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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungs­pressekonferenz vom 07.05.2021

07.05.2021 - Artikel

Diplomatische Differenzen mit Marokko

FRAGE: Wie beurteilt das Auswärtige Amt die Ankündigung des Königreichs Marokko, wegen der Differenzen um den Westsaharakonflikt und die Libyen-Konferenz seinen Botschafter aus Berlin zurückzurufen?

ADEBAHR (AA): Wir wurden über den Rückruf der marokkanischen Botschafterin nach Rabat vorab durch die marokkanische Seite leider nicht vorab informiert. Da muss man sagen: Das ist schon eher ungewöhnlich und aus unserer Sicht auch kein sehr geeignetes Verfahren, um eine diplomatische Krise beizulegen. Wir kennen im Moment die Gründe nicht, die wirklich dazu geführt haben, und haben deshalb die marokkanische Seite schon gestern direkt um eine Erklärung für dieses Vorgehen gebeten.

Was das Kommuniqué betrifft, das das marokkanische Außenministerium veröffentlicht hat, so sehen wir es so, dass die darin erhobenen Vorwürfe und auch die Wortwahl jeder Grundlage entbehren und wir diese Vorwürfe auch nicht nachvollziehen können. Diese jüngste Entwicklung ist auch insofern besonders bedauerlich, als wir uns in den letzten Wochen gegenüber der marokkanischen Seite sehr um einen konstruktiven Dialog und um eine Beilegung der Krise bemüht haben. Aus unserer Sicht ist es natürlich weiterhin im Interesse beider Länder, eine breite diplomatische Beziehung fortzuführen, und dazu waren wir eben auch in den vergangenen Wochen mit der marokkanischen Seite in Austausch. Jetzt müssen wir einmal schauen, welche Erklärung von der marokkanischen Seite für diese Maßnahme kommt.

FRAGE: Frau Adebahr, eine Nachfrage zu Gesprächen, die die Bundesregierung mit EU-Partnern und möglicherweise mit der US-Regierung führt, weil die Anerkennung der Westsahara als marokkanisches Gebiet ja offenbar einer der Auslöser dieser Verstimmung sein kann. Wir haben bei anderen Botschafterrückzügen oder -ausweisungen ja auch erlebt, dass es teilweise eine europäische Solidarität gibt. Sucht die Bundesregierung hier die Unterstützung der anderen EU-Partner?

Gibt es Gespräche mit der amerikanischen Regierung, auf die marokkanische Regierung einzuwirken?

ADEBAHR: Gespräche mit der amerikanischen Regierung, um auf die marokkanische Regierung einzuwirken?

ZUSATZ: Genau!

ADEBAHR: Ich kann Ihnen sagen, was unsere Haltung zur Westsahara-Frage betrifft. Diese ist aus unserer Sicht unverändert und wird auch so bleiben.

Wir sind natürlich auf EU-Ebene zu vielen außenpolitischen Fragen im Kontakt und sprechen auch immer wieder mit der US-Seite über verschiedene Fragen. Insofern ist das eine Maßnahme, die uns gestern durch die marokkanische Seite bekannt wurde. Wir müssen jetzt erst einmal schauen, welche Antwort wir bekommen, warum dieser Schritt von dort vollzogen wurde. Dann sehen wir weiter. Unsere Haltung ‑ und auch die Haltung vieler europäischer Partner ‑ zur Frage des Status der Westsahara ist jedenfalls unverändert.

FRAGE: Joe Bidens Vorgänger, Herr Trump, hat die Besatzung Marokkos quasi anerkannt und zum Staatsgebiet Marokkos erklärt. Wirken Sie eigentlich auf die Amerikaner ein, dass diese völkerrechtswidrige Anerkennung zurückgenommen wird?

Bleibt die Bundesregierung dabei, dass Marokko die Westsahara besetzt?

ADEBAHR: Wie schon gesagt: Unsere Haltung dazu ist unverändert. Nach der Entscheidung der Trump-Administration, ihre Haltung dazu zu verändern, haben wir ‑ ich glaube, sogar hier an diesem Ort ‑ sehr deutlich gemacht, dass wir diesen Schritt, den die Trump-Administration gegangen ist, nicht nachvollziehen. Nach unserer Rechtsauffassung ‑ das ist auch weiterhin die Rechtsauffassung in den Vereinten Nationen ‑ ist der Status der Westsahara ungeklärt. Gegenstand des Verhandlungsprozesses, den es unter VN-Ägide gibt, ist es, eben diesen abschließend zu definieren.

Wir haben kurz vor Weihnachten, als diese Frage schon einmal virulent war, eine Sicherheitsratsbefassung eingeleitet, um unsere Rechtsauffassung ‑ ich glaube, diese ist allgemein und auch den amerikanischen Kolleginnen und Kollegen bekannt ‑ noch einmal deutlich zu machen.

ZUSATZFRAGE: Es gibt eine neue Administration, die nicht „Trump“ heißt. Sie bewerten dieses Vorgehen der Trump-Administration als nicht nachvollziehbar. Wirken Sie auf die Biden-Administration ein, den Schritt dieser einseitigen Anerkennung zurückzunehmen?

ADEBAHR: Das muss die Biden-Administration entscheiden. Ich denke, die Administration weiß, wie unsere Haltung ist. Das haben wir auch in Gesprächen deutlich gemacht.

Sicherheitslage in Afghanistan

FRAGE: Ich habe eine Frage an das BMVg. Herr Collatz, die USA haben heute angekündigt, ihre Truppen in Afghanistan mit B-52-Bombern und F18-Kampfjets zu verstärken. Der amerikanische Verteidigungsminister hat gesagt: Der Abzug läuft nach Plan, aber in einem „sehr feindlichem Umfeld“. Wie schätzt die Bundesregierung denn die Sicherheitslage vor Ort ein? Was bedeutet das für die deutschen Soldaten?

COLLATZ (BMVg): Gerade was die Sicherheit in Afghanistan angeht, stimmen wir uns natürlich regelmäßig und kontinuierlich mit unseren Alliierten ab. Das Bild, das die Amerikaner zeichnen, deckt sich mit unserem. Wir haben uns schon immer genau in die Richtung geäußert ‑ auch die Ministerin hat das verdeutlicht ‑, dass wir damit rechnen, dass sich im Zuge der Abzugsbemühungen die Sicherheitslage noch einmal verändern könnte.

Die Amerikaner haben dem auf ihrer Seite mit entsprechenden Reaktionen Rechnung getragen, und auch wir tun das ja. Wir verstärken unsere Truppen, haben weitere Fähigkeiten eingebracht und unsere Reaktionsfähigkeit erhöht. Das muss man zu einem Gesamtbild zusammenfügen. Es handelt sich um einen Einsatz ‑ das wissen wir alle ‑, der nicht nur von einer Nation alleine gestaltet wird, sondern von vielen Nationen. Alle leisten ihren Beitrag, und die Rollen sind dort abgestimmt. Das muss man so sehen, dass wir uns untereinander abstimmen – sowohl was das Lagebild als auch was die Reaktion angeht.

ZUSATZFRAGE: Können Sie uns Näheres zu den Benchmarks des deutschen Abzugs erläutern? Gibt es schon so etwas wie einen Endtermin? Wissen Sie, bis wohin bestimmte Kräfte wieder zurückverlegt worden sein sollen?

COLLATZ: Hierzu gibt es keine neuen Daten, die ich Ihnen liefern kann. Nach wie vor gehen wir nach den Vorgaben des stärksten Partners im Einsatz ‑ den Amerikanern ‑ davon aus, dass wir spätestens im September das Land militärisch nicht weiter unterstützen werden. Die weitere Unterstützung ist ja noch abseits des Militärischen zu beobachten. Dazu laufen auch Gespräche, zu denen ich mich aber nicht äußern kann.

Wir haben auch veröffentlicht, dass es auf operativer Ebene durchaus Prüfaufträge an die beteiligten Nationen gibt, einmal zu schauen, welche früheren Abzugstermine möglich sind und unter welchen Bedingungen diese realisiert werden können. Diese Prüfungen laufen unverändert. Weitere Daten kann ich Ihnen nicht nennen.

FRAGE: Können Sie uns etwas dazu sagen, nach welchen ‑ sagen wir es einmal so ‑ Archivregeln und Verfahren dokumentiert wurde, welche afghanischen Ortskräfte über die Gesamtdauer des Einsatzes für die Bundeswehr gearbeitet haben?

COLLATZ: Genaue Daten kann ich Ihnen dazu nicht nennen. Ich kann Ihnen sagen, dass es Aufbewahrungsregelungen allgemeiner Art gibt. Dahinter stehen auch datenschutzrechtliche Aspekte. Es heißt ja ‑ das wissen Sie ‑, dass das Datenschutzrecht vorsieht, dass personifizierbare Daten in den Archiven nur über einen bestimmten Zeitraum hinaus aufbewahrt werden dürfen. Dem tragen wir natürlich Rechnung. Das hat natürlich auch Einfluss darauf, inwieweit und wie genau wir archivieren und nachvollziehen können, inwieweit unser Anteil der Beteiligung von Ortskräften registriert werden kann.

ZUSATZFRAGE: Das bedeutet, dass es unter Umständen nicht möglich wäre, über den gesamten Zeitraum der Einsatzdauer jetzt noch rückblickend Einblick zu haben, weil aus datenschutzrechtlichen Gründen möglicherweise früher erhobene Daten nicht mehr vorliegen. Darf ich das so verstehen?

COLLATZ: Ich kann das nicht konkret bestätigen, kann das aber zum derzeitigen Zeitpunkt auch nicht ausschließen.

FRAGE: Hat man, als es noch ein Kampfeinsatz der Bundeswehr war, auch auf afghanische Ortskräfte gesetzt, über die man jetzt keine Statistiken mehr hat?

COLLATZ: Sie spielen darauf an, wie wir nach Beendigung des militärischen Anteils dieses Einsatzes mit Ortskräften umgehen wollen. Ich kann dazu nur sagen, dass seitens der Bundeswehr die gleichen Bestimmungen wie für alle anderen Beteiligten Ressorts gelten, die auch Ortskräfte beschäftigt haben und dort Verträge eingegangen sind. Die Regularien sind eindeutig festgelegt: Jeder Mensch, der dort einen Vertrag gezeichnet hat, kann bis zu zwei Jahre nach Beendigung des Verhältnisses noch einen Antrag stellen und anerkennen lassen, dass er sich in einer Bedrohungssituation befindet. Das ist unverändert gültig. Weiter zurückliegende Dinge sind in dem Zusammenhang von dem festgelegten Verfahren nicht zu betrachten.

ZUSATZFRAGE: Weil Sie gerade andere Ministerien ansprechen, vielleicht eine Lernfrage an das BMZ: Haben Sie auch keine Zahlen, was die Gesamtzahl Ihrer afghanischen Ortskräfte für den gesamten Afghanistaneinsatz angeht? Das Verteidigungsministerium meint ja, nur ein paar Jahre zurückzugehen.

WICKERT (BMZ): Ich habe keine aktuellen Zahlen dabei. Wenn ich welche habe, könnte ich sie nachliefern.

ZUSATZFRAGE: Die Frage war: Wie viele afghanische Ortskräfte hat Ihr Ministerium während des gesamten Afghanistaneinsatzes beschäftigt?

VORS. DETJEN: Ist notiert. ‑ Dann haben wir noch eine Nachlieferung.

ZIMMERMANN (BMJV): Das geht auch schnell und ist unspektakulär: Ich kann bestätigen, dass in dem genannten Ausschuss in Bezug auf das TRIPS-Übereinkommen Einstimmigkeit erforderlich ist.

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