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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungs­­­pressekonferenz vom 05.01.2022

05.01.2022 - Artikel

Fall Julian Assange

FRAGE: Ist unter den Themen, die [aus der Kabinettsitzung] nicht verzeichnet worden sind, darüber gesprochen worden, dass Julian Assange heute seit genau 1000 Tagen in Haft sitzt? Hat die Bundesregierung irgendeine konkrete aktuelle Meinung dazu?

HEBESTREIT (BReg): Das Thema Julian Assange ist in der Kabinettssitzung heute nicht diskutiert worden.

ZUSATZFRAGE: Dann wäre die Frage, vor allem an das Auswärtige Amt, wenn ich das in die Richtung geben darf, und vielleicht auch an das Wirtschaftsministerium: Sind denn die beiden Amtsinhaber, der Minister und die Ministerin, die noch vor einem Jahr die sofortige Freilassung Julian Assanges als Bestandteil eines fairen Verfahrens gefordert haben, noch immer dieser Meinung? Als wir das letzte Mal, vor etwa, drei, vier Wochen, fragten, hieß es, man kenne in diesen Häusern die Urteilsbegründung noch nicht und könne deswegen nichts sagen. Das sollte inzwischen bekannt sein.

BURGER (AA): Ich glaube, es gibt schon einen etwas neueren Stand, den ich Ihnen vor drei Wochen auf Ihre Frage hin auch schon mitgeteilt hatte, als ich Ihnen darüber berichtet habe, dass die Außenministerin bei ihrer Teilnahme am Rande des Treffens der G7-Außenministerinnen und ‑Außenminister in Liverpool mit der britischen Außenministerin über diesen Fall gesprochen hat. Das ist ein Fall, der international viele Menschen bewegt. Das ist auch ein Fall, an dem die Außenministerin interessiert ist. Deswegen hat sie, wie gesagt, das Gespräch mit ihrer britischen Amtskollegin in Liverpool dazu gesucht.

Im Übrigen möchte ich noch einmal auf das verweisen, was ich Ihnen vor drei Wochen ‑ ich glaube, so lange ist es her ‑ auch zum Stand des Verfahrens gesagt habe.

VORS. BUSCHOW: Will das Wirtschaftsministerium ergänzen?

SÄVERIN (BMWi): Dazu kann ich nichts ergänzen. Herr Minister Habeck hat sich dazu geäußert. In dieser Frage kann ich keinen neuen Sachstand vermitteln.

Ernennung von Beauftragten der Bundesregierung

VORS. BUSCHOW: Ich springe beim Kabinett noch einmal auf das Thema der Beauftragten zurück. Es gibt nämlich online die Bitte, die Beauftragten, die benannt wurden, zu nennen, wenn das möglich ist.

HEBESTREIT (BReg): Das mache ich natürlich sehr gerne; es sind ja auch nur sieben.

Ich fange mit Dr. Franziska Brantner an, die für die Dauer der Amtszeit als Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz als Sonderbeauftragte der Bundesregierung für die Umsetzung der Extractive Industries Transparency Initiative in Deutschland benannt wird.

Dr. Anna Christmann, Mitglied des Deutschen Bundestages, wird die Koordinatorin der Bundesregierung für die Deutsche Luft- und Raumfahrt.

Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, das noch keine Abkürzung hat, Michael Kellner, wird Beauftragter für den Mittelstand.

Claudia Müller wird Koordinatorin der Bundesregierung für die maritime Wirtschaft und Tourismus.

Luise Amtsberg wird Beauftragte für Menschenrechtspolitik und humanitäre Hilfe im Auswärtigen Amt.

Sven Lehmann, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, wird Beauftragter für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt, also Queer-Beauftragter.

Für das Amt des Beauftragten für Religions- und Weltanschauungsfreiheit der Bundesregierung wird im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Frank Schwabe beauftragt.

FRAGE: Nach unseren Informationen soll es auch einen Rückführungsbeauftragten der Bundesregierung geben, der mit unkooperativen Herkunftsländern über Abschiebungen verhandeln soll. Wo soll diese Stelle angesiedelt werden? Wird das im Bundesinnenministerium oder im Auswärtigen Amt sein? Können Sie etwas zu dieser Stelle sagen? Wird es die geben? Wenn ja, wo?

ALTER (BMI): Im Bundesinnenministerium liegen im Moment keine Informationen darüber vor. Dass dieser Themenbereich zu bedienen ist, ist klar. Seit Jahren gibt es im BMI einen Stab, der sich mit Rückkehrfragen beschäftigt. Aber ob es einen Beauftragten dafür geben soll, kann ich im Moment nicht beantworten.

COVID-19-Pandemie: Ministertreffen währen der französischen EU-Ratspräsidentschaft

VORS. BUSCHOW: Ein Kollege fragt mit Blick auf die französische Ratspräsidentschaft: Aus Paris ist zu hören, dass wegen der Coronasituation erwogen wird, keine Minister zu den informellen EU-Ministertreffen in Frankreich zu schicken bzw. nur virtuell teilzunehmen. Gibt es diese Überlegungen? Gibt es dazu bereits Entscheidungen? Wird Außenministerin Baerbock nächste Woche am Gymnich-Treffen teilnehmen?

HEBESTREIT (BReg): Meines Wissens gibt es dazu bislang überhaupt keine Festlegungen.

Dann ist es ja so, wie wir das immer machen: Über die Termine der jeweiligen Ministerinnen, Minister und des Bundeskanzlers entscheiden wir zeitnah.

VORS. BUSCHOW: Hat das Auswärtige Amt etwas zu ergänzen?

BURGER (AA): Nein.

Ukraine-Konflikt

VORS. BUSCHOW: Das nächste Stichwort lautet Ukraine. Ich beginne mit Fragen, die online gestellt wurden.

Ein Kollege erkundigt sich nach dem geplanten Besuch des außenpolitischen Beraters Plötner in Moskau. Er fragt: Was erwartet die Bundesregierung vom Moskau-Besuch zur Ukraine? Ist ein zeitnahes Treffen im Normandie-Format auf Spitzenebene denkbar?

Ergänzend kommt die Frage: Können Sie sagen, was genau auf der Tagesordnung stehen wird?

HEBESTREIT (BReg): Ich glaube, ich kann es relativ kurz machen. Jens Plötner ist zu Gesprächen in Moskau. Über das, was dort auf der Tagesordnung steht, ist natürlich Vertraulichkeit vereinbart worden. Das gilt genauso für die Erwartungen.

Wir sind sehr froh, dass es zu diesen Gesprächen kommt. Vorher haben sich Frankreich und Deutschland mit der ukrainischen Seite über eine Videokonferenz verständigt und sich zusammengeschaltet. Jetzt ist man vor Ort in Moskau und spricht dort mit dem russischen Counterpart. Wir haben hier ja mehrfach betont, dass wir hoffen, die Situation in der Ukraine und im benachbarten Ausland, sage ich einmal vorsichtig, zu deeskalieren. Wir haben immer wieder gesagt: Es soll eine politische Lösung geben. Wir bemühen uns darum, dass alle die miteinander sprechen, die miteinander sprechen sollen. Insofern ist das ein erster Punkt.

Wir haben weitere: Für den 12. Januar ist der NATO-Russland-Rat anberaumt. Das wäre auch ein weiteres Gremium. Die OSZE soll auch wieder sprechen, und auch das Außenministerium ist sehr agil. Insoweit ist dies das, was wir zu diesem Zeitpunkt sagen wollen und können.

FRAGE: Herr Hebestreit, Herr Burger, die Außenministerin ist ja nach Washington aufgebrochen und hat gesagt, dass klar sein muss, dass das Handeln Russlands einen Preis haben muss. Auf welcher Ebene wird denn gerade eine Liste von möglichen Sanktionen besprochen?

BURGER (AA): Ich glaube, vergleichbare Äußerungen kennen Sie auch vom Bundeskanzler aus den vergangenen Wochen. Das ist in der Tat ein Thema, an dem wir innerhalb der Bundesregierung und eben auch mit den Partnern in Europa und auch mit den transatlantischen Partnern schon seit einigen Wochen im Gespräch sind. Das ist sicherlich auch Thema der Gespräche der Außenministerin in Washington. Die Außenministerin hat auch sehr deutlich gesagt: Entscheidend ist, dass wir da als Partner ‑ auch als transatlantische Partner ‑ an einem Strang ziehen.

HEBESTREIT: Vielleicht noch ergänzend: Ich glaube, Sie können immer davon ausgehen, dass wir in dieser Bundesregierung eng, vertrauensvoll und partnerschaftlich zusammenarbeiten, und auch in dieser sehr besonderen Frage tun wir das.

ZUSATZFRAGE: Herr Burger, Sie hatten vor einigen Wochen, vor Weihnachten, auf meine Frage, ob andere Formate außer dem Normandie-Format angedacht sind, darauf verwiesen, dass das Ziel weiterhin bleibe, zum Normandie-Format zurückzukehren. Jetzt sehen wir sehr viele andere Formate. Sind Sie damit diesem Ziel nähergekommen oder ist der Eindruck des Außenministeriums, dass man weiter davon entfernt ist?

BURGER: Die Außenministerin hat vor Aufbruch nach Washington auch gesagt ‑ ich paraphrasiere ‑: Es gibt jetzt eine ganze Reihe von verschiedenen Formaten, aber entscheidend ist ja, dass wir in all diesen verschiedenen Gesprächen dieselbe gemeinsame Botschaft senden. Diese gemeinsame Botschaft ist klar, dass Grenzen in Europa unverletzlich sind und dass wir insofern als internationale Gemeinschaft und als europäische und transatlantische Partner zusammenstehen und dass jetzt der Weg zur Lösung des Konflikts nur über den Dialog führt. Es ist gut, dass es jetzt eine Reihe von verschiedenen Gelegenheiten dafür gibt ‑ im NATO-Russland-Rat, in der OSZE. Es wird sicherlich auch weitere Gesprächsformate geben, an denen auch Deutschland beteiligt ist. Der Regierungssprecher hat gerade über die gemeinsamen Gespräche von Herrn Plötner mit seinem französischen Kollegen in Moskau und mit der Ukraine berichtet; das ist ein Beispiel. Auch im Auswärtigen Amt gibt es Pläne für weitere Gesprächsformate.

Überall, in all unseren Gesprächen ‑ auch mit den westlichen Partnern und beispielsweise auch beim G7-Außenministertreffen in Liverpool ‑ ist immer auch die Unterstützung für eine Fortsetzung der Gespräche im Normandie-Format zum Ausdruck gekommen. Das ist das etablierte Format, in dem von allen Seiten akzeptiert in der Vergangenheit über die Lösung des Konflikts in der Ostukraine gesprochen wurde und aus unserer Sicht und auch aus Sicht unserer Partner auch weiter gesprochen werden sollte. Sie haben mitbekommen, dass es in den Gesprächen, die jetzt geplant sind, auch um Fragen der europäischen Sicherheitsordnung geht, die über den Konflikt im Donbass hinausgehen. Auch das ist legitim. Wie gesagt, um Fortschritte bei der Umsetzung des Fahrplans von Minsk für die Ostukraine zu erreichen, ist und bleibt aus unserer Sicht das Normandie-Format das akzeptierte Format.

VORS. BUSCHOW: Eine Frage eines Kollegen Wiegold, bei dem, glaube ich, die Autokorrektur zugeschlagen hat. Ich vermute, er meint, Borrell habe eine EU-Trainingsmission in der Ukraine angesprochen, und fragt: Wie steht die Bundesregierung dazu?

BURGER: Das ist eine Diskussion, die seit einiger Zeit in Brüssel läuft. Ich kann Ihnen da keinen aktuellen Diskussionsstand mitteilen, aber das ist etwas, was in den Brüsseler Gremien seit längerer Zeit diskutiert wird.

[…]

FRAGE: Herr Burger, ich möchte noch einmal zu der Borrell-Reise und der, wie Sie sagten, in Brüsseler Gremien diskutierten Ausbildungsmission in der Ukraine nachfragen: Unterstützt die Bundesregierung, dass die EU als solche auch so eine militärische Ausbildungsmission in der Ukraine unternimmt. Das hatten bisher noch nicht gesagt.

BURGER: Wie gesagt, das ist etwas, das derzeit in Brüssel diskutiert wird, und da stellt sich natürlich auch die Frage, was überhaupt Parameter dafür sein können. Insofern ist es noch zu früh, um über eine Positionierung der Bundesregierung zu sprechen.

ZUSATZFRAGE: Aber gibt es denn irgendeine Haltung hier in Berlin, ob so eine Mission sinnvoll wäre, oder würde sich die Bundesregierung auf die Position stellen, dass das, wenn man das überhaupt macht, eher im NATO-Rahmen geschehen würde?

BURGER: Ich muss jetzt wirklich noch einmal auf das verweisen, was ich gerade gesagt habe: Die Diskussionen dazu laufen in Brüssel, und es ist zum jetzigen Zeitpunkt zu früh, um sich dazu zu positionieren, ob das gut oder schlecht ist.

FRAGE: Die Bundesaußenministerin hat die jetzige Phase auch als eine entscheidende Phase bezeichnet. Was führt zu dieser Einschätzung? Was bedeutet das, wenn diese Gespräche jetzt scheitern würden? Sieht sie da tatsächlich die Möglichkeit eines militärischen Konflikts?

Noch einmal zu den Formaten: Ist eines der verschiedenen Formate dann eventuell auch ein direktes bilaterales Gespräch zwischen Scholz und Putin?

BURGER: Ich möchte jetzt nicht Antworten auf hypothetische Fragen geben, „Was wäre, wenn…“. Die Außenministerin hat darauf hingewiesen, dass jetzt eine ganze Reihe von wichtigen Gesprächen anstehen. Ich werde jetzt auch nicht noch einmal wiederholen, welche das sind; das haben wir, glaube ich, alle parat. Natürlich ist es wichtig, dass es bei diesen Gesprächen gelingt, den Einstieg in konstruktive Lösungen zu finden. Daran arbeiten wir, daran arbeitet die Außenministerin jetzt bei ihren Gesprächen in den USA. Es ist auch eine ganze Reihe von weiteren Gesprächen, auch der Außenministerin, in Vorbereitung. Das ist das, was ich Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt dazu sagen kann.

Zu Terminen des Bundeskanzlers wird Herr Hebestreit sicherlich gleich das sagen, was er bei solchen Fragen meistens sagt.

HEBESTREIT: Soll ich es sagen oder haben Sie es sich gemerkt? ‑ Alles Weitere zu gegebener Gelegenheit.

[…]

Feierlichkeiten in mehreren ukrainischen Städten anlässlich des Geburtstags von Stepan Bandera

FRAGE: Am 1. Januar kam es in Kiew und anderen ukrainischen Städten zu Feierlichkeiten anlässlich des Geburtstages des Nazi-Kollaborateurs und radikalen Antisemiten Stepan Bandera. Das israelische Außenministerium hat diese Fackelmärsche verurteilt und eine Aufklärung bzw. Untersuchung von antisemitischen Manifestationen während dieser Märsche gefordert. Da würde mich interessieren: Teilt die Bundesregierung, teilt das Auswärtige Amt diese Einschätzung des israelischen Partners, was die Verurteilung des Marsches und die Aufklärung der antisemitischen Vorfälle während dieser Märsche angeht?

BURGER (AA): Die Bundesregierung verurteilt und stellt sich gegen jede Form von Antisemitismus und gegen jede Glorifizierung der Verbrechen der Nazis. Ich kann Ihnen ergänzend sagen, dass wir natürlich auch die von der Organisation Ukrainischer Nationalisten teilweise unter Leitung Banderas begangenen Verbrechen insbesondere an Zivilisten verurteilen. Ein erheblicher Anteil ‑ das muss man im Kopf behalten ‑ dieser Verbrechen wurde in Kollaboration mit deutschen Besatzungstruppen begangen.

ZUSATZFRAGE: Das israelische Außenministerium hat diese Verurteilung am 1. Januar formuliert. Wenn ich das richtig gesehen habe, hat das Auswärtige Amt bis jetzt, also bis zu dieser Regierungspressekonferenz, noch keine Stellung dazu genommen. Können Sie erläutern, wieso Sie eine Woche damit gewartet haben, das in dieser Form zu verurteilen?

BURGER: Sie haben mir jetzt die Frage gestellt.

ZUSATZFRAGE: Also ohne Frage keine Verurteilung?

BURGER: Ich kann nicht sagen, ob unsere Botschaft in Kiew dazu in irgendeiner anderen Form kommuniziert hat. Ich glaube, unsere Haltung dazu ist sehr klar.

Situation in Kasachstan

VORS. BUSCHOW: Es gibt noch eine Frage zu einem außenpolitischen Thema: Verfolgt die Bundesregierung die Situation in Kasachstan, wo es seit Tagen Massenproteste gibt, und wie besorgt ist sie über die Lage?

BURGER (AA): Ja, wir verfolgen die aktuellen Entwicklungen in Kasachstan sehr aufmerksam, auch durch unsere Botschaft in Nur-Sultan und das Generalkonsulat in Almaty, wo sich diese Proteste ja konzentrieren. Unsere Vertretungen sind natürlich in fortlaufendem Kontakt mit ihren Kontakten in Regierungen und auch in der Zivilgesellschaft, und wir stimmen uns auch eng mit unseren europäischen Partnern dazu ab, einschließlich einer gemeinsamen Reaktion der EU auf die jüngste Entwicklung. Aus unserer Sicht ist entscheidend, dass sich die Lage wieder beruhigt. Dass die Regierung mit Vertretern der Protestierenden dort in einen Dialog getreten ist, ist aus unserer Sicht ein wichtiger Schritt dorthin.

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