Willkommen auf den Seiten des Auswärtigen Amts

Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungs­­­pressekonferenz vom 07.01.2022

07.01.2022 - Artikel

Reise der Bundes­außenministerin nach Rom

BURGER (AA): Außenministerin Baerbock wird am Montag, den 10. Januar zu ihrem Antrittsbesuch nach Rom reisen. Sie wird dort mit dem italienischen Außenminister Luigi Di Maio zusammentreffen. In dem Gespräch wird es vor allem um aktuelle bilaterale, europa- und außenpolitische Themen geben. Eine gemeinsame Pressekonferenz mit Außenminister Di Maio ist für ca. 12.30 Uhr geplant.

Des Weiteren steht unter anderem eine Diskussionsrunde zum Thema “A green revival for political Europe” auf dem Programm, die vom Thinktank Istituto Affari Internazionali organisiert wird. Daran wird Außenministerin Baerbock gemeinsam mit ihrem italienischen Amtskollegen teilnehmen. Sie werden sich dort mit Vertreterinnen und Vertretern der Zivilgesellschaft austauschen.

Am Montagabend geht es dann zurück nach Berlin.

Teilnahme der Bundesaußen­ministerin an einer Sondersitzung des NATO-Rates

BURGER (AA): Noch eine kurze Terminankündigung: Heute Nachmittag wird die Außenministerin von 14 Uhr bis 16 Uhr an einer Sondersitzung des NATO-Rats im Format der NATO-Außenministerinnen und ‑Außenminister teilnehmen. Das Treffen findet als sichere Videokonferenz statt. Im Vorfeld des NATO-Russland-Rats am 12. Januar werden sich die Außenministerinnen und Außenminister zur Sicherheitslage in Europa mit Schwerpunkt auf der aktuellen Lage in und um die Ukraine austauschen. Für die Außenministerin ist dies ihre erste Teilnahme an einem NATO-Außenministertreffen seit ihrem Amtsantritt. Sie hat aber bereits am 9. Dezember NATO-Generalsekretär Stoltenberg im Hauptquartier in Brüssel zu einem Antrittsgespräch getroffen.

FRAGE: Herr Burger, wird es dort auch um Kasachstan gehen, oder nur um die Ukraine?

BURGER: Die Themen, die vom Generalsekretär vorab für dieses Treffen angesetzt wurden, habe ich Ihnen gerade genannt. In einer aktuellen Weltlage können die Außenministerinnen und Außenminister ein solches Treffen natürlich immer zum Anlass nehmen, auch weitere aktuelle Fragen zu diskutieren.

FRAGE: Herr Burger, können Sie uns sagen, was das Ziel der Beratung ist? Soll es Beschlüsse zu bestimmten Punkten geben?

Wird auch eine Lieferung von Defensivwaffen an die Ukraine Thema sein?

BURGER: Ich habe ja gesagt, dass die Vorbereitung des NATO-Russland-Rats im Mittelpunkt stehen wird. Dies ist eines von mehreren wichtigen Dialogformaten, die in den nächsten Tagen mit Russland anstehen. Die Außenministerin hatte sich während ihrer Reise nach Washington mehrfach dazu geäußert, wie wichtig der Dialog als einziger möglicher Ausweg aus der Krise ist. Natürlich geht es in Vorbereitung dieses NATO-Russland-Rats und auch der anderen Gesprächsformate, die mit Russland in den kommenden Tagen anstehen, gerade auch darum, die Perspektive besonders betroffener europäischer Partner mit einzubeziehen. Sie wissen, dass es gerade bei den mittel- und osteuropäischen NATO-Partnern besondere Sensibilitäten gibt. Auch deswegen ist es wichtig, dass es heute noch einmal diese Gelegenheit zum Austausch und zur Vorbereitung auf politischer Ebene in diesem NATO-Format gibt.

ZUSATZFRAGE: Noch einmal der zweite Teil meiner Frage: Wird das Thema einer Lieferung von Waffen an die Ukraine dabei ein Thema sein?

BURGER: Ich habe Ihnen den thematischen Rahmen dieses Treffens genannt. Dem, welche einzelnen Elemente von den verschiedenen Außenministern thematisiert werden, kann ich natürlich nicht vorgreifen.

Reise des außen- und sicherheitspolitischen Beraters des Bundeskanzlers nach Moskau

VORS. BUSCHOW: Ein Kollege fragt online das Kanzleramt, also Frau Hoffmann, ob ein paar Informationen zur Reise von Jens Plötner nach Moskau preisgegeben werden können und ob diese Reise in Zeiten russischer Drohungen das richtige Signal auch an die Bündnispartner sei.

HOFFMANN (BReg): Jens Plötner, der außen- und sicherheitspolitische Berater des Kanzlers, hat mit seinem französischen Kollegen gestern in Russland Gespräche mit dem stellvertretenden Leiter der russischen Präsidentenadministration Dmitri Kosak geführt. Zuvor, am 4. Januar, hatte es ein virtuelles Treffen der Berater Deutschlands, Frankreichs und der Ukraine gegeben.

Wir können dazu sagen, dass die Lage in der Ostukraine und die Umsetzung der Minsker Vereinbarungen im Mittelpunkt der Gespräche gestanden haben. Die Teilnehmer waren sich darin einig, dass das Engagement im Rahmen des Normandie-Formats, um die Minsker Vereinbarung vollständig umzusetzen, durch weitere Gespräche fortgeführt werden soll. Sie wissen, dass sich Deutschland dem Normandie-Format besonders verpflichtet fühlt und sich in einer besonderen Verantwortung sieht.

[…]

FRAGE: Frau Hoffmann, anknüpfend an Ihre Information zu dem Gespräch von Herrn Plötner: Die Abstimmung auf der Chefberaterebene ging meistens Treffen auf höherer Ebene voraus, also auf Ebene der Außenminister oder des Kanzlers in dem Fall. Gibt es dafür konkrete Planungen ‑ Sie erwähnten ja weitere Gespräche ‑, oder finden sie weiterhin auf der Ebene der Chefberater statt?

HOFFMANN: Diese Gespräche werden unter anderem auf der Ebene der diplomatischen Berater stattfinden. Über weitere Planungen werde ich Sie gegebenenfalls informieren.

Konflikt zwischen Russland und der Ukraine

VORS. BUSCHOW: Online gibt es eine weitere Frage an Frau Hoffmann: Wie hoch schätzen Sie die Gefahr ein, dass es aktuell zwischen Russland und der Ukraine zu einem ‑ in Anführungsstrichen ‑ heißen Krieg kommt?

HOFFMANN (BReg): Die Bundesregierung ist besorgt über die Situation an der russisch-ukrainischen Grenze. An dieser Einschätzung hat sich in den vergangenen Wochen eigentlich nichts geändert.

Lage in Kasachstan

VORS. BUSCHOW: Das Stichwort „Kasachstan“ ist schon gefallen. Ein Kollege fragt: Hält die Bundesregierung die russische Truppenentsendung für legitim?

Welche konkreten Maßnahmen plant die Bundesregierung hinsichtlich der staatlichen Gewalt gegen Zivilisten in Kasachstan?

HOFFMANN (BReg): Ich würde zunächst gern sagen, dass die Bundesregierung die aktuellen Entwicklungen in Kasachstan und die Gewalt dort natürlich mit sehr großer Sorge und sehr aufmerksam beobachtet und alle Akteure dringend zur Besonnenheit aufruft. Gewalt kann niemals eine angemessene Antwort sein. Das ist unsere Überzeugung. Wir fordern daher alle Beteiligten dazu auf, zu deeskalieren und zu einer friedlichen Lösung der Situation zu gelangen.

Was die Entsendung von OVKS-Truppen und die Rolle Russlands angeht, so können wir sagen, dass wir die entsprechenden Meldungen zur Kenntnis genommen haben und hoffen, dass alle Beteiligten dort ihrer Verantwortung gerecht werden. Wir appellieren, wie gesagt, an alle Akteure, zu einer gewaltlosen und friedlichen Lösung des Konflikts beizutragen. Die OSZE hat ihre Bereitschaft erklärt, Kasachstan bei der Fortsetzung der politischen Reformen zu unterstützen. Das ist aus unserer Sicht der Weg, der beschritten werden sollte.

BURGER (AA): Ich möchte einen Punkt ergänzen. Es gibt heute Vormittag Berichte darüber, dass Staatspräsident Toqajew eine Art von Schießbefehl erteilt habe. Diesen Berichten gehen wir derzeit noch nach.

Aus Sicht der Bundesregierung ist sehr deutlich festzustellen, dass ein Einsatz tödlicher Gewalt, von scharfer Munition gegen Zivilistinnen und Zivilisten erst recht dann, wenn militärische Kräfte zum Einsatz kommen, immer nur ein allerletztes Mittel sein darf. Die Regierung und alle, die in Kasachstan in der Verantwortung stehen, tragen die Verantwortung dafür, den Schutz der Zivilbevölkerung zu gewährleisten.

FRAGE: Ich habe eine kurze Nachfrage zur Präsenz der russischen Truppen. Frau Hoffman, was Sie jetzt dazu gesagt haben, war ja sehr allgemein. Gibt es dazu ein Wort der Kritik?

In welcher Weise wird das bei den Konsultationen, die hier ja auch schon Thema waren, eine Rolle spielen?

HOFFMANN: Ich habe dazu das gesagt, was ich dazu sagen wollte.

BURGER: Ich möchte noch ein Element ergänzen. Für den Einsatz der militärischen Kräfte der OVKS in Kasachstan gelten natürlich die gleichen menschenrechtlichen Schutzverpflichtungen, die auch für die kasachischen Sicherheitskräfte gelten. Wir haben zur Kenntnis genommen, dass es sich bei der Mehrzahl dieser Kräfte um militärisches Personal handeln soll. Oft sind Militärangehörige nicht dafür ausgebildet, mit zivilen Aufständen umzugehen. Wir fordern deswegen zu ganz besonderer Rücksichtnahme auf und werden die Entwicklungen dort vor Ort sehr genau verfolgen.

[…]

VORS. BUSCHOW: Es gibt noch eine Frage zum Thema Kasachstan: Wird der kasachische Botschafter für zusätzliche Erläuterungen und Auskünfte in das Auswärtige Amt eingeladen?

BURGER (AA): Wenn wir über derartige Gespräche informieren, dann in der Regel nachträglich.

Situation im Sudan

VORS. BUSCHOW: Die Frage, die jetzt kommt, betrifft den Sudan und geht an das Auswärtige Amt, vermute ich: Der Rücktritt von Abdalla Hamdok hat die politische Krise verschärft, und es gibt Befürchtungen, dass das Militär einseitig die Macht übernehmen kann. Wie stehen Sie zu den aktuellen Geschehnissen im Sudan? – Ich glaube, das war Mittwoch bereits Thema, aber vielleicht gibt es ja einen aktuelleren Stand.

BURGER (AA): Das war am Montag bereits Thema, und dazu hatte ich mich auch schon einmal geäußert. Unsere Forderung an die militärischen Kräfte im Sudan halten wir gerade im Lichte der weiteren Demonstrationen aufrecht: Das Recht auf friedliche Meinungsäußerung und die Versammlungsfreiheit müssen respektiert und jede Form von Gewalt muss unterbunden werden. Ich möchte auch noch einmal unterstreichen, dass wir die politischen Führungskräfte in Sudan auffordern, sich zusammenzusetzen und auf eine zivil geführte Regierung hinzuarbeiten. Das ist die Erwartung der sudanesischen Bevölkerung. Das ist nach unserer Einschätzung gerade jetzt nach dem Rücktritt von Premier Hamdok auch der nächste wichtige Schritt.

Sie wissen, dass sich Deutschland seit dem Sturz des Baschir-Regimes stark für den Wandel in Sudan engagiert hat. Wir haben im Juni 2020 mit der Berliner Sudan-Konferenz mehr als 50 Staaten und internationale Organisationen mobilisiert. 1,8 Milliarden US-Dollar wurden dort für Sudan zugesagt. Im Rahmen der informellen Freundesgruppe für Sudan haben wir Schritt für Schritt auch die vereinbarten Ziele nachgehalten. Diese Freundesgruppe für Sudan, die von uns mitgegründet wurde, hat sich am Dienstag auch noch einmal getroffen und plant ein größeres Koordinierungstreffen. Für uns ist klar, dass unser Engagement für die Transition und unser Engagement für Sudan davon abhängen, dass der vereinbarte Prozess der Transition zur Demokratie mit einer zivil geführten Regierung fortgesetzt wird.

Zukunftspläne des ehemaligen Regierungssprechers Seibert

VORS. BUSCHOW: Dann kommen wir zu einem neuen Thema mit einer online gestellten Frage. Es ist eine zweigeteilte Frage. Der erste Teil geht an das Auswärtige Amt: Kann das Auswärtige Amt die Bewerbung bzw. das Interesse des ehemaligen Regierungssprechers Seibert an dem Botschafterposten in Madrid bestätigen? Wird Außenministerin Baerbock dem entsprechen?

An Frau Hoffmann geht die Frage: Unterstützt Bundeskanzler Scholz die Bewerbung von Herrn Seibert?

BURGER (AA): Es wird nicht überraschen, wenn ich sage, dass ich mich zu Personalspekulationen von dieser Stelle aus nicht äußern werde.

HOFFMANN (BReg): Und auch nicht, wenn ich sage, dass ich mich dem anschließe.

Wiener Nukleargespräche

Ansonsten habe ich noch einmal eine Frage. Es geht noch einmal um Außenpolitik. Das Thema ist der Iran. Das deutsche Außenministerium sage, dass der Iran einerseits viel Vertrauen verspielt habe, während Teheran sage, dass die Verhandlungen positiv seien und andererseits eine entscheidende Phase erreicht hätten. Seine Frage ist: Wo sind die Verhandlungen in Wien jetzt angekommen? Sehen Sie, dass der Iran bei diesen Verhandlungen eine positive Rolle spielt?

BURGER (AA): Vielen Dank. – Die achte Runde der Gespräche geht in dieser Woche in Wien weiter. Sie waren in der vergangenen Woche für eine kurze technische Pause unterbrochen worden. Wir haben in der siebten Runde einige technische Fortschritte erzielt. Es kommt jetzt aber darauf an, dass wir uns in den nächsten Tagen und Wochen voll und ganz auf die noch offenen Fragen konzentrieren können, an denen wir im Juni gearbeitet haben, insbesondere im Nuklearbereich und bei den Sanktionsfragen. Es ist wichtig, dass wir jetzt rasche Fortschritte in der Substanz erreichen, und wir erwarten dafür ein konstruktives iranisches Engagement. Wir haben mehrfach betont, wie dringlich diese Verhandlungen sind, und unser Verhandlungsteam ist in Wien präsent, um die Zeit bestmöglich zu nutzen und auf dieses Ziel hinzuarbeiten.

Marokkanischer Autonomieplan für die Westsahara

VORS. BUSCHOW: Jetzt kommt noch eine lange Frage von einer Kollegin. Die nehme ich dann noch dazu. Es geht auch um Außenpolitik, um den Komplex Marokko. Die Kollegin schreibt: Der Bundespräsident richtete zum Jahreswechsel einen persönlichen Brief an König Mohammed XI. von Marokko, in dem er einige Bemerkungen zum marokkanischen Autonomieplan für die Sahara machte. Wir, schreibt sie, haben darum gebeten, diesen Brief zu sehen, aber sein Büro sagt, dass es keine persönlichen Briefe zur Verfügung stellt. Zwei Fragen stellt sie dazu: Stimmt die Regierung dieser Haltung zu einem heiklen außenpolitischen Thema zu, in Klammern „Mangel an Transparenz“?

Vielleicht belassen wir es erst einmal bei dieser Frage und ich stelle die andere als Nachfrage.

BURGER (AA): Worauf sich der Vorwurf eines Mangels an Transparenz beziehen soll, kann ich an dieser Stelle nicht nachvollziehen. Die Haltung der Bundesregierung ist bekannt, und die können sie auch auf unserer Webseite nachlesen. Wir machen das sehr transparent.

Ich kann vielleicht noch einmal zusammenfassend sagen: Aus Sicht der Bundesregierung liegt es im Interesse Deutschlands wie Marokkos, die bis vor Kurzem sehr breiten und guten diplomatischen Beziehungen fortzuführen. Wir begrüßen daher auch, dass es jetzt Schritte zu einer Beendigung der diplomatischen Krise gibt. Aus unserer Sicht können gegenseitige Erwartungen am besten im Dialog geklärt werden, und der würde durch eine schnelle Erteilung eines Agréments für den designierten deutschen Botschafter intensiviert werden.

Zur Westsaharafrage gilt nach wie vor das, was wir hier in der Vergangenheit gesagt haben: Deutschland unterstützt weiterhin die Suche nach einer gerechten, dauerhaften und für alle Seiten akzeptablen politischen Lösung, wie es das Mandat der Vereinten Nationen vorsieht. Unsere Haltung stand und steht im Einklang mit der Position der Europäischen Union und den Vereinten Nationen. Der von Marokko 2007 vorgeschlagene Autonomieplan kann einen wichtigen Beitrag leisten, um einer Lösung näherzukommen.

Schlagworte

nach oben