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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungs­­pressekonferenz vom 27.12.2021

27.12.2021 - Artikel

Tod von Desmond Tutu

BÜCHNER (BReg): Schönen guten Tag! Wie Sie wissen, trauert die gesamte Welt mit Südafrika um den gestern verstorbenen Erzbischof und Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu. Bundeskanzler Scholz hat in seiner Kondolenzbotschaft, wie zuvor schon Bundespräsident Steinmeier, den entscheidenden Beitrag von Desmond Tutu zur Überwindung der Apartheid in Südafrika hervorgehoben und betont, dass sich Desmond Tutu sein ganzes Leben lang für Menschlichkeit, Freiheit und Gleichheit eingesetzt hat. Desmond Tutu war damit ein Vorbild für uns alle. Zugleich war er ein wichtiger Wegbereiter des modernen Südafrika.

Als Vorsitzender der Wahrheits- und Versöhnungskommission war er tief davon überzeugt, dass eine Versöhnung der durch die Apartheid tief gespaltenen südafrikanischen Gesellschaft nur auf dem Wege der Wahrhaftigkeit und der Aufarbeitung der eigenen Geschichte gelingen konnte. Bei dieser zum Teil sehr schmerzhaften Aufarbeitung zählte für ihn das große Ganze, aber auch jede einzelne Biografie. Gerade dies ist ein wichtiges Vermächtnis Desmond Tutus.

Lage in Mali

FRAGE: An das Auswärtige Amt und gegebenenfalls an das BMVg: Am vergangenen Donnerstag hat das Auswärtige Amt zusammen mit 14 anderen Nationen eine Erklärung veröffentlich, in der die Stationierung russischer Söldner in Mali verurteilt wird. Am darauffolgenden Freitag hat die malische Regierung das sehr energisch dementiert. Bleibt das AA bei seiner Darstellung?

An das Verteidigungsministerium: Bei Ihnen gab es eine etwas andere Nuance. Während das AA die Stationierung verurteilt hat, sagte Ihre Ministerium sinngemäß: wenn es sich bestätigen sollte. Gibt es da unterschiedliche Einschätzungen der Situation?

SASSE (AA): Vielleicht erst einmal grundsätzlich zur Lage in Mali: Wir schätzen die Lage in Mali weiterhin als sehr besorgniserregend ein, unter anderem deswegen, weil es ganz klar weiterhin in dem Land eine Bedrohung durch terroristische Kräfte gibt und weil die Transition aus unserer Sicht auch nicht wirklich vorankommt ‑ zumindest nicht in dem Maße, wie es notwendig wäre.

Sie haben es angesprochen: Wir haben in der vergangenen Woche ‑ am vergangenen Donnerstag, um genau zu sein ‑ in enger Abstimmung mit 15 weiteren Staaten eine gemeinsame Erklärung veröffentlicht, in der wir unsere Sorge über diese aktuelle Lage, die ich gerade geschildert habe, zum Ausdruck gebracht haben. Es ist klar, dass wir vor dem Hintergrund dieser gemeinsamen Erklärung jetzt die Lage bzw. auch die weitere Entwicklung in den nächsten Tagen genau im Auge behalten werden und genau beobachten werden. Dazu zählt natürlich auch, dass wir die Äußerungen, die von der malischen Regierung in den vergangenen Tagen gefallen sind, ebenfalls in unsere Abwägungsprozesse und Beobachtungsprozesse einbeziehen.

COLLATZ (BMVg): Dem kann ich nichts qualitativ Anderes hinzufügen. Auch wir beobachten die Äußerungen der malischen Regierung natürlich mit Aufmerksamkeit, und die Ministerin hat sich genau so ‑ und auch einvernehmlich und abgestimmt mit dem Auswärtigen Amt ‑ entsprechend geäußert.

ZUSATZFRAGE: Ich bitte um Entschuldigung, dass ich immer so unpräzise formuliere; ich frage deshalb gerne noch einmal etwas präziser. In Ihrer Erklärung vom Donnerstag sagen Sie: Wir verurteilen die Stationierung russischer Söldner ‑ ich kann es Ihnen auch im englischen Original vorlesen. Die Regierung in Mali sagt: Es gibt diese Stationierung nicht. Meine Frage an Sie ist: Bleiben Sie bei Ihrer Aussage, dass es diese Stationierung bereits gibt?

SASSE: Wir haben diese Erklärung vom vergangenen Donnerstag, die ich erwähnt habe, im Lichte von Erkenntnissen veröffentlicht, die wir haben. Aus unserer Sicht ist es weiterhin so, dass Mali ernsthafte Nachteile aus einer etwaigen Zusammenarbeit mit den Söldnern der Wagner-Gruppe drohen. Wir haben an anderen Krisenherden bereits beobachten können, welche Folgen dieses Vorgehen der Wagner-Gruppe hat, beispielsweise in der Zentralafrikanischen Republik. Da geht es um Destabilisierung von Ländern, da geht es auch um schwere Menschenrechtsverletzungen. Das alles ist der Grund, warum auch die EU ganz konkret beim letzten Rat einen Rechtsrahmen beschlossen hat, der künftige Sanktionen gegen Personen möglich macht, die diese Demokratisierung in Mali verschleppen.

Das heißt, um auf Ihre Frage zurückzukommen, ob wir weiterhin zu dem stehen, was wir am vergangenen Donnerstag gesagt haben: Ja, das tun wir.

ZUSATZFRAGE: Dann frage ich noch einmal ganz kurz, weil ich so simpel gestrickt bin: Sie sagen weiterhin, die sind da, auch wenn die Malier sagen, die sind nicht da? Habe ich das richtig verstanden?

SASSE: Wir stehen vollumfänglich zu der Erklärung, die wir am vergangenen Donnerstag veröffentlicht haben.

Russland

VORS. FELDHOFF: Dann kommen wir zum Thema Russland. Wir fangen an mit einer Frage an das Auswärtige Amt bzw. an den Regierungssprecher: Am 12. Januar ist ein Treffen des NATO-Russland-Rats geplant. Welche Themen stehen dabei für die Bundesregierung im Vordergrund?

BÜCHNER (BRegI: Ich kann gerne anfangen. Grundsätzlich wäre es eine sehr erfreuliche Entwicklung, wenn dieses Treffen des NATO-Russland-Rats auch unter Beteiligung Russlands zustande kommt, so wie es überhaupt gut ist, dass jetzt auf vielen Ebenen Gespräche stattfinden. Diesen Gesprächen kann ich jetzt in der Frage, welches Thema genau dort verhandelt wird, natürlich nicht vorgreifen. Grundsätzlich ist es aber erfreulich, dass wir eine Entwicklung sehen, wie sie sich ja auch der Bundeskanzler gewünscht hat, dass wir möglichst mit diplomatischen Initiativen vorankommen.

SASSE (AA): Ich habe dem wenig hinzuzufügen, außer, dass wir natürlich die Einladung, die Generalsekretär Stoltenberg für den 12. Januar ausgesprochen hat, bzw. diese Initiative begrüßen. Wir hoffen darauf, dass die russische Seite dieses Gesprächsangebot auch annimmt.

FRAGE: Ich habe jetzt die Termine nicht so präsent. Wird sich Herr Plötner mit seinem russischen Counterpart vor oder nach dem Treffen des NATO-Russland-Rats treffen?

BÜCHNER: Es gab ja schon ein Telefongespräch zwischen Herrn Plötner und Herrn Kosak. Wenn ich es richtig weiß, wird das Treffen vorher stattfinden.

VORS. FELDHOFF: Dann machen wir weiter mit einer Frage, in der es um das Normandie-Format geht: Herr Büchner, Russlands Präsident und unabhängige westliche Experten verwiesen immer wieder darauf, dass Kiew seine Verpflichtungen aus dem Minsker Abkommen seit mehreren Jahren nicht erfülle. Die weitere Beteiligung Russlands am Normandie-Format hänge auch davon ab. Hat die Bundesregierung vor, in dieser Frage gemeinsam mit Frankreich mehr Druck auf Präsident Selensky auszuüben, vielleicht auch im Rahmen der Beratungen zwischen Berlin und Moskau im Januar?

BÜCHNER: Sie haben es gesagt: Die Bundesregierung wünscht sich eine Wiederbelebung des Normandie-Formats auch unter russischer Beteiligung. Die Bundesregierung wäre zuversichtlich, im Rahmen dieses Formats dann alle Fragen zu lösen und auch zu einer vollständigen Umsetzung des Minsker Abkommens zu kommen, das ja bisher noch nicht vollumfänglich umgesetzt wurde.

VORS. FELDHOFF: Dann gibt es zwei Fragen zum Thema Gas.

Die erste Frage: Der russische Energiekonzern Gazprom hat in dieser Woche behauptet, Deutschland nutze seine Gasreserven, um Gas vor allem nach Polen zurückzuschicken. Können Sie dies bestätigen? Was ist der Grund dafür?

EINHORN (BMWi): Ich nehme an, dass die Frage an mich geht. Dazu würde ich gern noch einmal ein bisschen die allgemeine Lage einordnen. Wir beobachten die Lage beim Thema Gas aktuell sehr genau, und auch die Bundesnetzagentur tut das, die hier eine Aufsichtsfunktion wahrnimmt. Die Versorgungssicherheit ist gewährleistet; das haben wir in den letzten Wochen immer wieder betont, und das gilt auch aktuell weiter. Es gibt keine Versorgungsengpässe.

Außerdem arbeitet das Ministerium kontinuierlich daran, die Mechanismen der Krisenvorsorge zu stärken, wenn es um das Thema Gas und um die Gasversorgung geht. So gibt es hier bereits seit 2018 kontinuierliche Arbeiten im engen Austausch mit den anderen EU-Mitgliedstaaten, basierend auf EU-Recht. Hier geht es darum, das Krisenmanagement im Gasbereich in der gesamten EU weiter zu verbessern. Beispielsweise gibt es da im Rahmen der EU-Gasversorgungs­sicherheits­verordung, der sogenannten Security-of-supply-Verordnung von 2018, bilaterale Solidaritätsverträge zwischen benachbarten EU-Mitgliedstaaten. Deutschland hat solche Verträge bereits mit Dänemark und Österreich abgeschlossen.

Es ist so, dass die Lage auf dem Gasmarkt in Deutschland von den Händlern und den sogenannten Marktgebietsverantwortlichen bestimmt wird. Das heißt, hier ist es nicht die Bundesregierung, die über die Gasströme entscheidet, sondern eben der Markt bzw. die Händler. Insofern können wir einzelne Meldungen oder Äußerungen Russlands, die die einzelnen Gasströme betreffen, hier auch nicht kommentieren; das müssten immer die Händler und die Marktverantwortlichen tun.

FRAGE: Können Sie einordnen, welche Rolle in diesem Zusammenhang die in manchen Berichten sehr hoch gehaltenen LNG-Lieferungen, die jetzt nach Europa umgeleitet werden, spielen?

EINHORN: LNG ist ja eine weitere Möglichkeit, die Gasnachfrage teilweise zu bedienen. Deshalb gibt es auch zunehmend LNG-Infrastruktur in Europa und auch in Deutschland. Dazu, wie groß der Anteil von LNG ist und ob sich das aktuell verändert, kann ich, wie gesagt, nichts sagen, weil nicht wir dieses Gas bestellen ‑ sei es Gas über die Pipelines oder sei es verflüssigtes Gas, LNG, über Schiffe ‑, sondern das die Marktteilnehmer tun. Insofern kann ich dazu jetzt nichts sagen.

VORS. FELDHOFF: Dann habe ich noch eine Onlinefrage zum Thema Gas: Was bedeutet der Gaslieferstopp aus Russland für unsere Energieversorgung? Können Sie Engpässe ausschließen?

EINHORN: Ich habe es gerade ja schon gesagt: Die Versorgungssicherheit ist weiter gewährleistet und es gibt keine Versorgungsengpässe. Nach unserer Kenntnis ist es auch so, dass Russland seinen Lieferungen nachkommt. Aber wie gesagt, das Bestellen und auch das Abwickeln läuft nicht über uns; insofern können wir dazu nichts sagen.

FRAGE: Ich bin gerade ein bisschen irritiert: Ja, die ordnende Hand des Marktes, die wir alle wollen, das ist sehr schön ‑ aber kommen wir nicht an einen Punkt, an dem Versorgungssicherheit auch eine Regierungsaufgabe ist? Ich habe gerade den Eindruck, die Regierung hat damit sehr wenig zu tun.

EINHORN: Dann ist Ihr Eindruck falsch. Wir beobachten die Lage sehr genau, und ich habe eingangs gesagt ‑ so bin ich ja in das ganze Thema eingestiegen ‑, dass es die Bundesnetzagentur gibt, die hier eine Aufsichtsfunktion hat. Die beobachtet die Sache und ist natürlich auch im Austausch mit den Marktgebietsverantwortlichen. Wie beobachten die Lage und äußern uns ja auch seit Wochen dazu. Wie gesagt, die Versorgungssicherheit ist gewährleistet, es gibt keine Engpässe. Insofern ist das die aktuelle Lage, die jetzt auch kein Eingreifen akut erforderlich macht.

VORS. FELDHOFF: Es gibt noch eine Nachfrage zum Thema Normandie-Format: Sieht die Bundesregierung ein, dass Kiew seine Verpflichtungen aus dem Minsker Abkommen nicht erfüllt? Wie will die Bundesregierung die gegenseitige Erfüllung der Verpflichtungen anstoßen?

BÜCHNER: Ich nehme an, die Frage geht an mich. Ich habe mich eben ja schon dazu geäußert. Möglichen neuen Beratungen im Normandie-Format, an denen dann wieder alle vier teilnehmen, möchte ich jetzt nicht vorgreifen.

VORS. FELDHOFF: Dann gibt es noch eine letzte Frage zu dem Komplex Russland an den Regierungssprecher: Gibt es eine grundsätzliche Meinung zu dem Interview, das Botschafter a. D. Heusgen gestern RT gegeben hat? Er fragt das wegen der umstrittenen Position dieses Senders.

BÜCHNER: Ich möchte mich hier nicht zu Interviewäußerungen äußern.

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