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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungs­­pressekonferenz vom 16.06.2021

16.06.2021 - Artikel

Rüstungsexportbericht 2020

SEIBERT (BReg): […] Das nächste Thema ist der Rüstungsexportbericht 2020, der heute vom Kabinett beschlossen wurde. Er wird wie üblich dem Bundestag und dem Bundesrat zugeleitet. Uns ist Transparenz bei Genehmigungsentscheidungen ein wichtiges Anliegen. Deswegen gibt es diesen periodisch veröffentlichten Rüstungsexportbericht. Er ist ein wichtiger Beitrag für eine sachliche und fundierte Auseinandersetzung mit dem Thema Rüstungsexporte.

Wie sah es nun 2020 aus? Es wurden Einzelgenehmigungen für die Ausfuhr von Rüstungsgütern in Höhe von rund 5,8 Milliarden Euro erteilt. Das bewegt sich etwas unterhalb des durchschnittlichen jährlichen Gesamtwerts der erteilten Einzelausfuhrgenehmigungen in den letzten fünf Jahren, der bei 6,3 Milliarden Euro liegt.

Ein großer Anteil, nämlich knapp 50 Prozent dieser Genehmigungen, entfiel auf Lieferungen in EU-, NATO- oder der NATO gleichgestellte Länder. Solche Ausfuhrgenehmigungen für diesen Länderkreis sind Ausdruck unserer Bündnis- und Gemeinschaftstreue; sie steht für Deutschland außer Frage.

Für Drittländer wurden Ausfuhrgenehmigungen in Höhe von 2,9 Milliarden Euro erteilt. Mehr als die Hälfte davon betrifft den maritimen Bereich. Der Gesamtwert der Genehmigungen für Kleinwaffen und Kleinwaffenteile belief sich 2020 auf rund 37,6 Millionen. Die entsprechenden Genehmigungen für Drittländer haben einen Wert von 572 122 Euro umfasst und verbleiben damit auf niedrigem Niveau.

[…]

FRAGE: Ägypten ist unter den Drittländern der größte Empfänger von deutschen Rüstungsexporten. Das ist eine Militärdiktatur, die ihre eigene Bevölkerung unterdrückt. Mich würde interessieren, wie die Bundesregierung es rechtfertigt, dass man an diese Militärdiktatur so viel Rüstung exportiert.

UNGRAD (BMWi): Wir betreiben eine verantwortungsvolle Rüstungspolitik. Über die Erteilung von Genehmigungen für Rüstungsexporte entscheidet die Bundesregierung im Einzelfall und in strenger Absprache mit den anderen Ressorts, vor allen Dingen mit dem Auswärtigen Amt, unter Einbeziehung außen- und sicherheitspolitischer Erwägungen.

Zu Ägypten: Der Genehmigungswert ist fast ausschließlich, zu 99 Prozent, auf Genehmigungen für die Seestreitkräfte zurückzuführen. Das sind U-Boote, Patrouillenboote. Es besteht kein Risiko des Einsatzes für interne Repressionen und keine Relevanz dieser Güter zum Beispiel für den Jemenkonflikt. Leistungsfähige Seestreitkräfte liegen im legitimen verteidigungspolitischen Interesse Ägyptens und auch im internationalen Interesse an Küsten- und Seewegsicherung.

ZUSATZFRAGE: Es gibt eine massive Seeblockade des Jemen durch die saudische Allianz; Ägypten ist Teil dessen. Wieso sind Sie sich so sicher, dass diese Schiffe und U-Boote nicht dort eingesetzt werden?

Es wurde im Koalitionsvertrag festgelegt, dass keine Rüstungsexporte an im Jemenkrieg beteiligte Länder geschehen sollen. Ägypten ist natürlich daran beteiligt.

UNGRAD: Nach unserer Einschätzung sind die Genehmigungen, die wir erteilt haben, nicht Teil dessen, was auf den Jemenkonflikt Einfluss hat.

FRAGE: Abgesehen vom Jemen ist Ägypten ja auch durchaus an der Krise im östlichen Mittelmeer um die Gasfelder nicht ganz unbeteiligt. Können Sie vielleicht noch mal aufklären, warum trotzdem Schiffe und U-Boote an Ägypten geliefert wurden?

UNGRAD: Ich habe meine Meinung ja gerade gesagt. Nach unserer Einschätzung hat das, was geliefert worden ist, keinen unmittelbaren Einfluss auf den Jemenkonflikt.

ZUSATZ: Ich habe von den Gasfeldern im östlichen Mittelmeer gesprochen. Daran hat Ägypten ja durchaus auch Interesse und ist an der Krise nicht unbeteiligt.

UNGRAD: Das sind jetzt außenpolitische Erwägungen. Da würde ich gerne ans AA verweisen. Unsere Meinung dazu habe ich gesagt.

ADEBAHR (AA): Ich kann von keinen Erkenntnissen berichten, die dem entgegenstehen, was das Wirtschaftsministerium zur grundsätzlichen Haltung zu ‑ das sind eben 99 Prozent ‑ Schiffen für unter und über Wasser dargelegt hat, auch unter diesem Gesichtspunkt nicht.

FRAGE: Sie sagten, nach Ihrer Einschätzung seien die gelieferten Güter sozusagen nicht kriegsrelevant. Die Formulierung im Koalitionsvertrag war doch aber nicht, es wird nicht geliefert, was kriegsrelevant ist, sondern: Es gibt keine Rüstungslieferungen an Parteien, die am Krieg beteiligt sind.

Ich meine, Sie führen hier für die Entscheidung ein Kriterium ein, das ein anderes ist als die Formulierung im Koalitionsvertrag.

UNGRAD: Die Absprachen über Rüstungsexporte erfolgen in Ressortabstimmung. In der Ressortabstimmung ist diese Abstimmung erfolgt. Wie gesagt ‑ ich habe es schon eingangs erwähnt ‑: Wir betreiben eine verantwortungsvolle Rüstungsexportpolitik. Über diese Erwägungen wurde nachgedacht, und dann kam es zu diesem Entschluss.

ZUSATZFRAGE: Dann darf ich die Nachfrage ans Auswärtige Amt stellen: Trifft es zu, dass im Koalitionsvertrag die Vorschrift oder die Regel enthalten ist „keine Lieferung an kriegsbeteiligte Parteien“ und dass das ein anderes Kriterium ist, als zu sagen: „Na ja, was wir hier liefern, spielt im Krieg keine Rolle“? Das sind doch zwei Paar Schuhe.

ADEBAHR: Den Koalitionsvertrag nachlesen, das können wir beide. Ich habe ihn jetzt gerade nicht im Wortlaut hier. Das können Sie auch tun.

Ich kann aber auf Ihre Frage nur antworten: Wir haben keine Erkenntnisse darüber, dass ägyptische Seestreitkräfte an dem Jemenkonflikt beteiligt sind.

FRAGE: Sind das denn Tatsachen, dass diese deutschen Rüstungsgüter nicht im Jemenkrieg landen, oder ist das lediglich Ihre Auffassung oder Ihre Meinung? Können Sie das beweisen?

UNGRAD: Da würde ich gern ans Auswärtige Amt verweisen, weil wir ja die Richtlinien vom Auswärtigen Amt bekommen, wie die außenpolitische Lage ist.

ADEBAHR: Ich glaube, Ihre Frage zielte auf Kontrollen und dergleichen ab, nicht?

ZUSATZFRAGE: Frau Ungrad hatte gesagt, dass nach Auffassung des Wirtschaftsministeriums diese Schiffe und U-Boote nicht vor der Küste von Jemen landen und dann Teil der Kriegsallianz der Saudis werden. Das ist ihre Auffassung. Sind das Tatsachen?

ADEBAHR: Wir haben keine Erkenntnisse über eine Beteiligung der ägyptischen Seestreitkräfte an diesem Konflikt.

Ermittlungen gegen in Litauen stationierte Bundeswehrsoldaten

ROUTSI (BMVg): Vielen Dank, meine Damen und Herren, dass ich die Gelegenheit bekomme, einige Worte an Sie zu richten zu den Ihnen sicherlich bekannt gewordenen Vorfällen, die sich in Litauen bei der Mission „Enhanced Forward Presence“ abgespielt haben sollen.

Im Raum stehen Anfangsverdachte zum Verstoß gegen soldatische Pflichten, wie zum Beispiel die Kameradschaftspflicht, die Pflicht zum treuen Dienen oder auch die Gehorsamspflicht. Aber was noch viel schlimmer ist: Es stehen auch Straftaten in Rede, wie beispielsweise sexuelle Nötigung, Beleidigung, gegebenenfalls mit rassistischer oder antisemitischer Konnotation, sowie extremistische Verhaltensweisen.

Gerade in Litauen, wo wir Seite an Seite mit unseren NATO-Partnern geschlossen für gemeinsame Werte einstehen, ist ein solches Verhalten Einzelner nicht nur unentschuldbar, es ist absolut beschämend für uns alle. Die Verteidigungsministerin hat wiederholt, dass wir mit aller Härte und Entschiedenheit vorgehen werden. Auch der Generalinspekteur der Bundeswehr hat Kontakt zu seinem litauischen Counterpart aufgenommen. Er hat seine Bestürzung zum Ausdruck gebracht und hat ihm mitgeteilt, dass wir die sehr guten Beziehungen, die wir unter den Streitkräften Litauens und Deutschlands genießen, darunter nicht leiden lassen wollen.

Die zuständigen Disziplinarvorgesetzten haben, nachdem sie Kenntnis erlangt haben, am 8. Juni sofort Ermittlungen aufgenommen und haben das Bundesministerium der Verteidigung informiert.

Ich kann Ihnen an dieser Stelle schon einige Informationen mitgeben: Der gesamte betroffene Zug wird mit sofortiger Wirkung morgen nach Deutschland repatriiert werden und vom Einsatz abgelöst werden. Bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen wird bei den Hauptbeschuldigten eine fristlose Entlassung nach § 55 Absatz 5 Soldatengesetz eingeleitet. Mögliche Täter und Opfer wurden bereits räumlich getrennt, und es hat auch hier Repatriierungen auf beiden Seiten gegeben.

Darüber hinaus muss ich Ihnen mitteilen, dass im Zuge von Ermittlungen weiterhin bekannt geworden ist, dass es ein Fehl von 569 Schuss Handwaffenmunition gegeben hat. Der Befehlshaber des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr hat hierzu sofort ein Ermittlerteam entsandt, das insbesondere dem Verdacht auf mögliche Buchungsfehler nach einer Schießübung nachgehen soll. Die Befragungen und Ermittlungen dauern an.

Die Wehrdisziplinaranwaltschaft des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr und das Bundesamt für den Militärischen Abschirmdienst sind selbstverständlich eingebunden, und auch der Stellvertreter des Inspekteurs des Heeres hat heute nach Rukla verlegt.

Ich kann Ihnen sagen, dass die Ermittlungen, wie die Ministerin das auch angekündigt hat, mit aller Härte und Entschiedenheit durchgeführt werden, weil ein solches Verhalten in der Bundeswehr keinen Platz hat. Wenn Ermittlungsergebnisse vorliegen, dann ‑ Sie kennen das Prozedere ‑ werden wir zunächst das Parlament und im Anschluss die Öffentlichkeit informieren. - Vielen Dank.

FRAGE: Sie sagen, dass der Zug nach Deutschland zurückverlegt wurde. Ist dann ein Ersatz nach Litauen geschickt worden, oder kommt dieser Auslandseinsatz im Moment mit weniger Soldaten aus?

ROUTSI: Ich kann Ihnen sagen, dass die Mission insofern weitergeführt werden kann. Wir haben ja rund 600 Soldatinnen und Soldaten vor Ort. Ob es da eine Ersatzgestellung geben wird oder nicht, das sind operative Dinge, die jetzt in Klärung sind. Dazu kann ich Ihnen heute noch nichts mitteilen.

ZUSATZFRAGE: Sie haben gesagt, dass es auch Gespräche mit der litauischen Regierung gab. Sie haben uns aber nicht gesagt, wie die litauische Regierung selbst reagiert hat. Können Sie dazu etwas sagen?

ROUTSI: Ich habe Ihnen mitgeteilt, dass der Generalinspekteur mit seinem Counterpart in Litauen das Gespräch gesucht hat. Ich habe Ihnen gesagt, dass es ihm wichtig war, dass er seine Bestürzung zum Ausdruck bringt, und dass wir so etwas auf gar keinen Fall tolerieren werden.

FRAGE: Frau Routsi, können Sie sagen, wie viele Beschuldigte es in dem Fall gibt? Inwiefern litauische Soldaten involviert waren, ist mir nicht klar. Oder haben Sie nur das Gespräch gesucht, weil der Vorfall in Litauen stattfand?

ROUTSI: Ich bitte um Verständnis, dass ich mich zu Details, weil es laufende Ermittlungen sind, nicht weiterhin äußern kann.

FRAGE: Zur Handschussmunition: Können Sie konkreter sagen, in welchem Zeitraum sie verschwunden ist?

ROUTSI: Nein, auch da bitte ich einfach um Verständnis. Das sind laufende Ermittlungen. Ich habe versucht, Ihnen zu erklären, dass es ein Schiessvorhaben gegeben hat. Da prüft man jetzt, ob die Munition tatsächlich verschwunden ist oder ob es ‑ das kann genauso gut sein ‑ zu einem Buchungsfehler gekommen sein könnte.

Wie gesagt, ein Team kommt heute vor Ort an; die werden jeden Stein umdrehen.

FRAGE: Können Sie uns sagen, wann Sie von den Ereignissen und den Vorwürfen zum allerersten Mal erfahren haben?

ROUTSI: Das habe ich gerade gesagt; das war der 8. Juni.

ZUSATZFRAGE: Davor nicht?

ROUTSI: Ich kann Ihnen sagen, dass die Disziplinarvorgesetzten vor Ort das BMVg am 8. Juni informiert haben und wir sofort gehandelt haben.

FRAGE: Ich wollte mal wissen, wie groß der Zug ist. Ich glaube, das ist ja keine feste Menge.

ROUTSI: Ich meine, um die zehn Personen.

FRAGE: Sie haben vorhin gesagt, es gehe um Einzelfälle, aber jetzt wird der gesamte Zug zurückgezogen. Sind diese Einzelfälle alle in diesem Zug, oder sind da Leute dabei, die vielleicht unschuldig sind?

ROUTSI: Dazu kann ich keine Aussage treffen. Ich kann Ihnen nur sagen, dass wir die Ermittlungen sehr stringent durchführen werden und aus diesem Grund die Entscheidung getroffen wurde, den Zug zu repatriieren.

ZUSATZFRAGE JUNG: Ich habe gelesen, dass Ihr Ministerium anstrebt, die Hauptbeschuldigten fristlos zu entlassen. Warum nur die Hauptbeschuldigten? Was ist ein Hauptbeschuldigter?

ROUTSI: Das sind laufende Ermittlungen. Sie können aber ‑ das Soldatengesetz ist öffentlich einsehbar ‑ gerne mal selbst in § 55 Absatz 5 nachschauen. Da sind die Voraussetzungen aufgezählt. Das bitte ich Sie zu recherchieren. Zu weiteren Details darf ich mich einfach rechtlich nicht äußern. Da bitte ich um Verständnis.

FRAGE: Sie haben eben gesagt, der Zug bestehe aus etwa zehn Soldatinnen und Soldaten. In Presseberichten heißt es, es seien gut 30 Soldatinnen und Soldaten. Das ist ein manifester Unterschied. Können Sie das aufklären?

ROUTSI: Ich kläre das auf. Ich habe auch beide Zahlen. Ich denke, ich bekomme gleich die Information. Dann werde ich das gerne aufklären.

FRAGE: Sie haben im Rahmen des Verhaltenskodex von nicht unerheblichen Verstößen gesprochen. Ich würde gerne wissen: Was ist nach dem Verhaltenskodex denn ein unerheblicher Verstoß, und was ist ein erheblicher Verstoß?

SEIBERT (BReg): Das wird man sicherlich nur im Einzelfall wirklich definieren können. Aber vielleicht gibt es eine Definition, die das BMI, das dieses Thema heute ins Kabinett gebracht hat, vorlegen kann.

WEDE (BMI): Eine Definition für einen erheblichen und einen unerheblichen Verstoß habe ich nicht parat. Das Gesetz ist ja auch noch nicht in Kraft. Da müssen wir sehen, wie sich die Anwendung des Gesetzes und natürlich auch die Interpretation entwickeln. Es ist, allgemein gesprochen, im rechtlichen Kontext nicht unüblich, dass man zwischen erheblichen und unerheblichen Verstößen differenziert. Das ist nichts für dieses Gesetz Spezifisches.

ZUSATZFRAGE: Es hätte ja sein können, weil Herr Seibert davon gesprochen hatte.

Sie legen ja fest, dass Treffen in Ministerien bis hinunter zur Ebene von Unterabteilungsleitern erfasst werden. Warum nicht noch darunter? Es arbeiten ja noch mehr Menschen unterhalb der Unterabteilungsleiterebene. Die könnten ja auch beeinflusst werden, und die fallen dann nicht unter diese Regelung.

WEDE: Das ist eine Frage, die mit dem Verhaltenskodex nichts zu tun hat, sondern die schon bei dem Lobbyregistergesetz diskutiert wurde.

Die Erwägung geht in die Richtung, dass der Kontakt zwischen Interessensvertretern, Nichtregierungsorganisationen, der Allgemeinheit mit fachlichen Vertretern der Ministerien weiterhin möglich sein muss. Es handelt sich ja nicht um einen politischen Kontakt, wenn man mit einem Fachreferenten eine fachliche Diskussion führt. Das muss in dem Rahmen weiterhin möglich sein. Das betrifft das Lobbyregister in diesem Fall deswegen nicht.

FRAGE: Eine kleine Nachfrage zu dem, was Sie gerade über die Definition gesagt haben: Haben Sie die einfach nicht parat, oder gibt es da Ihres Wissens keine? Es scheint für diese Sache ja doch nicht unerheblich zu sein.

Sind Parlamentarier auch irgendwie davon betroffen, insofern, als sie ja auch manchmal als Lobbyisten für bestimmte Vereinigungen, deren Mitglieder sie sind, auftreten können?

WEDE: Mitglieder des Bundestages fallen nicht unter das Lobbyregistergesetz, deswegen auch nicht unter den Verhaltenskodex.

Zu der Frage, wie man zwischen erheblichen und unerheblichen Verstößen differenziert, müsste ich eine Antwort nachreichen.

FRAGE: Wer entscheidet denn, wann ein Verstoß erheblich oder unerheblich ist?

WEDE: Ich würde sagen, dass das Teil der Nachreichung sein sollte. Das hängt ja mit der Frage zusammen, die auch der Kollege Jordans gestellt hat.

ROUTSI: Ich kann jetzt die Nachreichung zu den Ermittlungen gegen in Litauen stationierte Bundeswehrsoldaten machen: Sie haben recht; da bitte ich um Verzeihung. Es waren 30 Leute, ein Zug.

Anfrage des saudi-arabischen Botschafters zu einem Treffen mit Bundesaußenminister Maas

FRAGE: Frau Adebahr, ich hatte letzte Woche schon bei Ihrer Kollegin zu einem Thema nachgefragt. Es geht konkret darum, dass der arabische Botschafter sich mit Herrn Maas treffen wollte. Es gab zweimal eine Anfrage, sich mit ihm zu treffen, aber er hat sich laut arabischen Diplomaten geweigert, sich mit ihm zu treffen. Es ging um den Gazakrieg. Da wollten Sie mir eine Antwort nachliefern. Ich habe sie aber bis jetzt noch nicht erhalten.

ADEBAHR (AA): Dann kümmere ich mich darum, dass Sie die Antwort noch erhalten.

[…]

ADEBAHR (AA): Ich habe noch eine Nachlieferung für Sie: In der Tat hatte uns eine Gesprächsbitte der Vertretung der Arabischen Liga in Berlin erreicht. Staatssekretär Miguel Berger hat dann am Freitag vergangener Woche die Vertreter der Länder Libanon, Jordanien, Ägypten, Saudi-Arabien, Tunesien, Marokko, der Palästinensischen Gebiete und der Arabischen Liga zu einem Gespräch im Auswärtigen Amt getroffen. Außenminister Maas hatte natürlich auch während der Gazakrise ‑ das haben Sie an der Reise verfolgt ‑, so wie auch davor und danach, einen ganz engen Draht zu seinen Amtskollegen im arabischen Raum und auch zu Israel auf der anderen Seite. Das betrifft auch diese Länder, die ich hier genannt habe. Staatssekretär Berger hat nach dem Treffen auch getwittert, wie ich gerade noch gesehen habe. Der Tweet ist von den Botschafterinnen und Botschaftern gut aufgenommen worden. Es hat uns auch wirklich sehr gefreut, dass das Treffen am letzten Freitag so gut ankam.

FRAGE: Frau Adebahr, ich weiß, dass die arabischen Botschafter bzw. einige von ihnen sich mit Herrn Berger getroffen haben. Die konkrete Frage war: Wieso hat sich der Außenminister geweigert, sich mit den arabischen Botschaftern zu treffen? Es gab zwei formelle Anfragen, und in beiden Fällen wurde laut arabischen Diplomaten in Berlin gesagt, dass man sich nicht mit ihnen treffen möchte. Es ist von einer Weigerung die Rede.

ADEBAHR: Das kann ich so nicht bestätigen. Der Staatssekretär hat in Vertretung des Außenministers dieses Treffen wahrgenommen. Es freut uns, dass das ein intensiver Austausch gewesen ist. Außenminister Maas ist selber mit seinen Amtskolleginnen und -kollegen aus der Region in einem ganz intensiven Kontakt, weil ihm das Thema und der Dialog mit den Staaten der arabischen Welt zu den Themen, die uns dort alle unter den Nägeln brennen, eben sehr wichtig sind.

ZUSATZFRAGE: Er hat sich also nicht geweigert, sich mit dem Botschafter zu treffen, habe ich das richtig verstanden?

ADEBAHR: Ich kann Ihnen sagen, dass der Staatssekretär den Außenminister bei diesem Termin vertreten hat.

80. Jahrestag des Überfalls des national­sozialistischen Deutschlands auf die Sowjetunion

FRAGE: Eine Frage an das Auswärtige Amt bezüglich des 80. Jahrestages des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion. Die Hauptveranstaltung findet in Karlshorst statt, im Deutsch-Russischen Museum. Der ukrainische Botschafter Melnyk hat sich in einem Pressebericht geäußert und hat angekündigt, dass er daran nicht teilnehme. Er hat dem Bundespräsidenten und der deutschen Politik insgesamt einen Affront vorgeworfen; es zeige Unsensibilität und fehlendes Bewusstsein für die Gefühle der Ukrainer als eine der größten Opfergruppen des Zweiten Weltkrieges, und zwar wegen des Ortes.

Waren Sie als Auswärtiges Amt an der Entscheidung über die Wahl des Ortes beteiligt, und haben Sie Verständnis für diesen Schritt?

ADEBAHR (AA): Wir haben die Berichterstattung zur Kenntnis genommen und auch mit etwas Verwunderung, so will ich sagen, die dort zitierten Äußerungen von Botschafter Melnyk. Ich will das aber gar nicht weiter kommentieren, sondern vielleicht etwas zum Hintergrund dieses Sachverhaltes sagen, weil es eben auch uns betrifft.

Das Auswärtige Amt ist Mitglied in dem Trägerverein „Museum Berlin-Karlshorst e. V.“, welcher seit 1994/95 das Deutsch-Russische Museum trägt. Neben uns sind insgesamt 17 Institutionen aus Deutschland, Russland, Belarus und der Ukraine Mitglied dieses Trägervereins, darunter zum Beispiel auch das Nationale Museum der Geschichte der Ukraine im Zweiten Weltkrieg in Kiew. Vor dem Museum werden entsprechend, um das deutlich zu machen, die Fahnen von Deutschland, Russland, Belarus und auch der Ukraine gezeigt.

Die Ausstellung, die der Bundespräsident dort übermorgen eröffnen wird, trägt den Titel „Dimensionen eines Verbrechens - Sowjetische Kriegsgefangene im Zweiten Weltkrieg“, also ein sehr breiter Titel. Zu dieser Ausstellungseröffnung sind nach unseren Informationen auch die Botschafter aller Nachfolgestaaten der Sowjetunion eingeladen. Ferner sind die Direktoren der drei Partnermuseen in Russland, Belarus und der Ukraine eingeladen, dort mit Videobotschaften präsent zu sein.

Vielleicht grundsätzlich zur Haltung der Bundesregierung in Bezug auf diese Erinnerungskultur: In der Erinnerungskultur soll eben gerade keine Opfergruppe ausgeblendet werden, sondern es ist im Gegenteil der Bundesregierung wichtig, dass die Erinnerung dem Schicksal der Menschen aus allen Völkern der einstigen Sowjetunion auch Rechnung trägt.

Ich kann gerne aus einer Rede von Außenminister Maas am 9. Juni im Deutschen Bundestag anlässlich der Debatte zum 80. Jahrestag des Überfalls Deutschlands auf die Sowjetunion zitieren. Er hat in dieser Rede für die Bundesregierung noch einmal an die unfassbaren Opfer der Menschen in allen betroffenen Nachfolgstaaten der Sowjetunion erinnert, darunter natürlich auch in der Ukraine. Er hat auch auf unsere Unterstützung der Erinnerungsarbeit in den vielen Ländern Ost- und Mitteleuropas hingewiesen, unter anderem zum Beispiel auf eine geplante Unterstützung im neuen Holocaustmuseum in Babyn Jar.

Am selben Tag war der ukrainische Außenminister zu einem Besuch bei Herrn Maas. Das war ein sehr freundschaftlicher und schöner Besuch. Herr Maas hat noch einmal die völkerrechtswidrige Annexion der Krim verurteilt und die territoriale Integrität der Ukraine betont.

Sie sehen also, dass es in der Erinnerungskultur der Bundesregierung einen sehr breiten Ansatz gibt, der sich schon immer dagegen wendet, den deutschen Überfall auf die Sowjetunion historisch zu instrumentalisieren und auch diesen Jahrestag zu instrumentalisieren. Dagegen wenden wir uns. Das ist für uns ein sehr wichtiges Anliegen. Das vielleicht zum Hintergrund dieser Veranstaltung.

ZUSATZFRAGE: Ich würde aber trotzdem sagen: Wenn der Botschafter eines Landes wie die Ukraine, das ja auch betroffen ist, seine Teilnahme absagt, ist das ‑ zumindest für die Öffentlichkeit ‑ als ein diplomatischer Eklat zu bewerten. Wie sehen Sie das? Haben Sie vor, hier als Auswärtiges Amt zu deeskalieren? Spricht Herr Maas vielleicht mit dem ukrainischen Außenminister?

ADEBAHR: Das ist eine Veranstaltung, die der Bundespräsident wahrnehmen wird. Insofern ist das auch etwas, wozu der Bundespräsident bzw. das Bundespräsidialamt kommunizieren sollten.

Natürlich habe ich gesagt, dass wir das mit Verwunderung zur Kenntnis genommen haben. Wir sind, wie Sie gesehen haben, mit der ukrainischen Seite auf ganz verschiedenen Wegen im Kontakt. Zuletzt war der Außenminister ja hier zu Besuch. Wir haben unsere Haltung zur Erinnerungskultur und unser Wenden gegen eine Instrumentalisierung dargestellt. Ich glaube, das ist der Grundsatz, mit dem wir als Bundesregierung diesen Jahrestag mit Blick auf zahlreiche Veranstaltungen begehen und zu dem wir stehen.

Gipfeltreffen des russischen und des amerikanischen Präsidenten

FRAGE: Frau Adebahr, Herr Seibert, was erwartet die Bundesregierung von dem Treffen der Herren Putin und Biden? Ist eine Entspannung zwischen Russland und dem Westen möglich?

SEIBERT (BReg): Die Bundeskanzlerin hat vor Kurzem öffentlich gesagt, dass sie es gut findet, dass der amerikanische Präsident jetzt das direkte Gespräch mit dem russischen Präsidenten sucht - genau wie es gut ist, wenn es auf europäischer Ebene zwischen Deutschland und Russland oder Vertretern der EU und Russland solche Gespräche gibt.

Ansonsten kann ich dem, was da heute in Genf passiert, jetzt nicht vorgreifen.

FRAGE: Herr Seibert, die Bundeskanzlerin hat ja nun viel Erfahrung in der Zusammenarbeit mit Herrn Putin. Sie hat ihn mehrfach getroffen. Mich würde interessieren, ob die Bundeskanzlerin Herrn Biden während des G7-Gipfels irgendwelche Vorschläge oder einen Rat gegeben hat, wie man bei diesem Treffen mit Herrn Putin umgehen sollte, ob man ihm zum Beispiel trauen kann.

SEIBERT: Über das vertrauliche Gespräch, das die Bundeskanzlerin in Cornwall mit dem amerikanischen Präsidenten geführt hat, kann ich Ihnen hier nichts berichten.

FRAGE: Herr Seibert, was wären denn die Hoffnungen, was das Ergebnis des Gesprächs zwischen Herr Putin und Herrn Biden angeht? Gibt es bestimmte Punkte ‑ von Abrüstung bis zu konkreten Vereinbarungen, möglicherweise auch Projekte wie Nord Stream 2 ‑, die der Bundesregierung besonders wichtig sind?

SEIBERT: Ich glaube wirklich nicht, dass es angebracht wäre, dass ich als Sprecher der Bundesregierung jetzt hier dem Gespräch zwischen dem russischen und dem amerikanischen Präsidenten einen Erwartungskatalog voranstelle.

Wie gesagt, es ist gut ‑ die Bundeskanzlerin hat das ausdrücklich begrüßt ‑, dass es dieses erste persönliche Aufeinandertreffen seit Amtsantritt des amerikanischen Präsidenten gibt. Bei G7 wurde ja auch über das gesprochen, was man von Russland erwartet ‑ und das gilt auch für uns Deutsche ‑, nämlich eine konstruktive Mitwirkung Russlands an der politischen Lösung zum Beispiel des Konflikts in der Ukraine, also bei der vollständigen Umsetzung des Minsker Maßnahmenpakets. Aber das weiß Russland. Das ist das, was wir auch auf unseren Kanälen immer wieder an die russische Führung herantragen.

ZUSATZFRAGE: Ich finde, die Frage ist berechtigt. Wir müssen keinen Erwartungskatalog voranstellen, aber dieses Treffen könnte ja Deutschland und deutsche Interessen durchaus berühren.

Jetzt eine ganz konkrete Nachfrage: Wären Sie dafür, dass die USA dem Normandie-Format künftig beitreten, wie das die Ukraine schon mehrfach gefordert hat?

SEIBERT: Die diplomatischen und politischen Bemühungen, die Deutschland und Frankreich seit 2014 unternehmen, um den Konflikt in der Ostukraine mit friedlichen Mitteln zu entschärfen, sind immer in enger Abstimmung mit den jeweiligen Regierungen in Washington erfolgt.

ZUSATZ: Entschuldigung, das war nicht ganz die Antwort. Dass das immer in Koordinierung erfolgte, ist ein Punkt. Aber mir ging es darum, ob dieser Kreis der vier auf fünf Länder erweitert wird.

SEIBERT: Ich habe Ihnen dazu nicht mehr zu sagen.

Deutsch-polnische Regierungskonsultationen

FRAGE: Herr Seibert, morgen jährt sich zum 30. Mal der deutsch-polnische Nachbarschaftsvertrag. Es hat seit knapp drei Jahren keine deutsch-polnischen Regierungskonsultationen mehr gegeben. Mit Frankreich sind diese Konsultationen, wenn auch digital, wieder aufgenommen worden. Hat es ausschließlich pandemische Gründe, dass es zuletzt keine deutsch-polnischen Regierungskonsultationen oder auch politische Konsultationen gegeben hat? Können Sie uns sagen, ob die Konsultationen wieder in Planung sind?

SEIBERT (BReg): Für diese Bundesregierung, deren Amtszeit sich ja jetzt mit ziemlich großen Schritten dem Ende nähert, sind sie nicht in Planung.

Ich will aber auch für diese Bundesregierung ganz klar sagen, dass für uns das Verhältnis zu unserem Nachbarn und Freund Polen von großer Bedeutung ist. Auch morgen, wenn wir uns an diesen Nachbarschaftsvertrag erinnern, wird sicherlich zum Ausdruck gebracht werden, dass das eine Brücke aus einer schrecklichen Vergangenheit hin zu einem wirklich guten nachbarschaftlichen Verhältnis mit unzähligen Kontakten zwischen Bürgerinnen und Bürgern auf beiden Seiten war, für die wir einfach dankbar sein müssen.

ZUSATZFRAGE: Sie sagen, sie seien für diese Bundesregierung nicht mehr in Planung. Warum? Termingründe, politische Gründe?

SEIBERT: Das ist aus terminlichen Gründen der Fall und auch, weil wir uns natürlich dem Ende der Legislaturperiode nähern und das sicherlich etwas ist, was eine neue Bundesregierung dann wieder aufgreifen wird.

Präsidentschaftswahlen in Iran

FRAGE: Frau Adebahr, die Wahlen im Iran stehen an. Es deutet sich ein bisschen eine Radikalisierung an.

Erstens. Als wie frei würden Sie diese Wahlen beurteilen?

Zweitens. Welche Auswirkungen hat das möglicherweise auf das Atomabkommen? Muss man im Nachhinein vielleicht sagen, dass die deutsche Politik keine Erfolge in Bezug auf die Iranpolitik hat?

ADEBAHR (AA): Was man im Nachhinein irgendwann wird sagen müssen, überlasse ich dann Ihnen.

Die Verhandlungen in der sechsten Runde in Wien laufen sehr intensiv. Sie haben am letzten Samstag mit einer Joint Commission begonnen und dauern derzeit an. Die Kolleginnen und Kollegen vor Ort sind in ganz intensiven Gesprächen. Der Außenminister hat noch einmal deutlich gemacht, dass wir in Wien schon ein gutes Stück des Weges gegangen sind, jetzt aber – wie bei vielen Verhandlungen ‑ auf einer möglichen Zielgeraden naturgemäß die schwersten Brocken und die sensibelsten Themen sehen, die dort liegen und vielleicht weggeräumt werden können, wenn es gut läuft. Daran arbeiten die Kolleginnen und Kollegen.

Ein Spiel auf Zeit ‑ auch das hat der Außenminister gesagt ‑ ist im Moment in niemandes Interesse. Natürlich ist der politische Kalender allen Beteiligten in allen Ländern bekannt. Aber in den Gesprächen in Wien spielte dieses Wahldatum im Moment keine Rolle, sondern man geht wirklich auf ganz knackige sensitive Fragen ein, die weggeräumt werden müssen, damit eine Rückkehr zum JCPOA und seine vollständige Inkraftsetzung wieder garantiert werden könnten.

Zu der Frage, wie wir die Wahl bewerten: Ich glaube, darüber sollte man erst sprechen, wenn die Wahl stattgefunden hat. Jedenfalls würde ich das jetzt von dieser Stelle aus noch nicht tun, denn sie hat ja noch nicht stattgefunden.

ZUSATZFRAGE: Die Einschätzung, wie frei die Wahlen sind, würden Sie erst nach der Wahl abgeben, oder können Sie jetzt schon etwas dazu sagen?

ADEBAHR: Die Einschätzung, wie frei eine Wahl war, sollte man erst vornehmen, wenn die Wahl gelaufen ist.

FRAGE: Frau Adebahr, war diese Formulierung „Spiel auf Zeit“ auf den Iran gemünzt, oder bezog sie sich generell auf alle Beteiligten?

ADEBAHR: Das bezog sich auf alle Beteiligten. Alle müssen, wenn es geht, jetzt Pragmatismus und Flexibilität zeigen, um in dieser schwierigen Phase dieser sechsten Runde voranzukommen.

G7-Gipfel/Klimaschutz

FRAGE: An das Umweltministerium: Auf dem G7-Treffen ist ja auch verkündet worden, dass die Bundesregierung ihre Beteiligung an dem 100-Milliarden-Dollar-Fonds für ärmere Länder zur Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen bis 2025 von vier auf sechs Milliarden Euro aufstocken will. Können Sie das ein bisschen aufsplitten? Wann wird wie viel bezahlt? Mit welcher Hausnummer geht die Bundesregierung dann in die Verhandlungen bei der Klimaschutzkonferenz?

SEIBERT (BReg): Vielleicht fange ich nur ganz kurz an: Klar ist, dass es entscheidend auch von den Zusagen der Industrieländer zur Klimafinanzierung abhängt, wie erfolgreich die internationalen Klimaschutzanstrengungen sind ‑ und damit auch der kommende Klimagipfel COP26. Das war die Überzeugung, die die G7-Partner am Wochenende in Cornwall einte, und auch die Überzeugung, dass die G7 bei dieser Klimafinanzierung Vorreiter sein sollten. Deswegen hat Deutschland beim Gipfel am Wochenende eben auch zugesagt, seinen Klimafinanzierungsanteil, der jetzt bei vier Milliarden Euro jährlich liegt, zu steigern. Diese Zusage, auf vier Milliarden Euro zu kommen, haben wir ja tatsächlich auch gehalten; wir haben sie sogar übertroffen. Nun werden wir weiter unseren fairen Anteil leisten. Perspektivisch wollen wir diesen Beitrag zur internationalen Klimafinanzierung bis 2025 auf sechs Milliarden Euro jährlich erhöhen. ‑ Nur, damit wir noch einmal die Grundfakten haben.

FICHTNER (BMU): Da gibt es gar nicht viel zu ergänzen. Die Klimafinanzierung ist tatsächlich ein Grundpfeiler des Pariser Klimaschutzabkommens. Wir erwarten ja auch von den Entwicklungsländern, dass sie selber mit zum Klimaschutz weltweit beitragen. Deswegen müssen wir ihnen im Gegenzug auch helfen, genau das zu tun, nämlich das Klima zu schützen und sich auch an den Klimawandel anzupassen.

Deutschland gilt hier als international vorbildlich. Wir haben auch bisher schon an führender Stelle dazu beigetragen, unseren fairen Anteil am gemeinsamen Ziel der Industriestaaten zu leisten. Das Ziel lautet, ab dem Jahr 2020 Jahr für Jahr 100 Milliarden US-Dollar aus öffentlichen und privaten Mitteln zu mobilisieren, und ab dem Jahr 2025 dann noch einmal eine neue, höhere Zahl zu mobilisieren. Deutschland wird seine führende Rolle in diesem Bereich auch weiter spielen können, wie Herr Seibert eben gesagt hat.

Wir hoffen, dass jetzt auch andere Industriestaaten nachziehen, sodass es uns dann gelingen wird, im November in Glasgow bei der Weltklimakonferenz das Vertrauen zwischen Nord und Süd zu schaffen, das man braucht, um diese Konferenz zum Erfolg zu führen.

SEIBERT: Vielleicht nur, damit man ein bisschen die Entwicklung dieser aus öffentlichen Ausgaben für Klimafinanzierung im Blick hat: Diese Ausgaben lagen 2014 noch bei zwei Milliarden Euro. Dann hat Deutschland mit Blick auf das Zieljahr 2020 zugesagt, sie auf vier Milliarden Euro zu verdoppeln. Nun wollen wir sie perspektivisch bis 2025 auf sechs Milliarden Euro erhöhen. Das ist gegenüber 2014 dann also schon eine Verdreifachung.

ZUSATZFRAGE: Können Sie sagen, in was für Schritten das geschieht?

Für welche Maßnahmen geschieht das? Denn diese zwei Milliarden Euro können ja für sehr unterschiedliche Dinge verwendet werden.

Mit welcher Zahl geht man in die Verhandlungen im November?

FICHTNER: Im November wird es um eine globale Zahl gehen, um das, was Industriestaaten insgesamt aus öffentlichen und privaten Mitteln mobilisieren, und es wird darum gehen, dabei glaubwürdig zu sein. Wir haben den G7-Gipfel am Sonntag erlebt ‑ das ist oft der allererste Schritt in solchen Prozessen.

Was Deutschland angeht, muss das natürlich erst noch haushälterisch unterlegt werden. Dann wird es in den nächsten Jahren im BMZ und im BMU neue Spielräume geben, und dann wird das sinnvoll investiert. Jetzt, ganz am Anfang dieser Debatte, ist aber noch nicht der richtige Moment, um schon konkrete Ausgabenpläne zu verkünden.

FRAGE: Herr Fichtner, andere große Industrieländer wie die USA sind ja noch hinter dem deutschen Ziel. Waren Sie enttäuscht davon, dass da beim G7-Gipfel nichts kam?

Zweitens. Wenn ich das richtig verstanden habe, gab es auch die Forderung von NGOs, dass mindestens die Hälfte der deutschen Gelder für “mitigation”, also praktisch für die Verhinderung des Klimawandels reserviert werden. Dazu kamen keine Details. Wird das noch kommen oder ist das nicht vorgesehen?

FICHTNER: Zu den guten Nachrichten des G7-Gipfels gehörte neben der deutschen Ankündigung unter anderem auch eine Ankündigung von Kanada, seine Klimafinanzierung zu erhöhen. Ansonsten war das jetzt auch nicht die letzte Chance für die Industriestaaten vor der Weltklimakonferenz in Glasgow; da wird es noch weitere Gelegenheiten geben. Die Briten als Präsidentschaft der Weltklimakonferenz und auch wir werden weiter dafür werben, dass andere Industriestaaten folgen.

Was die NGO-Forderung angeht: Ich vermute, die war andersherum gemeint, also dass man auch viel Wert darauf legt, dass Entwicklungsländer Geld für Anpassungen bekommen und nicht nur Geld für Klimaschutztechnologien. Das sehen wir auch so und achten deshalb auch stark darauf, dass Anpassungsmaßnahmen zum Beispiel beim Grünen Klimafonds eine wichtige Rolle spielen. Deutschland zählt auch zu den größten Förderern des Anpassungsfonds, der sich genau auf solche Projekte spezialisiert hat.

Geplanter Vollzug der Todesstrafe gegen Oppositionelle in Ägypten

FRAGE: An das Auswärtige Amt: Die ägyptische Justiz will die Hinrichtung von zwölf Personen der ägyptischen Opposition vollziehen. Gibt es Bemühungen seitens der Bundesregierung, die Umsetzung dieses neuen Verbrechens zu verhindern?

ADEBAHR (AA): Zu den konkreten Fällen ‑ Sie haben gerade ja auch keine Namen genannt ‑ müsste ich etwas nachreichen; das kann ich aber gern tun. Ich glaube, unsere Haltung zur Todesstrafe grundsätzlich und weltweit ist bekannt: Wir lehnen eine solche Strafe überall und unter allen Umständen ab und wirken dort, wo sie noch angewendet wird, auf Moratorien hin. Auch mit der ägyptischen Seite sind wir zu Menschenrechtsfragen grundsätzlich immer im Gespräch. ‑ So viel vielleicht kurz allgemein zu diesem Thema.

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