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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungs­pressekonferenz vom 24.02.2021

24.02.2021 - Artikel

Kabinettssitzung (Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte am NATO-geführten Einsatz Resolute Support in Afghanistan)

SEIBERT (BReg): Das erste Thema, mit dem sich das Kabinett heute befasst hat, ist die Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte am NATO-geführten Einsatz Resolute Support in Afghanistan. Die Bundesregierung hat den Entwurf eines Mandats beschlossen, mit dem sich Deutschland eben weiter an diesem NATO-geführten Einsatz für die Ausbildung, Beratung und Unterstützung der afghanischen nationalen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte beteiligen soll.

Das Mandat soll nach der Vorstellung der Bundesregierung unverändert eine Obergrenze von 1300 Soldaten und Soldatinnen haben, und es soll bis zum 31. Januar 2022 verlängert werden. Das ist also eine Fortschreibung des Mandats mit einer reduzierten Laufzeit. Das trägt der komplexen Situation in Afghanistan angemessen Rechnung, und es ermöglicht eben auch die notwendige Flexibilität, um reagieren zu können, wenn sich die volatile Sicherheits- und Bedrohungslage dort verändert. Wie üblich, ist es Sache des Deutschen Bundestages, über den Entwurf dieses Mandats zu entscheiden.

Deutschland steht zu seiner Verantwortung, die es für die Menschen in Afghanistan mit vielen Partnern zusammen übernommen hat, und es steht auch zu seinen Zusagen gegenüber den internationalen Partnern. Für Fortschritte im Friedensprozess bedarf es auch weiterhin der Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft, und die internationale Militärpräsenz ist ein wichtiger Faktor, der diesen innerafghanischen Friedensverhandlungen den nötigen Spielraum gibt. Dazu trägt eben auch die Stärkung der afghanischen nationalen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte bei.

Wir unterstützen das Ziel eines in der Allianz abgestimmten geordneten Abzugs aus Afghanistan, der bestmöglich die Fortschritte der letzten Jahre und Jahrzehnte bewahrt.

[…]

FRAGE: Zur Fortsetzung des Einsatzes in Afghanistan: Herr Seibert, Sie sagten, es gehe darum, die Fortschritte bestmöglich zu bewahren. Gibt es in der Bundesregierung aus Sicht der Bundeskanzlerin eine ausreichende Klarheit darüber, worin dieser Fortschritt besteht? Ich frage auch deshalb, weil aus dem Bundestag Forderungen nach einem Fortschrittsbericht kommen. Ist die Bundesregierung bereit, einen solchen Bericht vorzulegen?

SEIBERT: Wenn man das Afghanistan von 2001 mit dem Afghanistan von 2021 vergleicht, dann wird jeder große Fortschritte im Bildungswesen sehen und dann wird jeder große Fortschritte bei der gesellschaftlichen Stellung und den Möglichkeiten der Frauen in Afghanistan sehen. Das sind zwei Punkte, die da sicherlich zu erwähnen sind, aber es wird auch andere geben. ‑ Ich weiß nicht, ob das AA ergänzen möchte.

ADEBAHR (AA): Wir sehen in Afghanistan ‑ und das darf man auch nicht übersehen ‑, dass in vielen Landesteilen funktionierende Strukturen und auch Infrastrukturen aufgebaut werden konnten. Die Bevölkerung hat einen erheblich verbesserten Zugang zu Bildung, zu Gesundheit, zu Strom und zu Wasser, und das Pro-Kopf-Einkommen der Bevölkerung in Afghanistan hat sich mehr als verdreifacht. Wir sehen auch ‑ und das ist gut so ‑ eine lebendige Zivilgesellschaft und eine lebendige Medienlandschaft, und wir sehen auch ‑ das ist uns wichtig ‑, dass besonders Frauen und Kinder von diesen neu geschaffenen Freiheiten und Rechten profitieren, auch wenn natürlich ‑ das muss man auch konstatieren ‑ weiterhin eine sehr große Lücke zwischen den gesetzlich verankerten Rechten und der gelebten Wirklichkeit in Afghanistan klafft.

SEIBERT: Wenn ich das noch hinzufügen darf: Ein Fortschritt ist sicherlich auch, dass die afghanischen nationalen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte heute ganz andere Kompetenzen und Kapazitäten haben als in der Vergangenheit. Daran trägt Deutschland seinen Anteil, und wie heute in der Verlängerung des Mandats zum Ausdruck kommt, möchten wir diesen Anteil auch bis zunächst einmal zum Januar 2022 weiter tragen.

ZUSATZFRAGE: Ist denn daran gedacht, diese Fortschritte, die Sie jetzt beschrieben haben, noch einmal in einem Bericht zusammenzufassen, so wie es vom Bundestag bzw. aus dem Bundestag augenscheinlich gefordert wird?

ADEBAHR: Wir berichten ja auch dem Deutschen Bundestag regelmäßig und seit Beginn des Einsatzes über unser Engagement, und wir sind natürlich bereit ‑ das ist gerade aktuell ein Prozess ‑, das weiterhin zu tun. Über neue Berichtssachen habe ich Ihnen heute ansonsten nichts mitzuteilen, aber das ist ja eine laufende Berichterstattung und auch ein Dialog, und es gibt auch eine Informationspflicht gegenüber dem Bundestag, der die Bundesregierung auch nachkommt.

FRAGE: Eine Verständnisfrage an Herrn Seibert oder Frau Adebahr: Hat Deutschland die amerikanische Invasion Afghanistans wegen der Stellung der Frauen, wegen der Bildung und wegen Strom in Afghanistan mitgemacht?

SEIBERT: Nein, und diese Frage ist von Ihrer Seite aus ja auch komplett rhetorisch. Sie wissen genau, dass der Afghanistaneinsatz der Bundeswehr ‑ wie auch der vieler anderer Partner ‑ begonnen hat, nachdem aus Afghanistan die terroristischen Angriffe des 11. September 2001 geplant wurden und Afghanistan eine Zuflucht für Al-Qaida-Terroristen war, von denen eine Gefahr für Nordamerika, aber genauso auch unsere Länder ausging. Aber das wissen Sie ja.

ZUSATZFRAGE: Ja, aber wenn Sie ‑ ‑ ‑

SEIBERT: Ich wurde nach Fortschritten gefragt, und ich finde, es ist ein erheblicher gesellschaftlicher Fortschritt, wenn das, was Frau Adebahr gerade aufgezählt hat, wenn das, was ich aufgezählt habe, sich in den letzten 20 Jahren in Afghanistan zum Guten verändert hat.

ZUSATZFRAGE: Ja, aber das hat ja nichts mit der Invasion Afghanistans zu tun. Können Sie denn in Sachen Terrorbekämpfung und bei den Zielen, mit denen wir nach Afghanistan gegangen sind, Fortschritte vortragen?

SEIBERT: Ich schließe mich dem Begriff der Invasion nicht an.

FRAGE: Vielleicht auch an das Verteidigungsministerium: Sie rechnen damit, dass der Afghanistaneinsatz gefährlicher wird. Inwiefern lässt dieses neue Mandat auch Spielraum? Oder ist es insofern robuster, dass Sie zum Beispiel den Schutz der Soldatinnen und Soldaten besser gewährleisten können? Wie können Sie in Notfällen schneller reagieren?

An Herrn Seibert: Ich verstehe das nicht so ganz. Sie unterstützen den geordneten Abzug, der die Fortschritte der letzten Jahrzehnte bestmöglich bewahrt. Jetzt haben wir eine Situation, in der die Taliban auf dem Vormarsch sind, und die Gewalt nimmt extrem zu. Wie kann man in dieser Lage abziehen und die Fortschritte der letzten Jahrzehnte noch bewahren?

SEIBERT: Wenn ich das ganz kurz erklären darf ‑ und so habe ich es auch gesagt ‑: Wir unterstützen das Ziel eines in der Allianz abgestimmten geordneten Abzugs. Heute hat das Bundeskabinett eine Verlängerung des Einsatzes beschlossen und wird das dem Bundestag, der natürlich am Ende zu entscheiden hat, vorlegen.

HELMBOLD (BMVg): Ich habe ein paar Ergänzungen.

Zunächst eine Ergänzung zu den Fragen, die vorher bezogen auf den internationalen Terrorismus und die Rolle Afghanistans als Zufluchtsort für internationale Terroristen gestellt worden sind. Wir müssen uns die damalige Lage noch einmal genau vor Augen führen. Wir hatten es damals in Afghanistan mit einer Regierung zu tun, die es zugelassen hat, dass eine terroristische Organisation internationale Anschläge plant. Diese Bedrohung bestand danach nicht mehr, und sie besteht auch heute nicht. Das zentrale Ziel war am Anfang tatsächlich, dort Einfluss zu nehmen, sodass von Afghanistan aus keine Gefahr für die internationale Gemeinschaft durch multinationale Terroristen ausgeht. Das möchte ich noch einmal als Unterstützung sagen.

Zum Thema Schutz: Wir müssen uns darauf einstellen, dass eine Verlängerung der Präsenz zu einer erhöhten Gefährdung führt ‑ die Ministerin hat sich dazu auch schon geäußert. Wir sind auch darauf eingestellt, entsprechend zu reagieren. Die unveränderte personelle Obergrenze gibt das auch her. Wenn wir entsprechende Maßnahmen ergreifen, dann tun wir das immer gemeinsam mit Bündnispartnern. Aber gerade aufgrund des Schutzaspektes bitte ich um Verständnis, dass ich mich zu Details zu Schutzaspekten und ähnlichen Gedanken im Moment nicht äußern kann.

FRAGE: Der Hinweis auf die erreichten zivilgesellschaftlichen Fortschritte hat ja schon auch, glaube ich, die Funktion, eine legitimatorische Basis für eine Ausstiegsperspektive zu schaffen. An Frau Adebahr: Gibt es eigentlich unter der neuen US-Administration aus deutscher Sicht bessere Chancen? Welches wären die Eckpunkte für ein geordnetes gemeinsames Ausstiegsszenario?

ADEBAHR: Ja, wir glauben, es gibt bessere Chancen. Wir bekommen aus Washington Signale, dass man sich das Afghanistandossier dort noch einmal anschaut und sich anschaut, wie man dabei gemeinsam mit den NATO-Partnern voranschreiten kann. Wir werben für einen Ausstiegsansatz, der sich an Konditionen, wie wir sie eben „on the ground“ sehen, orientiert, und nicht an einem starren Zeitplan. Die Trump-Administration hatte ja gesagt, dass die Truppen am 30. April abgezogen sein sollen, hat also ein Datum genannt. Wir werben dafür, dass man sich anschaut, wie die Bedingungen sind, und gemeinsam im Verbund der NATO-Partner weiter entscheidet, wann man wie die Präsenz zurückführt. Dass man das grundsätzlich will und dass das das Ziel ist, darüber sind, glaube ich, alle einig.

Was sehen wir im Moment noch in Afghanistan? Die Friedensverhandlungen in Doha stocken; sie kommen nicht so schnell voran, wie wir uns das wünschen. Sie sind seit letztem Samstag wieder im Gang. Aber wir müssen auch den Abzug mit dem Fortgang dieser Friedensverhandlungen verschränken und müssen die weitere Entwicklung in diesen Verhandlungen in Betracht ziehen; denn Afghanistan hat ja auch verdient ‑ und das ist ein Ziel für Afghanistan ‑, dass es einen solchen Friedensschluss gibt.

Insofern sehen wir weiteren Beratungen auch im Rahmen der NATO entgegen. Das NATO-Verteidigungsministertreffen hat bereits stattgefunden; da gab es, glaube ich, einen ersten Austausch. Das NATO-Außenministertreffen wird am 23. und 24. März stattfinden. Das werden weitere Wegmarken dafür sein, wie man sich mit der amerikanischen Regierung abstimmt.

ZUSATZ: Das bedeutet aber, dass eine Ausstiegsperspektive, wenn man die materiell „on the ground“ betrachtet, nach Ihrer Einschätzung durch die neue Administration im Grunde auf Zeitpunkte verlängert wird, die jetzt noch nicht abzusehen sind, also faktisch zu einer Perspektive einer noch ungewissen wirklichen Verlängerung des Einsatzes auch deutscher Truppen wird.

ADEBAHR: Ich würde mich Ihrer Wortwahl im Moment nicht anschließen. Was wir, glaube ich, im Moment sehen und womit wir arbeiten, ist, dass wir glauben, dass die Friedensverhandlungen bis zum 30. April nicht so weit vorangeschritten sein werden, dass wir uns von dort zurückziehen können, und das ist bisher das Eckdatum gewesen.

Kabinettssitzung (Dritter Aktionsplan zur Umsetzung der Agenda „Frauen, Frieden und Sicherheit“ des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen)

SEIBERT (BReg): […] Das nächste Thema ist eines, das für die Außenpolitik der Bundesregierung wirklich wichtig ist: Das ist die Agenda „Frauen, Frieden und Sicherheit“ des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen. Diese Agenda ist für 2021 bis 2024 beschlossen worden, und die Bundesregierung hat heute den Dritten Aktionsplan zur Umsetzung dieser Agenda beschlossen. Das ist, wie ich es gesagt habe, eine Priorität der Bundesregierung. Wir setzen uns dafür ein, die Menschenrechte von Frauen und vor allem die Umsetzung der Menschenrechte von Frauen zu fördern. Wir setzen uns für Geschlechtergerechtigkeit ein, um zum Aufbau friedlicher und stabiler Gesellschaften beizutragen. Wir setzen uns weiterhin für eine verstärkte Beteiligung von Frauen in der Krisenprävention, in der Konfliktbewältigung, in der Konsolidierung von Frieden ein. Ganz besonders engagiert sich die Bundesregierung auch für die Prävention und Überwindung von sexualisierter und geschlechtsspezifischer Gewalt in Konflikten.

Dieser sehr interessante Umsetzungsbericht und der Aktionsplan sind auf der Internetseite des Auswärtigen Amtes ‑ www.diplo.de ‑ eingestellt.

FRAGE: Zum Aktionsplan zur Umsetzung der Agenda „Frauen, Frieden und Sicherheit“: Wie passt der Aktionsplan denn mit der exzessiven Waffenexportpolitik der Bundesregierung zusammen? Wir sind ja der viertgrößte Waffenexporteur der Welt.

SEIBERT: Sie ist nicht exzessiv, sie ist restriktiv.

ZUSATZ: Das ist Ihre Haltung.

ADEBAHR (AA): Der schließe ich mich ausdrücklich an und empfehle die Lektüre des Inhalts des Berichts, den Sie auf unserer Internetseite sehen können.

ZUSATZ: Aber Sie können ja etwas dazu sagen.

ADEBAHR: Ich teile die Grundannahme Ihrer Frage nicht. Deswegen verweise ich im Moment einfach einmal auf den Inhalt des Berichts.

ZUSATZFRAGE: Unabhängig davon, ob Sie jetzt von restriktiver oder expansiver Waffenexportpolitik sprechen, exportieren Sie Waffen in die Welt. Wie passen Waffenexporte mit der Agenda „Frauen, Frieden und Sicherheit“ zusammen, Frau Adebahr?

ADEBAHR: Könnten Sie konkreter werden und sagen, wo Sie da einen Zusammenhang sehen?

ZUSATZ: Wer Frieden will, der exportiert vielleicht weniger Waffen.

SEIBERT: Dann nenne ich einmal ein Gegenbeispiel. Wir sprachen gerade über Afghanistan. Dort hat der internationale Einsatz, an dem sich auch die Bundeswehr beteiligt, eine deutliche Verbesserung der Rechte und der gesellschaftlichen Stellung von Frauen gebracht. Das ist etwas anderes, und das ist hier auch gerade besprochen worden.

HELMBOLD (BMVg): Ich möchte auch einmal etwas ergänzen. In all unseren Einsätzen ist das Thema „Frauen, Frieden, Sicherheit“ ein wesentlicher Aspekt. Wir sprechen zum Beispiel auch in Mali darüber. Wir stellen fest, dass es Peacekeeperinnen gibt, die oftmals einen anderen Zugang zur Bevölkerung haben. Das sind ebenfalls Soldaten, und die tragen auch häufig Waffen. Aber wenn sie in Kontakt mit der Bevölkerung treten, kann es sein, dass sich bestimmte Bevölkerungsgruppen und insbesondere auch Frauen, die in vielen afrikanischen Ländern sehr, sehr viel für den sozialen Zusammenhalt tun und die Gruppe zusammenhalten, denen gegenüber ganz anders öffnen. Das bedeutet, „Frauen, Frieden, Sicherheit“ zeigt gerade, dass wir Chancen für mehr Frieden haben, wenn wir Peacekeeperinnen ‑ auch Frauen, die sich militärisch organisieren, zum Teil Frauen in Uniform ‑ aktiv einbinden.

Das zeigt auch gleichzeitig unsere Ziele; denn die militärischen Einsätze, die wir führen, sind dafür da, die Basis dafür zu legen, dass es eine zivilgesellschaftliche Entwicklung gibt. Das ist letztlich der Grund dafür, warum nachhaltig (akustisch unverständlich). Wir können das mit militärischem Engagement nur unterstützen. Wir können den Frieden aber nicht nachhaltig sichern und absichern.

Die Agenda „Frauen, Frieden, Sicherheit“ ist gerade vor dem Hintergrund der eben genannten Aspekte ein wesentlicher Beitrag dazu, in Ländern, in denen es sehr tiefe Konfliktursachen gibt, besser zu werden, indem wir nämlich gerade die Fähigkeiten und auch den Zugang von Frauen nutzen, um dort eben mit Blick auf ganz entscheidende Punkte voranzukommen.

ADEBAHR: Wenn ich das noch ergänzen darf: Ein Beispiel dafür, das Sie, wenn Sie den Bericht jetzt sicherlich lesen werden, Herr Jung, finden werden, ist zum Beispiel ein Projekt im Osten des Kongos, wo sexualisierte Gewalt leider zum Alltag gehört. Da arbeiten wir ganz eng mit ganz vielen Schulen und eben auch mit Frauen in den Schulen zusammen, um Aufklärung zu leisten, Frauen für gesellschaftliche Teilhabe fit zu machen und in diesem Bildungsbereich zu wirken.

Außerdem unterstützen wir weltweit Projekte für sogenannte Menschenrechtsverteidiger ‑ Menschenrechte stehen weltweit unter Druck ‑ und verbessern damit den Schutz dieser wichtigen Menschenrechtsverteidiger. Wir stärken auch die Strukturen, damit sie wissen, wohin sie sich wenden können und wie man agieren kann.

Ein weiteres Projekt ist die Teilhabe von Frauen am Friedensprozess in Libyen, ein wichtiges Thema für diese Bundesregierung seit dem Berliner Prozess, den wir aufs Gleis gesetzt haben. Ohne die Beteiligung von Frauen an diesem ganzen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Prozess in Libyen und ohne ihre starke Stimme wird es dort auch nicht gehen.

Das alles sind ganz konkrete Projekte, die Sie auch im Aktionsplan nachlesen können.

Treffen der Allianz für den Multilateralismus

ADEBAHR (AA): Ich kann Ihnen gerne noch ankündigen, dass Außenminister Maas heute zu einem neuen Treffen der Allianz für den Multilateralismus eingeladen hat. Die Gruppe, die heute über 40 Außenminister und insgesamt über 50 Teilnehmer auch aus internationalen Organisationen vereint, trifft sich heute virtuell in Genf. Dort sitzen der Menschenrechtsrat, der auch gerade tagt, und die WHO; deshalb wird es heute auch um die globale Gesundheit und den gemeinsamen Kampf gegen COVID gehen. Die Konferenz beginnt um 14.30 Uhr. Sie können Sie auf der Internetseite www.multilateralism.org verfolgen. Der Außenminister wird vorher, gegen 14 Uhr, einen Doorstep machen, bei dem Sie sich auch gern noch zuschalten können.

COVID-19-Pandemie (Debatte um ein EU-Impfzertifikat)

FRAGE: Welche Haltung hat die Bundesregierung zur Debatte um ein EU-Impfzertifikat und einen dadurch ermöglichten Zugang zu Urlaubsregionen in diesem Sommer?

SEIBERT (BReg): Es gibt innerhalb der EU die Einigung, dass man an so etwas arbeiten will. Viel mehr kann ich Ihnen dazu jetzt auch nicht sagen. Das ist etwas, das natürlich eine ganze Reihe von Fragen aufwirft, aber an diesen Arbeiten wird sich Deutschland natürlich beteiligen. Ich weiß nicht, ob die Kollegen vielleicht noch etwas ergänzen wollen.

ADEBAHR (AA): Nein, das ist der aktuelle Stand.

COVID-19-Pandemie (Rückkehr von Seeleuten in den pazifischen Inselstaat Kiribati)

FRAGE: Hat sich das Auswärtige Amt in der Frage des Schicksals der coronabedingt monatelang in Hamburg gestrandeten Seeleute aus Kiribati eingebracht? Die Seeleute können ja nun offenbar in ihre Heimat zurückkehren. Konnte das AA dort helfen?

ADEBAHR (AA): Ja, und wir haben die Antwort, glaube ich, spezifisch nachgeliefert.

Für alle anderen, die vielleicht nicht wissen, worum es geht: Es ist so, dass in Hamburg bei den dort ansässigen Reedereien ungefähr 550 kiribatische Seeleute unter Vertrag sind. Von diesen 550 kiribatischen Seeleuten sitzen 170 tatsächlich in Hamburg und warten darauf, dass sie in ihre Heimat ausreisen können. Dafür benötigen sie aber eine Einreisegenehmigung für Fidschi, um von Fidschi, wo sie umsteigen müssen, nach Kiribati zu gelangen.

Wir unterstützen die kiribatischen Seeleute in ihrem Bestreben, nach Hause zu kommen und sind dafür – das braucht offenbar etwas Zeit – im Austausch mit den zuständigen Stellen von Fidschi und Kiribati, um darauf hinzuwirken, dass sie ihre Heimreise antreten können. Auch Staatsminister Annen setzt sich persönlich dafür ein. Nach unseren aktuellen Informationen hat die Republik Fidschi gegenüber Kiribati zugesagt, dass zuerst 70 Personen einreisen können. Wir hoffen, dass jetzt schnell eine gestaffelte Ausreise der kiribatischen Seeleute erfolgt.

Hungerstreik eines Inhaftierten in Griechenland

FRAGE: In Griechenland ist der verurteilte Terrorist Dimitris Koufontinas seit 74 Tagen im Hungerstreik. Heute wurde das griechische Konsulat von Aktivisten besetzt. Er fordert die Verlegung in ein anderes Gefängnis. Welche Haltung hat die Bundesregierung zu diesem Fall?

ADEBAHR (AA): Die Antwort müsste ich nachreichen.

Nord Stream 2

FRAGE: Aus den USA und Deutschland gab es Berichte, wonach sich 18 Firmen aus Nord Stream 2 zurückzögen. Hat die Bundesregierung Kontakt zu diesen Firmen?

SEIBERT (BReg): Eine Antwort müsste ich nachreichen. Das ist natürlich immer eine Entscheidung der Unternehmen.

FRAGE: Herr Seibert, ist die Bundeskanzlerin enttäuscht darüber, dass sowohl der US-Präsident als auch der US-Außenminister klargemacht haben, dass sie die Sanktionspolitik in Sachen Nord Stream 2 fortführen wollen?

SEIBERT: Die kritische Haltung der amerikanischen Politik, die ja nie nur die Haltung des Präsidenten war, sondern auch in Teilen des Kongresses geteilt wird, ist uns bekannt. Ich denke, den amerikanischen Freunden ist die Haltung der Bundesregierung bekannt. Natürlich sprechen wir über dieses Thema miteinander.

ZUSATZFRAGE: Frau Adebahr, nach Auskunft des State Departements gibt es in dieser Frage schon Gespräche zwischen dem Auswärtigen Amt und dem US-Außenministerium. Gibt es darin irgendwelche Anzeichen für eine kompromissbereitere Haltung der USA?

ADEBAHR (AA): Ich kann hier im Moment von keinen solchen Gesprächen berichten. Dass wir uns Gespräche und Konsultationen wünschen, hat zum Beispiel auch der Außenminister verschiedentlich geäußert. Ansonsten ist die Haltung so, wie Herr Seibert sie dargestellt hat.

SEIBERT: Unsere Haltung zum Thema der extraterritorialen Sanktionen ist ja bekannt. Wir lehnen das ab. Das haben wir gegenüber der amerikanischen Regierung zur Sprache gebracht und werden das auch weiterhin tun.

FRAGE: In Bezug auf die Befürchtung der USA insbesondere auch mit Blick auf die Ukraine und die Energiesicherheit wird ja auch darauf gedrungen, dass man letztendlich einen Mechanismus schafft, um diesen Vertrag zu sichern. Wie steht die Bundesregierung dazu?

Wie steht die Bundesregierung überhaupt dazu, dass man sich letztendlich zwischen der EU und den USA über eine Energiepolitik verständigt?

SEIBERT: Für die Bundesregierung war und ist immer ganz zentral gewesen, dass die Ukraine auch mit Nord Stream 2 Gastransitland bleibt, weswegen wir uns intensiv dafür eingesetzt haben, dass auch mit europäischer Vermittlung ‑ Sie erinnern sich daran, dass wir einen Sonderbeauftragten für dieses Thema hatten ‑ Russland und die Ukraine einen neuen Transitvertrag geschlossen haben. Mit diesem Transitvertrag, der um die Weihnachtszeit des vorvergangenen Jahres zustande kam, haben Russland und die Ukraine die Weichen dafür gestellt und auch ein wichtiges Signal für die Gewährleistung der europäischen Gasversorgungssicherheit gesetzt.

ZUSATZFRAGE: Trotzdem besteht die Sorge, dass dieser Vertrag von Russland in gewissen Situationen eventuell nicht eingehalten und dass dann auch Druck auf die Ukraine ausgeübt wird. Es besteht der Wunsch nach einer weiteren Absicherung. Wie geht man darauf ein?

Wie geht man überhaupt auf einen möglichen Wunsch ein, sich in der Energiepolitik stärker mit den USA abzustimmen?

SEIBERT: Ich habe dem, was wir zu diesem Thema immer und immer wieder gesagt haben, eigentlich nichts Neues hinzuzufügen.

FRAGE: Herr Seibert, Sie haben den Transitvertrag mit der Ukraine erwähnt. Mir ist gerade nicht erinnerlich, für wie viele Jahre er geschlossen wurde, aber meiner Erinnerung nach ist die Zeitspanne wohl nicht besonders lang. Unternimmt die Bundesregierung denn jetzt etwas dafür, damit dieser Vertrag verlängert wird?

SEIBERT: Auch ich habe die Laufzeit dieses Vertrages jetzt nicht im Kopf. Das müssen wir beide wahrscheinlich recherchieren.

ADEBAHR: Aber es sind fünf.

SEIBERT: Okay. ‑ Es war und es ist zentral für uns ‑ so habe ich es mit Absicht gesagt ‑, dass die Ukraine auch mit Nord Stream 2 Gastransitland bleibt.

ZUSATZFRAGE: Heißt das, dass man davon ausgehen kann, dass die Bundesregierung auch nach dem Auslaufen des Vertrages dafür eintreten wird, dass ein neuer Vertrag oder ein Anschlussvertrag geschlossen wird?

SEIBERT: Für uns ist zentral, dass die Ukraine Gastransitland bleibt. Weitere Ausblicke auf die Zeit in vier Jahren werden Sie von mir jetzt nicht erwarten.

FRAGE: Gefährdet der Rückzug der 18 Firmen den Weiterbau bzw. das gesamte Vorhaben?

SEIBERT: Das wäre eine Frage an diejenigen Unternehmen, die diesen Weiterbau organisieren, aber nicht an die Bundesregierung.

Mögliches Vorgehen staatlicher chinesischer Akteure in Deutschland gegen Oppositionelle aus Hongkong

FRAGE: Könnte sich das Innenministerium dazu äußern, inwieweit und in welchem Umfang Oppositionelle aus Hongkong auch in Deutschland mit Verfolgung durch die chinesische Staatsmacht konfrontiert sind?

VICK (BMI): Ja, es liegt eine Antwort der Bundesregierung auf eine diesbezügliche Kleine Anfrage vor. ‑ ‑ ‑

SZENT-IVÁNYI (Vorsitz): Ich kann auch erst noch einmal im Raum herumfragen, wenn Sie suchen wollen.

VICK: Ja.

ADEBAHR (AA): Sonst habe ich ein bisschen den Wortlaut der Kleinen Anfrage, die Sie suchen, da. ‑ Nach dieser Kleinen Anfrage konnten vermehrt Versuche staatlicher chinesischer Akteure in Deutschland festgestellt werden, die öffentliche Wahrnehmung der Geschehnisse im Sinne der chinesischen Regierung zu beeinflussen, so auch mittels eines Vorgehens gegen Unterstützer der Protestbewegung.

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