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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungs­­pressekonferenz vom 12.11.2021

12.11.2021 - Artikel

Reise des Bundesaußenministers nach Brüssel

SASSE (AA): Außenminister Maas wird am Montag nach Brüssel reisen und dort am Vormittag am Treffen der EU-Außenministerinnen und ‑Außenminister teilnehmen. Auf der Tagesordnung des RfAB stehen eine politische Aussprache zum Thema „Westlicher Balkan“, eine politische Aussprache über die verschiedenen Krisen in der Sahelregion und unter dem Tagesordnungspunkt „Aktuelle Angelegenheiten“ die Situation in und an den Grenzen von Belarus. Hierzu hatte Außenminister Maas bereits gestern im Deutschen Bundestag weitere konkrete Maßnahmen angekündigt.

Vor Beginn des Außenministertreffens wird es um 9 Uhr, wie üblich, ein Auftaktstatement des Außenministers geben. Das können Sie, wie das immer der Fall ist, über unsere Kanäle in den sozialen Medien verfolgen.

Nach dem Treffen der EU-Außenministerinnen und ‑Außenminister, das heißt am frühen Nachmittag, ca. 13.30/14 Uhr, folgt ein Treffen der EU‑Außenministerinnen und ‑Außenminister mit den Ländern der Östlichen Partnerschaft. Der Schwerpunkt liegt auf der Vorbereitung des Gipfels zur Östlichen Partnerschaft im Dezember. Am Rande dieses Treffens wird Außenminister Maas voraussichtlich gemeinsam mit seinem französischen Amtskollegen Le Drian ein Gespräch mit dem ukrainischen Außenminister Kuleba führen.

Am Montagabend schließt sich ein gemeinsames Treffen aller EU-Außenministerinnen und ‑Außenminister und auch der EU-Verteidigungsministerinnen und ‑Verteidigungsminister an. Schwerpunkt dieses Treffens ist die Vorstellung eines Entwurfs für ein neues sicherheitspolitisches EU-Grundlagendokument, den sogenannten Strategischen Kompass, durch den EU-Außenbeauftragten Borrell.

Lage an der belarussisch-polnischen Grenze

FRAGE: Frau Sasse, es geht ja um eventuelle Sanktionen gegen Fluggesellschaften. Damit Sie mich nicht auf die EU verweisen, frage ich ‑ ich weiß nicht, ob Sie die richtige Ansprechpartnerin sind ‑: Auf welcher Grundlage kann Deutschland Landerechte für ausländische Fluglinien verweigern?

SASSE (AA): Da müsste ich tatsächlich an die Kollegen verweisen.

ZUSATZFRAGE: Wer könnte das beantworten?

ALTER (BMI): Das BMVI. Das ist eine verkehrsrechtliche Angelegenheit.

SASSE: Ich kann vielleicht die Gelegenheit nutzen, um grundsätzlich zu den Airlines etwas zu sagen. Wir hatten das ja bereits in den vergangenen Regierungspressekonferenzen hier an dieser Stelle thematisiert. ‑ Wir befinden uns im Gespräch ‑ das hatte ich schon ausgeführt ‑ mit den Herkunfts- und Transitstaaten und auch mit verschiedenen Fluggesellschaften zu dem Thema, dass Migrantinnen und Migranten von Fluggesellschaften nach Belarus transportiert werden. Auch das Schicksal, das sie dort erleiden, hatten wir an dieser Stelle schon mehrfach ausgeführt. Diese Gespräche dauern an und zeitigen ‑ so haben wir zumindest heute einige Erkenntnisse ‑ bereits Erfolg.

NIEKE (BMVI): Ist Ihre Frage damit beantwortet?

ZUSATZFRAGE: Nein. Ich möchte wissen: Auf welcher Grundlage, in welchen Fällen kann Deutschland von sich aus ausländischen Luftfahrtunternehmen Landerechte in Deutschland verweigern?

NIEKE: Vielleicht grundsätzlich, ohne jetzt auf den Einzelfall an der Stelle einzugehen: Es gibt verschiedene Mechanismen, einmal auf EU-Ebene verschiedene Abkommen, die ausgehandelt sind, und ansonsten gibt es bilaterale Abkommen, die mit den jeweiligen Mitgliedstaaten ausgehandelt sind. Insofern müsste man jedes bilaterale Abkommen in Augenschein nehmen.

ZUSATZFRAGE: Darf dieses bilaterale Abkommen von einer Seite, von deutscher Seite, einfach gekündigt werden, ohne Angabe von Gründen?

NIEKE: Zu den Gründen selbst, da das außenpolitische Themen sind, kann ich keine Stellung nehmen. Man müsste sich da in einen Diskursprozess geben, um solche Abkommen in Augenschein zu nehmen.

ALTER: Vielleicht darf ich noch einen Satz ergänzen, weil wir über die Fluggesellschaften reden. ‑ Meine Kollegin aus dem Auswärtigen Amt hat es bereits angedeutet. Wir haben heute die Mitteilung erhalten, dass sich zwei Fluggesellschaften, die im Verkehr Richtung Belarus durchaus maßgeblich sind, entschieden haben, bis auf Weiteres Reisende aus Irak, Syrien und Jemen nicht anzuerkennen, mit der Ausnahme von Inhabern von Diplomatenpässen. Das ist eine Maßnahme, von wir ausgehen, dass sie durchaus wirkt. Sie verfolgt ja das Ziel, dass man Menschen davor bewahren kann, dass sie sich in die Situation begeben, in der sich viele an der polnisch-belarussischen Grenze im Moment befinden.

FRAGE: Ich habe eine Frage an das Auswärtige Amt. Es hat zwei Telefonate der Kanzlerin mit Herrn Putin gegeben. Da hat es meistens dann auch noch Nachwirkungen. Stellen Sie fest, dass die russische Seite auf die belarussische Seite einwirkt, um die Probleme mit den Migranten im Grenzgebiet Polen/Belarus in irgendeiner Art und Weise zu lösen?

SASSE: Zu den Telefonaten der Kanzlerin kann Frau Demmer vielleicht noch ergänzen. Aber zur Klarstellung hier an dieser Stelle: Wir haben schon mehrfach betont, dass unseren Erkenntnissen nach die Schleusung der Flüchtlinge und Migranten aktiv vom Regime in Minsk gesteuert wird. Wir sprechen selbstverständlich auch mit Russland, um dabei mitzuhelfen, die alarmierenden Missstände abzustellen, und auch die Schleusertätigkeiten klar zu verurteilen, gerade auch im Interesse der betroffenen Menschen. Auch Herr Seibert hatte das an dieser Stelle schon in dieser Woche ausgeführt. Frau Demmer, vielleicht möchten Sie noch etwas dazu sagen.

DEMMER (BReg): Ich kann nur bestätigen, dass die Bundeskanzlerin, wie wir Ihnen ja auch zur Kenntnis gebracht haben, noch einmal mit dem russischen Präsidenten Putin über die gegenwärtige Situation an der belarussisch-polnischen Grenze telefoniert hat. Die Bundeskanzlerin hat darin betont, dass die Situation durch das belarussische Regime herbeigeführt worden ist und dass wehrlose Menschen zu einem hybriden Angriff gegen die Europäische Union instrumentalisiert werden. Die Bundeskanzlerin hat den russischen Präsidenten gebeten, auf das dortige Regime einzuwirken und ihm klarzumachen, dass dieses Vorgehen nicht bestehen bleiben kann. Es geht ja auch darum, eine humanitäre Krise abzuwenden.

Die Bundeskanzlerin hat mit Putin zudem über die Sicherheitslage in der Ostukraine gesprochen. Das ist aber ein neues Thema.

Aus unserer Sicht hat der russische Präsident die Möglichkeit, Einfluss auf die Situation auszuüben. Wir erwarten, dass er entsprechende Schritte unternimmt.

ZUSATZFRAGE: Mir ging es gerade um die Folgen dieser Telefonate. Frau Demmer selbst hat eben ja bestätigt, dass der russische Präsident Einfluss hat. Meine Frage zielte darauf, ob man irgendeinen Effekt sieht, dass sich das Verhalten der belarussischen Seite seit diesen Telefonaten geändert hat.

SASSE: Ich kann Ihnen hier an dieser Stelle keine Beobachtung mitteilen. Aber wir werden selbstverständlich auch das russische Verhalten am Montag im Rahmen des Treffens der EU-Außenministerinnen und ‑Minister thematisieren.

DEMMER: Das Telefonat hat gestern stattgefunden.

FRAGE: Wir sind ja jetzt im Komplex „Situation an der belarussisch-polnischen Grenze“ angelangt. Ich habe eine Frage an das Auswärtige Amt. Es hat die Anregung gegeben, dass Flüchtlinge möglicherweise in der Ukraine zeitweise untergebracht werden und dort Asylverfahren durchlaufen könnten. Das ist von der ukrainischen Seite jetzt drastisch abgelehnt worden. Der ukrainische Botschafter in Deutschland hat gesagt, man habe sein Land noch nicht einmal danach gefragt. Das seien kolonialistische Züge. War das Auswärtige Amt in diese Vorschläge verwickelt? Wussten Sie davon? Wäre es sinnvoll gewesen, mit der Ukraine über einen solchen Vorschlag in Kontakt zu treten?

SASSE: Noch einmal: Uns geht es hier um eine Situation, die Herr Lukaschenko in Belarus herbeigeführt hat, und um die Krise, die sich im Moment in Belarus abspielt. Wir bemühen uns, diese Krise gemeinsam mit allen EU-Partnern und der EU selbst zu lösen. Hierauf sind unsere Bemühungen gerichtet. Es sind verschiedene Lösungsvorschläge und Maßnahmen im Gespräch. Einige dieser Maßnahmen haben wir schon umgesetzt; über einige haben wir an dieser Stelle auch schon berichtet. Über weitere Maßnahmen wird am Montag beim Rat für Auswärtige Beziehungen zu beraten sein. Mehr kann ich Ihnen an dieser Stelle noch nicht dazu mitteilen, auch nicht zum Thema Ukraine.

ZUSATZFRAGE: Das heißt, die Frage, ob die Ukraine in ein solches Lösungspaket einbezogen werden kann ‑ es geht ja auch um die Situation, den Menschen, die da praktisch als Geiseln im Niemandsland, wenn man so will, festgesetzt sind, zu helfen ‑, ist aus der Sicht des Auswärtigen Amtes noch nicht entschieden, oder ist das ein möglicher Partner?

SASSE: Ich kann Sie nur darauf verweisen, dass am Montag am Rande des Treffens der Östlichen Partnerschaft ‑ das habe ich gerade ausgeführt ‑ voraussichtlich auch ein Treffen von Außenminister Maas mit seinem französischen Kollegen und dem Außenminister der Ukraine stattfinden wird. Über Inhalte werden wir gegebenenfalls nächste Woche berichten.

FRAGE: Herr Alter, Sie haben am Montag gesagt: Die geschäftsführende Bundesregierung kümmert sich um Belange, die keinen Aufschub dulden, setzt aber keine neuen politischen Impulse mehr. ‑ Jetzt gibt es ja eine immer dramatischer werdende Lage an der belarussisch-polnischen Grenze. Müssten Sie jetzt nicht doch politische Impulse setzen, wie das Ganze gelöst werden kann?

ALTER: Zunächst einmal tun wir das. Es gibt ganz viele Gespräche, um die Situation vor Ort zu lindern. Der Bundesinnenminister wird heute um 13.30 Uhr noch einmal mit seinem polnischen Amtskollegen telefonieren, sich nach der aktuellen Lage erkundigen und auch weitere Maßnahmen besprechen. Zudem haben wir die Information erhalten ‑ das ist natürlich nicht immer nur das Wirken das BMI, sondern der gesamten Bundesregierung ‑, dass zumindest gestern die belarussischen Grenzbehörden für IOM und UNHCR die Möglichkeit eingeräumt haben, mit Hilfsgütern in die Grenzgebiete vorzudringen. Das ist das, was wir am Anfang der Woche gesagt haben, nämlich dass wir es für wichtig halten, dass es für die Menschen vor Ort human zugeht, dass man ihnen Hilfe leistet vor Kälte und ihnen auch Lebensmittel zur Verfügung stellen muss. Da ist ein Schritt getan worden, der durchaus als positiv zu bewerten ist.

ZUSATZFRAGE: Wird der Minister seinem polnischen Amtskollegen konkrete deutsche Hilfe anbieten, was humanitäre Hilfe anbetrifft? Haben Sie Anzeichen dafür, dass Polen eine solche Hilfe dann annehmen würde?

ALTER: Ich kann das Gespräch im Moment nicht vorwegnehmen. Aber wir haben vor, nach dem Gespräch noch öffentlich über die Inhalte zu berichten.

FRAGE: Da ich von Herrn Scholz gestern keine Antwort bekommen habe, probiere ich es noch einmal bei Frau Demmer und Herrn Alter, und zwar in Bezug auf die Erpressung von Herrn Lukaschenko. Das belarussische Regime geht davon aus ‑ das ist ja dessen Kalkül ‑, dass man in der EU die paar Tausend Menschen einfach nicht haben will. Stimmt dieses Kalkül Lukaschenkos angesichts der aktuellen Reaktion nicht?

DEMMER: Ganz allgemein kann ich sagen, bevor Frau Sasse gleich noch etwas dazu sagt: Polen, Lettland und Litauen sind da in einer sehr schwierigen, von Belarus provozierten Lage und haben selbstverständlich die volle Unterstützung der europäischen Partner und Institutionen, auf die sie da zählen können.

ZUSATZFRAGE: Polen reagiert ja so: Man will die Menschen nicht haben. Man versucht, sie mit Militär, mit Zäunen usw. abzuhalten. Die Frage ist: Stimmt Lukaschenkos Kalkül nicht, dass die EU diese Menschen nicht haben will?

DEMMER: Wie gesagt: Das gesamte Problem ist von Europa zu bewältigen. Wir lassen die Partner, die davon betroffen sind, nicht allein damit.

ALTER: Da Sie mich gezielt angesprochen haben: Es ist jetzt von verschiedenen Seiten, auch auf dieser Bank, deutlich gemacht worden, dass das Kalkül in Belarus offenbar darin besteht, Menschen in eine lebensgefährliche und unerträgliche Situation zu bringen. Das haben wir schärfstens kritisiert. Alles Weitere, was wir tun, richtet sich natürlich nicht in erster Linie nach dem Kalkül von Herrn Lukaschenko, sondern danach, dass es darum geht, so etwas wie den Außengrenzschutz der Europäischen Union nicht aufzugeben, weil ein Machthaber politische Manöver unternimmt. Auf der anderen Seite geht es darum, dafür Sorge zu tragen, die Menschen, die sich jetzt in diese Situation gebracht haben, möglichst human aus dieser Situation wieder herauszubringen. Das ist die Motivation, die zumindest im Bundesinnenministerium wahrnehmbar ist.

WELTY (Vorsitz): Ein Kollege fragt online Frau Sasse und/oder Frau Demmer: Gibt es nach Ihrer Kenntnis ähnliche Einwirkungsversuche wie die Telefonate der Bundeskanzlerin von anderen EU-Mitgliedsländern in Moskau oder Minsk, oder wird generell auf die EU-Konferenz am Montag gewartet?

DEMMER: Diese Frage müsste selbstverständlich an die europäischen Partner gerichtet werden.

FRAGE: Frau Demmer, noch einmal zu dem Telefonat von gestern. Laut Kreml hat der russische Präsident der Kanzlerin gesagt, dies sei eine Angelegenheit zwischen Belarus und der EU. Hat die Kanzlerin an die Europäische Kommission weitergegeben, sie solle sich bitte mit Lukaschenko in Verbindung setzen, um die Angelegenheit zu klären?

DEMMER: Ich kann Ihnen jetzt, wie Sie das kennen, ganz grundsätzlich aus diesen vertraulichen Gesprächen nicht mehr berichten als das, was wir schon berichtet haben und was ich gerade wiederholt habe. Ich habe eben auch gesagt: Aus unserer Sicht hat der russische Präsident die Möglichkeit, Einfluss auf die Situation auszuüben. Wir erwarten, dass er entsprechende Schritte unternimmt.

FRAGE: Ich habe noch eine Frage an Herrn Alter. Sie haben vorhin die beiden Airlines angesprochen, die jetzt keine Menschen mehr aus dem Irak und Jemen nach Belarus bringen, außer Diplomaten. Sind das die beiden Airlines Belavia und Turkish Airlines? Können Sie das bestätigen?

ALTER: Ja, das kann ich bestätigen.

Lage in Bosnien

FRAGE: Frau Sasse, wie schätzen Sie und die Bundesregierung die Lage in Bosnien im Moment ein? Darüber gab es letzte Woche Besorgnis. Ist die größer geworden, dass das Land zerfallen könnte und dass die bosnischen Serben eine Sezession vorantreiben?

SASSE (AA): Vielen Dank ‑ Wie gesagt: Es wird so sein, dass auch der Westliche Balkan ein Thema auf der Tagesordnung des Treffens am Montag sein wird. Es geht unter anderem darum, dass sich die Außenministerinnen und Außenminister darüber beraten und austauschen wollen, welche Schritte man angesichts der steigenden Herausforderungen in der Region unternimmt.

Es ist tatsächlich so ‑ Sie haben den Bericht des Hohen Repräsentanten Schmidt von letzter Woche angesprochen ‑: Wir teilen die große Sorge über die innenpolitische Lage in Bosnien-Herzegowina, die in diesem Bericht zum Ausdruck kommt, insbesondere mit Blick auf eine Reihe von Ankündigungen durch die bosnisch-serbische Seite. Die Bundesregierung bekennt sich zur Souveränität und territorialen Integrität Bosnien-Herzegowinas. Rufe nach Abspaltung und Schritte zur Schwächung des Gesamtstaats, wie sie aktuell von der Republika Srpska und insbesondere von Milorad Dodik, dem serbischen Mitglied der Dreierpräsidentschaft, erfolgen, sind vollkommen unverantwortlich und inakzeptabel.

Bosnien-Herzegowina wird dadurch in seiner Entwicklung zurückgeworfen, und es besteht die Gefahr einer dauerhaften Krise. Leidtragende sind vor allem die Menschen vor Ort, insbesondere in der Republika Srpska. All dies gefährdet nicht nur die Stabilität Bosnien-Herzegowinas, sondern der gesamten Region und läuft auch dem Friedensabkommen von Dayton zuwider. Wir beraten uns sehr eng mit unseren Partnern in der EU, auch mit den USA und weiteren Partnern des Friedensimplementierungsrats, wie wir einer solchen Entwicklung entgegenwirken können.

ZUSATZFRAGE: Nun hat der Hohe Repräsentant am Wochenende im Interview mit Reuters gefordert, dass Geldzahlungen an Bosnien und vor allem an die serbische Teilrepublik künftig an Konditionen geknüpft werden sollten. Das war ja auch eine Aufforderung an die EU. Ist Teil der Vorschläge, dass die Bundesregierung überlegt, Geldzahlungen entweder an Konditionen zu knüpfen oder möglicherweise ganz einzustellen?

SASSE: Auf Details solcher Gespräche kann ich leider nicht eingehen, da solche Gespräche wie immer vertraulich geführt werden. Es gibt aber eine Reihe von Vorschlägen und Ideen, die wir mit unseren Partnern besprechen. Wie gesagt, wir teilen die Sorge, die Herr Schmidt in seinem Bericht zum Ausdruck gebracht hat.

WELTY (Vorsitz): Ich nehme an, die Frage wird sich ein bisschen doppeln. Ich möchte trotzdem die Onlinefrage des Kollegen vorlesen: Viele Berichte weisen auf den Ernst der Lage in Bosnien durch Androhung von Militäraktionen der Serben gegen Kroaten und Muslime hin. Gibt es Bemühungen von der Bundesregierung, den Riss zu heilen?

SASSE: Ja, die gibt es. Wie gerade geschildert, teilen wir die Sorgen von Herrn Schmidt. Wir bemühen uns sehr intensiv, mit allen Partnern, die in diesem Dossier eine Rolle spielen, um eine Lösung, um hier deeskalierend zu wirken.

COVID-19-Pandemie (Hochrisikogebiete)

FRAGE: Frau Sasse, eine Lernfrage: In wie vielen Ländern gilt Deutschland mittlerweile als Hochrisikogebiet?

SASSE: Eine genaue Zahl kann ich Ihnen im Moment nicht liefern. Wenn wir die nachliefern können, kann ich das tun. Ich habe allerdings Zweifel, weil sich diese Einstufung natürlich regelmäßig verändert und auch in der Hand der anderen Staaten liegt.

ZUSATZFRAGE: Darum wollte ich eine aktuelle Zahl haben. Die können sich natürlich ändern. Haben Sie eine ungefähre Zahl?

SASSE: Wenn wir eine aktuelle Zahl dazu nachliefern können, tue ich das an dieser Stelle. Aber noch einmal der Verweis darauf, dass sich diesbezüglich natürlich die Verhältnisse ändern und nicht in unserer Hand liegen.

ZUSATZ: Ich wollte die heutige Zahl wissen.

COVID-19-Pandemie (COVAX)

FRAGE: An das Auswärtige Amt oder das Gesundheitsministerium ‑ ich weiß nicht genau, wer das beantworten kann ‑: Es geht noch einmal um die Spenden von Impfdosen an die Entwicklungsländer. Da hätte ich ganz gerne den neuen Stand gewusst; denn man war ja noch ziemlich weit von dem Ziel entfernt, 100 Millionen Dosen in diesem Jahr zu erreichen. Ich glaube, die letzte Zahl war 17 Millionen gewesen. Wie ist der Stand jetzt? Hat sich das beschleunigt? Wie viele Impfdosen wurden abgegeben?

DEFFNER (BMG): Ich habe tatsächlich diese Woche die aktuelle Zahl nicht parat. Ich weiß nicht, ob das Auswärtige Amt, das ja die Länderübersicht hat, dazu etwas ergänzen kann. Ansonsten reiche ich Ihnen die Zahl gerne nach.

SASSE (AA): Vielleicht kann ich zum einen sagen, dass COVAX sein Lieferziel für Ende 2021 nach unten korrigieren musste, und zwar von zwei Milliarden Dosen auf 1,1 Milliarden. Wir sind aber zuversichtlich, dass sich die Versorgungslage bei COVAX spätestens Anfang 2022 deutlich verbessern wird und COVAX sein Lieferziel von zwei Milliarden Dosen im ersten Quartal 2022 erreichen wird.

Was die Impfstoffabgaben angeht, die Sie angesprochen haben, kann ich an dieser Stelle noch einmal sagen, dass Deutschland der zweitgrößte Geber von COVAX ist und zusätzlich zweitgrößter Geber von Impfstoffen weltweit. Wir werden insgesamt mindestens 175 Millionen Dosen Impfstoff abgeben. Fast 20 Millionen davon sind inzwischen vor Ort angekommen. Es geht darum ‑ das möchte ich an dieser Stelle auch noch einmal betonen ‑ bestimmten Empfängerländern zu helfen. Die wichtigste Region ist dabei Afrika: Nach Afrika ist deutlich über die Hälfte ‑ 61 Prozent ungefähr ‑ der gespendeten Impfstoffdosen ausgeliefert worden. Diese Dosen werden, wie gesagt, überwiegend über die Impfstoffplattform COVAX verteilt. Wir leisten damit einen sehr wichtigen Beitrag zu dieser gemeinsamen Initiative der Weltgemeinschaft. Es geht ja darum, dass wir die Pandemie gemeinsam bekämpfen müssen und deswegen auch den Impfstoff gerechter verteilen müssen.

ZUSATZFRAGE: Können Sie bitte noch einmal sagen, wie Sie auf die 175 Millionen kommen? Ich dachte, es sind 100 Millionen in diesem Jahr; 70 Millionen hatte die Kanzlerin noch einmal bei den G20 versprochen. Da gibt es ja noch eine Differenz.

SASSE: Da müsste ich Ihnen die Antwort nachreichen.

[…]

FRAGE: Frau Demmer, bei COVAX hatte die Bundesregierung, wie Herr Rinke eben gesagt hat, für dieses Jahr eine Spende von 100 Millionen Impfdosen versprochen. Frau Sasse hat gesagt, dass es bisher nur 20 Millionen sind. Das sind 20 Prozent; es bleiben hinsichtlich dieses Versprechens also noch 80 Prozent übrig. Warum ist das so? Sollen die 80 Prozent jetzt noch in den letzten sechs Wochen geliefert werden?

Warum sind das bisher nur Impfstoffe von AstraZeneca? Das BMG hatte uns hier ausdrücklich gesagt, dass zum Beispiel auch BioNTech-Impfstoffe gespendet werden. Stimmt das nun doch nicht?

DEMMER (BReg): Ich muss sagen, dass ich darauf heute nicht vorbereitet bin; das müsste ich also gegebenenfalls nachreichen. Ich würde aber denken, die Kolleginnen wissen Bescheid. Ich mache mich da aber auch selber noch einmal schlau.

ZUSATZFRAGE: Herr Deffner, stimmt es nicht, dass bei den 100 Millionen Dosen über COVAX auch Impfstoff von BioNTech gespendet werden soll? Bisher ist ja keine Impfdosis von BioNTech dabei gewesen.

DEFFNER: Bisher ist das Jahr auch noch nicht zu Ende. Nach meinem Kenntnisstand werden die 100 Millionen Dosen bis zum Jahresende tatsächlich als Spenden übergeben.

ZUSATZFRAGE JUNG: 80 Millionen Dosen werden also in den nächsten sechs Wochen noch übergeben?

DEFFNER: Das ist der Stand, den ich kenne.

[…]

DEMMER: Ich möchte hier schon etwas zu der Frage nach den gespendeten Impfdosen über COVAX nachliefern: Auch nach meinem jetzigen Kenntnisstand ist es so, dass es bei den 100 Millionen Impfdosen bleibt und dass die Kanzlerin bei den G20 sogar noch weitere 75 Millionen Impfdosen angekündigt hat.

FRAGE: Das ist ja jetzt nichts Neues. Die Frage war, wie in den verbleibenden Wochen dieses Jahres noch 80 Millionen Dosen aufgetrieben und gespendet werden sollen und warum da keine BioNTech-Dosen dabei sind, wie Sie hier verlautbart haben.

DEMMER: Welchen Impfstoff das betrifft, kann ich Ihnen hier nicht sagen. Der Kollege vom Gesundheitsministerium hat aber zu Recht darauf hingewiesen: Das Jahr ist noch nicht um.

Mögliches Verbot der russischen Menschenrechtsorganisation Memorial

FRAGE: An Frau Sasse: Die älteste russische Menschenrechtsorganisation, die NGO Memorial, steht auf der Kippe. Die russische Generalstaatsanwaltschaft fordert das Verbot dieser Organisation. Es gibt auch einen deutschen Ableger davon, Memorial Deutschland. Wie schätzen Sie diesen Schritt der russischen Generalstaatsanwaltschaft ein?

SASSE: Dazu kann ich Ihnen im Namen von Außenminister Maas Folgendes mitteilen:

„Allein die Vorstellung, dass Memorial geschlossen werden soll, muss jeden erschüttern, der den jahrzehntelangen Einsatz dieser Organisation für Menschenrechte und für die Aufarbeitung von politischer Gewaltherrschaft kennt.

Mit mutiger, unermüdlicher Arbeit für die Bürgerinnen und Bürger Russlands hat sich Memorial große Verdienste erworben. Aber auch für die Beziehungen zwischen Deutschland und Russland ist eine unabhängige, kritische und professionelle Aufarbeitung der Geschichte unschätzbar wichtig ‑ gerade mit Blick auf die von Deutschen gegen Menschen in der Sowjetunion begangenen Verbrechen.

Die russische Justiz muss das verbriefte Recht der engagierten Bürgerinnen und Bürger, sich frei in Vereinigungen zusammenzuschließen, schützen. Die politisch motivierte Verfolgung der kritischen Zivilgesellschaft muss aufhören.“

ZUSATZFRAGE: Das sind starke Worte. Hat der Minister auch vor, das seinem russischen Kollegen mitzuteilen, oder hat er das schon getan?

SASSE: Ich kann Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt nur dieses Statement von Außenminister Maas vortragen.

Haft des früheren georgischen Präsidenten Micheil Saakaschwili

FRAGE: Der frühere georgische Präsident Micheil Saakaschwili ist im Gefängnis, und er klagt. Er sagt, er habe Angst vor dem Tod. Er ist ja auch mit Kanzlerin Merkel bekannt. Beobachtet die Bundesregierung diese Situation? Wie sieht sie das?

SASSE (AA): Wir haben die Meldungen und Aussagen von Herrn Saakaschwili zur Kenntnis genommen, und selbstverständlich beobachten wir die Lage. Wir machen uns seine Äußerungen an dieser Stelle ausdrücklich nicht zu eigen, sondern beobachten.

ZUSATZ: Im Moment hat die Bundesregierung also noch nicht vor, sich an die georgischen Behörden zu wenden oder hier irgendwie aktiv zu werden.

SASSE: Wir stehen selbstverständlich in ständigem Kontakt mit der Regierung Georgiens, und wenn wir aus diesen Gesprächen, die wir regelmäßig führen, etwas zu berichten haben, dann werde ich das an dieser Stelle gerne tun.

Flug von Flugzeugen der Luftwaffe über das Westjordanland

FRAGE: An das Verteidigungsministerium: Es gibt gerade eine Berichterstattung über die gemeinsame Übung israelischer und deutscher Kampfjets im Oktober. Welche völkerrechtliche Grundlage hat der Überflug der deutschen Fighter über das besetzte palästinensische Gebiet? Können Sie uns diese völkerrechtliche Grundlage nennen?

Frau Sasse, wie passt das mit der offiziellen Haltung der Bundesregierung zusammen? Ich war nämlich auf dem Stand, dass nicht über besetztes Gebiet geflogen werden darf.

KRÜGER (BMVg): Ich kann es vielleicht ganz kurz machen: Darauf hatte Herr Burger schon einmal ‑ ich glaube, letzte oder vorletzte Woche, jedenfalls jüngst ‑ geantwortet. Das bitte ich noch einmal nachzulesen.

SASSE (AA): Auch ich möchte darauf verweisen.

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