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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungs­­pressekonferenz vom 12.07.2021

12.07.2021 - Artikel

Reise des Bundesaußenministers in die USA

SASSE (AA): Ich darf Ihnen heute eine Reise von Außenminister Maas ankündigen. Außenminister Maas wird morgen ebenfalls zu einer Reise in die USA aufbrechen. Station der Reise wird zunächst der US-Bundesstaat Michigan, dort insbesondere Detroit, sein. Anschließend wird Außenminister Maas nach New York weiterreisen.

Im Fokus des bilateralen Reiseteils wird die transatlantische Zusammenarbeit in den Bereichen der Wirtschaft und der Innovation unter anderem im Kampf gegen die Coronapandemie stehen. Außenminister Maas wird unter anderem die Produktionsstätte eines großen Impfstoffherstellers in Michigan besuchen. Auch Fragen des Wirtschaftswandels als gemeinsame Herausforderung in unseren Demokratien werden in diesem bilateralen Reiseteil eine Rolle spielen.

In New York wird es vor allem um multilaterale Themen gehen, insbesondere um unser Engagement für eine politische Lösung in Libyen, aber auch um weitere multilaterale Themen wie die Agenda für nachhaltige Entwicklung.

FRAGE: Frau Sasse, können Sie sagen, ob die Reise mit der der Kanzlerin abgestimmt ist? Ist es reine Koinzidenz, dass sich beide gleichzeitig in den USA befinden, sich dort aber nicht sehen werden, wenn ich es mit Blick auf die Ziele, die Sie genannt haben, richtig sehe?

SASSE: Wie Sie zu Recht anmerken, sind die Ziele unterschiedlich. Die Reisen sind selbstverständlich wie immer miteinander abgestimmt. Der Außenminister und die Kanzlerin stehen in engem direktem Austausch miteinander. Die Sicherheitsratssitzung zu Libyen am Donnerstag, den 15. Juli, ist natürlich auch unabhängig von den Reiseplanungen der Kanzlerin festgelegt worden. Zum bilateralen Reiseteil nach Michigan habe ich an dieser Stelle alles ausgeführt.

ZUSATZFRAGE: Können Sie bitte noch sagen, um welchen Impfstoffhersteller es sich handelt?

SASSE: Ich kann Ihnen nur sagen, dass es ein großer deu-, dass es ein großer Impfstoffhersteller sein wird.

FRAGE: Wenn ich es richtig gehört habe, dann wäre Ihnen eben fast das Wort „deutscher“ oder die Formulierung „mit deutscher Beteiligung“ herausgerutscht. Wir vermuten das Unternehmen Pfizer. Korrigieren Sie es, wenn es falsch ist.

Welcher Anlass besteht für den Außenminister, dorthin zu gehen? Er ist ja weder Wirtschaftsminister noch Gesundheitsminister.

SASSE: Zur Klarstellung: Es geht, wie ich dargestellt habe, um einen großen Impfstoffhersteller, der seinen Sitz im Bundesstaat Michigan hat.

Ich habe auch ausgeführt, dass es dem Außenminister unter anderem darum geht, im Kampf gegen die Coronapandemie deutlich zu machen, wie wir transatlantisch zusammenarbeiten. Dabei geht es natürlich unter anderem auch um Impfstoffe.

ZUSATZFRAGE: Es ist bei einem Impfstoffhersteller nicht weiter verwunderlich, dass es um Impfstoffe geht. Aber noch einmal: Ist das Ziel dieses Besuches, zum Beispiel dafür zu werben, dass für COVAX oder andere Initiativen noch mehr Impfstoffe bereitgestellt werden, oder soll die deutsch-amerikanische Zusammenarbeit noch weiter vertieft werden? Können Sie das bitte etwas genauer fassen?

SASSE: Natürlich wird es auch um Elemente wie COVAX gehen, ohne dass ich in dem Fall aber auf genauere Aspekte, die Sie in Ihrer Frage andeuten, eingehen kann oder will. Dass es um die transatlantische Zusammenarbeit geht, habe ich auch deutlich gemacht. Das heißt, dass es natürlich auch um ein Zusammenwirken Deutschlands mit der US-Regierung geht.

Abschiebungen nach Afghanistan

FRAGE: Ich habe eine Frage zum Thema Afghanistan: Am Wochenende hat die afghanische Regierung an die europäischen Staaten appelliert, die Abschiebungen aufgrund der Gefährdungslage auszusetzen. Wie steht die Bundesregierung dazu?

WEDE (BMI): Wenn ich jetzt für das BMI antworten darf: Es ist zutreffend, dass wir von der afghanischen Regierung diese Bitte bekommen haben, die Rückführung für drei Monate auszusetzen. Es handelt sich also nicht um einen Abschiebestopp, sondern um eine temporäre Aussetzung. Diese Bitte ist auch bei uns in Deutschland eingegangen, und wir prüfen das jetzt.

ZUSATZFRAGE: Wie lange wird diese Prüfung dauern, und wird das eventuell auch von einem neuen Lagebericht des Auswärtigen Amts abhängen?

WEDE: Wir werden da zeitnah ein Ergebnis für uns finden. Dann ist das nächste Vorgehen, dass wir dazu auch mit unseren europäischen Partnern sprechen werden.

Wie gesagt: Diese Bitte ist ja nicht nur bei uns eingegangen, sondern auch bei unseren europäischen Partnern. Es ist also auch ein Thema, über das wir uns mit der EU-Kommission und auch den anderen Mitgliedstaaten austauschen werden. Danach werden wir sehr zeitnah das Gespräch mit der afghanischen Seite suchen.

FRAGE: Ändert sich damit die bisherige Bewertung des Auswärtigen Amtes zu den Abschiebungen? Warum bzw. warum nicht?

SASSE (AA): Ich möchte auf die Frage von Frau Vates und auch auf Ihre Frage zum Asyllagebericht eingehen:

Er wird ja jährlich neu erstellt. Der letzte Bericht wurde im Juli 2020 veröffentlicht und an die zuständigen Stellen übersandt. Wir haben seitdem natürlich die Lage, wie an dieser Stelle mehrfach ausgeführt, genau beobachtet und im Blick behalten. Derzeit arbeiten wir an einem neuen Bericht, der voraussichtlich turnusgemäß im Laufe dieses Monats fertiggestellt wird.

FRAGE: Wird denn die Bitte der afghanischen Regierung noch in diesen Asyllagebericht einfließen, wenn er jetzt aktuell herauskommen soll? Wie lange wird die Prüfung dieser Bitte der afghanischen Regierung dauern? Das kann ja jetzt nicht drei Monate dauern, so wie sich die afghanische Regierung wünscht, dass die temporäre Aussetzung dauert?

SASSE: Was die Bitte der afghanischen Regierung angeht, hat der Kollege aus dem BMI ja schon ausgeführt. Ich würde an ihn verweisen, wenn es um die Prüfung an sich geht.

ZUSATZ: Das war auch die Frage an ihn.

SASSE: Was den Asyllagebericht angeht, kann ich Ihnen sagen: Darin fließen alle Aspekte ein, die für diesen Bericht eine Rolle spielen. Inhalte des Berichtes sind wie immer vertraulich.

ZUSATZFRAGE: Ich hatte ja an das BMI die Frage gestellt.

Herr Seibert, hält die Kanzlerin es immer noch für richtig, Menschen nach Afghanistan abzuschieben?

WEDE: Ich habe dem, was ich eben gesagt habe, nichts hinzuzufügen. Wir prüfen das jetzt und sind dazu auch im Gespräch mit unseren europäischen Partnern. Wir haben ein Interesse daran, dass wir zeitnah zu einem Ergebnis kommen. Aber eine feste Dauer unserer Prüfung und unserer Gespräche auch innerhalb der europäischen Mitgliedstaaten kann ich Ihnen hier nicht nennen.

SEIBERT (BReg): Ich kann dazu eigentlich nur wiederholen, was wir hier immer gesagt haben: Diejenigen, die kein Aufenthaltsrecht in Deutschland bekommen, sollen unser Land auch wieder verlassen. Es gibt Asylverfahren, durchgeführt durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Dort wird in jedem Einzelfall sorgfältig geprüft, ob Anspruch auf Schutz in Deutschland besteht ‑ Asyl, Flüchtlingsschutz nach der Genfer Kommission, subsidiärer Schutz ‑ und ob gegebenenfalls ein Abschiebungsverbot greift.

Wenn es in Deutschland oder aus Deutschland heraus zu Abschiebungen kommt, wie auch in den vergangenen Monaten, dann geschieht das auf der Basis einer immer wieder aktualisierten, sehr genauen Beobachtung der Lage in Afghanistan, wobei auch regional unterschieden wird. Auf dieser Basis hatte es seine Richtigkeit, dass Deutschland so vorgegangen ist, wie es jetzt vorgegangen ist. Wir werden jetzt wieder ‑ wir haben es gerade gehört ‑ neue Lageeinschätzungen vornehmen, in die alle Aspekte hineinfließen, und auf dieser Basis muss man dann entscheiden, wie es weitergeht.

Afghanische Ortskräfte

FRAGE: Berichten aus Afghanistan zufolge ist es ehemaligen Ortskräften der Bundeswehr nicht mehr möglich, Masar-e Scharif zu verlassen, um in Kabul Visa auf den Weg zu bringen oder zu empfangen. Was sind die Erkenntnisse der Bundesregierung zur Lage vor Ort?

HELMBOLD (BMVg): Dazu würde ich erst einmal das AA bitten, die Federführung zu übernehmen, weil wir vor Ort nicht mehr zugegen sind.

SASSE (AA): Wir hatten in der vergangenen Woche das Thema Afghanistan und Ortskräfte schon mehrfach angesprochen. Ich glaube, es ist auch deutlich geworden, dass uns durchaus bewusst ist ‑ und das gilt für alle Ressorts ‑, dass die Lage in Afghanistan schwierig ist. Sie ist durch den Abzug oder nach dem Abzug natürlich nicht leichter geworden. Das betrifft auch die Frage, wie mit den Ortskräften umzugehen ist, die aus Afghanistan ausreisen wollen.

Mein Kollege Herr Breul hat in der vergangenen Woche das Verfahren noch einmal im Detail dargestellt. Wir haben auch dargestellt, dass es möglich ist, von Masar aus beispielsweise per Email die Gefährdungsanzeige zu übermitteln, die ja dann auch Grundlage für die Aufnahmezusage ist, und dass die Visumserteilung dann sozusagen in einem zweiten Strang erfolgt. Diesen Ausführungen habe ich im Moment nichts hinzuzufügen.

ZUSATZFRAGE: Wird man auf die Forderung nach bezahlten Ausreiseflügen eingehen, die Boris Pistorius aus Niedersachsen ins Gespräch gebracht hat?

WEDE (BMI): Wenn ich die Frage für das BMI beantworten darf: Es ist so, dass wir die Lageentwicklung in Afghanistan, wie hier schon mehrmals gesagt wurde, sehr genau beobachten. Derzeit sind keine Änderungen in dem Sinne geplant, dass wir jetzt die Reisekosten übernehmen. Wir bleiben bei dem Verfahren, wie wir es in der letzten Woche und auch darüber hinaus hier beschrieben haben. Uns ist aber ganz wichtig: Wir stehen zu unserer Verantwortung für die afghanischen Ortskräfte. Das haben wir in den letzten Jahren gemacht und das tun wir auch jetzt. Wir behalten die Lage als Bundesregierung sehr eng im Blick.

Belarus-Sanktionen

FRAGE: An das Auswärtige Amt zum Thema Belarus und weiteren Sanktionen. Litauen hat jetzt gefordert, dass die EU neue Sanktionen gegen Belarus verhängen sollte, weil Belarus wiederum Migranten über die Grenze in die EU schickt. Ist die Bundesregierung und das Auswärtige Amt auch der Meinung, dass die Sanktionen verschärft werden sollten?

SASSE (AA): Wir haben diese Meldungen natürlich zur Kenntnis genommen. Sie wissen, Herr Rinke, dass sich die Außenminister heute in Brüssel zu ihrem monatlichen Treffen zusammengefunden haben. Da wird definitiv auch das Thema Belarus wieder zur Sprache kommen.

Grundsätzlich haben wir in der Vergangenheit unsere Haltung zum Thema Belarus sehr deutlich gemacht, nämlich dass wir erwarten, dass Herr Lukaschenko den Kurs der Repressionen und der Unterdrückung seines eigenen Volks ändert. Wir haben auch deutlich gemacht, dass wir bereit sind, diesen Druck, den wir durch unsere Sanktionspakete auf Herrn Lukaschenko und seine Verbündeten ausüben, auch weiter zu steigern. Was die genauen Forderungen von Litauen angeht, muss ich Sie allerdings auf die Gespräche in Brüssel verweisen.

ZUSATZFRAGE: Was ist die deutsche Haltung zu diesem neuen Aspekt? Da geht es jetzt ja nicht so sehr um die Unterdrückung der eigenen Bevölkerung, sondern eher um das politische Machtmittel, Migranten über die Grenze zu schicken. Was wäre da die deutsche Position?

SASSE: Dazu kann man, glaube ich, sehr deutlich sagen, dass es aus unserer Sicht zynisch und menschenverachtend ist, die Not von Menschen als weiteres politisches Druckmittel einzusetzen, wie es Herr Lukaschenko tut.

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