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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungs­pressekonferenz vom 30.04.2021

30.04.2021 - Artikel

Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan

FRAGE: Die Bundeswehr hat ja jetzt ihren Abzug aus Afghanistan begonnen. Wann wird nach jetzigem Stand der letzte Soldat und das letzte militärische Gerät Afghanistan verlassen haben?

Wenn ich diese Frage gleich anschließen darf: Was bedeutet das? Wie geht es dann mit den Ausbildungsmissionen für die afghanischen Sicherheitskräfte weiter?

HELMBOLD (BMVg): Der geordnete und abgestimmte Abzug der NATO und ihrer Partner hat heute begonnen. Unser Stand ist jetzt, dass der Einsatz nach fast 20 Jahren spätestens im September beendet werden wird. Exakte Daten ‑ dafür bitte ich um Verständnis ‑ können wir an dieser Stelle nicht mitteilen. Wir befinden uns ebenfalls in Gesprächen mit den Partnern darüber, wie wir Afghanistan im Anschluss weiter unterstützen können. Dazu gibt es auch sehr, sehr viele Aussagen unserer Ministerin und weiterer Minister. Ich kann aber im Moment keine konkreten Inhalte mitteilen, da im Moment noch Planungen und Gespräche dazu im Gange sind. Sobald wir etwas haben, werden wir es Ihnen mitteilen.

FRAGE: Im Zuge der Besatzung von Afghanistan kam es zu Abertausenden von zivilen Toten durch die Alliierten. Mich würde interessieren: Plant die Verteidigungsministerin zusammen mit ihren NATO-Kollegen eine Aufarbeitung dieser Kollateralschäden?

HELMBOLD: Wir haben uns zu den verschiedenen Ereignissen, die in Afghanistan stattgefunden haben, regelmäßig ereignisbezogen geäußert. Die Ministerin hat sich in der letzten Zeit auch insgesamt zu Fragen dessen geäußert, wie wir den Einsatz bewerten.

Mit Blick auf den Bundeswehreinsatz ist mir eines wichtig: Wann immer wir Bewertungen anstellen, ist es wichtig, dass wir uns darauf beziehen, was unser Auftrag war, insbesondere der parlamentarische Auftrag. Weitere Ergänzungen habe ich im Augenblick nicht zu machen.

BURGER (AA): Ich würde gerne noch etwas zum Begriff „Besatzung“ sagen, den Sie hier verwendet haben. Ich weiß nicht, ob Sie sich damit auf die Präsenz der Sowjetunion in Afghanistan in den Achtzigerjahren beziehen. Die Präsenz der Bundeswehr in Afghanistan hat jedenfalls nichts mit einer Besatzung zu tun. Sie hat im Zuge einer vom UN-Sicherheitsrat mandatierten Mission begonnen und findet derzeit auf Bitten der gewählten afghanischen Regierung im Rahmen der NATO-Ausbildungsmission Resolute Support statt.

ZUSATZFRAGE: Da können Sie halt fragen, wie die Afghanen das zum Teil bewerten. – Eine Nachfrage hätte ich noch. Die Verteidigungsministerin hatte im Zuge des Abzugsgeschehens erklärt, dass das Hauptziel nach 9/11, so lautete ihre Formulierung, vollendet sei. Das Hauptargument war ja die Vertreibung und Zerstörung von Al-Qaida-Ausbildungsbasen in Afghanistan. Jetzt gibt es bis heute eigentlich keine Belege dafür, dass 9/11 wirklich von Afghanistan aus geleitet wurde. Hat die Ministerin neue Erkenntnisse, die ‑ ‑ ‑

[…]

SEIBERT: Ich finde, wir treten jetzt nicht in eine Diskussion über Ihre alternativen Erklärungsmodelle zu 9/11 ein.

ZUSATZ: Das sind keine alternativen Erklärungsmodelle.

SEIBERT (BReg): Das sind alternative Erklärungsmodelle. In diese Diskussion tritt die Bundesregierung von dieser Stelle aus mit Ihnen nicht ein.

FELDHOFF (Vorsitz): Als Vorsitzender der Bundespressekonferenz muss ich Ihnen sagen, dass diese Sichtweise eine sehr singuläre ist, und ich bitte Sie, sie nicht sozusagen zur allgemeinen Fragestellung zu machen.

ZUSATZ: Aber es ging nicht darum, dass man 9/11 infrage stellt, sondern um die Verursacher und den Ort, von dem das ausging. Es ist bis heute nicht geklärt, ob Afghanistan wirklich das Hauptland für die Planungen war. Mehr habe ich nicht gesagt, und das sollte auch in der Bundespressekonferenz eine Frage sein, die man stellen kann, ohne dass da der VT-Hammer niederrammt.

SEIBERT: Sie haben einen ganzen Fernsehsender, auf dem Sie das ausbreiten können.

ZURUF: Noch nicht!

FRAGE: Herr Burger, „DER SPIEGEL“ berichtet über angebliche Evakuierungspläne für deutsche Staatsbürger nach dem NATO-Abzug. Können Sie solche Berichte bestätigen?

Wie betrachten Sie grundsätzlich die Sicherheitslage in Afghanistan? Es gibt ja auch Befürchtungen, dass die Taliban nach dem NATO-Abzug wieder an die Macht kommen, sich an die Macht putschen oder kämpfen können. Wie besorgt sind Sie über die Sicherheitslage?

BURGER: Ich würde Sie gerne auf Äußerungen des Außenministers bei seinem gestrigen Besuch in Kabul verweisen, wo er gesagt hat: Wir ziehen zwar unsere Soldaten ab, aber nicht den politischen und finanziellen Support, den es für Afghanistan gibt. Wir werden weiterhin den Aufbau der Streitkräfte und der Polizei, soweit das möglich ist, unterstützen. Wir werden vor allem den politischen Prozess unterstützen. Die Friedensgespräche, die in Doha stattfinden, sind nach unserer Auffassung der einzig mögliche Weg, über eine politische Lösung den Konflikt, den es in diesem Land gibt, zu beenden. Nur so wird dieses Land irgendwann in Frieden leben können.

Das heißt, wir möchten mit unserer zivilen Unterstützung für Afghanistan weitermachen, und dazu gehört auch, dass wir unsere diplomatische Präsenz in Afghanistan und das, was notwendig ist, um diese zivile Unterstützung für die afghanische Bevölkerung fortsetzen zu können, vor Ort aufrechterhalten.

ZUSATZFRAGE: Wie ist die Position? Meine Frage betraf konkret Evakuierungspläne für deutsche Staatsbürger in Afghanistan und wie Sie die momentane Sicherheitslage in Afghanistan bewerten.

BURGER: Für das Auswärtigen Amt gehört es grundsätzlich in jedem Land der Welt zu den Aufgaben einer Botschaft, für Krisenszenarien Vorbereitungen zu treffen und darauf bestmöglich vorbereitet zu sein, um deutschen Staatsangehörigen in Krisensituationen helfen zu können. Das gilt wie gesagt ganz unabhängig vom Land und ganz unabhängig von konkreten Szenarien. Ich muss um Verständnis dafür bitten, dass wir hier über solche konkreten Szenarien nicht Auskunft geben, weil das eine Sicherheitsfrage ist.

FRAGE: Es hat mich überrascht, dass Herr Burger diese Besatzung so ablehnt. Natürlich war das eine Besatzung, genauso wie die sowjetische. Ich meine, es gab und gibt eine militärische Verwaltung der westlichen Armeen. Afghanische Gesetze gelten nicht für unsere Soldaten. Eine Souveränität ohne die westlichen Armeen gibt es ja auch nicht in Afghanistan, darum sind sie ja da.

BURGER: Entschuldigung, aber wenn Sie hier Ihre Völkerrechtstheorien ausbreiten möchten, dann kann ich Sie daran nicht hindern; das ist dann Aufgabe des Vorsitzenden. Aber das ist ‑ ‑ ‑

ZURUF: Ich muss meine Theorien hier nicht ausbreiten! Sie streiten doch ‑ ‑ ‑

FELDHOFF (Vorsitz): Bitte schön!

ZUSATZFRAGE: Was denn?

FELDHOFF: Ich bitte darum, dass Sie ‑ ‑ ‑

ZUSATZFRAGE: Kann ich meine Frage stellen?

FELDHOFF: Ich bitte Sie darum, dass Sie sich vor allem in Ihrem Ton zurücknehmen.

ZURUF: Er hat mich gerade unterbrochen, Herr Vorsitzender!

FELDHOFF: Der Satz „Sie müssen Ihre Theorien hier nicht ausbreiten“ ‑ ‑ ‑ Ich finde es, ehrlich gesagt, gerade ein bisschen schwierig. Versuchen Sie, Ihre Frage zivil und in einem normalen Tonfall zu stellen. Machen Sie das bitte.

ZUSATZFRAGE: Dann würde ich auch nicht unterbrochen werden wollen. – Was ist denn Ihr Verständnis von einer Militärbesatzung?

BURGER: Ich gebe jetzt hier kein –

ZURUF: Ach so!

BURGER: - kein Völkerrechtsgrundlagenseminar. Aber ich kann Ihnen gerne eine Fundstelle in einem völkerrechtlichen Standardwerk zum Begriff der –

ZURUF: Gerne, gerne!

BURGER: - Besatzung zukommen lassen. Dann werden Sie feststellen, dass die Situation, in der der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen eine ‑ ‑ ‑

ZURUF: Das spielt keine Rolle!

BURGER: Bitte? Das spielt keine Rolle, meinen Sie? – Okay, das nehmen wir zur Kenntnis. Das ist die Völkerrechtsauffassung von Tiedemann.

ZURUF: Aber das hat doch gar nichts (das Mikrofon wird abgestellt) ‑ ‑

FELDHOFF: Wir sind hier nicht in einer Talkshow über Völkerrecht, bitte schön!

ZURUF: (ohne Mikrofon; akustisch unverständlich)

FELDHOFF: Die Regierung hat Ihnen gerade diverse Fundstellen über die Frage eines Besatzungsrechts, des Völkerrechts und Ähnlichem angeboten. Nehmen Sie es zur Kenntnis. Sie können - - -

ZURUF: (ohne Mikrofon; akustisch unverständlich)

FELDHOFF: Sie können es dann bewerten, wie Sie möchten. Das ist Ihre Aufgabe. Aber machen Sie diese Bundespressekonferenz nicht zur Talkshow mit dem Auswärtigen Amt, bitte!

Hinrichtung von Oppositionellen in Ägypten

FRAGE: Am vergangenen Montag hat quasi gleichzeitig ein ägyptisches Gericht die Freilassung von drei ägyptischen Oppositionsmitgliedern aus dem Gefängnis angekündigt. Diese Maßnahmen wurden vom Außenministerium begrüßt, während in Ägypten gleichzeitig 17 ägyptische Oppositionelle hingerichtet wurden. Dazu fehlt eine Äußerung des Außenministeriums.

BURGER (AA): Dazu muss ich die Antwort leider nachreichen.

Dialog zwischen Kosovo und Serbien

FRAGE: Herr Seibert, der EU-Beauftragte für den Kosovo-Serbien-Dialog, Miroslav Lajčák, versucht gerade, den Dialog wieder in Gang zu setzen. Im Vorfeld waren auch zwei Non-Papers im Umlauf, die Vorschläge beinhalten, die im Falle eines Abkommens zwischen Serbien und Kosovo in Frage kommen könnten. In dem einen Non-Paper ‑ darüber haben wir schon vor zwei Wochen geredet ‑ geht es um die Grenzverschiebungen; in dem anderen geht es um die Einrichtung einer autonomen serbischen Region im Kosovo, faktisch also eine sogenannte zweite Republika Srpska.

Diese Meldungen haben für reichlich Wirbel in der Region gesorgt. Erfahrungsgemäß kommen ja nach den Non-Papers die Papers. Deshalb wäre eine klare Positionierung der deutschen Regierung für die Region sehr hilfreich.

Jetzt komme ich zur Frage, Herr Seibert: Hat die Bundesregierung für sich die roten Linien, die nicht übertreten werden dürfen bzw. sollten, definiert? Stichwort Grenzverschiebung, Stichwort autonome Verwaltungseinheit der Serben im Nordkosovo?

SEIBERT (BReg): Ich bitte Sie um Verständnis, dass wir uns ganz grundsätzlich nicht zu Non-Papern, also informellen Papieren, äußern.

Zu den in der letzten Zeit in den Medien zu lesenden Spekulationen über Grenzveränderungen auf dem westlichen Balkan entlang ethnischer Linien möchte ich Ihnen aber für die Bundesregierung sagen, dass wir da durchaus potenzielle Gefahren sehen. Solche Grenzveränderungen können die Instabilität in der Region erhöhen. Sie können neue Spannungen hervorbringen und Konflikte der Vergangenheit wieder hervorbringen. Wir fördern als Bundesregierung weiter den europäischen und den transatlantischen Weg der Länder der Region, und zwar basierend auf Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Multiethnizität. Wir ermutigen alle Länder in der Region, ihre Reformagenda fortzusetzen, und zwar mit einem Fokus auf das Justizwesen, auf die Rechtsstaatlichkeit, auf den Kampf gegen Korruption und gegen die organisierte Kriminalität.

BURGER (AA): Ich würde das gern ergänzen: Der Außenminister war ja in der vergangenen Woche im Kosovo und in Serbien zu Besuch. Er hat sich dort auch in Pressekonferenzen mit den beiden Staatsoberhäuptern ausführlich geäußert, auch zu einem Non-Paper, das in der vergangenen Zeit kolportiert worden war, in dem über angebliche Grenzveränderungen nachgedacht wurde. Der Außenminister hat dazu gesagt, dass diese Idee in den Reißwolf der Geschichte gehört. Ich glaube, klarer kann man das nicht sagen.

Unser Botschafter in Kosovo hat sich in den letzten Tagen auch noch einmal sehr deutlich zu Berichten geäußert, dass es ein deutsch-französisches Non-Paper gebe, ebenfalls mit der sehr klaren Richtigstellung, dass ein solches Papier nicht von der Bundesregierung stammt und von der Bundesregierung die darin angeblich enthaltenen Positionen nicht geteilt werden. Die Position der Bundesregierung hat der Außenminister letzte Woche in Pristina und in Belgrad sehr, sehr deutlich festgestellt. Dabei bleibt es auch.

Iranisches Nuklearprogramm

FRAGE: Herr Burger, eine Frage zu den Nuklearverhandlungen mit dem Iran. Es gab ja in dieser Woche die dritte Runde der Verhandlungen. Wie bewerten Sie die Verhandlungen? Gab es auch eine weitere Annäherung der Positionen dazu?

BURGER (AA): Herr Towfigh Nia, ich muss Sie um Verständnis bitten, dass ich über den Verlauf der Verhandlungen hier im Einzelnen keine Auskunft geben kann. Aus unserer Sicht ist es wichtig, dass die Verhandlungen fortgesetzt werden und es von allen Seiten weiterhin die ernsthafte Bereitschaft gibt, zu Ergebnissen zu kommen. Das Ziel dieser Verhandlungen ist aus unserer Sicht ein sehr wichtiges, nämlich dass das Abkommen mit Iran wieder vollständig umgesetzt und damit ein iranischer Weg zu Atomwaffen verhindert wird.

ZUSATZFRAGE: Es gab auch Medienmeldungen, wonach es jetzt das Ziel ist, bis zum 22. Mai, wenn eine Übereinkunft zwischen der IAEO und Iran ausläuft, eine Vereinbarung zu treffen. Können Sie das bestätigen?

BURGER: Herr Towfigh Nia, ich muss noch einmal um Verständnis bitten, dass ich hier über einzelne Verhandlungsinhalte keine Auskünfte gebe.

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