht und davon betroffen ist. Die Ministerin hat auch angekündigt, dass wir, sofern es im parlamentarischen Verfahren zu einem positiven Votum kommt, die folgenden neun Monate natürlich nutzen werden und uns intensivst damit auseinandersetzen werden.

Was das Thema Syrien angeht, kann ich Ihnen sagen: Das stimmt, Syrien ist raus ‑ es war vorher tatsächlich noch drin. Das hat auch etwas damit zu tun, dass wir uns diese Flexibilität in der Operationsführung quasi bewahren wollten. Wir haben das überprüft und festgestellt: Es ist nicht mehr notwendig. Aus diesem Grund ist Syrien raus.

Für uns ist der Irak ein Schlüsselland für Stabilität im Nahen Osten, und er braucht auch weiterhin unsere militärische Unterstützung. Ministerin Lamprecht wird sich im parlamentarischen Prozess auch weiterhin intensiv für diese Position einsetzen.

ZUSATZFRAGE: Wie ist denn der Stand heute in Sachen Exit-Szenario? Können Sie uns den erklären?

Hat es also keine völkerrechtlichen Gründe, dass nicht mehr über Syrien geflogen werden soll, Frau Routsi? Das hat sich jetzt bei Ihnen anders angehört. Die Grünen und insbesondere Frau Baerbock haben ja immer auf die völkerrechtlichen Probleme des bisherigen Einsatzmandates geschielt.

ROUTSI: Ich habe mich ja dazu eingelassen, dass das aus militärischer Sicht ‑ ich spreche ja für das BMVg ‑ eine operative Angelegenheit ist. Der haben wir Rechnung getragen.

Zum Exit-Szenario. Ich weiß nicht, ob das ganz klar geworden ist ‑ Sie fragen danach ja regelmäßig und das ist auch Ihr gutes Recht; das will ich auch gern beantworten ‑: Es ist eine gesamtheitliche Antwort, die im Koalitionsvertrag festgehalten ist. Alle Mandate, die verlängert werden sollen, sollen einer Evaluierung unterzogen werden, und da wird man sehr genau prüfen, ob wir unsere Ziele erreichen werden. Ich bitte um Verständnis, dass ich Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt kein hypothetisches Szenario geben kann, sondern einfach noch einmal dafür werben möchte, dass man uns diese Zeit auch lässt. Die folgenden neun Monate werden wir intensiv nutzen und dann entsprechend schauen, wie es weitergeht.

Treffen der EU-Außen­ministerinnen und Außenminister

SASSE (AA): Ich kann Ihnen ankündigen, dass Außenministerin Baerbock morgen nach Brest reisen wird, um dort morgen und am Freitag am informellen Treffen der EU-Außenministerinnen und Außenminister teilzunehmen. Das ist das sogenannte Gymnich-Treffen, und das findet in diesem Monat auf Einladung der Franzosen, die ja die EU-Ratspräsidentschaft innehaben, eben in Brest statt. Zu diesem Treffen haben der Hohe Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik Borrell und der französische Außenminister Jean-Yves Le Drian eingeladen.

Im Kern des Treffens werden die Beratungen über die Sicherheitslage in Osteuropa stehen ‑ natürlich auch im Lichte der verschiedenen Gespräche, die es in den vergangenen Tagen gab und auch heute weiter gibt. Außerdem ist ein Austausch der Außenministerinnen und Außenminister über den Entwurf des neuen sicherheitspolitischen EU-Grundlagendokuments, des sogenannten strategischen Kompasses, und zum Umgang der EU mit China geplant.

Ukraine-Konflikt

FRAGE: Bei den Gesprächen in Genf hat Russland angefragt, rechtliche Garantien zu erhalten, in denen die NATO sich verpflichtet, keine weitere Osterweiterung mehr vorzunehmen, und das ganze haben die russischen Vertreter auch als imperativ bei diesen Verhandlungen betitelt. An Herrn Hebestreit oder Frau Sasse: Wäre die Bundesregierung bereit, in dieser Frage Russland entgegenzukommen? Falls nein: Was spricht aus Sicht der Bundesregierung gegen ein Entgegenkommen in dieser Frage?

HEBESTREIT (BReg): Ich glaube, das haben wir hier schon mehrfach diskutiert. Klar ist, dass die Grundprinzipien des Völkerrechtes gelten und nicht zur Disposition gestellt werden. Diese Grundprinzipien sehen vor, dass jedes einzelne Land für sich selber entscheiden kann, welchem Bündnis es beitreten möchte ‑ in enger Absprache mit dem jeweiligen Bündnis ‑, und da gibt es keine Ausschlusskriterien. Trotzdem will ich auch deutlich festhalten, dass zum jetzigen Zeitpunkt ein Beitritt der Ukraine nicht diskutiert wird.

ZUSATZFRAGE: Kann das Auswärtige Amt etwas dazu sagen?

SASSE (AA): Ich kann für das Außenministerium natürlich das, was Herr Hebestreit gerade ausgeführt hat, nur unterstreichen und noch einmal deutlich machen: Sie wissen dass wir, als die Vorschläge von Russland hier aufkamen und öffentlich wurden, an dieser Stelle darüber gesprochen haben und deutlich gemacht haben, dass wir diese Vorschläge zur Kenntnis genommen haben und sie Teil der Gespräche und der Beratungen sind. Diese Gespräche und Beratungen laufen weiterhin; sie laufen heute im NATO-Russland-Rat. Wenn wir an dieser Stelle über die Gespräche oder Inhalte berichten können, dann werden wir das gerne tun.

ZUSATZFRAGE: Das US-Außenministerium hat bei der Presskonferenz im Anschluss an die Gespräche in Genf erklärt, dass Nord Stream 2 auch ein gutes Leverage, ein gutes Druckmittel im Kontext dieser Verhandlungen wäre. Da würde mich interessieren: War das mit der deutschen Seite abgesprochen?

Wie bewertet die Bundesregierung, dass die USA im Kontext von bisher zumindest bilateralen Verhandlungen ein privatwirtschaftliches Projekt als Druckmittel ins Spiel bringen?

HEBESTREIT: Ich glaube, die Bundesregierung bewertet das gar nicht. Ich glaube, die Positionen sind ausgetauscht, auch in Bezug auf das Thema Pipeline Nord Stream 2. Es gibt im Augenblick ein Prüfverfahren, das läuft. Das gilt es abzuwarten und auch alle weiteren Entwicklungen dazu im Lichte dieser Prüfung.

ZUSATZFRAGE: Aber meine Frage war ja: Das Besondere in dem Fall ist, dass die USA im Zuge von bilateralen Gesprächen mit Russland Nord Stream 2 als allgemeines Druckmittel angeführt haben, zumindest in dieser Pressekonferenz. Mich würde interessieren, ob das mit dem deutschen Partner abgesprochen wurde. Tatsächlich ist das eine neue Qualität und würde von daher eine entsprechend neue Einschätzung der Bundesregierung erfordern.

HEBESTREIT: Ich habe Ihre Frage schon beim ersten Mal verstanden und habe sie deswegen so beantwortet, wie ich sie beantwortet habe.

Medienberichte über die Stationierung von Hyperschallraketen der US-Armee in Deutschland

FRAGE: Ich habe eine Frage an das Auswärtige Amt. Es gibt Presseberichte, wonach die US-Amerikaner planen, in Wiesbaden Hyperschallraketen zu stationieren. Ist Ihnen das bekannt und trifft das zu?

SASSE (AA): Vielen Dank für die Frage. ‑ Uns sind diese Meldungen bekannt. Ich kann Ihnen dazu sagen, dass die Bundesregierung von der Regierung der Vereinigten Staaten die Auskunft erhalten hat, dass keine Raketensysteme in Wiesbaden stationiert sind und es auch keine dahingehenden Pläne der USA gibt.

ZUSATZFRAGE: Das heißt, Sie würden die Frage mit Nein beantworten? Das heißt, es wird dort keine Stationierung geben. Habe ich das richtig verstanden?

SASSE: Ich kann noch einmal meine Antwort und die Auskunft, die wir dazu von den Amerikanern dazu erhalten haben, wiederholen. Aber mehr als das leider nicht.

FRAGE: Habe ich Sie richtig verstanden, dass es laut den USA aktuell keine Raketen in Wiesbaden gibt, aber nicht, dass es zukünftig Raketen in Wiesbaden geben kann oder dass es anderswo Raketen der USA gibt?

SASSE: Auf die ganz konkret gestellte Frage des Kollegen kann ich noch einmal meine Antwort wiederholen, dass die Bundesregierung von der Regierung der Vereinigten Staaten die Auskunft erhalten hat, dass keine Raketensysteme beim 56th Artillery Command in Wiesbaden stationiert sind und dass es auch keine dahingehenden Pläne der USA gibt.

Medienberichte über die Erteilung eines Agréments für den designierten deutschen Botschafter in Marokko und Rückkehr der marokkanischen Botschafterin nach Berlin

VORS. SZENT-IVÁNYI: Ich habe online eine Frage an das Auswärtige Amt, die die Außenpolitik betrifft: Marokkanische Medien berichten, dass das Königreich den designierten deutschen Botschafter Thomas Peter Zahneisen in den nächsten Tagen das Agrément geben wird und dass die marokkanische Botschafterin Zohour Alaoui bald nach Berlin zurückkehren wird. Können Sie schon Angaben machen, wann die beiden offiziell auf ihren Posten sein werden?

Wenn Sie dazu vielleicht auch noch kommentieren wollen, was dies für eine Bedeutung für die bilateralen Beziehungen zwischen den beiden Ländern haben wird.

SASSE (AA): Da muss ich Sie um Verständnis bitten, dass wir zu Medienmeldungen wie üblich an dieser Stelle keine Stellung nehmen.

Zu den Beziehungen zu Marokko hatte sich vor Kurzem Herr Burger ausführlich an dieser Stelle eingelassen. Auf diese Ausführungen möchte ich an dieser Stelle verweisen.

Menschenrechtsverletzungen in Tunesien, Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten

VORS. SZENT-IVÁNYI: Dann habe ich eine Frage an Frau Sasse: Das Verschwindenlassen ist in Tunesien zu einem ernsten Phänomen geworden und Menschenrechtsverletzungen und willkürliche Festnahmen in Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und anderen. Gibt es dazu eine Stellungnahme der Bundesregierung?

SASSE (AA): Das ist nur sehr schwer pauschal für alle Länder, die Sie aufgezählt haben, zu beantworten, weil wir die Menschenrechtslage in jedem Land der Welt natürlich sehr differenziert sehen. Ich kann Ihnen aber grundsätzlich sagen ‑ Sie wissen, dass das unsere Haltung ist ‑, dass die Bundesregierung Menschenrechtsverletzungen, wenn sie vorkommen, mit den Regierungen der jeweils betroffenen Länder thematisiert.

Guantanamo Bay Naval Base und das dortige Gefangenenlager der USA

FRAGE: Gestern jährte sich zum zwanzigsten Mal die Eröffnung des Gefangenen- und Folterlagers Guantanamo, in dem bis heute Menschen ohne ordentlichen Gerichtsprozess festgehalten werden. Die UN-Menschenrechtskommission verurteilt regelmäßig diese völkerrechts- und auch verfassungswidrige Praxis und fordert die Schließung.

Welche konkreten Schritte hat Außenministern Annalena Baerbock auch eingedenk ihrer Proklamation einer wertegetriebenen Außenpolitik bisher unternommen, um diese völkerrechtswidrige Praxis zu beenden?

SASSE (AA): Sie waren Montag nicht in der Regierungspressekonferenz.

ZUSATZ: Ich habe aber das Protokoll gelesen.

SASSE: Sie wissen aber nicht, dass wir verschiedenen Kollegen ergänzende Antworten geschickt haben. Deswegen will ich das an dieser Stelle für alle wiederholen.

Ich habe Montag erklärt, dass sich die Haltung der Bundesregierung, was Guantanamo angeht, nicht verändert hat. Das Gefangenenlager in Guantanamo stellt aus unserer Sicht wichtige Prinzipien der Menschlichkeit, des Rechtsstaats und der Menschenrechte infrage. Das haben wir gegenüber den verschiedenen US-Regierungen seit 2002 immer wieder deutlich zum Ausdruck gebracht.

US-Präsident Joe Biden hat im Februar 2021 erklärt, dass er die Schließung des Gefangenenlagers bis zum Ende seiner Amtszeit anstrebe. Diese Ankündigung begrüßen wir.

ZUSATZFRAGE: Da wir gerade beim Thema des Völkerrechts sind, ganz grundsätzlich: Wie bewertet die Bundesregierung eigentlich die Teilbesatzung der Provinz Guantánamo der Sozialistischen Republik Kuba durch US-Militär seit 1903 aus völkerrechtlicher Perspektive?

SASSE: Ihre Frage deckt einen relativ großen Zeitraum ab. Deswegen möchte ich an dieser Stelle nicht wagen ‑ ‑ ‑

ZUSATZ: Mit Status von 2022; das können wir kurz machen!

SASSE: Ja. Ich möchte trotzdem an dieser Stelle darum bitten, wenn wir etwas in dieser Frage der Völkerrechtsmäßigkeit nachzureichen haben, das an dieser Stelle tun bzw. Ihnen die Antwort bilateral zukommen lassen zu können.

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