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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungs­pressekonferenz vom 26.02.2021

26.02.2021 - Artikel

COVID-19-Pandemie (Virusvariantengebiete)

FRAGE: Ich habe eine Frage, die sich wahrscheinlich an das Außenministerium und das Innenministerium richtet. Es geht um die Einstufung der französischen Region Moselle als Virusvariantengebiet. Ich hätte ganz gerne gewusst, ob der Krisenstab eine Entscheidung getroffen hat. Die Kanzlerin hat gestern darauf verwiesen, dass das anstehe.

ADEBAHR (AA): Meiner Kenntnis nach gehen die Abstimmungen darüber heute weiter.

FRAGE: Wann würde eigentlich in Deutschland ein Bundesland ein Virusvariantengebiet sein?

NAUBER (BMG): Das kann ich Ihnen ehrlich gesagt nicht sagen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Müssen dafür nicht die gleichen Kriterien wie für Regionen im Ausland gelten?

NAUBER: Ich müsste Ihnen das nachreichen, falls wir dazu etwas sagen können.

ZUSATZFRAGE: Welche Mutationen sind der Bundesregierung bekannt, die sich aktuell in Deutschland verbreiten?

NAUBER: Wenn ich mich nicht irre, haben Sie sich darüber ja gerade schon mit Herrn Prof. Wieler ausgetauscht. Dem ‑ ‑ ‑

ZURUF: Nein!

NAUBER: Dem hätte ich nichts hinzuzufügen.

ZUSATZFRAGE: Nein, die Frage wurde nicht gestellt und nicht beantwortet. Ich meine, es geht oft um B.1.1.7. Aber sind der Bundesregierung andere Mutationen bekannt, die sich in Deutschland aktuell ausbreiten?

NAUBER: Der Bericht ‑ ‑ ‑

ZURUF: Frau Demmer?

NAUBER: Der Bericht des RKI zur Sequenzierung ist ja auf der RKI-Seite abrufbar, und dort wird meines Wissens nicht nur über die eine Mutation Auskunft gegeben, sondern sozusagen über alle, die festgestellt worden sind.

ZUSATZFRAGE: Vielleicht kann Frau Demmer aus Sicht des Kanzleramtes sagen, mit welchen Mutationen man gerade arbeitet.

Dass die Sequenzierungen vom RKI nicht hochgeladen werden, hat Herr Wieler gerade selbst eingeräumt.

DEMMER (BReg): Das Kanzleramt arbeitet nicht an Mutationen.

Ich würde Sie tatsächlich auch an das RKI verweisen, das die Ergebnisse der Sequenzierungen veröffentlicht.

Gaspipeline Nord Stream 2

FRAGE: Ich würde gerne das Bundesfinanzministerium zum Thema Nord Stream 2 befragen. Frau Hartmann, vor etwa zwei Wochen war hier in der Bundespressekonferenz ein geleaktes Schreiben des Bundesfinanzministers an seinen damaligen Amtskollegen Mnuchin Thema, in dem in Sachen Nord Stream 2 eine Art Deal angeboten worden war: Deutschland zahlt eine Milliarde Euro zur Unterstützung und Förderung der LNG-Infrastruktur, und die USA verzichten auf Sanktionen gegen Nord Stream 2. Trifft es zu, dass im Zeitraum nach der Veröffentlichung dieses Briefs in einem direkten Telefonat zwischen Herrn Scholz und seiner jetzigen Kollegin Janet Yellen dieses Angebot mündlich erneuert wurde?

HARTMANN (BMF): Ich habe dazu keine Neuigkeiten zu berichten. Wie üblich äußern wir uns zu vertraulichen Gesprächen nicht.

ZUSATZFRAGE: Können Sie bestätigen, dass ein direktes Telefonat des Bundesfinanzministers mit seiner neuen US-Kollegin stattgefunden hat?

HARTMANN: Ich kann über das hinaus, was ich gerade gesagt habe, nichts sagen.

ZUSATZFRAGE: Können Sie denn wenigstens die Tatsache eines solchen Gesprächs nachliefern? Das ist ja nicht unüblich, wenn eine neue Administration ihr Amt antritt. Das ist doch keine Geheimsache. Vielleicht können Sie wenigstens das prüfen und dann nachreichen.

FRAGE: Frau Hartmann, das BMF hat zu der Frage vor einem halben Jahr, als es um dieses ominöse Schreiben ging, auch so geantwortet, wie Sie gerade geantwortet haben, dass Sie nämlich dazu keine Neuigkeiten liefern können. Das war damals Code für: Ja, das war so. Sie wollen es hier nur nicht einräumen. ‑ Jetzt machen Sie hier genau das Gleiche. Also müssen wir als Journalisten jetzt doch davon ausgehen, dass die Frage, die Herr Jessen gerade gestellt hat, so zu beantworten ist, dass es dieses Telefonat gegeben hat. Das ist jetzt auch keine Frage.

Frau Demmer, können Sie als Sprecherin des Kanzleramtes etwas dazu sagen?

DEMMER (BReg): Sehr gerne, und zwar das, was wir hier wiederholt gesagt haben. Ich würde die Gelegenheit gerne nutzen. Wir haben hier, glaube ich, schon vor gut zwei Wochen darüber gesprochen. Da haben Sie mich aus einer Regierungspressekonferenz vom September zitiert. Sie haben meine Aussage aus dem Zusammenhang gerissen und haben gesagt, ich hätte dort gesagt, es habe keinen neuen Stand gegeben, obwohl es einen neuen Stand gegeben habe.

In dieser Regierungspressekonferenz habe ich, um auch das Missverständnis aufzuklären, lediglich und wiederholt darauf hingewiesen, dass sich meine Äußerung „Es gibt keinen neuen Stand in Sachen Nord Stream 2“ auf die aktuelle Sachlage ‑ damals, Anfang September, war der Fall Nawalny das Thema, über das alle redeten ‑ bezog. Wie gesagt, darauf bezog sich meine Äußerung „kein neuer Stand“.

Um auf Ihre Frage zurückzukommen, würde ich gerne ganz grundsätzlich sagen: Wir sind natürlich mit unseren Partnern ‑ in diesem Fall mit den Vereinigten Staaten oder auch anderen internationalen Partnern ‑ in regelmäßigem Austausch. Häufig ist dieser Austausch vertraulich. Ich glaube, es ist wichtig, hier zu erklären: Wir geben hier immer wahrheitsgemäß Auskunft. Es wäre mir wirklich wichtig, diese Botschaft rüberzubringen. Manchmal können wir nicht alles, was es dazu zu erzählen gibt ‑ insbesondere dann, wenn wir uns zu politischen Themen mit Partnern auseinandersetzen, wo es Unstimmigkeiten gibt ‑ offenlegen. Diese Unterhaltungen sind vertraulich; daraus können wir nicht berichten. Das heißt aber nicht, dass wir hier nicht wahrheitsgemäß Auskunft geben. Die Aussage „Dazu gibt es keinen neuen Sachstand“ sagt nichts darüber aus, ob wir nicht grundsätzlich im Austausch mit unseren Partnern sind.

ZUSATZ: Die Frage von damals bezog sich auch auf dieses Schreiben.

DEMMER: Genau.

ZUSATZ: Da hatten Sie so geantwortet.

DEMMER: Nein.

ZUSATZ: Ich nehme das jetzt so wahr, dass Sie sich wieder darauf zurückziehen, dass das vertrauliche Gespräche sind, Sie aber auch jetzt nicht dementieren, dass es dieses neue Angebot von Herrn Scholz an Frau Yellen gegeben hat.

DEMMER: Mit der Aussage „Es gibt keinen neuen Sachstand“ bestätigen wir weder noch dementieren wir solche Sachen. Das war damals so, und das ist heute so. Ich glaube, dass es wirklich für das größere Publikum wichtig ist, das zu verstehen. Deswegen habe ich mir jetzt hier ‑ möglicherweise mit etwas wirren Worten ‑ so eine große Mühe gegeben, zu erklären, dass die Aussage, dass wir keinen neuen Sachstand haben, lediglich zum Ausdruck bringt, dass sich inhaltlich in der Sache nichts Neues getan hat, dass das aber nicht heißt, dass wir nicht weiterhin im Austausch mit unseren Partnern stehen.

Das war jetzt ein bisschen anstrengend, weil ich die Unterlagen von vor zwei Wochen nicht dabeihabe. Es war mir dennoch ein Anliegen, das hier klar zum Ausdruck zu bringen.

FRAGE: Wir wissen ja nun, dass es das Angebot gab, weil dieser Brief veröffentlicht wurde. Deswegen hätte ich ganz gerne noch einmal nach den Inhalten gefragt. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob sich die Frage an Frau Demmer oder Frau Adebahr richtet, weil ich nicht weiß, wer eigentlich in der Bundesregierung mit der amerikanischen Administration über Nord Stream 2 verhandelt.

Ist diese Idee, den Amerikanern verstärkte Investitionen in LNG-Terminals anzubieten, um Bedenken gegen eine zu große Abhängigkeit von Russland abzuwenden, Teil eines Gesprächsdialogs mit der amerikanischen Regierung?

ADEBAHR (AA): Ich glaube, zu dem Brief hat die Kollegin im Moment alles gesagt.

Zu der Frage der Gespräche mit der US-Regierung hat Herr Seibert am Mittwoch hier schon ausgeführt.

DEMMER: Ich kann das gerne noch einmal machen. Die Bundesregierung befasst sich schon seit längerem intensiv mit dem Thema LNG. Das war zum Beispiel auch schon Teil einer Unterhaltung hier in der Regierungspressekonferenz, und zwar in der von Ihnen zitierten Pressekonferenz aus dem September. Es geht hier um Diversifizierung der Versorgungswege und der Versorgungsquellen, um Energiesicherheit in Deutschland zu gewährleisten. LNG kann genau dazu beitragen.

Vor diesem Hintergrund ist schon im Koalitionsvertrag vorgesehen ‑ der Koalitionsvertrag ist ja vor einer ganzen Weile geschlossen worden ‑, die LNG-Infrastruktur in Deutschland auszubauen, um unter anderem LNG als umweltfreundlichen Antriebsstoff zum Beispiel für Schiffe zu verwenden.

FRAGE: Frau Demmer, unabhängig von der Frage nach dem Brief und einem Deal die Frage: Hat das Kanzleramt Kenntnis von einem Telefonat zwischen Bundesfinanzminister Scholz mit US-Finanzministerin Yellen?

Frau Hartman, unabhängig von dem Deal und dem, was wir jetzt gerade besprochen haben, die Frage: Gab es in den letzten drei Wochen ein Telefonat zwischen Herrn Scholz und Frau Yellen? Das wird ja nicht geheim sein.

HARTMANN: Ich kann über das hinaus, was ich gerade gesagt habe, nichts hinzufügen.

ZUSATZFRAGE: Warum?

HARTMANN: Vertrauliche Gespräche.

ZUSATZ: Es wird doch nicht geheim sein, ob er ein Gespräch geführt hat. Wir reden doch nicht über die Inhalte. Sie sagen doch immer wieder, Sie informieren uns über stattgefundene Gespräche.

HARTMANN: Über die Ergebnisse.

ZUSATZ: Nein.

DEMMER: Ich habe mir ja eben den Mund fusselig geredet. Möglicherweise war ich nicht deutlich genug. Es gibt Austausch zwischen der Bundesregierung und unseren Partnern. Unter anderem gibt es Austausch der Bundesregierung mit den Vereinigten Staaten zu eben jenem Thema. Im Konkreten sind das häufig vertrauliche Gespräche, ein vertraulicher Austausch, über den wir hier keine Auskunft geben.

Zu Ihrer weiteren Frage: Selbstverständlich stimmt sich die Bundesregierung zum Thema US-Sanktionen, die uns ja auch schon eine ganze Weile begleiten, wie auch zu angemessenen Reaktionen auf diese US-Sanktionen intern ab.

FRAGE: Frau Demmer, Sie haben ja eben gesagt, dass es derzeit einen Austausch zwischen den USA und Deutschland zu Nord Stream 2 gibt. Deswegen hätte ich ganz gerne nachgefragt, zwischen wem dieser Austausch stattfindet. Ist das das Kanzleramt, das Auswärtige Amt oder das Bundesfinanzministerium?

DEMMER: Selbstverständlich stehen alle Ebenen der Bundesregierung jeweils in Bezug auf ihre Themen mit den Vereinigten Staaten im Austausch. Bei solchen ressortübergreifenden Themen stehen die Ressorts gemeinsam mit dem Bundeskanzleramt untereinander und natürlich mit dem Partner im Austausch.

FRAGE: Frau Hartmann, gegebenenfalls Frau Demmer, strebt die Bundesregierung an, dass es in einem nahen Zeitraum zu einer Vereinbarung, auch belastbar und öffentlich, zwischen den USA und Deutschland über diese, so will ich einmal sagen, Hängepartie in der Frage von Sanktionen kommt?

Sind Sie der Hoffnung, dass eine solche Vereinbarung in einem überschaubaren Zeitraum von etwa zwei bis vier Wochen tatsächlich abgeschlossen werden kann? Ist das Inhalt der Politik, die Sie betreiben?

HARTMANN: Ich kann in diesem Zusammenhang noch einmal allgemein darauf hinweisen, dass heute die G20 tagen und es dazu um 12.20 Uhr einen Doorstep geben und der Minister sich dazu äußern wird. Darüber hinaus kann ich Ihnen im Moment keine Neuigkeiten berichten.

Wir stehen im Austausch.

ZUSATZ: Aber Sie müssten doch in der Lage sein, zu beantworten, ob der Abschluss einer solchen Vereinbarung, der für beide Seiten Rechtssicherheit und politische Sicherheit schaffen würde, Ziel der Arbeit Ihres Hauses ist und ob Sie der Hoffnung sind, dass dies innerhalb eines nahen Zeitraumes realisiert werden kann.

HARTMANN: Ich denke, dazu kann Frau Adebahr ‑ ‑ ‑

ADEBAHR: Ich kann auf verschiedene Ministeräußerungen im Bundestag und auch in verschiedenen Interviews hinweisen, in denen zum Beispiel Außenminister Maas gesagt hat, dass wir sehr wohl zur Kenntnis genommen haben, dass die neue US-Administration ‑ so steht es auch in dem letzten Bericht an den Kongress ‑ bereit ist, Konsultationen und Gespräche auch zu diesem Thema zu führen, und dass wir diese Möglichkeit nutzen werden und mit den Vereinigten Staaten auch zu diesem Thema wie zu vielen anderen Themen, die die Bundesregierung und die USA betreffen, ins Gespräch kommen wollen.

Sanktionen der EU gegen Venezuela

FRAGE: UN-Sonderberichterstatterin Alena Douhan hat in einem vorläufigen Bericht auf die gravierenden humanitären Folgen der EU- und US-Sanktionen für Venezuela hingewiesen und auch zur Aufhebung der Sanktionen aufgerufen.

Aus welchen Motiven hat sich maßgeblich Deutschland im Rahmen der EU gegen diesen Bericht und die Aufforderung der UN-Sonderberichterstatterin gewandt und just nach der Veröffentlichung die Sanktionen gegen Venezuela nochmals verschärft?

ADEBAHR (AA): Vielleicht gibt mir das Gelegenheit, kurz noch einmal auch zu den anderen aktuellen Entwicklungen beim Thema Venezuelas etwas zu sagen.

Wir verurteilen nachdrücklich die Ausweisung der EU-Botschafterin aus Venezuela. Aus unserer Sicht verschließt das Maduro-Regime damit weitere wichtige Gesprächskanäle, um den Weg aus der Krise in Venezuela zu finden. Wir fordern das Maduro-Regime auf, diese Entscheidung zurückzunehmen.

Die Bundesregierung hat gestern in Brüssel mit allen EU-Mitgliedsstaaten beraten. Insofern wurde gestern in der EU beschlossen, auch die venezolanische Botschafterin bei der EU zur Persona non grata zu erklären, sie auszuweisen und zur Heimreise aufzufordern.

Was die Sanktionen betrifft, hat die EU am 22. Februar auf dem letzten Rat der Außenminister zusätzliche Sanktionen gegen 19 Angehörige des Maduro-Regimes verhängt. Warum hat sie das getan? ‑ Weil diese Personen aus unserer Sicht entweder demokratische Strukturen des Landes untergraben haben oder Menschenrechtsverletzungen begangen haben. Diese Sanktionen sind gegen Einzelpersonen gerichtet und so ausgelegt ‑ das beantwortet auch Ihre Frage nach dem Bericht ‑, dass sie keine negativen wirtschaftlichen Auswirkungen auf die venezolanische Bevölkerung haben sollen. Das heißt: Wir verhängen in diesem Falle Sanktionen gegen Einzelpersonen, die spezifische Verletzungen begangen haben, und nicht Wirtschaftssanktionen, die sich in die Breite richten würden. Die Sanktionen sind eben eine konkrete Reaktion auf Menschenrechtsverletzungen und die Untergrabung demokratischer Strukturen im Land.

ZUSATZFRAGE: Die UN-Sonderberichterstatterin hat auch darauf verwiesen, dass ihrer Ansicht nach die Sanktionen der EU und der USA völkerrechtswidrig seien. Da ich mir nicht vorstellen kann, dass sich die Bundesrepublik an völkerrechtswidrigen Sanktionen beteiligt, interessiert mich, auf welcher völkerrechtlichen Legitimation die neuen Sanktionsverstärkungen gegen Venezuela, aber auch gegen Russland erfolgten.

ADEBAHR: Das ist die gleiche Legitimation der EU-Sanktionen im gleichen Regime wie vorher. Ich kann Ihnen gern die konkrete Berichtsnummer oder das, was da genau steht, noch nachreichen, wenn Sie sie nicht öffentlich finden.

ZUSATZFRAGE: Meine Frage war, auf welcher konkreten völkerrechtlichen Grundlinie diese Sanktionen beruhen. Denn Sanktionen sind ‑ verbessern Sie mich, wenn ich falsch liege ‑ völkerrechtlich nur dann legitim, wenn sie von den UN ausgesprochen werden.

ADEBAHR: Die Europäische Union hat Sanktionsregime zu ganz verschiedenen Themen. Sie hat auch ein eigenes Menschenrechtssanktionsregime, das jetzt geschaffen wurde. Insofern bewegt sich die EU in ihren eigenen Sanktionsregimen, die sie macht und die aus unserer Sicht natürlich nicht völkerrechtswidrig sind.

Diese Sanktionen ‑ da haben Sie einen Punkt ‑ überschneiden sich sehr oft mit denen der VN. Denn die Interessen und die Ansichten sind sehr oft die gleichen. Aber trotzdem sind das zwei unterschiedliche Sanktionsmechanismen und ‑regime, jenes der EU und jenes der Vereinten Nationen.

COVID-19-Pandemie (Lieferung von Impfstoffen durch Israel)

FRAGE: Israel soll hunderttausend Impfstoffdosen an Staaten schicken oder geschickt haben, die Jerusalem als Hauptstadt anerkannt haben. Dagegen haben erst etwa 5000 Palästinenser Impfstoffdosen von den mehreren Millionen erhalten, obwohl Israel nach der Genfer Konvention dazu verpflichtet wäre. Welche Reaktion hat das Auswärtige Amt darauf?

ADEBAHR (AA): Die Diskussionen darum, welche Impfstoffe Israel an wen abgibt oder auch nicht, ist, glaube ich, eine innerisraelische Diskussion, zu der ich hier nicht Stellung nehmen würde. Unsere Position ist ‑ so viel kann ich sagen ‑, dass wir die Impfstoffverteilung weltweit gerecht als globales Gut gestalten. Deswegen werben wir dafür und zahlen auch ganz viel ‑ Frau Demmer hat es gesagt ‑ in COVAX und in den Accelerator ein.

Zuletzt haben wir da noch einmal 1,5 Milliarden Euro hineingegeben. Wir hoffen, dass über diesen weltweiten Verteilmechanismus ‑ die EU trägt dazu bei, die Weltgesundheitsorganisation trägt dazu bei ‑ Impfstoffe global gerecht verteilt werden. Das schließt zum Beispiel auch die palästinensischen Gebiete ein. Dort ist man auch Mitglied bei COVAX. Insofern ist es unser Ziel, dass auch die palästinensische Seite von Impfstoffen profitiert. Wir sind für eine global gerechte Verteilung. Die ersten Lieferungen sind vor wenigen Tagen nach Ghana angelaufen. Das ist ein guter Start. Da müssen wir weitergehen.

FRAGE: Nur als Verständnisfrage, Frau Adebahr: Die Bundesregierung erkennt an, dass Israel als Besatzungsmacht für die Palästinenser in der Westbank und in Gaza verantwortlich ist?

ADEBAHR: Unsere Position zu dieser Frage hat sich nicht geändert. Ich wollte sie durch das Thema Impfen und Impfstoffe auch nicht in Frage gestellt haben.

ZUSATZFRAGE JUNG: Also ist die Antwort ja?

ADEBAHR: Ja.

Luftangriffe der USA in Syrien

FRAGE: Ich wollte auf den gestrigen US-Luftangriff in Syrien kommen. Am 36. Tag seiner Amtszeit hat Joe Biden Luftangriffe auf Milizen in Syrien durchführen lassen. Wie bewerten Sie das?

DEMMER (BReg): Vor wenigen Tagen hat es, wie Sie gesagt haben, Raketenangriffe auf den Flughafen Erbil, auf eine Luftwaffenbasis nahe Bagdad und auch auf die Grüne Zone in Bagdad gegeben, die augenscheinlich Angehörigen der Anti-IS-Koalition galten. Die USA haben erläutert, sie machten von ihrem Recht auf Selbstverteidigung Gebrauch. Das gestrige Vorgehen erfolgt in Reaktion auf diese Angriffe auf US- und Koalitionstruppen von irannahen Milizen, die die Verantwortung dafür tragen. Diese Angriffe auf Koalitionstruppen im Irak sind scharf zu verurteilen. Wir haben die Verantwortlichen, die hinter diesen Angriffen stehen, dazu aufgerufen, ihr gewaltsames Vorgehen sofort einzustellen.

ZUSATZFRAGE: Sie verurteilen also das gewaltsame Vorgehen gegen Amerikaner im Irak? Wenn aber die Amerikaner als Vergeltung in einem anderen Land ‑ nicht im Irak, sondern in Syrien ‑ Luftangriffe durchführen, bei denen auch Menschen getötet werden, dann verurteilen Sie das nicht? Wie ist denn die völkerrechtliche Position der Bundesregierung zu Vergeltungsschlägen? Das sind ja Vergeltungsschläge. Das wurde ja auch selbst eingeräumt, Frau Demmer. Das war keine Selbstverteidigung.

ADEBAHR (AA): Vielleicht kann ich noch einmal den Kontext erläutern.

Die Luftschläge, die die Vereinigten Staaten von Amerika jetzt auf syrischem Territorium durchgeführt haben ‑ das ist richtig ‑, haben sich spezifisch gegen irannahe Milizen gerichtet, die in Verbindung mit den Angriffen im Irak stehen. Es ist, glaube ich, allgemein bekannt, dass sich solche Milizen auch genau in dieser Grenzregion aufhalten.

Wir haben in den letzten Wochen im Irak eine Zunahme der Gewalt gegen US- und auch Anti-IS-Koalitionsinteressen ‑ wir sind natürlich auch Mitglied in der Anti-IS-Koalition ‑ beobachten müssen. Ich kann hier noch einmal an den Angriff in Erbil am 15. Februar erinnern, bei dem ein philippinischer Zivilangestellter der US-Streitkräfte getötet und im Weiteren ein US-Soldat und weitere Personen verletzt wurden, außerdem auf den Raketenangriff auf das Gelände der US-Botschaft in Bagdad zu Beginn dieser Woche.

Wir haben, wie gesagt, diese Angriffe immer auf das Schärfste verurteilt, zuletzt auch gemeinsam mit unseren E3-Partnern und den USA, weil sie, wie schon gesagt, inakzeptabel sind und im Irak die Fortschritte bei der Stabilisierung gefährden.

Neben der direkten Bedrohung von US- und Koalitionsinteressen sind bei den Angriffen wiederholt unschuldige irakische Bürger zu Schaden gekommen, und es gab mehrere zivile Opfer. Insofern ist das der Kontext, in dem sich die USA jetzt bewegt haben. Dazu gibt es eine Erklärung des Pentagon, in der sich die US-Seite eben auf „defensive strike“ bezieht, auf das Selbstverteidigungsrecht. Insofern ist das eine Äußerung, die wir zu dem Thema Völkerrecht aus den USA haben und zur Kenntnis nehmen.

ZUSATZFRAGE: Meine Frage bezog sich auf Vergeltungsschläge. Wie ist die völkerrechtliche Position zu Vergeltungsschlägen?

ADEBAHR: Ich habe versucht, den Kontext zu erläutern. Das ist ein Angriff, der sich gerade ereignet hat. Den muss man betrachten, und zu diesem hat sich die US-Seite erklärt. Ihr allgemein formulierter Begriff ist so nicht existent in einem rechtlichen Sinne, wie Sie ihn daran hängen. Insofern habe ich versucht, die Erklärung des Pentagon und die politische und faktische Gemengelage zu erhellen.

FRAGE: Verstehe ich Sie richtig, dass Sie die Angriffe der USA auf den souveränen Staat Syrien als völkerrechtlich legitimiert bezeichnet haben?

ADEBAHR: Ich verweise auf das, was ich gesagt habe und teile die Prämisse, die in Ihrer Frage liegt, nicht. Ich habe gesagt, dass sich der Angriff gegen irannahe Milizen gerichtet hat.

ZUSATZFRAGE: Aber Sie haben jetzt weder die Frage des Kollegen noch meine beantwortet. Bewertet das Auswärtige Amt den Angriff der USA auf Syrien in der letzten Nacht als völkerrechtlich legitim oder als völkerrechtswidrig?

ADEBAHR: Wir haben von einem Angriff auf irannahe Milizen gesprochen. Ich hoffe, ich habe ausführlich geantwortet. Das ist meine Antwort auf Ihre Fragen.

FRAGE: Frau Adebahr, Sie haben in dieser Kette von Ereignissen und Lokalitäten im Wesentlichen die Position der US-Regierung referiert, dass die Angriffe auf US-Einrichtungen im Irak von iranischen Milizen ausgeführt worden seien, die in Syrien stationiert seien. Referieren Sie da eine Position, die Sie glauben, die Sie als solche übernehmen, oder beruht diese ‑ das ist dann sozusagen auch die deutsche zustimmende oder akzeptierende Position ‑ auf eigenen Erkenntnissen?

ADEBAHR: Können Sie, damit ich genau antworten kann, Ihre Frage wiederholen?

ZUSATZFRAGE: Sie haben die Position der US-Regierung referiert und gesagt, der Angriff auf Syrien oder auf syrisches Territorium sei gerechtfertigt, weil er sich gegen iranische Milizen richte, die wiederum für die Attacken im Irak verantwortlich seien. Ist diese Legitimation Übernahme der US-Position, oder beruht sie auch auf eigenen Erkenntnissen? Ist die Grundlage also Glauben oder Wissen?

ADEBAHR: Es ist auch uns bekannt, dass sich irannahe Milizen und iranische Kräfte in diesem Grenzgebiet aufhalten.

Zu dem konkreten Hergang dieses Ereignisses gestern Nacht habe ich im Moment keine vertieften eigenen Erkenntnisse vorliegen, sondern wir haben die Erkenntnisse, die Sie auch lesen können. Ich habe das in den großen politischen Kontext eingeordnet.

ZUSATZFRAGE: Für die Frage der Legitimität und auch Legalität ist ja von entscheidender Bedeutung, ob die, die jetzt getroffen wurden, tatsächlich die Täter waren. Dann wäre das eine andere Legitimität, als wenn man sagen würde: Na ja, das ist sozusagen die Gruppe derjenigen, die die Verdächtigen sind. Könnten Sie versuchen, in Bezug auf den konkreten Angriff noch Informationen nachzuliefern, wenn Sie über sie verfügen?

ADEBAHR: Ich habe mich im Moment ja auch nur angesichts des Informationsstandes auf die Erklärung des Pentagon bezogen.

ZURUF: Eben.

FRAGE: Ist es eigentlich üblich, dass man sich in so einem Zusammenhang ausschließlich auf Aussagen des Pentagons beruht oder hat sich das Auswärtige Amt auch bemüht, entsprechende staatliche Stimmen ‑ irakisches Verteidigungsministerium, syrisches Verteidigungsministerium ‑ einzuholen, um einen halbwegs objektiven Blick über die Sachlage zu erhalten?

ADEBAHR: Wir sind mit der irakischen Regierung in einem grundsätzlichen und generellen Austausch zu vielen Themen. Das betrifft die Themen der vergangenen Woche und sicher auch dieses.

Das war heute Nacht um 1 Uhr. Wir haben es jetzt 11 Uhr. Wir arbeiten.

ZUSATZFRAGE: Die Aussage haben Sie ja ausschließlich in Bezug auf Pentagon-Quellen getroffen.

ADEBAHR: Ich habe mich zu einer konkreten rechtlichen Frage auf eine Erklärung der USA, des Pentagons, bezogen.

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