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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungs­­pressekonferenz vom 19.07.2021

19.07.2021 - Artikel

Einsatz von Spionagesoftware

FRAGE: In zahlreichen Medien ‑ darunter auch in Deutschland ‑ wird berichtet, dass eine sehr mächtige Überwachungssoftware in sehr vielen Ländern gegen Journalistinnen und Journalisten, aber auch Menschenrechtsaktivisten eingesetzt worden sein soll. Frage an die Bundesregierung, vielleicht an das Bundesinnenministerium: Wie bewerten Sie, dass mit solchen Spionagetools gegen Akteure der Presse vorgegangen wird?

LAWRENZ (BMI): Ich kann nur für Deutschland sprechen. In Deutschland gilt Recht und Gesetz. Sämtliche Maßnahmen von Ermittlungsbehörden müssen sich genau danach richten. Für besondere Ermittlungsmaßnahmen ‑ ich nenne einfach einmal die Telekommunikationsüberwachung ‑ gilt in Deutschland ein Richtervorbehalt.

ZUSATZFRAGE: In Frankreich gibt es bei zahlreichen Medien den Fall, dass auch aus dem Ausland Journalistinnen und Journalisten offensichtlich gezielt überwacht wurden. Der Deutsche Journalisten-Verband hat die Bundesregierung aufgefordert, zu klären, ob auch hierzulande Journalistinnen und Journalisten durch „Pegasus“ oder vergleichbare Programme überwacht worden sind. Liegen Ihnen dazu Erkenntnisse vor oder werden Sie das überprüfen?

LAWRENZ: Ich kann mich generell zu operativen Details der Arbeit unserer Sicherheitsbehörden ‑ etwa mit welcher Software wie gearbeitet wird – nicht äußern.

Es bleibt bei dem, was ich gesagt habe: Es gilt Recht und Gesetz. Für schwerwiegende Grundrechtseingriffe ‑ die Telekommunikationsüberwachung ist beispielsweise so ein schwerer Grundrechtseingriff ‑ gelten Anforderungen, zum Beispiel der Richtervorbehalt.

ZUSATZFRAGE: Nutzen die Bundesregierung oder Behörden der Sicherheitsbehörden in Deutschland denn die Software „Pegasus“?

LAWRENZ: Ich habe mich gerade dazu geäußert und habe dem nichts hinzuzufügen.

FRAGE: Frau Fietz, wie bewertet die Bundesregierung, dass auch das EU-Land Ungarn die „Pegasus“-Software einsetzt, um Journalistinnen und Journalisten zu überwachen?

FIETZ (BReg): Ich kann dazu nur sagen, dass die Bundesregierung die Berichterstattung über die Spionagesoftware zur Kenntnis genommen hat.

FRAGE: Die Kollegin hat ja gerade schon erwähnt, dass die Recherchen nahelegen, dass auch Ungarn diese Software nutzt, um regierungskritische Journalisten etc. zu überwachen. Wie sehen Sie das? Muss es da Konsequenzen geben? Wie bewerten Sie das?

FIETZ: Wenn überhaupt, kann ich nur für die Bundesregierung und für die Ereignisse hier in Deutschland sprechen. Wie gesagt, ich kann nur sagen, dass die deutschen Sicherheitsbehörden sich an Recht und Gesetz halten.

FRAGE: Ist denn der Einsatz dieser „Pegasus“-Software mit deutschem Recht und Gesetz vereinbar? Anders gefragt: Können Sie ausschließen, dass deutsche Behörden „Pegasus“ verwenden?

LAWRENZ: Ich habe Ihnen gerade gesagt, dass ich mich zu operativen Details nicht äußern kann. Es bleibt dabei, dass wir strikt nach Recht und Gesetz handeln.

Vielleicht ganz grundsätzlich: Niemand wird überwacht, weil er einer journalistischen Arbeit nachgeht. Ganz grundsätzlich nicht.

ZUSATZFRAGE: Dann bleibe ich bei der Frage: Ist „Pegasus“ mit deutschem Recht und Gesetz vereinbar? Das ist ja jetzt ein sehr überspezifisches Dementi. Natürlich interessant!

LAWRENZ: Das kann ich jetzt von hier aus nicht beurteilen.

ZUSATZFRAGE: Können Sie das nachreichen?

LAWRENZ: Ich kann das gerne nachreichen.

FIETZ: Lassen Sie mich bitte nochmals betonen, dass eine freie Presse und ein freier Rundfunk von besonderer Bedeutung für das Funktionieren eines demokratischen Staates und einer demokratischen Gesellschaft sind. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unterliegt der gesamte Bereich publizistischer Tätigkeit ‑ von der Beschaffung von Informationen bis zur Verbreitung von Nachrichten ‑ dem verfassungsrechtlich eingeräumten Schutz. Und dazu steht die Bundesregierung auch.

FRAGE: Es gibt Forderungen, dass internationale Abkommen gestärkt werden müssen, auch was die Exporte solcher Überwachungssoftware angeht. Wird sich die Bundesregierung dafür stark machen oder setzt sie sich vielleicht sogar schon dafür ein?

FIETZ: Ich habe diesem Komplex jetzt nichts weiter hinzuzufügen.

Reise der Bundeskanzlerin nach Washington

FRAGE: In meiner Frage geht es auch um die Gefährdung der Pressefreiheit und um Überwachung. Frau Fietz, ich habe beim Besuch der Kanzlerin in Washington nicht mitbekommen, dass sie sich in Sachen nachweislicher Überwachung der NSA in Deutschland beim US-Präsidenten dafür eingesetzt hat, dass das aufhört, dass sie sich für die Freilassung von Julian Assange eingesetzt hat. Das ist ja die amerikanische konkrete Gefährdung der Pressefreiheit. Hat sie denn die nachweislichen Drohnenangriffe via Ramstein angesprochen? Bei all diesen drei Themen habe ich nichts von ihr gehört.

FIETZ (BReg): Sie haben in der Pressekonferenz hören können, was besprochen worden ist. Dazu, was darüber hinaus in vertraulichen Gesprächen besprochen worden ist, kann ich Ihnen hier keine Angaben machen.

ZUSATZ: Sie können ja sagen, ob das der Kanzlerin wichtig war und ob sie das angesprochen hat.

FIETZ: Ich kann dem nichts weiter hinzufügen.

Abschiebungen nach Afghanistan

FRAGE: Meine Frage richtet sich an BMI und Auswärtiges Amt. Es geht um Abschiebungen nach Afghanistan. In der vergangenen oder vorvergangenen Woche war schon Thema, dass die Regierung in Kabul darum gebeten hat, wegen der Situation im Land Abschiebungen für drei Monate auszusetzen. Die Bundesregierung ist dem noch nicht nachgekommen, sondern verwies darauf, man wolle zunächst den Lagebericht des Auswärtigen Amtes abwarten, der zeitnah erstellt worden ist. Liegt dieser Bericht vor? Zu welchem Ergebnis kommt er?

BURGER (AA): Der Bericht ist am Donnerstag turnusgemäß fertiggestellt und an die Empfänger versandt worden. Diese Asyllageberichte werden an die für Asyl- und Aufenthaltsfragen zuständigen Behörden und Gerichte – insbesondere das BAMF –verteilt. Sie dienen dort als eine Entscheidungsgrundlage – nicht als einzige, sondern als eine von mehreren Entscheidungsgrundlagen – in Asyl- und Abschiebungsverfahren.

Diese Asyllageberichte sind grundsätzlich als „Verschlusssache - nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft. Deswegen kann ich hier über Einzelheiten aus diesem Bericht keine Auskunft geben. Sie können aber davon ausgehen, dass die Situation so, wie sie sich aktuell darstellt, immer in die Neuauflage des Berichts einfließt - so detailliert, wie wir das können, ohne Beschönigungen und so differenziert, wie wir in der Lage sind, die Situation darzustellen.

Noch einmal: Der Asyllagebericht ist eine von mehreren Entscheidungsgrundlagen für die Behörden und Gerichte.

ZUSATZ: Wenn Herr Lawrenz von sich aus keine weitere Ergänzung hat, dann frage ich.

LAWRENZ (BMI): Ich könnte noch kurz etwas ergänzen ‑ ‑ ‑

ZUSATZ: Bitte.

LAWRENZ: ‑ ‑ ‑, dass ich nämlich dazu keinen aktuelleren Sachstand habe als den, der hier schon in der letzten Woche besprochen wurde. Die Bitte der Regierung aus Afghanistan ist bekannt und wird momentan geprüft.

ZUSATZFRAGE: Können Sie uns dann sagen, wie viel Prozent der BAMF-Entscheidungen zur Gewährung von Schutzstatus für Afghanen von Gerichten – ich sage es einmal lax – einkassiert worden sind? Ich glaube, im Moment erhalten 37,5 Prozent der in Deutschland lebenden Afghanen einen Schutzstatus. Das ist gut ein Drittel. Sehr viele dieser Entscheidungen wurden von Gerichten inzwischen kassiert. Können Sie uns sagen, wie hoch die Zahl und der prozentuelle Anteil der von den Gerichten als falsch kassierten BAMF-Entscheidungen ist?

LAWRENZ: Die exakte Zahl müsste ich Ihnen nachreichen. Das mache ich gerne.

FRAGE: Herr Lawrenz, können Sie sagen, warum so lange in Sachen afghanische Meldungen geprüft wird? Das ist ja auch keine Bitte der afghanischen Regierung. Sie muss ja der Landung eines Abschiebeflugs zustimmen. Wenn sie sagt „Der Flug kann aus Deutschland abheben, aber darf nicht landen“ ‑ das ist ja ihre hoheitliche Entscheidung ‑, was müssen Sie denn jetzt noch genau prüfen? Das verstehe ich nicht.

LAWRENZ: Wir prüfen die Bitte der afghanischen Regierung und stimmen uns dabei auch mit unseren europäischen Partnern ab, dass es ein einheitliches Vorgehen gibt. Das braucht einfach ein bisschen Zeit.

ZUSATZFRAGE: Warum nennen Sie das eigentlich eine Bitte? Die afghanische Regierung lässt Abschiebeflüge nicht mehr in Afghanistan landen. Das ist dann doch keine Bitte, sondern einfach eine Ansage.

LAWRENZ: Wir prüfen dieses Gesuch, das eingegangen ist. Wenn ich dazu neuere Erkenntnisse habe, teile ich sie Ihnen hier auch gerne mit.

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