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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungs­pressekonferenz vom 08.01.2021

08.01.2021 - Artikel

Reise des Bundesaußenministers nach Ägypten

BURGER (AA): Ich darf Ihnen eine Reise des Außenministers ankündigen. Außenminister Maas reist am Sonntag nach Ägypten, um dort am Montag mit seinem französischen, seinem jordanischen und seinem ägyptischen Amtskollegen zusammenzutreffen. Der Fokus dieses Gesprächs wird wie in den vergangenen Treffen in diesem Format auf dem Nahostfriedensprozess liegen.

Das vergangene Jahr hat gezeigt, dass auch in dem so verkanteten Thema des Nahostfriedensprozesses Bewegungspotenzial steckt. Die Normalisierung der Beziehungen zwischen Israel und mittlerweile vier arabischen Ländern haben wir ausdrücklich begrüßt. Nun stellt sich die Frage, wie die durch die „Abraham Accords“ entstandene positive Dynamik auch für den Nahostfriedensprozess genutzt werden kann. Darüber wollen die Außenminister am kommenden Montag beraten. Ganz konkret soll es um mögliche Schritte für eine Wiederannäherung zwischen Israelis und Palästinensern gehen.

Die vier Außenminister tauschen sich bereits zum vierten Mal in diesem Format aus. Vorherige Treffen beschäftigten sich mit der Frage der damals im israelischen Wahlkampf angekündigten Annexionspläne und den Auswirkungen der Normalisierung zwischen Israel und arabischen Ländern auf den Nahostfriedensprozess.

Im Rahmen des Besuchs ist auch ein gemeinsames Treffen der Außenminister mit dem ägyptischen Staatspräsidenten Al-Sisi geplant.

FRAGE: Herr Burger, das steht sicherlich auch im Zusammenhang mit den Wahlen in Israel. Deswegen die Frage nach der Terminierung: Wäre es nicht sinnvoller gewesen, das erst nach den Wahlen in Israel zu machen, oder soll von dort auch ein Signal an jede mögliche neue Regierung in Israel ausgehen?

BURGER: Sicherlich gibt es Fragen, die sich auch unabhängig von den innenpolitischen Prozessen in Israel stellen. Aus unserer Sicht ist jetzt ein geeigneter Zeitpunkt, um den Faden dieser Gespräche wieder aufzugreifen.

ZUSATZFRAGE: Gibt es dazu schon eine irgendwie geartete Abstimmung mit den Amerikanern, also in dem Fall natürlich mit dem Team von Joe Biden, sodass man weiß, wohin die amerikanische Seite, also der künftige amerikanische Präsident, gehen will?

BURGER: Die Biden-Administration ist noch nicht im Amt. Wir haben hier in der Vergangenheit schon darüber gesprochen, dass es nach amerikanischem Brauch Beschränkungen dafür gibt, was eine noch nicht im Amt befindliche Administration insbesondere in den außenpolitischen Kontakten tut. Deswegen hat es hierzu bisher auch keine Absprachen im Detail gegeben. Es hat aber immer auch einen Austausch mit der amerikanischen Seite über die Vorstellungen, wie man den Nahostfriedensprozess voranbringen kann, gegeben.

FRAGE: Herr Burger, was tun Sie, und was kann getan werden, damit das ägyptische Regime einen solchen Besuch, eine solche Zusammenkunft nicht als Ausdruck von Normalität bezeichnet, sozusagen in der Gemeinschaft der demokratischen Staaten?

Ägypten ist eine Diktatur. Die Menschenrechtslage ist beklagenswert; Menschenrechte werden permanent verletzt. Geht das in irgendeiner Weise nicht nur in Hintergrundgespräche, sondern auch in öffentliches Auftreten ein?

BURGER: Wenn Sie sich unsere Äußerungen im vergangenen Jahr zur Menschenrechtslage in Ägypten ansehen, dann werden Sie feststellen, dass das auch in öffentliche Positionierungen sehr explizit eingeht.

Gleichzeitig sind wir der Auffassung, dass Ägypten in der Region eine sehr wichtige Rolle spielt und aufgrund seiner eigenen langjährigen Beziehungen zu Israel und den Palästinensern wichtig ist, wenn man über den Nahostfriedensprozess sprechen will. Insofern steht das Thema des Nahostfriedensprozesses eben auch im Fokus dieser Gespräche, die, wie gesagt, in dem Viererformat stattfinden. Es ist kein bilaterales Gespräch.

ZUSATZFRAGE: Bedeutet das, dass die Erklärung zur Menschenrechtslage im vergangenen Jahr, auf die Sie hingewiesen haben, nicht in irgendeiner aktualisierten Form öffentlich gemacht werden wird?

BURGER: Ich habe dem nicht vorzugreifen. Thema dieser Gespräche wird, wie gesagt, keine bilaterale Frage sein, sondern es werden Gespräche im Viererformat zum Nahostfriedensprozess sein. Ich habe darauf hingewiesen, dass wir uns im vergangenen Jahr nicht nur einmal, sondern wirklich wiederholt und auch, denke ich, sehr konsistent zu dem geäußert haben, was wir an der Menschenrechtslage in Ägypten für verbesserungswürdig halten.

Erstürmung des Kapitols in Washington

FRAGE: An Herrn Seibert: Frau Merkel hat sich sehr klar zu den Ereignissen im Kapitol geäußert. Ist die Bundeskanzlerin auch besorgt in Bezug auf die Sicherheit und die Entwicklung des Populismus in Europa und Deutschland?

An das BMI: Für die Sicherheit von Institutionen wie dem Bundestag sind auch regionale Behörden zuständig, aber das Bundesinnenministerium begleitet diesen Prozess sicherlich. Es gab nach dem Ereignis im letzten Jahr, bei dem Demonstranten versuchten, in das Reichstagsgebäude hineinzukommen, entsprechende Vorhaben, was die Sicherheit angeht. Begleiten Sie diesen Prozess? Was können Sie dazu sagen?

SEIBERT (BReg): Ich habe dem, was die Bundeskanzlerin gestern zu den Ereignissen in Washington gesagt hat, hier nichts hinzuzufügen. Dass es auch in Europa und auch in Deutschland Kräfte gibt, die Politik mit Gewaltbereitschaft betreiben, dass es Kräfte gibt, die antidemokratisch sind, Kräfte am äußeren rechten Rand, das alles ist bekannt und auch ein Gegenstand der Sorge. Das alles ist auch etwas, womit wir uns politisch auseinandersetzen müssen. Über Sicherheitsvorkehrungen, die da zu treffen sind, würde ich hier jetzt nicht sprechen wollen. Wir haben als Deutsche und Europäer aber nicht den Luxus, uns das, was in Washington geschehen ist, anzuschauen und zu sagen, das könnte hier nie stattfinden. Auch wir haben hier Elemente, wir haben hier Menschen, deren Vorstellungen von Demokratie und von demokratischer Kritik vollkommen anders sind, als es in einer liberalen Demokratie sein sollte.

[…]

FRAGE: Eine Frage an Herrn Seibert noch einmal zur Rede der Kanzlerin: Frau Merkel hat ja sehr deutlich gemacht, dass das Fundament für den Sturm aufs Kapitol durch Herrn Trump mit einer langen Tradition von Lügen und Realitätsverleugnung gelegt wurde. Warum hat sie diese Kritik erst jetzt, sozusagen fünf Minuten vor zwölf, öffentlich gemacht? Denn das ideologische System Trump, wenn ich es einmal so sagen darf, ist seit längerer Zeit zu beobachten und wurde hier auch diskutiert. Nie zuvor hat die Kanzlerin sich so deutlich darüber geäußert. Warum also fünf Minuten vor zwölf?

SEIBERT: Die Welt hat in Washington erlebt, wie ein Teil des amerikanischen Wahlprozesses, nämlich die Zertifizierung der Wahlergebnisse in den Bundesstaaten durch den Kongress, durch den Sturm dieser Angreifer ‑ ich möchte sie gar nicht „Demonstranten“ nennen ‑ gestört, torpediert werden sollte.

In diesem Zusammenhang ist es relevant ‑ deswegen hat die Bundeskanzlerin es erwähnt ‑ dass der amerikanische Präsident seit dem 6. November zu keinem Zeitpunkt seine Wahlniederlage eingestanden hat, dass er von einer gestohlenen Wahl, einem Erdrutschsieg, der von politischen Gegnern ins Gegenteil verkehrt worden sei usw., gesprochen hat, und zwar bis zum Tage, an dem dann bei der Veranstaltung in Washington der Sturm auf den Kongress stattfand.

Dieser Zusammenhang besteht. Das hat die Atmosphäre dafür bereitet, dass die Ereignisse des Abends und der Nacht möglich wurden.

ZUSATZFRAGE: Gleichwohl hat das System Trump ‑ ich nenne es noch einmal so, sozusagen Realitäten nicht zu erkennen und gegen Tatsachen Behauptungen zu stellen ‑ ja seit langem die soziale und politische Spaltung in der US-Gesellschaft vorbereitet. Das war absehbar. Man konnte letztlich von dem, was da jetzt passiert ist, nicht überrascht sein. Deswegen bleibt die Frage: Warum hat die Kanzlerin, die durchaus wusste, wie Trump agiert und welche Auswirkungen das hat ‑ davon darf man ausgehen ‑, nicht früher öffentlich dagegen Stellung genommen?

SEIBERT: Ich habe dem nichts hinzuzufügen, was die Bundeskanzlerin aus Anlass des Sturms des Kapitols gesagt hat. Präsident Donald Trump war seit 2016 der demokratisch gewählte Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika ‑ und ist dies noch für wenige Tage ‑, mit dem wir ein politisches Verhältnis, aber auch ein Verhältnis der Freundschaft zwischen unseren beiden Staaten, haben, das eines der Säulen unserer Außenpolitik ist. Da hat es genügend Meinungsverschiedenheiten gegeben. Sie sind auch ausreichend öffentlich geworden.

Situation in Venezuela

FRAGE: Am 6. Januar hat die EU eine Pressemitteilung zu Venezuela veröffentlicht, in der erstmals Guaidó nicht mehr als Interimspräsident benannt wurde, sondern nur noch als Repräsentant des scheidenden Parlaments, welches 2015 gewählt wurde. Nachrichtenagenturen weltweit haben dazu getitelt: EU erkennt Guaidó nicht mehr als Interimspräsidenten an. Da würde mich interessieren: Kann das Auswärtige Amt dies bestätigen? Erkennt die EU und damit auch Deutschland Herrn Guaidó nicht mehr als Interimspräsidenten von Venezuela an?

BURGER (AA): Zunächst einmal muss ich korrigieren: Ich glaube, wenn Sie sich EU-Äußerungen zu Venezuela aus den letzten Jahren anschauen, dann werden Sie da keinen so entscheidenden Unterschied feststellen, wie Sie das hier gerade dargestellt haben. Ich kann Ihnen dazu nur sagen: Wir stehen mit unseren EU-Partnern dazu im Gespräch. Dieser Abstimmung kann ich nicht vorgreifen.

Klar ist aus unserer Sicht: Es wird sich nichts daran ändern, dass die Bundesregierung an der Seite der demokratischen Kräfte in Venezuela unter Führung von Juan Guaidó steht. Es ändert sich auch nichts an unserer Auffassung, dass die Krise in Venezuela nur durch freie und faire Wahlen, und zwar sowohl Präsidentschafts- als auch Parlamentswahlen, gelöst werden kann.

ZUSATZFRAGE: Meine Frage haben Sie damit aber nicht beantwortet. Erkennt die Bundesrepublik Deutschland Herrn Guaidó, der jetzt auch kein Mandat mehr als Parlamentarier hat, geschweige denn als Vorsitzender der Asamblea Nacional, noch als Interimspräsidenten an ‑ ja oder nein?

BURGER: Dazu habe ich gesagt, dass wir dazu im Gespräch mit unseren EU-Partnern stehen. Dieser Abstimmung möchte ich an dieser Stelle noch nicht vorgreifen.

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