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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungs­pressekonferenz vom 26.04.2021

26.04.2021 - Artikel

COVID-19-Pandemie

FRAGE: Kanzlerin Merkel hat wegen der dramatischen Coronalage in Indien eine Unterstützungsmission angekündigt. Herr Seibert, wie soll diese Unterstützung konkret aussehen?

SEIBERT (BReg): In der Tat hat die Bundeskanzlerin gestern ‑ Sie haben das möglicherweise mitbekommen ‑ angesichts der sehr kritischen Lage im Land, der sehr hohen, steigenden Infektionszahlen und auch der verzweifelten Situation in Krankenhäusern gegenüber der indischen Bevölkerung ihr Mitgefühl für das schreckliche Leid ausgedrückt, das diese nun erneute Pandemiewelle über Indien bringt. Sie hat angekündigt, dass wir ‑ das ist dringend ‑ an einer Hilfs- oder Unterstützungsmission arbeiten. In der Tat prüft die Bundesregierung jetzt mit genau dieser Dringlichkeit, welche Unterstützung gegeben werden kann. Dafür kommen Sauerstoffanlagen, Beatmungsgeräte und Medikamente infrage. Es ist im Übrigen parallel auch von der EU-Kommission medizinische und humanitäre Hilfe geplant. Konkrete Ausformulierung dieser Zusage, zu helfen, könnten möglicherweise die Kollegen aus den betreffenden Ressorts nennen.

GÜLDE (BMG): Ich kann das gerne ergänzen. Wie Herr Seibert gerade schon gesagt hat, arbeiten wir mit Hochdruck daran, ein Hilfspaket zusammenzustellen. Infrage kommt dafür die Lieferung von Beatmungsgeräten, von monoklonalen Antikörpern, von Remdesivir sowie von OP- und KN95-Masken.

FRAGE: Können Sie schon etwas zum Zeitplan sagen?

GÜLDE: Wir sind wie gesagt dabei, das zügig zusammenzustellen, und ich gehe davon aus, dass wir dann auch in Kürze etwas zu Liefermengen werden sagen können.

FRAGE: Ich habe noch eine Frage an das Gesundheitsministerium. Wird das eigentlich mit den Ländern koordiniert, oder könnte es sein, dass einzelne Bundesländer ihrerseits dann auch noch einmal Hilfsangebote abgeben?

GÜLDE: Zurzeit wird das Ganze auf Bundesebene koordiniert.

ZUSATZFRAGE: Dann hätte ich das Auswärtige Amt gerne noch einmal etwas gefragt. Deutschland hat ja auch schon EU-Nachbarländern geholfen. Gibt es eigentlich eine Art Zwischenbilanz, die Sie uns nennen können, was die Aufnahme vom Patienten oder eben auch die Unterstützung mit Beatmungsgeräten und anderen Gerätschaften oder Medikamenten angeht?

BURGER: Das müsste ich Ihnen nachreichen. Wir können gerne einmal schauen, ob wir etwas zusammenstellen können.

Sperrung mehrerer Seegebiete im Schwarzen Meer für staatliche Schiffe durch Russland

FRAGE: Russland hat Samstag mehrere Seegebiete im Schwarzen Meer nahe der 2014 völkerrechtswidrig annektierten ukrainischen Halbinsel Krim gesperrt. Bis zum 31. Oktober dürfen Kriegsschiffe und andere staatliche Schiffe diese Gewässer nicht mehr passieren. Es besteht die Sorge, dass die im Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen verankerten Durchfahrtsrechte eingeschränkt und die internationale Schifffahrt behindert werden könnte.

Wie steht die Bundesregierung zu dieser Frage?

BURGER (AA): Dazu kann ich Ihnen unsere Einschätzung mitteilen, dass Einschränkungen der sogenannten friedlichen Durchfahrt durch Küstengewässer über einen so langen Zeitraum präzedenzlos und völkerrechtlich sehr problematisch sind und dass, soweit internationale Gewässer und Küstengewässer der illegal annektierten Krim betroffen sind, wir das auch als völkerrechtswidrig ansehen. Wir prüfen weiterhin intensiv die Situation vor Ort und auch die juristische Lage.

Fall Alexej Nawalny

FRAGE: Über die Organisation von Alexej Nawalny ist nach Angaben seines Teams ein Arbeitsverbot verhängt worden. Richten Sie im Zusammenhang damit Forderungen an die russische Regierung?

SEIBERT (BReg): Diese Entscheidung eines Moskauer Gerichts, zustande gekommen auf Antrag der Staatsanwaltschaft, der Organisation Nawalnys, diesen Wahlstäben, wegen Verdachts auf extremistische Tätigkeit die Tätigkeit zu untersagen, zu verbieten, verurteilt die Bundesregierung. Mit Mitteln der Terrorbekämpfung gegen politisch unliebsame Meinungen vorzugehen, ist mir rechtsstaatlichen Prinzipien in keiner Weise vereinbar.

ZUSATZFRAGE: Zieht die Bundesregierung daraus irgendwelche Konsequenzen oder belassen Sie es bei der Forderung?

SEIBERT: Wenn ich es richtig verstehe ‑ korrigieren Sie mich, falls das nicht der Fall ist ‑, ist das sogenannte Hauptsacheverfahren in dieser Frage ja noch nicht entschieden. Das werden wir also sicherlich abwarten, um es dann erneut auch mit den europäischen Partnern zu bewerten. Aber die Grundhaltung für die Bundesregierung habe ich hier schon ausgedrückt.

FRAGE: An das Auswärtige Amt: Gestern hat ein Europaabgeordneter der Grünen wieder den Vorwurf erhoben, dass das Auswärtige Amt nicht wirklich wisse, in was für einer Art von Einrichtung sich Herr Nawalny befinde, und dass das eher in Richtung einer Anstalt mit Foltercharakter gehe als ein Krankenhaus sei. Er hat gesagt, dass die Bundesregierung offensichtlich nicht genügend Informationen über die Lage vor Ort habe. Was sagen Sie zu diesem Vorwurf?

BURGER (AA): Natürlich informieren wir uns über solche Vorgänge über ganz verschiedene Quellen und stehen dazu natürlich auch mit dem Umfeld von Herrn Nawalny selbst in Kontakt. Insofern gehe ich davon aus, dass wir in der Regel eine gute Informationsbasis haben. Das bedeutet natürlich nicht, dass man in der Bewertung einzelner Sachverhalte nicht auch einmal zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen kann. Nach meinen Informationen gibt es Meldungen, dass Herr Nawalny seinen Hungerstreik beendet hat und auch in ein ziviles Krankenhaus verlegt wurde. Insofern und da er auch Zugang zu Ärzten bekommen hat, gibt es damit ja auch die Hoffnung, dass sich seine gesundheitliche Situation jetzt bessert. Das wäre dann in der Tat eine erfreuliche Nachricht.

FRAGE: Wenn ich den Kollegen richtig verstanden habe, war der Vorwurf des Grünen-Abgeordneten, dass es kein Krankenhaus sei, sondern eine folterähnliche Einrichtung. Sie haben jetzt nur gesagt: Er ist im Krankenhaus. Insofern war die Frage dann nicht beantwortet. Haben Sie Anhaltspunkte dafür, dass das, was Herr Rinke gesagt hat, bzw. das Zitat des Grünen-Abgeordneten zutrifft?

BURGER: Wenn ich den Sachverhalt richtig kenne ‑ ich glaube, die Äußerung des Abgeordneten von gestern im Ohr zu haben ‑, dann stand nicht infrage, ob es sich um ein Krankenhaus handelt. Ich glaube, es steht außer Frage, dass es sich um ein Gefängniskrankenhaus gehandelt hat, in dem Herr Nawalny sich zu diesem Zeitpunkt befunden hat. Es ging sozusagen vielmehr um den Vorwurf, dass in diesem Krankenhaus Folter oder folterähnliche Praktiken stattfänden. Insofern glaube ich, dass die Tatsache, dass es sich um ein Krankenhaus gehandelt hat, eigentlich nicht infrage steht.

SEIBERT: Vielleicht ganz kurz: Wie der Kollege gesagt hat, braucht Herr Nawalny ‑ das haben auch seine Unterstützer am Wochenende noch einmal klar gesagt ‑ eine adäquate medizinische Betreuung und Zugang zu Ärzten seines Vertrauens. Da ist die russische Regierung, sind die russischen Behörden weiterhin in der Pflicht.

Ganz grundsätzlich gesagt bleibt es aber auch bei unserer Haltung, dass Herr Nawalny freigelassen gehört; denn er ist in Haft, obwohl der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte im Februar die russischen Behörden aufgefordert hat, ihn unverzüglich freizulassen. Ich möchte also noch einmal unsere Forderung an die russischen Behörden wiederholen: Die Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sind vollständig umzusetzen. Die Bundeskanzlerin hat sich dazu vor einigen Tagen vor dem Europarat in Straßburg ja auch geäußert, und sie hat gesagt: Gerade in Fällen, in denen Menschen zu Unrecht in Haft sitzen, ist die Umsetzung der Urteilt, also die Freilassung der Inhaftierten, besonders dringlich und geboten. Das bleibt unsere grundsätzliche Haltung, unabhängig davon, dass wir jetzt sagen ‑ wie auch die Unterstützer Herr Nawalnys fordern ‑: Er braucht zunächst einmal wenigstens einen Zugang zu Ärzten seines Vertrauens und eine adäquate Behandlung.

BURGER: Wenn ich daran noch etwas anschließen darf: Genau so hat sich der Außenminister ja auch letzte Woche nach dem Rat der EU-Außenminister geäußert: dass, wie gesagt, unsere Sorge um die körperliche Verfassung von Herrn Nawalny dadurch nicht geringer wird, weil es ja im Endeffekt darum geht, dass Russland sich aus seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen aus der Europäischen Menschenrechtskonvention halten muss und deshalb auch Herrn Nawalny freilassen muss.

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