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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungs­­pressekonferenz vom 22.11.2021

22.11.2021 - Artikel

Lage an der belarussisch-polnischen Grenze

FRAGE: Eine Frage, die an Herrn Seibert und an Frau Sasse geht. Es geht um das Thema Belarus. Herr Lukaschenko hat sich geäußert und hat gesagt, er habe immer noch keine Antwort von der EU auf seinen Vorschlag bekommen, dass man die Zahl der Migranten doch teilen könnte. Er würde 5000 in die Länder zurückfliegen, aus denen sie gekommen sind, und 2000 solle die EU nehmen. Er hat sich explizit auch an Deutschland gewandt. Jetzt hätte ich ganz gerne gewusst, ob Sie sagen können, was aus diesem Vorschlag überhaupt geworden ist und was Deutschland und die EU in dieser Frage zu tun gedenken.

SEIBERT (BReg): Wir haben uns dazu ja schon in der vergangenen Woche geäußert. Sie wissen, wenn die Bundeskanzlerin, wie sie es zweimal getan hat, mit Herrn Lukaschenko telefoniert hat, dann hat sie das getan, weil es eine entsetzliche humanitäre Situation entlang der belarussisch-polnischen Grenze, also der Grenze zwischen Belarus und der Europäischen Union, gibt und weil natürlich immer der Versuch gemacht werden muss, im Interesse der Menschen, die dort unter sehr, sehr schwierigen Umständen ausharren, Lösungen zu finden.

Die Bundeskanzlerin hat in der vergangenen Woche auch mit dem Chef des UNHCR und dem Chef der IOM gesprochen, denn unsere Bemühung ist natürlich, für diese wichtigen Organisationen Zugänge zu schaffen, damit sie bei der humanitären Versorgung der Migranten entlang der Grenze helfen können, damit sie aber auch tätig werden können, wenn es um die sichere Rückführung in die Heimatländer geht.

Das ist der Inhalt der Gespräche, die im Übrigen natürlich von der Bundeskanzlerin ganz auf der Linie der europäischen Positionen geführt werden, denn es handelt sich hier nicht um ein deutsch-belarussisches Thema. Es handelt sich um eine hybride Herausforderung, die Belarus allen Staaten der Europäischen Union vorsetzt und wo es natürlich ein europäisches Vorgehen geben muss.

ZUSATZFRAGE: Entschuldigung, wenn ich noch einmal nachfrage. Das war jetzt gar nicht die Frage gewesen. Lukaschenko hat heute noch einmal gesagt, er habe noch keine Antwort bekommen. Deswegen wollte ich ja wissen: Was ist aus diesem Vorschlag geworden? Ist er überhaupt an die EU übermittelt worden? Ist das ein Vorschlag, der auf Zustimmung der Bundesregierung stoßen könnte?

SEIBERT: Die Vorstellung, dass es einen humanitären Korridor nach Deutschland für 2000 Migranten geben kann ‑ das haben wir in der vergangenen Woche gesagt; das hat auch Bundesinnenminister Seehofer bei seinem Besuch bei seinem polnischen Amtskollegen letzte Woche gesagt ‑, ist eine für Deutschland oder die EU nicht akzeptable Lösung.

DETJEN (Vorsitz): Ich weiß nicht, ob Sie noch ergänzen wollen, Frau Sasse.

SASSE (AA): Ich habe den Ausführungen von Herrn Seibert an dieser Stelle nichts hinzuzufügen.

ZUSATZFRAGE: Wenn es sonst keine Fragen zu Belarus gibt, würde ich Frau Sasse gerne fragen, ob es denn auf Ebene der Außenminister oder des Außenministeriums Kontakte zu der Führung in Minsk gibt, wie man mit diesem Problem umgeht. Es gibt ja auch Gerüchte oder Meldungen der polnischen Seite, dass in Belarus jetzt wieder Migranten an die Grenze herangeführt werden.

SASSE: Gut, dann ergänze ich die Ausführungen von Herrn Seibert doch an dieser Stelle.

Vielleicht zur grundsätzlichen Lage: Aus unserer Sicht ist die Lage vor Ort im Grenzgebiet weiterhin besorgniserregend. Das heißt, unsere Anstrengungen sind weiterhin in aller erster Linie darauf gerichtet, dieses menschenverachtende und zynische Vorgehen von Herrn Lukaschenko, also die Instrumentalisierung der Flüchtlinge, zu unterbinden. Das ist oberstes Ziel, und dieses Ziel hat für uns Priorität.

Ich habe in der vergangenen Woche schon einmal ausgeführt, dass selbstverständlich weiterhin unsere Botschaft in Minsk mit den Behörden von Belarus in Kontakt steht. Ich glaube, Herr Burger hat das in der letzten Woche an dieser Stelle auch noch einmal deutlich gemacht. Das heißt, es gibt durchaus einen Gesprächsfaden, den wir auch in dieser Zeit über unsere Botschaft in Minsk beibehalten.

Was die Aufnahme von Flüchtlingen angeht, hat Herr Seibert sich ja schon umfänglich geäußert. Ich kann Sie an dieser Stelle auch noch einmal auf die Ausführungen von Außenminister Maas zu diesem Thema hinweisen, der sich beim Rat vergangenen Montag und auch Ende vergangener Woche gegenüber einer großen Tageszeitung zu diesem Thema geäußert hat.

FRAGE: Ich war einen Moment unaufmerksam. Falls die Frage schon gestellt und beantwortet wurde, bitte ich um einen Hinweis.

Es geht darum, dass es offenbar einen Grenzüberschreitungsversuch von 150 Menschen nach Polen gegeben hat. Nach polnischen Angaben sei der zweifelsfrei von belarussischen Beamten oder Kräften dirigiert oder initiiert worden. Haben Sie Erkenntnisse darüber, ob es so etwas gab?

SASSE: Ich muss noch einmal darauf verweisen, dass wir selbstverständlich die Lage im Grenzgebiet weiterhin sehr eng beobachten. Dazu gehört die Instrumentalisierung der Flüchtlinge durch das Regime von Herrn Lukaschenko, auf die ich bereits eingegangen bin.

Was konkrete Maßnahmen im Grenzgebiet angeht, wissen Sie, dass die polnische Regierung im Grenzgebiet den Ausnahmezustand verhängt hat. Wir stehen weiterhin ‑ das hat Herr Seibert auch schon deutlich gemacht ‑ mit unseren Nachbarstaaten, insbesondere natürlich Polen, und mit allen EU-Partnern zu diesem Thema in Kontakt. Nicht zuletzt treiben wir auch weiterhin das Sanktionspaket voran, wie Sie wissen.

ZUSATZFRAGE: Ich schließe aus Ihrer Antwort, dass Sie von diesem konkreten gemeldeten Versuch von ungefähr 150 Menschen, unter belarussischer Anleitung ‑ so wird das berichtet ‑ die Grenze nach Polen zu überwinden, keine Kenntnis haben. Ist das richtig?

SASSE: Wir kennen diese Berichte. Diese Berichte gibt es ja immer wieder. Es ist ein unmenschliches Verhalten des belarussischen Regimes ‑ das haben wir auch schon an dieser Stelle deutlich gemacht ‑, dass Migrantinnen und Migranten immer wieder für solche Provokationen instrumentalisiert werden. Dieses Verhalten muss ein Ende haben.

Aufnahme von ehemaligen Bundeswehrmitarbeitern aus Islamabad in Deutschland

DETJEN (Vorsitz): Dann habe ich von außen eine Frage von einem Kollegen, der Frau Sasse anspricht: Zwei Ex-Bundeswehrmitarbeiter sitzen seit nunmehr vier Wochen in Islamabad ohne erteilte Einreisezusage für Deutschland. Ihre Aufenthaltserlaubnis für Pakistan läuft in fünf Wochen ab. Wie ist der Arbeitsstand im Bundesinnenministerium?

Was tut das Auswärtige Amt, um diese Mitarbeiter vor Ort zu unterstützen?

LAWRENZ (BMI): Ich kann zu diesen Einzelfällen jetzt nichts sagen.

SASSE: Ich leider ohne nähere Angaben auch nicht.

[…]

DETJEN: Der Kollege weist bezüglich der Frage, die er mit Blick auf Bundeswehr-Ortskräfte oder -Mitarbeiter in Islamabad gestellt hat, darauf hin, dem Auswärtigen Amt bzw. Herrn Burger seien die Fälle bekannt. Laut Bundesverteidigungsministerium seien die Mitarbeiter geprüft und berechtigt, die Fälle seien an das BMI weitergereicht worden. Das war bereits der Stand der vorvergangenen Woche. Daher gab es auch die Fragen in der vergangenen Woche nach der Bearbeitungsdauer.

LAWRENZ: Ich kann nach wie vor zu diesen Einzelfällen von hier aus in dieser Abstraktheit keine Stellung nehmen. Wir reichen das nach, wenn es dazu etwas nachzureichen gibt.

SASSE: Ich habe mich inzwischen erkundigt und kann sagen, dass unserer Kenntnis nach die Aufnahmezusage in diesen zwei Fällen noch nicht vorliegt. Das heißt, wir bzw. unsere Botschaften in den Nachbarländern können auch noch keine Visa ausstellen.

[…]

DETJEN: Der Kollege fragt noch einmal nach der Aufnahmezusage, das heißt, der Zusage des BMI.

SASSE: Es geht um die Aufnahmezusage, aber Herr Lawrenz hat ja bereits angekündigt, dass er das nachreichen wird, wenn es eine Nachreichung geben wird. Herr Alter hat, glaube ich, in den vergangenen Wochen auch schon Ausführliches zu diesem Thema ausgeführt.

COVID-19-Pandemie

FRAGE: Ich habe auch eine Frage, die sich vermutlich an das Auswärtige Amt im Nachgang zu der Pressekonferenz mit Minister Spahn von gerade eben richtet. Ich habe die Bitte, den aktuellen Stand der COVAX-Lieferungen mitzuteilen. Es war bei Herrn Spahn die Rede davon, dass 68 Millionen Impfstoffdosen fest zugesagt worden seien. Auf Ihrer Webseite steht wiederum, dass 107 Millionen inzwischen schon ausgeliefert sind. Können Sie aufklären, was zugesagt und was ausgeliefert ist?

SASSE (AA): Was die Pressekonferenz von Gesundheitsminister Spahn angeht, würde ich an Herrn Gülde abgeben.

Was die Zusagen in Bezug auf Abgaben angeht, haben wir an dieser Stelle schon mehrfach ausgeführt, dass wir als Bundesregierung der Auffassung sind, dass die Pandemie nur dann wirksam bekämpft werden kann, wenn alle Länder weltweit Zugang zu Impfstoffen haben. Wir haben deswegen immer wieder Impfstoffe an die Impfstoffplattform COVAX abgegeben, über die diese Impfstoffe weltweit verteilt werden.

Ich muss an dieser Stelle allerdings hinzufügen, dass nur solche Impfstoffmengen abgegeben wurden, die wir nicht für die nationale Versorgung gebraucht haben und brauchen. Dieser Klarstellung bedarf es, glaube ich, an dieser Stelle.

Selbstverständlich beurteilen wir die Impfstoffabgaben stets in Abhängigkeit zum eigenen Bedarf in Deutschland.

Zu Details der Versorgung hier in Deutschland würde ich an das BMG abgeben.

Was die Mengen angeht, kann ich Ihnen sagen, dass Deutschland insgesamt bereits rund 107 Millionen Dosen Impfstoff abgegeben hat und weitere Mengen 2022 abgegeben werden sollen. Allerdings noch einmal der Hinweis: Das richtet sich selbstverständlich auch nach dem nationalen Bedarf.

ZUSATZFRAGE: Wenn ich richtig informiert bin, dann waren für dieses Jahr 100 Millionen zugesagt. Heißt das, dass es das für dieses Jahr war? Sind das jetzt die, oder können auch noch dieses Jahr Impfdosen abgegeben werden?

SASSE: Die Antwort müsste ich Ihnen nachreichen.

DETJEN (Vorsitz): Für die, die eben nicht da waren, der Hinweis, dass auch die Zahlen und Statistiken vorhin in der Pressekonferenz mit dem Bundesgesundheitsminister eine Rolle spielten.

FRAGE: Darf ich direkt dazu fragen? ‑ An beide Ministerien wirklich die Bitte, das etwas präziser aufzuklären. Denn jetzt kursieren, glaube ich, verschiedene Zahlen, die sich irgendwie zu widersprechen scheinen. Es sind auch nicht nur COVAX-Spenden, sondern es gibt ja auch noch bilaterale Spenden Deutschlands. Die 107 Millionen scheinen auf den ersten Blick nicht zu den 68 Millionen zu passen, die vorhin erwähnt wurden. Es wäre wirklich klasse, wenn man ein Tableau hätte, wo man sehen könnte: Was ist versprochen worden, was ist geliefert worden, und zwar auf den beiden Wegen, COVAX plus bilateral?

GÜLDE (BMG): Wie gesagt, also, wenn wir da eine genauere Auflistung haben, reiche ich die gerne nach. Ansonsten gilt, was der Minister halt eben gerade gesagt hat. Er hat ja von den Dosen gesprochen, die bereits ausgeliefert sind oder sich in Auslieferung befinden.

DETJEN: Ja, aber es kann in der Tat sein, dass man das noch einmal abgleichen müsste.

GÜLDE: Wie gesagt, wir sehen, ob wir das nachreichen.

FRAGE: Nur, um die Klärung seitens der Bundesregierung zu beschleunigen: Hintergrund der Fragen, die hier auch in der vorhergegangenen Pressekonferenz an den Minister gestellt wurden, war eine offizielle Erklärung der Bundesregierung, abgegeben am 12. November, dass bis zum Jahresende 100 Millionen Dosen abgegeben werden. Das war vor zehn Tagen eine Zusage, verbunden mit der Auskunft, dass zum selben Zeitpunkt 20 Millionen Dosen schon ausgeliefert worden seien. Es wurde dann in der Woche darauf hier in der BPK gesagt, man halte an der Zusage 100-Millionen-Lieferung bis zum Jahresende fest. Das wurde jetzt offenbar durch die Erklärung des Ministers und auch durch das, was Sie, Frau Sasse, sagten, revidiert. Es gibt offenbar nicht nur die verbindliche 100-Millionen-Zusage. Wenn das klargestellt werden könnte, wäre es schön.

GÜLDE: Also, ohne dass ich jetzt genau dazu jetzt nähere Zahlen nennen könnte ‑ ‑ ‑ Aber die Zusage 100 Millionen gilt natürlich auch vorbehaltlich der Lieferungen, die wir von den Herstellern erhalten. Das haben wir aber auch immer so eingeordnet.

SASSE: Und, wenn ich das nur ergänzen kann: Wir haben auch auf unserer Website www.diplo.de aktuelle Zahlen eingestellt.

Demonstrationen im Sudan

DETJEN (Vorsitz): Dann wechseln wir das Thema und haben von außen eine Frage von einem Kollegin mit Blick auf den Sudan, wahrscheinlich an das Auswärtige Amt. Er bittet um einen Kommentar zu den Demonstrationen im Sudan und auch zu dem neuen politischen Abkommen, mit dem Abdalla Hamdok ins Ministerpräsidentenamt zurückgekehrt ist.

SASSE (AA): Vielen Dank für die Frage. – Die sudanesische Bevölkerung hat mit großer Entschlossenheit in den vergangenen Tagen und Wochen gezeigt, dass sie den Militärputsch mit überwältigender Mehrheit abgelehnt. Daher bewerten wir es zunächst einmal positiv, dass es nun im Sudan eine Einigung gegeben hat, aufgrund derer Premierminister Hamdok sein Amt wieder ausüben wird. Dies ist ein erster guter Schritt.

Gleichzeitig ist es für uns natürlich wichtig, dass weitere Schritte folgen. Dazu zählt zunächst, dass alle Dekrete von General Burhan, die im Rahmen des Putsches erlassen wurden, zurückgenommen werden. Wir fordern auch, dass die politischen Gefangenen freigelassen und die entlassenen politischen Führungskräfte wiedereingesetzt werden.

Das übergeordnete Ziel, dass wir von Beginn an gefordert haben, ist eine echte Rückkehr zum vereinbarten Übergangsprozess. Das heißt auch, dass Premierminister Hamdok über genügend Entscheidungsfreiheit verfügen muss, um ein handlungsfähiges Kabinett zusammenzustellen. Ob sich das realisiert, werden die kommenden Tage zeigen. Bis dahin bewerten wir die jüngsten Entwicklungen im Sudan mit vorsichtigem Optimismus.

Olympische Spiele in Peking

FRAGE: Ich habe eine Frage, die, denke ich, wieder an Herrn Seibert und Frau Sasse geht. Es geht um die Olympischen Spiele in Peking. Die amerikanische Regierung hat ja jetzt von einem möglichen Boykott, zumindest einem politischen Boykott, der Spiele gesprochen. Die britische Regierung scheint dafür auch offen zu sein. Ich hätte deswegen gerne gewusst, ob die Bundesregierung in eine ähnliche Richtung denkt.

SEIBERT (BReg): Das betrifft sicherlich auch das für den Sport zuständige Innenministerium.

LAWRENZ (BMI): Wir kommentieren Boykottaufrufe grundsätzlich nicht.

ZUSATZ: Es heißt, dass die amerikanische Regierung auf der Chefebene auch an andere Regierungen herangetreten ist. Deswegen hätte ich ganz gerne gewusst, ob das auch gegenüber der Bundeskanzlerin oder dem Außenminister der Fall gewesen ist.

SASSE (AA): Ich kann Ihnen ergänzend zu den Äußerungen des Kollegen aus dem Innenministerium noch sagen, dass wir die Äußerungen natürlich entsprechend zur Kenntnis genommen haben. Über die Teilnahme der Athleten entscheiden die Sportverbände autonom. Was die diplomatische Wahrnehmung der nächsten Olympischen Spiele angeht, so ist das eine Entscheidung, die die Bundesregierung treffen wird.

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