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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 29.10.2021
Sperrung der Online-Angebote der Deutschen Welle in Belarus
FRAGE: Frau Sasse, seit gestern ist die Internetseite der Deutschen Welle in Belarus blockiert. Es gibt den Vorwurf, wir seien extremistisch. Wie bewertet die Bundesregierung diese Tatsache?
SASSE (AA): Ich müsste Ihnen die Antwort nachreichen.
ZUSATZFRAGE: Könnten Sie das bis zum Ende der Pressekonferenz tun?
SASSE: Wenn das möglich ist, ja.
[…]
SASSE: […] Da ich ohnehin das Wort habe, kann ich die Frage [...] nach der Webseite der Deutschen Welle in Belarus beantworten. Wir haben die Meldungen darüber zur Kenntnis genommen, dass die Webseite der Deutschen Welle über das Internet in Belarus heute teilweise nicht verfügbar war. Unser Botschafter in Minsk hat sich bereits an das belarussische Außenministerium gewandt, um eine Erklärung gebeten und auch eingefordert, dass der Zugang zur Webseite umgehend wieder ermöglicht wird.
FRAGE: Will das Auswärtige Amt eventuell auch den belarussischen Botschafter in Berlin in dieser Angelegenheit kontaktieren?
SASSE: Darüber kann ich ihnen an dieser Stelle noch nicht berichten. Wenn wir das tun, dann werde ich Ihnen hier nähere Auskunft erteilen.
Situation der Flüchtlinge im deutsch-polnischen Grenzgebiet
FRAGE: Das Thema Migration hat ja zwei Aspekte. Einmal gibt es diejenigen, die im Niemandsland zwischen Belarus und Polen scheitern oder dort gefangen sind und weder vor noch zurück können. Frau Sasse, gibt es Gespräche, Initiativen, wie man diesen Menschen helfen will?
Meine zweite Frage richtet sich an das Bundesinnenministerium. Sie hatten vergangene Woche über Zahlen Auskunft gegeben, wie viele Menschen es geschafft haben, nach Deutschland zu kommen. Gibt es neue Zahlen?
Gibt es schon abgestimmte Programme, wie man diese Menschen weiter behandeln will, wo sie unterkommen, wie man sie vielleicht weiterhin in ihrer Integration fördert?
SASSE (AA): Was die Lage der Flüchtlinge angeht, die sich in diesem Grenzgebiet aufhalten, haben wir, glaube ich, an dieser Stelle schon mehrfach deutlich gemacht, dass uns zum einen die Lage insgesamt besorgt. Sie wissen, wie engagiert wir dabei sind, Lösungen zu entwickeln. Dabei geht es natürlich auch um Lösungen auf EU-Ebene; auch darauf habe ich in den vergangenen Regierungspressekonferenzen schon hingewiesen. Die EU ist mit allen Beteiligten im Gespräch. Wir führen auf EU-Ebene Gespräche darüber, was man unternehmen kann, um die Lage zu verbessern. Hierzu gehört selbstverständlich auch die humanitäre Lage der Flüchtlinge.
ZUSATZ: Gespräche auf EU-Ebene sind ja schön und gut. Nur wenn man sieht, dass die Menschen verhungern, erfrieren und verdursten, drängt auch ein bisschen die Zeit.
SASSE: Das ist richtig. Die Lage ist – das habe ich gerade deutlich gemacht – bedrückend. Wir sehen diese Bilder aus dem Grenzgebiet mit großer Sorge. Es sind ja teilweise Bilder von Todesopfern.
Herr Seibert hatte sich an dieser Stelle, soweit ich weiß, schon Anfang Oktober geäußert und unterstrichen, dass den Menschen in Not im Grenzgebiet humanitär geholfen werden muss und sie versorgt werden müssen. Auch die Europäische Kommission – das habe ich gerade auch schon erwähnt –spielt dabei eine Rolle. Auch sie hat sich entsprechend geäußert, dass Hilfe geleistet wird. Wir haben auch immer wieder deutlich gemacht, dass aus unserer Sicht die Not von Flüchtlingen, Migrantinnen und Migranten nicht als politisches Druckmittel missbraucht werden darf.
Lassen Sie mich an dieser Stelle noch einmal ganz klar sagen: Die Verantwortung für die Auflösung dieser Krise liegt ganz klar in Minsk. Selbstverständlich sind wir weiterhin bereit dazu – und tun das auch ‑, die humanitäre Lage der Flüchtlinge in der Region, in dem Grenzgebiet zu verbessern.
VICK (BMI): Ich kann insoweit ergänzen, dass wir hier in den letzten Wochen schon mehrfach deutlich gemacht haben ‑ Frau Sasse hat das auch gesagt ‑, dass wir die Lage natürlich im Blick haben.
Was die aktuellen Tageszahlen angeht, die Sie benötigen, bitte ich Sie, sich an die Bundespolizei zu wenden, die Zahlen darüber erhebt, wer wie an der deutsch-polnischen Grenze eingereist ist.
Zum Verfahren habe ich hier in den letzten Wochen auch schon vorgetragen, dass die Menschen, die in Deutschland ankommen, ganz normal ein Verfahren durchlaufen. Sie werden identifiziert, woher sie kommen. Je nachdem, ob Deutschland für diese Personen zuständig ist oder gegebenenfalls eine Rücküberstellung in Betracht kommt, werden diese Maßnahmen dann ergriffen. Falls Deutschland für ein Asylverfahren zuständig ist, wird ein ganz normales Asylverfahren in Deutschland durchgeführt.
FRAGE: Mich würde interessieren, ob die Bundesregierung plant, die Länder Polen, Litauen und Lettland beim Bau von Grenzanlagen zu Belarus zu unterstützen.
SASSE: Ich fange einmal an. Frau Vick, wollen Sie ergänzen?
VICK: Ja.
SASSE: Wir haben an der Stelle schon öfter zum EU-Außengrenzschutz Stellung genommen. Das ist natürlich eine Frage, die Sie auch an die EU richten müssen.
Ich kann Sie an dieser Stelle noch einmal auf eine Aussage des Außenministers verweisen, die er am Rande des letzten Außenministertreffens in Luxemburg getätigt hat. Er hat noch einmal deutlich gemacht, dass die politische Lage in Belarus nach wie vor dramatisch ist, insbesondere was die Unterdrückung der Opposition angeht, aber auch die Menschenrechtsverletzungen, die dort tagtäglich stattfinden. Außenminister Maas hat auch deutlich gemacht, dass er Herrn Lukaschenko als Chef eines staatlichen Schleuserrings ansieht.
Wir haben an dieser Stelle immer wieder betont, dass wir dem Schutz der EU-Außengrenzen erhebliche Bedeutung zumessen. Darüber führt die EU selber auch Gespräche mit den Beteiligten, insbesondere mit Polen. Auf diese Gespräche, unter anderem vom Kommissarin Johansson, kann ich an dieser Stelle verweisen.
VICK: Ich kann an dieser Stelle auch nur wiederholen, dass wir bzw. der Bundesinnenminister mehrfach betont haben, wie wichtig der effektive Außengrenzschutz der EU für eine erfolgreiche Migrationspolitik ist und wir insofern, wie Frau Sasse schon gesagt hat, mit allen beteiligten Partnern in einem dauerhaften Austausch stehen.
SASSE: Vielleicht kann ich das noch etwas konkretisieren. Dabei geht es natürlich darum, zu prüfen, wie man sich gegenüber den betroffenen Mitgliedstaaten – in diesem Fall Polen – solidarisch zeigen und sie unterstützen kann.
ZUSATZFRAGE: Wie bewertet die Bundesregierung die Forderung der zwölf europäischen Mitgliedstaaten, zuletzt auch von Unionspolitikern, die EU solle Außengrenzanlagen finanziell unterstützen? Geht die Bundesregierung mit, was das angeht?
FIETZ (BReg): Ich kann Ihnen dazu nur grundsätzlich etwas sagen. Frau Sasse hatte ja schon EU-Kommissarin Johansson erwähnt. Sie hat deutlich gemacht, Polen, Lettland und Litauen beim Grenzschutz etwa bei Überwachungstechniken oder anderer Ausrüstung der Grenzschützer finanziell zu unterstützen. Dieses Vorgehen unterstützen wir.
ZUSATZFRAGE: Aber nicht den Bau von Zäunen und Mauern?
FIETZ: Wir unterstützen jetzt das Vorgehen der EU-Kommissarin Johansson.
FRAGE: Frau Fietz, heißt „Unterstützung“ an der Stelle finanzielle Unterstützung für Polen beim Grenzschutz oder nicht?
FIETZ: Es ist so, wie ich sagte: Frau Johansson hat deutlich gemacht, dass Polen, Lettland und Litauen beim Grenzschutz finanziell unterstützt werden sollen. Dieses Vorgehen unterstützen wir.
FRAGE: Frau Vick, gibt es Überlegungen, viele neue Grenzkontrollen zwischen Deutschland und Polen einzuführen oder zu verstärken?
VICK: Ich habe auch da unseren Aussagen und vor allen Dingen den Aussagen des Ministers aus den letzten Wochen nichts hinzuzufügen. Es gibt keine neuen Planungen.
FRAGE: Noch eine Frage zu den Airlines. Der Bundesinnenminister hatte, glaube ich, vergangene Woche verkündet, dass man mit einer irakischen Airline verhandelt habe. Aus seiner Sicht sei das erfolgreich gewesen. Gibt es denn weitere Airlines, bezüglich derer Sie sagen können, dass Flüge unterbunden oder mehr darauf geachtet wird, dass Menschen nicht nach Belarus reisen? Gibt es diesbezüglich etwas zu vermelden?
SASSE: Ich kann mich an dieser Stelle dazu äußern, weil ich das Thema Irak selber schon einmal hier in der Regierungspressekonferenz angesprochen hatte.
Wie Sie selber gesagt haben, haben wir mit Irak Gespräche zur Unterbindung von Flügen geführt. Diese Gespräche waren erfolgreich. Ich kann Ihnen sagen, dass auch Jordanien nach eigenen Angaben bereits zahlreiche Charterflüge unterbunden hat.
Beabsichtigter israelischer Siedlungsausbau im Westjordanland
FRAGE: In einer Stellungnahme des Auswärtigen Amtes und elf weiterer europäischer Länder wurde Israels Absicht kritisiert, 3000 Siedlungseinheiten im Westjordanland zu bauen. Haben Sie darüber mit der israelischen Seite gesprochen? Was ist Ihre Position, wenn Israel bei seiner Position bleibt?
SASSE: Vielen Dank für die Frage. – Es ist in der Tat so, dass wir uns gestern gemeinsam mit einer großen Anzahl weiterer Partner sehr deutlich geäußert haben. Die Erklärung haben wir auch entsprechend veröffentlicht. Wir haben in dieser Erklärung die israelische Regierung dazu aufgerufen, den Siedlungsbau zu stoppen. Worauf es jetzt ankommt, ist es, hinderliche unilaterale Schritte zu unterlassen und stattdessen auf den ja durchaus positiven Entwicklungen der Wiederannäherung der letzten Monate aufzubauen.
Was die Frage nach Konsequenzen angeht, so ist es aus unserer Sicht an dieser Stelle nicht hilfreich, über solche Konsequenzen zu spekulieren. Die Erklärung, die wir gestern veröffentlicht haben, ist ja ein durchaus starkes Zeichen. Hier über Sanktionsandrohungen oder Ähnliches zu spekulieren, wäre aus unserer Sicht verfehlt. Im Übrigen tun wir das ohnehin nicht.
FRAGE: Können Sie einmal sagen, Frau Sasse, wie die israelische Regierung auf solche Aufforderungen und Appelle, wie Sie sie eben geschildert haben, reagiert? Gibt es überhaupt eine Reaktion, wird das nur zur Kenntnis genommen, gibt es einen Eingangsstempel, oder wie sieht das aus?
SASSE: Wir befinden uns ja mit unseren israelischen Partnern in einem kontinuierlichen Dialog, in dem wir auch solche Entwicklungen ansprechen. Das sind Gespräche, die wir mit der israelischen Seite auf ganz unterschiedliche Weise und auch auf ganz unterschiedlichen Ebenen führen. Mir liegt im Moment noch keine konkrete Reaktion auf diesen Vorgang vor. Wenn ich etwas nachreichen kann, dann werde ich das gerne tun.
Versorgunglage der Republik Moldau mit Erdgas
FRAGE: Es geht um die Gasfrage in Moldau. Es hieß ja, dass man prüft, ob deutsche Unternehmen dort auch helfen können, wahrscheinlich über irgendwelche Swap-Kontrakte. Gibt es da etwas Neues? Gibt es einen neuen Stand? Eine Frage ist dann natürlich auch die Finanzierung. Wie sieht das aus?
SASSE (AA): Vielleicht möchte das Wirtschaftsministerium etwas ergänzen. Ich fange gerne an und kann Ihnen mitteilen, dass wir die angespannte Lage in Moldau natürlich sehr aufmerksam und auch mit sehr großer Sorge verfolgen. Was mögliche Unterstützung angeht, stehen wir mit allen Beteiligten und Partnern in engem Kontakt. Das bedeutet, natürlich mit der Regierung von Moldau, mit der EU und mit weiteren Akteuren.
Sie haben vielleicht zur Kenntnis genommen, dass ein sehr hochrangiger Beamter des Auswärtigen Amtes gerade zu Beginn dieser Woche in Moldau war und dort Gespräche geführt hat, auch über das Thema der Energie, unter anderem mit der Staatspräsidentin der Republik Moldau. Sie wissen auch, dass die EU angekündigt hat, 60 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen, um Moldau bei der Bewältigung der aktuellen Krise zu helfen. Sowohl auf EU-Ebene als auch bilateral existiert zudem bereits eine laufende Kooperation im Energiesektor.
ZUSATZFRAGE: Die Frage war schon ein bisschen präziser gestellt, nämlich ob es da jetzt eine Regelung gibt, dass Moldau wirklich zusätzliches Gas bekommt. Das war jetzt ja der bisherige Stand, der ist mir bekannt gewesen.
SASSE: Vielleicht möchte das Wirtschaftsministerium da konkreter ergänzen?
GÜTTLER (BMWi): Ich kann vonseiten des BMWi den Ausführungen der Sprecherin des Auswärtigen Amtes nichts hinzufügen und von unserer Seite auch auf die Hilfen der EU-Kommission, die in dieser schwierigen Lage für die Republik Moldau bereits angekündigt worden sind, verweisen. ‑ Ich weiß nicht, ob die Regierungssprecherin das noch ergänzen möchte.
ZUSATZFRAGE: Konkrete Hilfen von deutschen Unternehmen, die man da einbinden wollte, sind Ihnen nicht bekannt?
GÜTTLER: Genau, dazu müsste ich auf die Regierungssprecherin oder das Auswärtige Amt verweisen.
FIETZ (BReg): Ich habe den Äußerungen der Kolleginnen nichts hinzuzufügen.
Fischereikonflikt zwischen Frankreich und Großbritannien
FRAGE: Zum Fischereikonflikt zwischen Frankreich und Großbritannien, der sich weiter zuspitzt: Übernimmt die Bundesregierung da vielleicht eine Moderationsrolle? Ist sie da engagiert, um diesen Konflikt mit zu lösen?
SASSE (AA): Die aktuellen Entwicklungen zwischen Frankreich und Großbritannien nehmen wir selbstverständlich zur Kenntnis. Der Erhalt gegenseitiger Fischereirechte ist, wie Sie wissen, eines der im Handels- und Kooperationsabkommen zwischen der EU und Großbritannien vereinbarten Grundprinzipien.
Vor diesem Hintergrund ist es aus unserer Sicht nun wichtig, dass beide Seiten wieder zu den Verhandlungen der zurückliegenden Wochen und Monate zurückkehren. Da geht es dann unter anderem auch um die britischen Fanglizenzen für französische Boote. Wir unterstützen dabei weiterhin insbesondere die EU-Kommission in ihrem Ansatz, zu der Aufklärung einzelner Sachverhalte beizutragen ‑ unter anderem auch, was diesen konkreten Konfliktfall angeht.